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Linke Spalte
Dr. Joh. Nep. Sepp
kgl. Univ. Professor a. D.
Abgeord. des Frankfurter
Parlaments,
Ritter vom hl. Grabe
geb. in Tölz 7. Aug. 1816
† in München 5. Juni 1909.
Rechte Spalte
Dr. Ludwig Merz
geb. 31. Maerz 1817 in Bene-
diktbeuern. † 16. Maerz 1858.
Gründer d. ersten bayer.
Gesellenhauses.
Dem Gott genad!
Dr. phil. Simon Sepp
Studienrat a. D.
geb. in München 27. Febr. 1850
† 10. Februar 1927.
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Merz, Ludwig, Dr. phil.; 31.3.1817 (Benediktbeuern/Obb.) – 16.3.1858 (München); Geograph und Optiker
Sepp, Johann Nepomuk, Dr. phil. / Laßberg, Sepp von (ps); 7.8.1816 (Bad Tölz/Obb.) – 5.6.1909 (München); Historiker und Schriftsteller
Sepp, Simon, Dr. phil.; 27.2.1850 (München) – 10.2.1927; Studienrat a. D.
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* 31.3.1817 (Benediktbeuern/Obb.)
† 16.3.1858 (München)
Geograph und Optiker
Deutschland.
München, 17. März. Ich erfülle die schmerzliche Pflicht, Ihnen den in der vergangenen Nacht erfolgten Hintritt des Hrn. Ludwig Merz zu melden. Wenn je die gesammte Einwohnerschaft Münchens Ursache hat, das Ableben eines Bürgers auf das Tiefste und Innigste zu beklagen, so ist es hier der Fall, denn Merz war ein Freund und Pfleger alles Schönen und Guten, ein Rathgeber und Helfer in der Noth, nicht nur mit Worten, sondern in der That; ein Wohlthäter, wie wir deren wenig besitzen. Der Gesellenverein verliert an ihm eine große Stütze, die Wissenschaft einen ihrer eifrigsten Pfleger. Die Trauer um diesen Biedermann ist aber auch eine Allgemeine: Jedermann, mag er einem Stande angehören, welchem immer, nennt den Verlust unseres Freundes Merz einen unersetzlichen. Am Freitag Nachmittag wird seine irdische Hülle der letzten Ruhestätte übergeben werden. Der hochwürdige Herr Abt Haneberg wird die Grabrede halten.
Augsburger Postzeitung No 76. Donnerstag, den 18. März 1858.
Deutschland.
Bayern. München, 18. März. Mit Windesschnelle verbreitete sich gestern die Trauernachricht von dem Tode eines Mannes durch die Stadt, der wenn auch nicht durch Rang, Würden und Orden ausgezeichnet, doch als Bürger und Christ zu den besten Männern seiner Zeit zählte. »Wissen Sie schon, daß Dr. Ludwig Merz gestorben ist (Wie bereits vorgestern von der Ldsh. Ztg. gemeldet. Die Red. d. Ldsh. Ztg.)?« So frug einer den andern auf der Straße, und die Antwort war entweder ein betrübtes »leider«, oder eine Miene der Ueberraschung und des Unglaubens, denn Dr. Merz stand im kräftigsten Mannesalter und hatte sein 41. Lebensjahr noch nicht vollendet! Wir wollen hier nicht einen Nekrolog dieses Mannes im vollsten Sinne des Wortes liefern, denn unsers Wissens ist bereits eine kundigere Hand hiemit beschäftigt, aber wir wollen einiges aus seinem Wirken hervorheben, das ihn auch den Entferntstehenden kennzeichnen soll, und weil Dr. Merz in seinem ganzen Leben ein Freund der größten Bescheidenheit gewesen, so wollen wir auch an seinem Sarge nicht viel Worte machen, sondern nur Thaten sprechen lassen. Dr. Merz war der Gründer des hiesigen Vincentiusvereins. Dr. Merz war die Seele des Unternehmens, als es galt, den katholischen Gesellenverein zu stiften und als es galt das Gesellenhaus zu erbauen und das ganze disponible Capital in 50 fl. bestand, da war es wieder Dr. Merz, der die Haftbarkeit für die Bausumme persönlich übernahm, nachdem der leider gleichfalls zu früh hingeschiedene wackere Maurermeister Maurer erklärt hatte, daß er das Haus einstweilen erbauen wolle, weil die sechs Männer, die an der Spitze des Vereines standen, ihm hinlänglich Bürgen seien. Im Jahre 1848 und 49 war Dr. Merz eines der thätigsten Mitglieder des constitutionell-monarchischen Vereins zu den drei Rosen. Und nicht allein auf München erstreckte sich seine Thätigkeit, auch noch außer demselben wirkte er als Delegirter des genannten Vereines durch persönliches Erscheinen auf den Volksversammlungen. Wir heben aus seinem reichen Leben nur diese drei Momente hervor. Was er als Gelehrter, Techniker gewesen, das mag man in seinem demnächst erscheinenden Nekrologe nachlesen. Wir geben diese drei Thatsachen auch ohne alle Bemerkungen, weil wir solche vollkommen überflüßig erachten, aber wir schließen diesen Bericht mit dem Ausdrucke unserer festesten Ueberzeugung, daß der Hintritt eines Mannes wie Dr. Merz unter allen Umständen geradezu eine allgemeine Calamität genannt werden muß.
