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MR – 216 (Kobell · Urlaub)

Ω

Franz
von
Kobell
1803 – 1882
Altmeister
der bairischen
und pfälzischen
Mundart-
Dichtung

Tafel

Franz von Kobell
Univ. Professor
Dialektdichter
1803 – 1882

Mr.r.216.

Ω

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Egid Ritter von Kobell

* 7.4.1772 (Mannheim)
† 17.6.1847 (München)
Staatsrat

Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München (1983)

Kobell Egid, von, Ritter, 1772 (Mannheim) – 1847, Staatsrat und Generalsekretär des Staatsrats; seine berufliche Laufbahn begann K. 1789 als Geheimer Kanzlist und Sekretär der kurfürstlichen Geheimen Kanzlei in Mannheim; 1799 wurde er Geheimer Konferenzsekretär und Geheimer Sekretär im Justizministerium in München, 1808 Generalsekretär des Geheimen Rats, 1817 Wirklicher Staatsrat und Generalsekretär des Staatsrats; während dieses Amts kam er 1835 in einem Spezialauftrag nach Griechenland, wo er Gesandter in provisorischer Eigenschaft war; K. war auch an der Ausarbeitung des Entwurfs für die bayerische Verfassung von 1818 beteiligt; seine Briefe an König Ludwig I. aus Griechenland sind eine seltene Quelle über die damaligen Zustände in Hellas und die Einstellung des griechischen Volks zu den Bayern.

© Dr. phil. Max Joseph Hufnagel: Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München. Zeke Verlag; 4. Auflage. Würzburg, 1983.

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Ferdinand Kobell

* 7.6.1740 (Mannheim)
† 1.2.1799 (München)
Galeriedirektor, Kupferstecher, Landschaftsmaler und Radierer

Deutsche Künstler-Gallerie von Max Franck (1818)

Ferdinand Kobell

Landschaft-Mahler und Kupferstecher, gebohren zu Mannheim den 7. Juny 1740, gestorben den 1. Februar 1799. Durch des Kurfürsten Karl Theodors Unterstützung aufgemuntert, widmete er sich ganz dem Kunstfache, für das er sich bey einer 1768 mit dem Grafen von Sickingen gemachten Reise, und einem 18 monatlichen Aufenthalt in Paris so sehr ausbildete, daß er nach seiner Zurückkunft in seiner Vaterstadt als kurfürstlicher Kabinets-Mahler, dann Mitglied und Sekretär der dortigen Mahler-Akademie angestellt wurde. Er kam 1793 nach München, wo er auch im 59sten Jahre seines Alters starb.

Deutsche Künstler-Gallerie von Max Franck. München, 1818.

Neues Maler-Lexicon zum Handgebrauch für Kunstfreunde (1833)

Kobell, Ferdinand, Maler und Kupferstecher, geb. zu Mannheim 1740, † als Galleriedirector zu München 1799, sollte studiren und war bis 1762 Hofkammer-Secretair; die Liebe zur Kunst machte ihn aber zum Künstler. In seinen Werken schätzt man vorzüglich die gute Wahl seiner Gegenstände und sein schönes, lebhaftes, warmes Colorit. Eine große Anzahl seiner originellen Landschaften, welche mit sehr schönen Figuren geschmückt sind, hat er eigenhändig meisterhaft und sehr geistreich geätzt. Daß seine Landschaften in Berghems Manier seyen, möchte schwer zu beweisen seyn. Kobell war zu sehr Original, um bei seinen Compositionen sich an die Manier eines Meisters zu binden.

Neues Maler-Lexicon zum Handgebrauch für Kunstfreunde. Nürnberg, 1833.

Kleine Schriften und Studien zur Kunstgeschichte (1854)

Ueber
FERDINAND KOBELL UND SEINE RADIRUNGEN.

Einleitendes Vorwort zu der neuen Ausgabe von F. Kobell's Radirungen in 178 Platten.
Stuttgart 1842.

Die Nachrichten über das Leben des Künstlers, dessen Werke uns vorliegen und der mit diesen seinen Arbeiten eine entscheidende Bedeutung für die Geschichte der neuern Kunst hat, sind einfach und gewähren nicht eben ein romantisches Interesse. Doch ist es nothwendig, diese Nachrichten voranzuschicken, ehe wir uns zur Betrachtung der Werke wenden, indem überall erst der Künstler unter Berücksichtigung der Zeitverhältnisse und der äussern Umstände, unter denen er sich gebildet hat, gewürdigt werden kann.

