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ML – 331·332* (Bertram)

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Das Grab ist nicht erhalten

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Dr. Johann Baptist Bertram

* 6.2.1776 (Köln)
† 19.4.1841 (München)
Jurist, Philosoph und Kunstsammler

Regierungs-Blatt für das Königreich Bayern (8.4.1835)

Seine Majestät der König haben Sich vermöge allerhöchster Entschließung vom 20. Februar l. Js. allergnädigst bewogen gefunden, dem Dr. Sulpiz Boisserée, dem Melchior Boisserée und dem Johann Baptist Bertram, sämmtlichen aus Cöln, das Indigenat des Königreiches, unter Beibehaltung ihrerr bisherigen Unterthansrechte in Preußen zu verleihen.

Regierungs-Blatt für das Königreich Bayern Nro. 23. München; Mittwoch, den 8. April 1835.

Allgemeine Zeitung (23.4.1841)

Todes-Anzeige.

Es hat dem Allmächtigen gefallen, unsern geliebten Freund

Johann Baptist Bertram,
Doctor der Philosophie, geboren in Köln a. R.,

aus diesem irdischen Leben in die bessere Welt abzurufen. Er entschlief, gestärkt durch die heiligen Sacramente, 65 Jahre alt, gestern Abend um 6 Uhr sanft in dem Herrn.

Wir empfehlen den Verstorbenen allen Freunden zu frommem Andenken.

München, am 20. April 1841.

Melchior Boisserée
Sulpiz Boisserée

Allgemeine Zeitung Nr. 113. Augsburg; Freitag, den 23. April 1841.

Allgemeine Zeitung von und für Bayern (23.4.1841)

Politisches.
Inland.

München, 20. April. Gestern Abend starb dahier der berühmte Freund der Brüder Boisserée, Bertram, im 65sten Lebensjahre. Jeder, der einst die auserlesene Gemäldesammlung dieser Brüder gesehen, die bekanntlich der königl. Pinakothek einverleibt ist, wird sich mit Interesse des Geschiedenen erinnern, der dem Beschauer die Kunstwerke so verständig und unermüdlich zu erklären wußte.

Allgemeine Zeitung von und für Bayern Nro. 113. Nürnberg; Freitag, den 23. April 1841.

Kunstvereins-Bericht für 1841 (1842)

Johann Bertram,
Dr. der Philosophie, geboren in Köln den 6. Februar 1776, gestorben in München den 19. April 1841.

Der Hingang dieses kunstliebenden Freundes ruft uns jene denkwürdigen Zeiten ins Gedächtniß, wo bei den dunkelsten Aussichten die ersten Samenkörner zur Wiederbelebung deutscher Kunstliebe ausgestreut wurden, und wo sodann mit der Befreiung unseres Vaterlandes die neue Entwicklung der Kunst und aller Zweige deutscher Alterthumsforschung erfolgte. Denn nicht nur hatte Bertram in diesen Zeiten seine größte Wirksamkeit, sondern er zeichnete sich auch von jeher dadurch aus, daß er mit großer Verehrung für Kunst und Wissenschaft die lebhafteste Theilnahme für das gemeinsame deutsche Vaterland verband, an dem er trotz aller Schmach und Unterjochung mit unerschütterlicher Hoffnung und Treue hing. Er sprach schon diese Gesinnung aus, als er in den ersten Jahren des Jahrhunderts von Erlangen, wo er studirt hatte, zurückgekehrt, in Köln jüngere Freunde um sich versammelte, die er mit den neuesten Schriften der Literatur und so mit den Schriften über Kunst von Goethe, Tieck, Wackenroder und Friedrich Schlegel bekannt machte. Unter diesen Freunden, die er auch mit dem kölnischen Kunst- und Alterthumsfreund Wallraf in Verbindung brachte, befanden sich Cornelius und die beiden Brüder Boisserée.