München, 19. März. Wenn keine Aenderung mehr geschieht, wird Se. k. Hoh. Prinz Adalbert am Palmsonntag hier eintreffen. – Ich glaube nicht zu irren, wenn ich sage, seit dem Tode Görres fand kein Leichenbegängniß mehr statt, bei welchem sich so viele Leidtragende einfanden, als wie beim heutigen des Dr. Merz. Die hochwürdigste Geistlichkeit war höchst zahlreich vertreten; vom Vincentiusverein sah man die hervorragendsten Mitglieder aus dem Adel; der katholische Gesellenverein hatte seine Fahne und Kläger mit Trauerflören gesendet, wie es auch Gesellen waren, welche den hochverehrten Todten zu Grabe trugen. Dem Sarge schloß sich eine unabsehbare Menge an, die mindestens aus 6000 Köpfen bestanden hat. Der hochwürdigste Abt Dr. Haneberg hielt die Grabrede, in welcher er die hohen Verdienste des Verstorbenen, sein edles Streben, sowie seinen fleckenlosen Wandel in so ergreifender Weise auseinandersetzte, daß viele Augen in Thränen schwammen. Die große Theilnahme, die heute das katholische München für einen seiner besten Mitbürger an den Tag gelegt, dürfte ein neuer Beweis sein, daß die Katholiken jene Männer auch noch nach dem Tode zu schätzen wissen, die ihrer Sache treu und aufrichtig ergeben, für dieselbe mit allen ihren geistigen und materiellen Kräften muthig einstehen. Leider fällt ein Stamm um den andern und somit bedarf es immer mehr des frischen Nachwuchses!
Landshuter Zeitung Nr. 65. Sonntag, den 21. März 1858.
Deutschland.
Bayern. München, 20. März. Gestern Nachmittag um 3 Uhr wurde die sterbliche Hülle des hingeschiedenen Dr. Ludwig Merz zur Erde bestattet. Selbst ältere Männer erinnern sich nicht, daß in München je einem Minister oder sonstigem Hochgestellten, geschweige einem einfachen Privatmann, ein ähnliches Leichenbegängniß zu Theil geworden ist; so außerordentlich war die Menge Derer, welche den eigentlichen Leichenzug bildeten und die unübersehbare Menschenmasse, welche zu dem Begräbniß herbeigeströmt war. Einen weit tieferen Eindruck aber noch als all' dieses machte der Ernst und der Ausdruck schmerzlicher Trauer, den man weit mehr als gewöhnlich aus den Gesichtern aller Anwesenden gelagert sah, machten die Thränen, welche am Grabe selbst von gar Vielen flossen, von denen man kaum vermuthet haben würde, daß sie den Verewigten gekannt hätten. Die Leichenfeier sowie die Grabrede hielt der hochw. Abt von St. Bonifaz Dr. Haneberg. Dem Zuge vorauf ging die schwarz umflorte Fahne des katholischen Gesellenvereins, welcher paarweis geordnet, die Zugführer sämmtlich mit florbedeckten Schärpen, in langer Reihe, dann der Präses und sämmtliche Vereinsvorstände mit umflorten Hüten folgten. Hierauf kam nach der kirchlichen Trauerfahne die hochw. Geistlichkeit mit dem Herrn Abt, dann der Sarg, getragen von den Arbeitern des optischen Instituts, rechts und links darneben Mitglieder des Gesellenvereins mit Florschärpen und Kerzen. Hinter dem Sarge schritten der schwergebeugte Vater, der Bruder und die beiden Schwäger des Verewigten, denen sich die zahlreichen Mitglieder des St. Vincentiusvereins mit ihrem I Präsidenten Grafen Arco Valley, Graf Karl Seinsheim u. s. w. anreihten, sämmtliche Ausschußmitglieder der verschiedenen Konferenz die Hüte umflort. An diese schloß sich eine Masse der achtbarsten Männer des Gelehrten- und anderer Stände, die alle dem Hingeschiedenen die letzte Ehre erweisen wollten. Am Grabe stellte sich dann die Gesellen-Vereinsfahne auf. Nach Beendigung der feierlichen Zeremonien und Gebete hielt der hochw. Hr. Abt die Grabrede, aus welcher der Volksbot' einiges nachzutragen sich vorbehalten muß, jedoch hier nicht unerwähnt lassen kann, wie selbst bärtigen Männern bei der Hindeutung auf das, was der Verewigte für den Gewerbsstand gewirkt und geopfert, die Thränen stromweis die Wangen herunterrollten. – Am Montag um 10 Uhr wird, wie bereits gemeldet, der Trauergottesdienst in der St. Peterskirche abgehalten. Daß die Theilnahme für den zu früh Verewigten eine allgemeine ist, braucht nach den obigen sprechenden Beweisen nicht erst hinzugesetzt zu werden.
