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Die Grabinschrift ist nicht erhalten
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Weber, Christian Freiherr von; 1785 (Rappoltsweiler) – 11.2.1862 (München); Generalleutnant
Weber, Wilhelm Freiherr von, Dr.; 1809 (Nymphenburg) – 15.11.1879 (München); Staatsrat
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* 1785 (Rappoltsweiler)
† 11.2.1862 (München)
Generalleutnant
Christian Freiherr von Weber.
Nekrolog.
Wiederum ist einer jener Tapfern der großen Napoleonischen Epoche, dessen Brust das Ritterkreuz des Max-Josephs-Ordens zierte, zu Grabe getragen worden. Bald werden nur mehr alljährlich am 13. October in der Hofkirche zu St. Michael die Wappenschilde dieser Helden die Armee an ihren früheren Kriegsruhm erinnern.
Der Freiherr Christian von Weber, 1785 zu Rappoldsweiler im jetzigen oberrheinischen Departement des Kaiserthums Frankreich geboren, verlor schon frühzeitig seinen Vater, welcher nach dem Beispiele seiner Vorfahren in Zweibrückischen Hofdiensten stand. Dieses herzogliche Haus hatte mehrere Besitzungen in Frankreich und Regierungsrath Weber sollte, um diese zu retten, dieselben bei der Republik reclamiren. Als Aristokrat denuncirt, und in das Gefängniß nach Metz gebracht, entzog ihn der Tod durch den Spitaltyphus der Guillotine. Eine Wittwe und 3 Kinder beweinten ihn, doch Churfürst Max Josoph nahm sich der Hinterlassenen an und ließ die beiden Söhne in der Militär-Akademie in München erziehen. Als diese zufolge allerhöchsten Befehls vom 7. Sept. 1805 aufgelöst wurde, ging Christian als Cadet zum Leibregimente, und erhielt den 20. November das Unterlieutenantpatent im 2. Infanterie-Regimente Churprinz.
Kaum stand er im Felde, so bekam er einen Brief von seiner Mutter, welche ihn beschwor, nach Frankreich zurückzukommen, indem ihr Confiscation des Vermögens, ja noch größere Gefahr drohe, da alle Conscriptionspflichtigen einberufen seien. Zu dieser Verlegenheit traf es sich glücklich, daß Weber als Curier nach München geschickt wurde, wo sich gerade Kaiser Napoleon befand. Weber stellte sich dem König vor, welcher versprach, sich seiner anzunehmen, ihm aber auch die Schwierigkeiten nicht verhehlte, und ihm in das auf den Abend festgesetzte Hofconcert zu kommen befahl, ihm eine Säule bezeichnend, wo er sich aufstellen solle, damit ihn der König im Auge haben könne. Rechtzeitig steht der Lieutenant auf seinem Posten, der Saal füllt sich mit Gästen, endlich treten auch beide Monarchen ein. Nach den üblichen Ceremonien nehmen die Herrscher Platz, und er sieht, wie der König eifrig mit dem Kaiser spricht, dieser aber lebhaft mit dem Kopfe schüttelt. Plötzlich erhebt sich Napoleon, geht gerade auf Weber los, ergreift ihn an der Brust Und sagt: »Quoi, mon enfant, tu ne veux pas servir sous moi?« Dieser hält ruhig des Kaisers Blick aus, schildert ihm, wie er schon im 2. Lebensjahre seinen Vater verloren, der König sich seiner angenommen, ihn erziehen lassen, daß er ihm Alles verdanke und deshalb bitte, unter den bayerischen Fahnen fortdienen zu dürfen. Napoleon, dem diese Sprache gefällt, erwiedert: »Tu as raison, tu es un brave garcon,« ruft Cambacères, ertheilt ihm die nöthigen Befehle und des andern Tags hat der Glückliche die Befreiung von der Conscription mit Beibehaltung seiner Rechte als französischer Bürger. – Vielleicht das einzige Beispiel dieser Art.
Im folgenden Jahre machte Weber den Feldzug gegen Preußen mit, und erhielt 1808 die Stelle als Bataillons-Adjutant. In der Schlacht bei Abensberg, den 19. April 1809, wo Kronprinz-Infanterie von halb 1 Uhr Mittags bis Abends 5 Uhr ununterbrochen im Gefechte war, zerschmetterte eine Musketenkugel ihm die Mittelhandknochen des dritten und vierten Fingers der rechten Hand. Er bemerkte jedoch in der Hitze des Gefechts die Wunde nicht, die ihm bis an sein Lebensende einen steifen Finger verursachte; nur als ihm der General, zu welchem er mit einer Meldung gesendet war, darauf aufmerksam machte, äußerten der Schmerz und der Blutverlust ihre Wirkung. Nach einigen Wochen rückte er wieder zum Dienste ein und mit dem Regimente nach Tirol.