Von den entschiedensten Folgen war das Verhältniß, in welches Bertram und die beiden letztgenannten Freunde 1803 zu Friedrich Schlegel traten, und in welchem sie vier Jahre lang die Lehre und den Umgang dieses geistvollen kenntnißreichen Mannes genossen. Seine bei jedem Anlaß kräftig ausgesprochene deutsche Gesinnung zog die jüngern Freunde ganz besonders an, wie denn überhaupt Friedrich Schlegel durch seine treue Vaterlandsliebe während dem Druck der Fremdherrschaft auf die empfängliche Jugend einen sehr wohlthätigen Einfluß ausgeübt hat, und deßhalb allein schon immer hoch geehrt zu werden verdient. Mit dieser Gesinnung vereinigte sich sehr gut Schlegels Kunstansicht, die im Gegensatz gegen die ausschließende Verehrung des griechischen Alterthums eine freisinnige Würdigung der eigenthümlichen Kunst jedes gebildeten Volks forderte, überhaupt aber den Ursprung aller höhern Kunst in der Religion erkannte. Die Kölner Freunde ergriffen diese Ansicht, ohne deßwegen in einzelne Verirrungen, die bei der Anwendung derselben stattfanden, einzustimmen, wie sie sich denn darüber unverhohlen äußerten. Sie ahnten damals nicht, daß sie selbst in der Zukunft sich ganz dem Kunstalterthum widmen würden. Um sie zu diesem Entschluß zu bewegen, gehörte freilich nicht nur jener oft erzählte Zufall, der ihnen ein altdeutsches Gemälde in den Weg führte, sondern eine wahre Fügung seltener unerwarteter Verhältnisse und Umstände, und besonders trug auch Bertram dazu bei, der zuerst einen Beruf darin erkannte, für die bessere Würdigung der so lange vernachlässigten, ja verachteten religiösen altvaterländischen Kunst mit allen Kräften zu wirken, und bei so manchen in jenen unglücklichen Zeiten sich erhebenden Schwierigkeiten die Freunde mit fester Zuversicht ermunterte, kein Opfer von Zeit und Mitteln in Verfolgung des gesetzten Zieles zu scheuen. Dieß Zeugniß haben die beiden jüngeren Freunde immer dem ältern gegeben, und so begreift man, wie sich das engste Band der Freundschaft knüpfte, welches jetzt nach vierzig Jahren erst der Tod gelöst hat.