Der Volksbote für den Bürger und Landmann No. 65. Sonntag, den 21. März 1858.
Dr. Ludwig Merz.
(Nekrolog.)
In denselben Räumen der Glashütte zu Benedictbeuern, wo Fraunhofer einst seine großen Entdeckungen machte, wurde Ludwig Merz am 31. März 1817 geboren. Seine Mutter war eine (aus erster Ehe stammende) Tochter des bekannten Mechanikers Liebher, der, wie Georg Merz, Ludwigs Vater, zu den thätigsten Gehülfen v. Utzschneider's gehörte. Nach dem Tode der Mutter, die Ludwig schon im sechsten Lebensjahre verlor, wurde der Knabe zu Dachau erzogen, später zu den Studien nach Freising und zuletzt (in die Oberclasse) nach München geschickt, wo er mit Haneberg zusammentraf, der bald in tiefer, inniger Freundschaft für's ganze Leben mit ihm verbunden war. An der Hochschule unternahm Merz die Bearbeitung einer Preisfrage »über die Analogie von Licht und Wärme,« in deren Folge er promovirte (1842) und sich als Privatdocent habilitirte, worauf er zehn Semester hindurch über physikalische Geographie, Geschichte der Entdeckungsreisen, allgemeine Erdkunde u. s. w. Vorlesungen hielt und auf vielen Reisen z. B. nach Italien, wo er (1845) den Naturforscher-Congreß zu Neapel besuchte, sich weiter bildete, bis das verhängnißvolle Jahr 1847 dieser ruhigen Tätigkeit ein Ende machte. Vergeblich hoffte er auf Restitution und trat deshalb in das Geschäft seines Vaters, daS seit Mahler's Tode (1845) alleiniges Eigenthum der Familie Merz geworden war. An den seither aus diesem großartigen Institut hervorgegangenen bedeutenden optischen Instrumenten, z. B. nach Washington, Moskau, St. Petersburg, Neapel und Rom, hatte er in jeder Art Antheil genommen, indeß seine literarische Thätigkeit nebenbei in vielseitigster Weise sich entwickelte. Die politischen Bewegungen von 1848 und der folgenden Jahre beobachtete er mir ungetheilter Aufmerksamkeit und trat mit der glühendsten Begeisterung für die conservative Sache in Schrift und Wort ein, er eilte oftmals in den schweren Tagen der Gefahr als Redner gegen die bewegten Massen auf Volksversammlungen, betheiligte sich an dem »constitutionell-monarchischen Verein für Freiheit und Gesetzmäßigkeit« (der mehrere der Merz'schen volksthümlichen Flugschriften in Tausenden von Exemplaren gedruckt über das ganze Land verbreitete) und trat ebenso mit der Bildung des bald über 2000 Mitglieder zählenden »Vereins für constitutionelle Monarchie und religiöse Freiheit« in dessen Ausschuß, wo er jahrelang mit unermüdlicher Ausdauer jeden Donnerstag in umfassender Erörterung die politische Rundschau abhielt. Hier erschien auch Kolping, der Gesellenvater, und bald erblühte ein Verein, dem Merz anfänglich auf eigenes Risico und später unterstützt von zahlreichen Schankungen das Gesellenhaus erbaute, in dem er jeden Montag in herzlicher Ansprache und belehrenden Vorträgen mit diesen bildsamen Leuten verkehrte. Hier und in der folgenden Sphäre hat er wahrlich Großes geleistet und zwar mit einer Selbstverläugnung und Aufopferung von Kräften und Mitteln, die nur den Näherstehenden in vollem Umfang bekannt sein kann.