1812 marschirte Weber als Brigade-Adjutant mit Generalmajor Graf Rechberg nach Rußland, und machte all' das große Elend mit; nur war es ihm gelungen, durch seine liebenswürdige Persönlichkeit den deutschen Verwalter eines polnischen Edelhofes zu gewinnen. Dieser beschrieb ihm die Gefahren, welchen sich die Armee im Laufe eines Feldzugs in Rußlands unwirthlichen Gegenden aussetze, weßhalb Weber schon im Hochsommer Schafpelze für die Personen des Stabs kaufte und einen gehörigen Vorrath Zwieback aus Weizenmehl bereitet in seine Fourgons verpackte, wodurch er lange Zeit das höchste Elend ferne hielt. Auf dem Rückmarsche war Weber als Divisions-Adjutant dem General Lamotte zugetheilt. Am 11. Dezember war die 1. Armee-Division auf dem Rückzuge von Wilna nach Kowno von der Hauptcolonne durch ihre auf des französischen Marschalls Ney Befehl geschehene Entsendung ganz abgeschnitten, beinahe völlig aufgelöst, und allenthalben von Kosaken umringt. Durch Webers kluge Anleitung entging sowohl der General als auch die in seinem Gefolge befindlichen Obersten Graf Waldkirch und von Hertling, sowie der Major Graf Seiboltsdorff der Gefangenschaft und kamen glücklich auf das rechte Ufer des Niemen.
Den 20. Januar 1813 rückte die Brigade Zoller und mit ihr Weber, der seit dem 29. November v. Js. zum Hauptmann befördert war, nach Thorn. Hier wurden alle Anstrengungen aufgeboten, die in schlechtem Zustand befindliche Festung haltbar zu machen, doch schon den 31. d. Mts. entsendete der Gouverneur den Hauptmann Weber nach München, wo er über die traurige Lage der Thorner Garnison genauen Bericht erstatten sollte. Die Festung war bereits vollständig von den Russen eingeschlossen, und es war diese Reise eine mißliche Aufgabe. Um den Hauptmann, der selbstverständlich in Civil aus der Festung und durch das feindliche Preußen zu kommen trachtete, nicht zu compromittiren, erhielt er gar nichts Schriftliches mit, sondern als Legitimation eine durchgerissene Spielkarte, deren andere Hälfte bereits nach München vorausgeschickt war, und viel Geld. Durch das trockene Bett der abgeleiteten Weichsel gelangte Weber in's Freie, wo ein Jude mit 3 Pferden seiner wartete, und fort ging's, von einem Pferd auf das andere und von den Händen des einen Juden in die des andern, durch 3 Tage und ebensoviele Nächte, bis er todtmüde an der österreichischen Gränze ankam, wo er sich in einen Postwagen warf, und sicher seinem Bestimmungsorte zueilte.
Den 10. September 1813 wählte Generalmajor Graf Pappenheim den Hauptmann Weber als Brigade-Adjutanten, und bald sollte sich diese Wahl rechtfertigen.
Seit der Mittagsstunde des 30. Octobers stand Pappenheim, welcher mit seiner Infanterie-Brigade zur Division des General Grafen Beckers auf dem rechten Flügel der bayerisch-österreichischen Armee gehörte, jenseits der Kinzig im Gefechte, als Abends 4 Uhr die Brigade Zoller Befehl erhielt, ihn abzulösen. Kaum rückte diese in die Linie ein, als die Franzosen ihre versuchten Garden auf beide Brigaden warfen und diese, von der Uebermacht gedrängt, geworfen, und größtentheils in die Kinzig gesprengt wurden, wo viele ertranken.
Pappenheim, unterstützt von Weber und einigen andern Offizieren hielt glücklich einen Theil seiner Leute zusammen und besetzte die Kinzigbrücke, welche die Franzosen heftig beschossen, wobei eine platzende Granate dem tapfern Generale das Pferd unter dem Leibe tödtete. Ein mörderischer Kampf Mann gegen Mann begann mit Bajonet, Säbel und Kolben; besonders letztere gebrauchten unsere Soldaten und Weber versicherte oft, daß ihm die Erinnerung an das Krachen der eingeschlagenen Schädel und der zerschmetterten Knochen noch über die Schauder des russischen Feldzugs ginge!
