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ML – SP – 1 – 30·31* (Deurer)

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Das Grab ist nicht erhalten

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Peter Ferdinand Deurer

* 5.1.1779 (Mannheim)
† 9.1.1844 (München)
Historienmaler

Allgemeine Zeitung (15.1.1844)

München, 12 Jan. Wir haben abermals den Verlust eines ausgezeichneten Künstlers zu beklagen. Am 9 d. M. starb hier der Maler Ferdinand Deurer aus Mannheim an den Folgen eines Leberleidens, das er sich durch anhaltendes sitzendes Arbeiten scheint zugezogen zu haben, im Anfang seines 68sten Jahrs.

Er war im verflossenen Jahr aus Rom, wo er seit langer Zeit lebte, nach Deutschland gekommen um das Bad Kissingen zu gebrauchen, beabsichtigte sich den Winter über in München aufzuhalten, um im Frühjahr nach Marienbad zu gehen und sodann nach Rom zurückzukehren, als ihn am obengenannten Tag, ohne vorherige Anzeigen nahender Gefahr, mitten im heitern Gespräch mit den Seinen, plötzlich der Tod überfiel.

Deurer war ein Mann von feiner Bildung, großer Kenntniß und von mannichfachen Verdiensten. Er war es, dessen Entschlossenheit und Thätigkeit wir die Rettung der Schätze der Mannheimer Gemäldegalerie bei dem Einfall der Franzosen zu Anfang des Jahrhunderts besonders verdanken. Er ward später zum Galeriedirector in Augsburg und zum Professor der dortigen höhern Kunstschule ernannt, gab aber im Jahr 1826 den Staatsdienst auf, um in Rom ganz der Kunst zu leben. Dort hatte er die Aufgabe bald gefunden dir gewissermaaßen die seines Lebens geworden ist. Hingerissen von den Schöpfungen Raffaels, schien ihm nichts so lohnenswerth als diesen Genius ganz zu verstehen, und bald hatte er sich entschlossen eines der herrlichsten Werke desselben, die Grablegung in der Galerie Borghese zu copiren, und zwar so zu copiren daß man das Original noch einmal neugeschaffen sehen sollte. Der Ausführung dieses mit allem Feuer der Kunstliebe und Bewunderung gefaßten Vorsatzes widmete er fortan mit größter Energie seine ganze künstlerische Thätigkeit, so daß er es vor seiner Abreise aus Rom vollendet in seinem Atelier zurücklassen konnte. Schreiber dieser Zeilen sah das Bild im Jahr 1837; ist es, wie nicht zu zweifeln, in dem Geist, mit der Treue und Tüchtigkeit zu Ende geführt als es damals bereits demselben nahe gebracht war, so muß man sagen daß schwerlich eine zweite Copie der Art von einem ältern classischen Werke in unsern Tagen gemacht worden ist, und daß es, soweit eine Copie und namentlich eine nach Raffael an die Stelle des Urbildes treten kann, diese Aufgabe vollkommen löst.

Deurer hat sich auch während seines langen Aufenthalts in Italien eine Anzahl auserlesener Kunstschätze erworben, Gemälde älterer Meister von hohem Werth. Diese, sowie seine eigene Arbeiten, dürfen wir hoffen im Laufe dieses Jahres in München zu sehen, da sein Sohn, der Maler L. Deurer in Mannheim, der um ihre Versendung nach Deutschland zu besorgen, wie wir hören, selbst nach Rom reisen wird, wohl eines deßfalls einst gegen seinen Vater ausgesprochenen hohen Wunsches gern eingedenk seyn wird.

Allgemeine Zeitung Nr. 15. Montag, den 15. Januar 1844.

Kunstblatt (19.3.1844)

Nekrolog.