Schon als Student hatte Merz in lebendigster Weise unter seinen jugendlichen Genossen die monatlichen Beiträge zur Unterstützung des Missionsvereines gesammelt, später war er, mit noch drei anderen Freunden zusammentretend, der Erste, der hier nach französischem Vorbild den St. Vincentius-Verein zur Unterstützung der Armen begründete, der nun in vielen Zweigvereinen nicht nur in unserer Stadt, sondern in ganz Bayern und Deutschland die segensreichsten Wirkungen übt. Als Secretär desselben und zugleich in seiner Stellung als Schriftführer des Gesellenvereins fiel ihm die Last einer Unzahl von Correspondenzen nach allen Richtungen zu, die er unabläßig nach den geschäftlichen Berufsarbeiten im eigenen Hause mit emsigem Fleiße und aufopferndem Muthe führte. Die Katholikenversammlungen zu Mainz, Wien, Linz, Regensburg, Salzburg sahen ihn meist alljährlich in ihrer Mitte, wo er, immerdar in den Ausschuß gewählt, die sociale Sache der Charität förderte. Vor seiner Betheiligung an den Generalversammlungen des Johannisvereins hatte er schon längst theoretisch in das sociale Gebiet mit einer Schrift »Ueber die Linderung des herrschenden Nothstandes« eingegriffen und in praktischer Weise den leider nicht mehr zur Ausführung gebrachten Plan, eigene Arbeiterwohnungen zu bauen, aufgenommen.
In glücklicher Ehe lebend hatte ihn zuerst der Verlust seiner Kinder, besonders eines vierjährigen Söhnleins, der voraussichtlich der Träger des Hauses geworden wäre, niedergebeugt, der starke Mann litt darunter schon seit Jahren, aber mit Macht wußte er sich zu beherrschen und seine außerordentliche Arbeitskraft unterdrückte scheinbar den Kummer. Mit frohen Hoffnungen geleiteten ihn seine Freunde noch im vorigen Herbst nach dem Rigi, nachdem er in früheren Jahren wiederholt in Frankreich, England und Oesterreich bedeutende Reisen unternommen hatte; als ihm aber bei einem gegen Ende des vorigen Jahres im polytechnischen Verein gehaltenen Vortrag über Beleuchtung plötzlich die Stimnie versagte und Merz bald darauf eine ehrenvolle Einladung, auf Kosten der spanischen Regierung nach Madrid zu reisen und dort ein Teleskop aufzustellen, ablehnte und sich außer Stand erklärte, die Reise unternehmen zu können, da erst wurden seine Freunde auf seinen angegriffenen Gesundheitszustand aufmerksam. Im frohen Kreise feierte er noch das 50-jährige Bestehen des den väterlichen Namen tragenden Institutes, dann ergriff ihn der Typhus, dessen ungestümem Andrang seine geschwächte Natur nicht zu widerstehen vermochte. So erlag er demselben in der Nacht des 16. Merz, im noch nicht vollendeten 41. Lebensjahre, ein unersetzbarer Verlust für die Wissenschaft, die gute Sache und seine Freunde.
