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DR. IGNATIUS v. DOELLINGER
Anna Cordula Eva
Doellinger
geb. d. 2. Jan. 1816. gest. d. 30 Apr. 1832.
Theresia Doellinger geb. Schuster
gest. den 4. Febr. 1838 im 62 Jahres Alters
und 41. ihres Ehestandes
Ignaz Doellinger
k. Obermedicinalrath Psychologe und Professor.
gest. den 14. Januar 1841 im 71 Lebens Jahre
Moritz von Doellinger
Stabskapitän
gest. den 1. Mai 1881 im Alter von 78 Jahren.
I. I. Ignaz von Doellinger
Reichsrat, Stiftsprobst, Univ. Professor etc.
geb. d. 28. Februar 1799 gest. d. 10. Januar 1890
Johanna v. Doellinger
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Linke Spalte
Moritz
Doellinger
geb. 20.V.1863
gest. 15.XI.1925
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Döllinger, Anna Cordula Eva; 2.1.1816 – 30.4.1832 (München); Universitätsprofessors-Tochter
Döllinger, Ignaz von, Dr. theol.; 28.2.1799 (Bamberg) – 10.1.1890 (München); Katholischer Geistlicher und Historiker
Döllinger, Ignaz, Dr. med.; 24.5.1770 (Bamberg) – 14.1.1841 (München); Königlicher Obermedizinalrat und Psychologe
Döllinger, Johanna von
Döllinger, Moritz; 20.5.1863 – 15.11.1925 (München); Bankkassierer
Döllinger, Moritz von; – 1.5.1881 (München), 78 Jahre alt; Stabskapitän a. D.
Döllinger, Theresia (vh) / Schuster (gb); – 4.2.1838 (München), 62 Jahre alt; Obermedizinalrats-Gattin
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* 28.2.1799 (Bamberg)
† 10.1.1890 (München)
Katholischer Geistlicher und Historiker
Döllinger Johannes Josef Ignaz, Dr. theol., von, 1799 (Bamberg) – 1890, katholischer Theologe, Historiker und Universitätsprofessor; er studierte in Würzburg und Bamberg Philosophie und Theologie, wurde 1822 Priester und nach kurzer Verwendung in der Seelsorge 1823 Professor der Kirchengeschichte und des Kirchenrechts am Lyzeum in Aschaffenburg und 1826 Universitätsprofessor in München; als Hauptvertreter der katholischen Restauration um J. J. von Goerres und F. von Baader trat er bald zur verwandten Strömung in Westeuropa in Beziehung; neben seinen wissenschaftlichen Arbeiten widmete er sich dem publizistischen Kampf, so mit Goerres für Erzbischof Droste zu Vischering beim »Kölner Ereignis« 1838, als Mitbegründer der historisch-politischen Blätter 1838 und als Landtagsabgeordneter und Mitglied des Frankfurter Parlaments; 1847/50 trat er unter persönlichen Verlusten (Amtsenthebung 1847) für die kirchliche Freiheit ein und spielte eine wesentliche Rolle bei der Würzburger Bischofsversammlung 1848 (Idee einer romtreuen Nationalkirche), bei der 3. und 4. Generalversammlung des »Katholischen Vereins« (1849/50) und der Gründung des Bonifatiusvereins 1849; nach Arbeiten aus der Kirchengeschichte (u. a. anfechtbare über die Reformation) kehrte D. wieder zur Kirchenpolitik zurück (2 Vorträge 1861 in München über die Zukunft des Kirchenstaats zogen ihm bei der Kurie, den Jesuiten und im Mainzer Erneuerungskreis Gegner zu); Überbetonung des Werdens auch in der Kirchengeschichte und seine staatskirchliche Bewertung des Syllabus 1864 führten zu Spannungen und Verdächtigungen; die unterbliebene Berufung zum 1. Vatikanischen Konzil wurde ihm letzter Anstoß, dieses als »Janus« und »Quirinus« anzugreifen; das Unfehlbarkeits-Dogma lehnte D. zugunsten letzter Entscheidungskraft der allgemeinen Kirchenversammlungen ab; die nur zögernd 1871 verhängte Exkommunikation beugte ihn nicht, doch schloß er sich nicht der mit seinem Zutun entstandenen altkatholischen Kirche an, verzichtete auf Vorlesungen und kirchliche Funktionen und verharrte trotz mancher polemischer Reden als Rektor der Münchener Universität (1872) und Präsident der BAkdW (seit 1873) in grundsätzlicher, doch begrenzter Bereitschaft zur Rückkehr; D. war kein unpriesterlich kalter Verstandesmensch, er wurde nicht das Opfer personeller Verhältnisse in Rom und München, sondern der eigenen wissenschaftlichen Überzeugung, die ihn im Bann des alten Konziliarismus festhielt und in verderbliche Nähe des Historismus brachte.