Immer mehr wuchs die Zahl der Feinde, immer kleiner und müder wurde der Bayern tapferes Häuflein und die wichtige Brücke mußte um jeden Preis erhalten werden, denn sonst war nicht nur die eigene Artillerie verloren, sondern der Feind erreichte den Main früher als der linke Flügel, wo Wrede rastlos kämpfte, und dessen Rückzug durch Hanau war unmöglich.
Weber, welcher die dringende Gefahr erkannte und sah, daß hier ein frisches Bataillon unumgänglich nöthig war, sprengte zu der rückwärts des Lehrhofes aufgestellten Reserve, aus k. k. österreichischen Grenadiren unter dem General von Trautenberg bestehend. Dieser, schon früher von General Beckers um Verstärkung angegangen, erwiderte beidemale: »Er habe die Reserve, und dürfe ohne Befehl des Commandirenden keine Bewegung vorwärts machen.« Wrede aber war jenseits Hanau mitten im Schlachtgewühle! Glücklicherweise stand noch ein bayerisches Bataillon neben dieser Reserve, unter Major von Zurnieden, welches aus Nachzüglern und jungen Leuten zusammengesetzt war. Unterstützt durch diesen braven Officier brachte Weber dasselbe vor, doch als es in's feindliche Feuer gerieth, fing es an zu wanken und einzelne Leute begannen ohne Befehl zu feuern. Doch blieb Weber trotz der Gefahr von seiner eigenen Mannschaft erschossen zu werden, vor der Fronte und brachte das Bataillon an Ort und Stelle, wo es dann wacker angriff und das Gefecht wieder herstellte. Weber, der nun vom Pferde sprang, um seinen General beritten zu machen, stellte sich, obgleich durch einen Prellschuß am rechten Schenkel verletzt, an die Spitze der Stürmenden, welche nicht nur die Brücke, sondern auch ein dieselbe beherrschendes, jenseits der Kinzig stehendes Haus wieder nahmen. Nun kamen auch die zersprengten Bataillons der Division, welche sich rückwärts gesammelt hatten, wieder vor, und der Besitz der Brücke blieb erhalten.
Das Ritterkreuz des Max-Joseph-Ordens belohnte den tapfern Adjutanten, welcher sich im December 1813 beim Rhein-Uebergang bei Basel, während der ersten Cernirung der Festung Hüningen, besonders aber im März 1814 bei Belagerung der Festung Schlettstadt durch Eifer, Muth und Ueberlegung auszeichnete.
Weber hatte sich in Rußland die Füße erfroren, und deßhalb die nachgesuchte Versetzung zum 7. Chevauxlegers-Regimente den 22. Februar 1815 erhalten. Prinz Carl, Commandant der Cavalerie-Division, wählte den verdienstvollen Rittmeister zu seinem Generalstabsofficier, und bei der Rückkehr nach Bayern im Herbste desselben Jahres zu seinem zweiten Adjutanten; und seit dieser Zeit war Weber bis zu seinem Ende ein treuer Diener, er war noch mehr, ein wahrer Freund seinem Königlichen Herrn. Noch im Laufe des Jahres 1815 verlieh der Kaiser von Oesterreich das Ritterkreuz des Leopold-Ordens (Kriegsdecoration) und der Kaiser von Rußland den St. Wladimir-Orden 4. Classe dem tapfern Weber.
Den 26. September 1847 sollte ihm wegen zurückgelegter 50 Dienstjahre das Ehrenkreuz des Ludwigs-Ordens feierlich übergeben werden, doch schon damals war er so kränklich, daß er sich veranlaßt fühlte, um einfache Uebersendung der Decoration nachzusuchen.
Während seiner langjährigen Dienstleistung bei dem Prinzen erhob ihn König Max I. im Jahre 1818 in den Freiherrnstand und beehrten ihn mehrere Monarchen mit Ordensauszeichnungen.
Seit 1817 Major, kam Weber im folgenden Jahre in den General-Quartiermeisterstab, in welchem er bis zum General-Lieutenant vorrückte.
Im Jahre 1830 wollte Königin Hortense, welche damals in Augsburg wohnte, ihren Sohn Ludwig Napoleon, zu seinem Vater, dem ehemaligen König von Holland, nach Rom schicken. Die besorgte Mutter wünschte für den jungen Herzog von St. Leu außer seiner geistlichen Begleitung einen militärischen Reisegefährten. Prinz Carl bot ihr hierauf seinen erprobten Adjutanten, den Oberstlieutenant Weber als Reisebegleiter an und dieser führte den jungen Prinzen glücklich in die Arme seines Vaters.