Was durch die vereinten Bemühungen der drei Freunde für die altdeutsche Kunst geleistet worden, insofern es nicht unmittelbar in das geistige Leben übergegangen ist, steht in der von ihnen angelegten, jetzt mit den Kunstschätzen Sr. Majestät des Königs von Bayern vereinigten Gemäldesammlung und den von ihnen herausgegebenen Werken vor den Augen der Welt. Was aber namentlich Bertram in den Jahren 1810 bis 1826 in Heidelberg und Stuttgart für die bessere Erkenntniß der religiösen altvaterländischen Kunst gewirkt hat, wo jene eigenthümliche Gemäldesammlung von Personen aus allen Ständen, von dem Künstler und Gelehrten bis zum Staatsmann und Fürsten, von dem Freiwilligen bis zum Feldherrn, ja bis zu König und Kaiser besucht und beehrt wurde, dessen werden sich noch viele erinnern. Sie werden gerne der Gabe der Rede gedenken, die Bertram reichlich besonders für die Erzählung besaß, und die ihm stets den Beifall seiner Zuhörer sicherte, sofern er in der Stimmung war, das rechte Maaß zu treffen. Seine Freunde haben vielfach bedauert, daß er diese schöne Naturgabe nicht mehr ausgebildet und zu schriftstellerischen Arbeiten angewandt hat. Aber zu andern Eigenthümlichkeiten, die er hatte, gehörte auch seine Scheu vor allem Schreiben in der schreibseligsten Zeit! Nicht allein für Kunstgeschichte und Kritik, sondern auch für humoristische Sitten- und Charakterschilderung hätte er unserer Literatur schätzbare Beiträge liefern können. Er hatte bei großem allgemeinem Wohlwollen einen gar feinen Beobachtungssinn besonders für Schwächen und Thorheiten der Menschen, und bei sehr lebhafter Einbildungskraft einen reichen Schatz von Erinnerungen zumal aus dem vorigen Jahrhundert, dem seine ganze Jugend bis zum 24sten Jahr angehörte. Wer hat je die kleinen kölnischen Revolutionsauftritte aus den letzten Jahren der reichsstädtischen Verfassung von ihm schildern hören, ohne von der Wahrheit, Lebendigkeit und Heiterkeit der Darstellung eingenommen zu seyn? Unter allen Besuchen, welche die Gemäldesammlung an sich zog, machte keiner Bertram mehr Freude als der lange und wiederholte Besuch von Goethe 1814 und 1815 in Heidelberg, weil dieser Chorführer der deutschen Literatur, durch Uebertreibungen jugendlicher Begeisterung verstimmt, der altdeutschen Kunst abgeneigt, nun durch die Anschauung bedeutender Werke eines Bessern sich überzeugte und ihr gerechte Anerkennung bewies. Als die Sammlung endlich in den Besitz Sr. Maj. des Königs von Bayern überging und durch die Versetzung nach München die würdigste Stelle in der deutschen Kunstwelt erhielt, hatte Bertram die Genugthuung, wieder mit seinem alten Freund Cornelius zusammen zu kommen, dessen Umgang er vorzüglich liebte. Er erfreute sich mit diesem geistvollen erfindungsreichen Künstler der überaus glücklichen Entwicklung seiner Thätigkeit, und dabei gedachten beide gern der frühern Zeiten in Düsseldorf, Köln und Heidelberg. Das durch des Königs erhabenen Schutz und Neigung in München bestehende, alle Zweige der Kunst durchdringende rege Leben, mußte einen so entschiedenen Kunstfreund auf alle Weise ansprechen. Er sah die kühnsten Erwartungen, ja Träume in Erfüllung gehen. Ganz vorzüglich wurde Bertrams Theilnahme auch durch die geniale Gewandtheit und den schönen Erfolg erregt, womit Schwanthaler die Bildhauerei auf die verschiedenartigsten, besonders auf christliche Gegenstände anzuwenden weiß, noch mehr aber durch die Wiedererweckung der Glasmalerei in der Vollkommenheit und mit der Verbesserung, wie sie in der königlichen Porcellanfabrik stattfand. Jene bis dahin nur in den Ueberresten des Alterthums bewunderte verklärende Wirkung des lebendigen Lichts durch die Farbe nun wieder für die religiöse Kunst und in noch höherem Maaß als sonst benützen zu können, schien ihm, wie seinen Freunden, ein Glück, dessen Folgen in ihrem ganzen Umfang noch nicht zu ermessen seyen. Die Sammlung, welche der jüngere Boisserée von neuen Glasmalereien, zum Theil nach Gegenständen der ehemals eigenen Gemälde, anlegte, war für Bertram gleichsam die Abendröthe seines Lebens; die frühern Zeiten erstanden ihm darin wieder, er fand darin Genuß und Freude bis zu seinen letzten Tagen. Alle, denen Alterthum und Kunst nicht blos ein Gegenstand feiner Unterhaltung, sondern von höherer religiösen und vaterländischen Bedeutung ist, werden das Andenken des Hingeschiedenen, so wie er in jenen ereignißvollen Zeiten gestrebt und gewirkt hat, werth halten.

Bericht über den Bestand und das Wirken des Kunst-Vereins in München während des Jahres 1841. München, 1842.

Ergänzungsblätter zu allen Conversationslexiken (1852)

Melchior Boisserée. Viel und immer mit Ruhm genannt sind unter uns die Namen der drei Kölner Kunstfreunde, Sulpiz und Melchior Boisserée und Johann Baptist Bertram, denen die Geschichte und Kenntniß der altdeutschen Kunst, namentlich durch die Würdigung und Erhaltung der Werke der altkölnischen Malerschule, unendlich viel zu verdanken hat. So innig waren die drei Kölner verbunden, daß ihre Geschichte nicht zu trennen ist, daß wer von den Thaten des einen redet auch die Verdienste der beiden anderen erzählt.

Ergänzungsblätter zu allen Conversationslexiken. Leipzig und Meißen, 1852.



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