Hauptwerke: Die Reformation (3 Bde.), Christentum und Kirche, Kirche und Kirchen, Papsttum und Kirchenstaat, Die Papstfabeln des Mittelalters, Beiträge zur politischen, kirchlichen und Culturgeschichte der 6 letzten Jahrhunderte (3 Bde.), Geschichte der Moralstreitigkeiten in der römisch-katholischen Kirche seit dem 16. Jahrhundert (2 Bde.).
© Dr. phil. Max Joseph Hufnagel: Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München. Zeke Verlag; 4. Auflage. Würzburg, 1983.
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* 24.5.1770 (Bamberg)
† 14.1.1841 (München)
Königlicher Obermedizinalrat und Psychologe
München, 14 Januar. Heute früh um 6 Uhr starb an einer schleichenden Unterleibskrankheit Dr. Ignaz Döllinger, k. b. Hofrath und Obermedicinalrath, Professor der Anatomie und Physiologie, Senior der medicinischen Facultät, ordentl. Mitglied der Akademie der Wissenschaften. Mit ihm geht einer der trefflichsten Lehrer, eine der Hauptzierden unsrer Universitär zu Grabe. Sein unerwarteter Tod hat auf seine Kollegen wie auf die akademische Jugend, und alle, die den verdienstvollen Mann kannten, einen tiefen, schmerzlichen Eindruck gemacht.
Döllinger wirkte seit einem halben Jahrhundert (in Bamberg, dann in Würzburg, seit 1823 in München) als Lehrer. Er hat Schüler in allen Gegenden der Erde zurückgelassen. Ueberall wird die Nachricht von seinem Tode dankbare Erinnerungen wecken; denn wenn es je einen Lehrer der Medicin gegeben, der mächtig anregend auf seine Schüler gewirkt hat, so war es Döllinger. Ein vielumfassender Geist, eine glückliche Gabe der Beobachtung und der Rede, eine seltene Scharfe und Raschheit des Urtheils waren hier mit Humor und Ironie zu einem Manne ganz eigenthümlicher Art verschmolzen. Es war ein ganzer Mann, und ein deutscher Mann, eine Individualität aus dem festesten Stoffe gemacht, gerade dadurch so prägnant, so energisch in ihren Wirkungen, besonders auf die Jugend. Die guten Studenten trauern um ihn, wie um einen Vater; die schlechten müssen sich sagen: ein scharfer Rüger, eine Geißel ist von mir genommen, denn in unerbittlichen Sarkasmen züchtigte er die Halbheit, das Altthun seiner Zuhörer, und doch glänzten dabei seine geistigscharfen Augen von väterlicher Gutmüthigkeit.
In der That, wer den Mann unter der akademischen Jugend hat wirken sehen, der mußte eine Freude haben an dem achten Universitätsleben. Auf Geist und Gemüth konnte Döllinger bildend, anregend, umstimmend wirken. Er kannte die Geschichte, die Natur, kannte den Menschen; er verschmähte nicht mit den Jungen jung zu seyn, hielt fest am klaren Verstandesbegriff, am scharfen Ausdruck, schwebelte und nebelte nicht, mysticirte nicht, blieb im Philosophiren bei der Klinge, züchtigte die Halbwisser und die Scheinheiligen, und ließ die Jungen, denen es um etwas Höheres Ernst ist, Blicke thun, tiefe, helle Blicke in das Paradies der Wissenschaft! Was soll ich, heute, im ersten Sturme meines Gefühls über den Verlust eines solchen Mannes, sagen von seiner Stellung in der Wissenschaft, von seiner weitgreifenden Wirksamkeit auf dem Felde der Anatomie, der vergleichenden Anatomie, der Physiologie! Man frage Johannes Müller in Berlin, und Carns in Dresden und Baer in Petersburg, und Rudolph Wagner – seinen liebsten Schüler – jetzt in Göttingen, und alle die andern trefflichen Männer seines Faches, in nah und fern, die werden ein Zeugniß geben, was Döllinger war, was er in der Wissenschaft für alle Zeiten gethan hat! Seine Untersuchungen über das bebrütete Ei, über die Entstehung und Entwickelung der Gefäße, über die Natur des Blutlaufes, seine geistreich organisch gefaßte und durchgeführte Physiologie, die leider wohl nur in den Manuscripten einiger ausgewählten Schüler vollständig seyn dürfte, sind Werke bleibenden Werthes. Dabei war er in frühern Zeiten ein rüstiger Rector. Kurz, ein Mann, der seines Gleichen sucht, ist von uns geschieden. Sit ei terra levis! Und mögen seine unmittelbaren Collegen ihm ein Denkmal setzen, wie er’s verdient!
Allgemeine Zeitung Nr. 17. Augsburg; Sonntag, den 17. Januar 1841.