Merz war ein Mann von durchaus edler Gesinnung. Daß es ihm Ernst war mir der heiligen Sache, die er verfocht, daß er dieser seiner gewonnenen Uberzeugung jedes Opfer brachte, das haben Alle rühmlichst anerkannt, mochten sie auch in vielen Dingen andere Ansichten hegen; der unabsehbare Zug, der seine Leiche zur letzten Rast in dem Grabe geleitete, in das er früher mit schmerzzerdrückter Seele seine Kinder gebettet hat, zeigte von der Liebe, Verehrung und Theilnahme Aller, die je mit ihm in nähere Berührung gekommen waren. Derselbe Freund, dem er in den hellen Tagen der Jugend seine feurige Seele erschlossen hatte, der sodann dem Manne den ehelichen Bund gesegnet, erwies ihm auch den letzten Dienst der Kirche am Grabe; wie milder Frühlingshauch ergingen Haneberg's Worte an die befreundeten Leidträger. Merz war für alle Gutgesinnten ein Mittelpunct gewesen; sein Haus war stets ein gastliches; unzählige Wohlthaten wurden durch ihn ausgestreut, meist in edelmüthigster Weise, daß der Empfänger oft die segnende Hand nicht kannte; Einzelnen, namentlich armen Studenten, ja ganzen Familien half er großmüthig auf und die guten Gesellen, die am Grabe standen, ahnten wohl kaum, welche Wohlthaten sein väterliches Herz ihnen erwiesen hatte. »Möchten sich so die Engel um ihn drängen, wie er hier im Mittelpunct aller Guten gewesen,« sprach aus tiefquellender Seele der Redner. »Er hat über diese Sterne am Himmel hinaus nach einem höheren Lichte geblickt und sicherlich Theil an den vielen Thränen, die er getrocknet.«
Von seinen wissenschaftlichen Schriften und Arbeiten erwähnen wir hier: Ueber die Analogie von Licht und Wärme. München, 1842 (bei Kaiser). De theoria probabilitatis adhibita in physicam. ib. 1842. Die neueren Verbesserungen am Mikroskope nebst den sie begleitenden Aenderungen in der Dioptik. ib. 1843 (bei Palm). Optik, besonders für Augenärzte. 1845. (bei Cotta). Allgemeine Erdkunde als Einleitung zur Länder-, Völker- und Staatenkunde. Augsburg bei Kremer 1846. Gewerbestand und Proletariat-Vermittlungsgedanken. München 1848 bei Kaiser. Ueber die Linderung des herrschenden Nothstandes, mit Benützung der über die Preisfrage des Königs Max II. von Bayern erschienenen Schriften. Regensburg 1850. Blick auf unser gesammtes Schulwesen. Regensburg 1850 etc. Ein umfassendes Werk, das Resultat seiner unausgesetzten Studien, liegt noch im Manuscript vor: Ueber Physikalische Geographie. Ebenso eine Geschichte der Geographie und der geographischen Entdeckungsreisen. Als Beleg für seine vielverzweigten Kenntnisse im Gebiete der Geschichte, Philosophie, Handelspolitik u. s. w. dient eine Reihenfolge von Artikeln in der Manz'schen Realencyclopädie, dem Herder'schen Kirchenlexikon und vielen gelehrten Zeitschriften.
Abendblatt zur Neuen Münchener Zeitung Nr. 75. Montag, den 29. März 1858.
Deutschland.
Bayern. München, 1. April. Den zahlreichen Freunden des verewigten Dr. Ludwig Merz glaubt der Volksbot' einen Dienst zu erweisen, wenn er sie darauf aufmerksam macht, daß ein sehr gelungenes photographisches Bild desselben, welches noch bei seinen Lebzeiten genommen wurde, bei Hrn. Hudemann, Neuhausergasse Nr. 213 dahier, zu haben ist.
Der Volksbote für den Bürger und Landmann No 74. Freitag, den 2. April 1858.
Dem unvergeßlichen Dr. Merz *)
Der Frühling weckt Blüthen und Knospen zu Hauf;
Doch dich weckt sein kosendes Flüstern nicht auf.
Dein Leib ist tief in die Erde gebettet,
Deine Seele hat sich zu Gott gerettet.
Du hast dein Tagwerk frühe vollbracht.
Es weinet die Erde, der Himmel lacht:
Ein Kind hier seufzet im heißen Verlangen,
Vier Andere halten dort dich umfangen.
Hier härmt aich die Gattin im tiefsten Schmerz;
Dort jubiliret ein Mutterherz.
Der Freunde Kreis hier trauert und weinet,
Den sel'gen Bekennern bist dort du geeinet;
Und was du den armen Brüdern gethan,
Das wirst du mit Zinsen zurück empfahn.
Und was du für Gottes Sache gestritten,
Für ihn gekämpfet, mit ihm gelitten,
Im Buche des Lebens und der Rügen
Steht es geschrieben mit Flammenzügen.