München. Am 9. Januar starb hier der Historienmaler Peter Ferdinand Deurer, geboren im Jahre 1779 in Mannheim. Seine Studien hatte er in Düsseldorf und Kassel gemacht. Nach der Rückkehr in seine Vaterstadt rettete er, bei der Belagerung Mannheims durch die Franzosen, die Schätze der dortigen Gallerie. Bald hierauf wurde er Gallerie-Inspektor in Augsburg und Professor der dortigen höheren Kunstschule, gab aber im J. 1826 den Staatsdienst auf, um in Rom ganz der Kunst zu leben. Dort machte er sich eine Copie der Raphael’schen Grablegung in der Gallerie Borghese zu seiner Lebensaufgabe. Zugleich legte er eine schöne Sammlung älterer Gemälde an, welche sein Sohn, der Maler Ludwig Deurer in Mannheim, nach Deutschland holen wird. Der Vater war im verflossenen Jahre aus Italien nach Kissingen gekommen und hatte sich für den Winter nach München begeben, wollte im Frühjahr Marienbad besuchen und sodann nach Rom zurückkehren, als ihn, ungeahnt von ihm und den Seinigen, mitten im Gespräche mit diesen, der Tod überfiel. Er wurde das Opfer von Leberleiden, die er sich durch anhaltendes sitzendes Arbeiten scheint zugezogen zu haben. Er starb im Anfang des 66. Jahres.

Kunstblatt No. 23. Dienstag, den 19. März 1844.

Conversationslexicon für bildende Kunst (1844)

Deurer, Peter Ferdinand, geb. 1779 in Mannheim, machte seine Studien in Düsseldorf und Kassel, kam hierauf in seine Vaterstadt zurück, rettete bei der französischen Belagerung Mannheims hier die Schätze der berühmten Gallerie, ward bald hernach Gallerie-Inspector zu Augsburg und Professor der dasigen Kunstschule, gab jedoch im J. 1826 den Staatsdienst auf und wanderte nun nach Rom, um in der ewigen Stadt völlig der Kunst zu leben.

Sein ausserordentlichstes Werk, welches er hier zu Stande brachte und als seine Lebensaufgabe betrachtete, ist eine Kopie der in Borghesischen Gall. befindlichen Grablegung von Raffael. Zugleich legte er eine schöne Sammlung älterer Gemälde an, die er zwar nur auf 30 Nummern brachte, unter denen aber kaum eine war, die nicht werthvoll hätte heissen dürfen.

Im J. 1843 wanderte Deurer, nach Beendigung seiner Kopie der raffaellschen Grablegung, zur Kur nach Kissingen und begab sich dann für den Winter nach München, um im Frühjahr Marienbad zu besuchen und darauf nach Rom zurückzukehren. Indess das Schicksal wollte es anders; er wurde das Opfer von Leberleiden, die er sich durch anhaltendes sitzendes Arbeiten zugezogen zu haben schien, und es überfiel ihn, von ihm und den Seinigen ungeahnt, der Tod mitten im Gespräch mit diesen am 9. Januar 1844 zu München.

Ob seine in Rom nachgelassene Gemäldesammlung dort versteigert oder durch seinen Sohn, den Maler Ludwig Deurer in Mannheim, nach Deutschland gebracht worden, ist uns bis zum Moment, wo wir dies schreiben, unbekannt geblieben. Eins der werthvollsten Gemälde der Deurerschen Sammlung war die Bathseba im Bade von Paris Bordone aus der Gallerte Fesch; das Bild ist 7 F. 3 Z. hoch, 6 F. 9 Z. breit, und bietet drei lebensgrosse weibliche Figuren mit reicher architektonischer Umgebung in aller Fülle und Frische des venezianischen Kolorits. Sodann machte sich in der Sammlung ein Bildchen von Pietro Perugino bemerklich, die Auferstehung Christi, Skizze zu dem grossen Bilde in der Vatikanischen Sammlung; ferner eine Landschaft von Gaspar Poussin aus der Gall. Aldobrandini (4 F. 6 Z. hoch, 6 F. breit); eine heil. Familie, halbe Figuren, ein ganz vorzüglich inniges Bild des eigentümlich strengen Florentiners Sandro Botticelli (2 F. 10 Z. hoch, 2 F. 3 Z. breit); eine Anbetung der Könige von Andrea del Sarto (3 F. 2 Z. hoch, 2 F. 7 Z. breit).