Prinz Carl ernannte 1841 den Obersten Christian Freiherrn von Weber zu seinem Hofmarschall, welcher Erhebung bald die Beförderung zum Generalmajor folgte. Doch waren diese Dienstleistungen häufig von Krankheiten, welche ihren Grund in den während der Feldzüge ausgestandenen Strapazen und Verwundungen hatten, unterbrochen; so daß 1849 Weber sich veranlaßt sah, um seine Pension als General-Lieutenant nachzusuchen.
Noch wirkte der freundliche Greis, geliebt von allen, die in seiner Nähe weilten, als Hofmarschall, in welcher Eigenschaft er auch seinen gnädigsten Herrn alljährlich nach Tegernsee begleitete, bis der Tod dem müden Wanderer am 11. Februar d. J. die Augen schloß.
Bayerische Zeitung Nr. 91. Mittwoch, den 16. April 1862.
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* 1809 (Nymphenburg)
† 15.11.1879 (München)
Staatsrat
Neueste Posten.
München, 15 Nov. Der in der Nacht von gestern auf heute erfolgte Tod des Staatsraths im außerordentlichen Dienst Dr. Wilhelm v. Weber wird Ihnen schon von anderer Seite gemeldet worden sein. Einige kurze Notizen über den Lebensgang dieses bedeutenden Mannes dürften wohl weitere Kreise interessiren. Der Verstorbene, geboren zu Nymphenburg 1809, fand seine erste Anstellung im Jahr 1838 als Geheimsecretär im Staatsministerium des Aeußern und avancirte, von einer kurzen Unterbrechung im Jahr 1849 abgesehen, wo er einem Rufe nach Frankfurt a. M. als Ministerialrath im Reichsministerium folgte, in der gewöhnlichen ministeriellen Carrière bis zum Staatsrath und ersten vortragenden Rath in unserem auswärtigen Amte. Seine Thätigkeit war namentlich den Zoll- und Handelsangelegenheiten gewidmet, wofür ihn hervorragende Sachkenntniß, die sich bis in die technischen Gebiete erstreckte, vorzüglich befähigte. Die Energie und Sachkunde mit welcher er sich im Anfang der 60er Jahre an dem Widerstand gegen den französischen Handelsvertrag betheiligte, ist noch in vielfacher Erinnerung. Ein großer Theil der Eisenbahn- und Telegraphenverträge Bayerns mit den Nachbarstaaten ist von ihm verhandelt und abgeschlossen worden. Nach der unter seiner thätigen Mitwirkung vollzogenen Reconstruction des Zollvereins im Jahr 1867 fungirte Weber durch mehrere Jahre als Vertreter Bayerns im Zollbundesrath, welcher ihn mit wichtigen Referaten betraute. Er war es auch der mit Reichsvollmacht einen großen Theil der auf den Friedensvollzug bezüglichen diplomatischen Verhandlungen mit Frankreich leitete und mit den Vertretern der Republik die bekannte Zusatzconvention vom 11 December 1871 abschloß, durch welche eine Reihe schwieriger Détail-Fragen befriedigende Erledigung fand. Seit einer Reihe von Jahren fungirte Weber neben seinen vielfachen anderen Aufgaben als Vertreter Bayerns in der Centralrheinschifffahrtscommission. Es existirt von ihm auch ein im Jahr 1869 erschienenes sehr verdienstliches Buch über den »Deutschen Zollverein, Geschichte seiner Entstehung und Entwicklung,« welches wohl die Veranlassung dazu gab daß ihn die Universität München im Jahr 1872 zum Ehrendoctor creirte. Mit einem sehr lebhaften Geist und umfassenden Kenntnissen verband Weber eine Trefflichkeit und Biederkeit des Charakters welche jeden mit Achtung erfüllte der zu ihm in Beziehung trat. Von ausnehmender Schlichtheit des Wesens, jeder prunkenden Auszeichnung feind, schritt er, seine Pflicht jederzeit vor Augen, in bescheidener Stille durchs Leben, und nur in verhältnismäßig engen Kreisen ist der Einfluß und die Bedeutung bekannt welche sein geschäftliches Wirken in mehreren sehr wichtigen Momenten der politischen Entwicklung unseres Vaterlandes gehabt hat.
Allgemeine Zeitung Nr. 320. Sonntag, den 16. November 1879.