Und weil du so demuthvoll im Leben,
Hat Gott den Lohn dir so frühe gegeben.
Für die Erde warst du wohl viel zu gut,
drum nahm dich der Herr aus der Trübsal Fluth.
Sanct Joseph, der Frommen Sterbepatron,
Er hat dich geleitet zu Gottes Thron.
Da harrst du der Deinen, bis Eins und das Andre
Auch aus der Irre zur Heimat wandre.
*) Für unseren unvergeßlichen Dr. Merz haben auch im Oberlande, zu Benedictbeuern, an seinem Geburtsorte, wie zu Tölz, öffentliche Trauergottesdienste unter dem allgemeinen Beileide der Bürger wie der Landleute stattgefunden, und man darf wohl sagen, daß nicht leicht ein Ehrenmann so ungetheilte Anerkennung verdient und den Dank für seine Verdienste auch nach Gebühr mit ins Grab genommen hat. D. R.
Beilage Nr. 96 zur Augsburger Postzeitung No 116. Samstag, den 1. Mai 1858.
Merz: Dr. Ludwig M., Geograph und Optiker, geb. am 31. März 1817 zu Benedictbeuern, Sohn des oben genannten Georg M. (seine Mutter eine Tochter des Mechanikers Liebherr, studirte zu Freising und München, wo er in Folge einer Preisfrage »Ueber die Analogie von Licht und Wärme« promovirte (1842) und sich als Privatdocent habilitirte; hier hielt M. fleißig besuchte, sehr anziehende Vorlesungen (über physikalische Geographie, Geschichte der Entdeckungsreisen, allgemeine Erdkunde) und bildete sich auf vielen Reisen (z. B. nach Italien, wo er 1845 den Naturforschercongreß in Neapel besuchte) weiter, bis im Winter 1847 die auch auf die Universität sich erstreckenden Lola-Montez-Wirren dieser Thätigkeit ein Ende bereiteten. M. trat in das optische Institut seines Vaters und nahm in jeder Art Antheil an den großen Instrumenten, welche nach Washington, Moskau, St. Petersburg, Neapel, Rom und Madrid gingen, indeß seine litterarische und durch die Ereignisse des Jahres 1848 angeregte publicistische Thätigkeit im conservativ-großdeutschen Sinne mit dem mächtigsten Freiheitsbewußtsein und Gerechtigkeitsgefühl sich entwickelte. Ebenso begeistert ergriff er auch die von Kolping angeregte Idee, dem armen, verlassenen Gesellenstande unter die Arme zu greifen; durch seine Mitwirkung entstand das k. Gesellenhaus zu München. Desgleichen beschäftigte ihn die sociale Frage des Pauperismus, weshalb M. auch in das Ordenscapitel des von Sr. Maj. König Maximilian II. gegründeten »Johannesvereins« aufgenommen wurde. Als echter Humanist unterstützte M. die charitative Kranken- und Armenpflege und ging mit seinem Beispiele, überall stillverborgene Wohlthaten spendend, mit offener Hand und gutem Beispiele voran. Seine durch unausgesetzte Arbeiten erschütterte Natur erlag schon am 16. März 1858 einem typhösen Fieber. – Von seinen wissenschaftlichen Schriften erwähnen wir hier mit Uebergehung seiner politischen und polemischen Brochüren die Arbeiten: »Ueber die Analogie von Licht und Wärme« (München 1842), »De theoria probabilitatis adhibita in physicam« (1842); »Die neuesten Verbesserungen am Mikroskope nebst den sie begleitenden Aenderungen in der Dioptrik« (München 1843), »Optik, besonders für Augenärzte« (Stuttg. 1845). »Allgemeine Erdkunde als Einleitung zur Länder-, Völker- und Staatenkunde« (Augsb. 1846), »Gewerbestand und Proletariat; Vermittlungsgedanken« (München 1848), »Ueber die Linderung des herrschenden Nothstandes, mit Benützung der über die Preisfrage des Königs Max II. von Baiern erschienenen Schriften« (Regensb. 1850). Seine »Physikalische Geographie« und »Geschichte der Geographie und geographischen Entdeckungsreisen« blieben leider Manuscript. Aus seinem Nachlasse erschien das populäre »Buch der Erde. Naturgeschichte des Erdballs und seiner Bewohner. Mit einer Lebensskizze und dem Porträt des Verewigten« (herausgegeben von Dr. Sepp), Regensburg 1860. Eine große Anzahl von Aufsätzen, welche M. bei seinen ausgebreiteten Kenntnissen im Gebiete der Geschichte, Philosophie und Handelspolitik für verschiedene Realencyclopädien und Fachzeitschriften schrieb, wurden leider nicht gesammelt.