Die übrigen Stücke der Samml. waren: Christus, vor ihm eine knieende Frau, von Nicolas Poussin; die Farbenskizze einer Himmelfahrt Mariens von Tintoretto; Flucht nach Aegypten, von Baroccio; grosses Bild eines Jünglings und Mädchens vom Ritter d‘ Arpino; Madonna mit Kind, angeblich von Murillo; zwei Landschaften, Tivoli und Terni, von Orizonte; von Heiligen umgebene Madonna, aus der Schule des Lionardo da Vinci; Maria mit dem Christkindchen und Johannes, von Ghiriandajo; Madonna von Innocenzo da Imola; Kopie der Correggischen Kalharienvermählung, von Schidone; Apotheose einer Nonne, von Leandro Bassano; Maria mit dem Kinde, ein sehr altes Bild von Ceccarelli Sanese; Madonna von Filippo Lippi; Krönung Mariens von Tiberio d‘ Assisi; Maria mit Kind von Crivelli; ein Temperabild: la Madonna degii angeli, von Sano di Siena; Landschaft von Domenichino; Trinker von Isaac Ostade; Landschaft von Hobbema; Bauern von Adrian Brouwer; Gesellschaft von Le Ducq; alte Kopie eines Nachtstückes von Schalken. Als Krone dieser Sammlung aber war Deurer’s vortreffliche Kopie nach Raffael zu betrachten.

Conversationslexicon für Bildende Kunst. Leipzig, 1844.

Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler (1913)

Deurer, Peter Ferdinand, Historien- und Porträtmaler, geb. in Mannheim 5. 1. 1777 (nach anderen 1779), † in München 9. 1. 1844, Vater des Ludwig D., Schüler des zweibrückischen Hofmalers Joh. Chr. Mannlich seit 1793. 1799 half er die nach Mannheim gebrachte herzogl. zweibrückische Galerie nach München retten, studierte dann noch auf den Akad. in Düsseldorf u. Cassel, lebte in Mannheim u. wurde 1811 (wegen seiner Verdienste um die zweibrückische Gal.) Direktor der Gal. in Augsburg, wo er sich durch seine sehr sorgfältig ausgeführten, außerordentlich ähnlichen Porträts bald einen Ruf machte. 1826 nahm er seine Entlassung und ging nach Rom, wo er seit dem Spätjahr 1829 bis 1843 nachweisbar ist. In diesem Jahre zwang ihn ein Leberleiden, zur Kur nach Kissingen zu gehen; den Winter verbrachte er dann in München, wo er plötzlich starb. D. wohnte mit seiner Frau Michelina in Rom in der via Gregoriana 33 und war öfters Vorstand der Deutschen Künstlerbibl. in Rom. Er studierte dort besonders eingehend Raffael, indem er zahlreiche Kopien nach dessen Bildern anfertigte. Sein bestes Werk dieser Art, eine Kopie der Grablegung Raffaels nebst der dazugehörigen Predella, befindet sich in der Kunsthalle in Karlsruhe (s. Kat. v. 1910). Eine nach Zeichnung, Form und malerischer Durchführung treffliche Italienerin besitzt die Städt. Gal. in Mannheim. Im Börsensaal in Augsburg ein großes vielgerühmtes Bildnis Maximilian Josephs I. v. Bayern im Krönungsornat. In Augsburg porträtierte D. u. a. ferner die Herren Finanzrat von Schätzler (gest. von Fr. Fleischmann), Wohnlich, Süßkind und Obermaier.

D. hatte in Rom eine kleine Samml. hervorragender älterer Gemälde zusammengebracht (vgl. Faber), über deren Verbleib nichts bekannt ist. Sein Porträt zeichnete sein Sohn Ludwig D. 1836 für das Deutsche Künstleralbum in Rom. H. J. Fried widmete ihm 1837 ein Gedicht (s. Fried, Epheuranken, Landau 1840 I 297).

Allg. Dtsche Biogr. Bd 47. – F. Faber, Konvers.-Lex. f. bild. Kunst, 1846. – v. Bötticher, Malerw. des 19. Jahrh. – Beringer, Gesch. d. Mannheimer Zeichnungsakad. – Kunstblatt, 1844, 1845. – Akten d. Deutschen Biblioth. u. des Dtschen Künstlerver. in Rom, Pfarrb. von S. Andrea d. Fratte in Rom (nach Mitt. von Dr. Fr. Noack).

Beringer.

Beringer: Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Herausgegeben von Ulrich Thieme. Leipzig, 1913.



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