Vgl. Nekr. in Nr. 75 Abendblatt zur Neuen Münchener Ztg. vom 29. März 1858. Hyac. Holland.
Dr. phil. Hyazinth Holland: Allgemeine Deutsche Biographie. Leipzig, 1885.
12. Dr. Ludwig Merz, Geograph und Optiker, geb. am 31. März 1817 zu Benediktbeuren, wo sein Vater Arbeiter im Fraunhoferschen optischen Institute war.
Er studierte zu Freising und München. An letzterer Universität erwarb er sich durch Lösung einer Preisfrage »Über die Analogie von Licht und Wärme« im Jahre 1842 den Doktorgrad, habilitierte sich hierauf als Privatdozent daselbst und hielt über physikalische Geographie, Geschichte der Entdeckungsreisen und allgemeine Erdkunde gut besuchte Vorlesungen. Auf einer Reise ins Ausland erweiterte er sein Wissen. Heimgekehrt, vermählte er sich 1846 mit Fräulein Anna Barbara Sepp. Im folgenden Jahre trat er mit seinem Bruder Sigmund in das optische Institut seines Vaters als Teilhaber ein.
Durch das sturm- und drangreiche Jahr 1848 angeeifert, war er publizistisch thätig. Begeistert ergriff er die von dem gottbegnadeten Priester Adolf Kolping angeregte Idee, dem armen verlassenen Gesellenstande unter die Arme zu greifen. Durch seine Mitwirkung entstand das Heim des im Jahre 1843 gegründeten katholischen Centralgesellenvereins Haus-Nr. 6 und 7 an der Schommerstraße in München, in welchem wir auf einer dort im Saale angebrachten weißen Marmortafel obenan seinen Namen als Erbauer des Heimes lesen und an der Längsseite seine Büste, modelliert von Kaspar Zumbusch, sehen. König Max II. ernannte ihn zum Mitgliede des Centralkapitels des St. Johannes-Vereins für freiwillige Armenpflege in Bayern. Als echter Humanist erwies er sich selbst still verborgen wohlthätig. Wie uns seine Grabschrift unterrichtet, war er Mitstifter des Missions-, Vincentius- und anderer katholischer Wohlthätigkeitsvereine. Seine durch unausgesetzte Arbeit erschütterte Gesundheit konnte einem typhösen Fieber nicht widerstehen, dem er am 16. März 1858 im Hause Nr. 11 an der Müllerstraße, neun Jahre vor seinem Vater, unterlag. Seine irdischen Überreste befinden sich im südlichen Friedhofe, ältere Abteilung, Mauer rechts, Grabplätze 165 und 166, Grabstätte seiner Schwiegereltern.
Auf Antrag der Verwandten genehmigte der Stadtmagistrat die Aufstellung der Büste des Verstorbenen, modelliert von Kaspar Zumbusch, in einer Nische der Arkaden.
C. Reber: Die »Ruhmeshalle« unter den Arkaden des südlichen (älteren) Friedhofes in München. Das Bayerland. Illustrierte Wochenschrift für bayerische Geschichte und Landeskunde. 9. Jahrgang. Heft Nr. 29. München, 1898.
Merz Ludwig, Dr. phil., 1817 (Benediktbeuern/Obb.) – 1858, Optiker, Geograph und Universitätsprofessor; Sohn des Optikers Georg M., studierte er in Freising und München (Mitschüler von Haneberg, J. N. Sepp und Strodl), habilitierte sich für Physikalische Geographie, Geschichte der Entdeckungsreisen und Allgemeine Erdkunde und wurde Professor in München (anläßlich der Lola-Montez-Unruhen 1847 abgesetzt); hierauf wurde M. Mitarbeiter der optischen Firma Merz und Söhne, die zahlreiche ausländische Sternwarten mit ihren großen Fernrohren belieferte; 1846 rief er den Vinzenz-Verein (zur Unterstützung der Armen) in München ins Leben, und 1848 gründete er zusammen mit Guido Goerres den »Verein für konstitutionelle Monarchie und kirchliche Freiheit«; als Schöpfer des Gesellenhauses in München wurde er »Bayerns Kolping« genannt; M. war auch publizistisch tätig.
Hauptwerke: Über Analogie von Licht und Wärme, Die neue Verbesserung am Microscope, Optik, besonders für Augenärzte, Allgemeine Erdkunde, Gewerbestand und Proletariat, Blick auf unser gesamtes Schulwesen, Über die Linderung des herrschenden Notstandes, Das Buch der Erde, herausgegeben von J. N. Sepp, mit dessen Schwester Anna Barbara M. verheiratet war.
© Dr. phil. Max Joseph Hufnagel: Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München. Zeke Verlag; 4. Auflage. Würzburg, 1983.
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Sepp von Laßberg (ps)
* 7.8.1816 (Bad Tölz/Obb.)
† 5.6.1909 (München)
Historiker und Schriftsteller
Sepp, Johann Nepomuk, Pseudonym Sepp von Laßberg, wurde am 17. August 1816 zu Tölz in Oberbayern geboren, studirte daselbst und in München, wo er sich besonders an Jos. von Görres anschloß. Durch sein »Leben Jesu«, das er dem gleichnamigen Werke von David Friedrich Strauß entgegenstellte, bürgerte sich Sepp zuerst mit seinem Namen unter den Gelehrten ein. Er machte verschiedene Reisen nach Italien, dann eine größere nach dem Orient. Vor derselben hatte er sich schon an der philosophischen Fakultät habilitiert. Er las nach seiner Rückkehr mit außerordentlichem Beifall über Geschichte, wurde aber, dem Ministerium verdächtig, von seinem Lehrstuhl entfernt und aus München verwiesen. Nach Ausbruch der Februar-Revolution in Paris (1848) reiste Sepp dorthin, um ihre Erscheinungen und Folgen in der Nähe zu studieren. Er wurde nach seiner Rückkunft zum Abgeordneten für das deutsche Reichsparlament gewählt und 1850 als Professor reaktiviert, aber im Dezember 1867 wieder in den Ruhestand versetzt. – Verschiedene historische, politische Schriften und Reisebeschreibungen.
Dichtungen: Markos Botzaris. Trauersp. in 5 A. Mainz 1860.
Franz Brümmer: Deutsches Dichter-Lexikon. Biographische und bibliographische Mittheilungen über deutsche Dichter aller Zeiten. Unter besonderer Berücksichtigung der Gegenwart. Eichstätt & Stuttgart, 1876/1877.
Sepp Johann Nepomuk, Dr. phil., 1816 (Bad Tölz/Obb.) – 1909, Historiker, Universitätsprofessor und Politiker; nach seinen philosophisch-historischen Studien zu München unternahm S. eine Reise nach Syrien, Palästina und Ägypten und erhielt 1846 die Professur für Geschichte an der Münchner Universität, (wurde aber 1847 im Zusammenhang mit der Lola-Montez-Affäre abgesetzt und aus der Hauptstadt verbannt); 1848 wurde er in das Frankfurter Parlament, 1850 in die bayerische Abgeordnetenkammer gewählt; seinen Lehrstuhl erhielt er 1850 wieder, mußte ihn aber 1867 wegen persönlicher Streitigkeiten abermals räumen; 1868 wurde er in das Zollparlament und wiederholt in die 2. Kammer gewählt, in der er 1870/71 ein begeisterter Vertreter der deutschnationalen Sache war; eine im Auftrag von Bismarcks 1874 unternommene Reise beschrieb er in der »Meerfahrt nach Tyrus zur Ausgrabung der Kathedrale von Tyrus mit Barbarossas Grab«.
Hauptwerke: Beiträge zur Geschichte des bayerischen Oberlandes, Bayern und die neue Ära, Ludwig Augustus, König von Bayern, Altbayerisches Sagenschatz, Religionsgeschichte von Oberbayern; S. vertritt in seinen gelehrten und anregenden Werken manche willkürlichen Anschauungen, der Universalinteressierte verstand nicht immer sein ausgedehntes Wissen in Ordnung zu halten, weshalb er von Spöttern die »umgestürzte Bücherkiste« genannt wurde.
© Dr. phil. Max Joseph Hufnagel: Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München. Zeke Verlag; 4. Auflage. Würzburg, 1983.