Ferdinand Kobell wurde am 7. Juni 1740 zu Mannheim, der damaligem Residenz der pfälzischen Kurfürsten, geboren. Sein Vater war kurfürstlicher Rath. Der Sohn war von seiner Jugend an dazu bestimmt worden, der Laufbahn des Vaters zu folgen; er besuchte, nachdem er die gesetzliche Reife erlangt hatte, die Universität Heidelberg, und ward nach Ablauf seiner Studien als Hofkammer-Sekretair angestellt. Doch hatte sich bei ihm schon früh die Neigung zu künstlerischen Beschäftigungen hervorgethan; der Aufenthalt in dem glücklichen Heidelberg war es vornehmlich, was diese Neigung mächtig zur Blüthe trieb. Dort stehen dem Schauenden die mannigfaltigsten Bilder einer so grossartigen wie anmuthvollen Natur gegenüber. Zwischen grünen Bergen zieht sich, in weiteren und engeren Windungen, bald von sammtenen Matten eingefasst, bald tiefrothe Sandsteinfelsen in seinen Fluthen widerspiegelnd, der Neckarstrom hin. Ein Kastanienwald, der aus einer südlichen Zone hieher versetzt zu sein scheint, umgürtet das alte Heidelberger Schloss; weiter hinauf am Berge und über die andern Höhen und Thäler des Gebirges breitet sich Eichen- und Buchwald. Aller Orten zwischen den Bergen begegnet man Quellen und Bächen, die plätschernd theils zum Neckar, theils zum Rheinthal hinaus eilen, hier eine heimliche Waldwiese bewässernd, dort unter Gestrüpp und Schlingpflanzen hinmurmelnd, dort die Räder einer einsamen Mühle treibend. Von den Höhen am Rande des Gebirges blickt man über die weite Ebne, welche der Rhein durchströmt; Weingärten, reiche Saatfelder, mit Obst- oder Wallnussbäumen besetzt, Städte und Dörfer, oft mit lustigen Hopfenpflanzungen umgeben, erfüllen die Ebne, welche jenseit des Rheins durch die duftig blauen Berge des Hardtgebirges abgegrenzt wird. In Heidelberg bedarf es nur eines Ganges von zehn Minuten, wenn man Verlangen trägt, sich in die Stille und Abgeschiedenheit der Natur zu versenken. Wenn der Student mit seinem Pandektenheft ins Collegium geht, da schauen Berg und Bäume fröhlich in die Strasse nieder und rufen ihm ihren frischen Morgengruss zu; da ist es schon Manchem geschehen, dass er den Katheder des Professors vergass und wohlgemuth hinauseilte, sich ins Grüne zu lagern und den geheimnissvollen Lehren zu lauschen, welche der Geist der Natur für den verwandten Menschengeist bereit hat. Auch Ferdinand Kobell folgte dieser Stimme. Er war nicht müssig in Heidelberg; aber das Zeichenbuch ward ihm lieber als das Pandektenheft. Er liess es sich angelegen sein, die Bilder, die ihm draussen entgegentraten, mit Stift und Pinsel festzuhalten, das rastlos stille Walten der Natur im engumgrenzten Raume, in künstlerischer Gemessenheit wiederzugeben. Er hatte keinen Lehrmeister bei diesen Studien, aber die Natur war seine Lehrerin; mehr und mehr verstand er ihre Sprache und stets sichrer und deutlicher wurden die Entwürfe, in denen er diese Sprache auszudrücken suchte. Er war, neben seinen wissenschaftlichen Studien, schon ein ganz tüchtiger Landschafter geworden.

Doch waren alle diese Bemühungen vorerst ohne weitern Erfolg. Nachdem er Heidelberg verlassen, musste er, wie bereits bemerkt, in die amtliche Laufbahn eintreten. Jetzt blieben ihm nur wenig einzelne Stunden übrig, in denen er sich, ganz insgeheim, an seiner künstlerischen Thätigkeit vergnügen durfte. Dem Vater des jungen Hofkammer-Sekretairs konnte eine Leidenschaft wenig zusagen, welche alle Pläne, die er für das Wohl des Sohnes mit kluger Umsicht ins Werk gerichtet, zu zerstören drohte. Denn in der That, wenn überall die Wahl eines künstlerischen Berufes zweideutig und selbst gefahrvoll ist, so musste sie für die Verhältnisse jener Zeit und jener Gegend ganz besonders ungünstig erscheinen. Die Pfalz fing erst an, sich allmählig von den unsäglichen Leiden zu erholen, die über sie durch die Kriege, fast ein ganzes Jahrhundert hindurch, heraufgeführt waren. Die materiellen Interessen waren durchaus vorherrschend; es fehlte sowohl an Mitteln, sich künstlerisch einzurichten, als auch an Sinn für die Bedeutung der Kunst. Die Städte, das junge Mannheim nicht ausgenommen, waren arm, der Adel ohne höhere Bildung, der Glanz der Klöster, die einst der Kunst eine so reichliche Förderung gewährt hatten, war lange verschwunden; und was als das Schlimmste bezeichnet werden muss, die Kunst selbst war derjenigen Verderbniss und Entnervung verfallen, welche ihr die allgemeine Herrschaft des damaligen französischen Geschmackes bereitet hatte, so dass die wenigen Freunde des Schönen sich fast ausschliesslich nur den Werken der älteren Meister, die so hoch über denen der Gegenwart standen, zuwandten. Nur der Kurfürst allein, Karl Theodor, der im Jahre 1742 zur Regierung gelangt war, bemühte sich, für die Pflege einer höheren geistigen Bildung in seinem Staate zu sorgen. Nur von ihm konnte dem künstlerischen Talente, welches unter den ungünstigen Zeitverhältnissen und unter dem wider Willen getragenen Drucke der Amtsgeschäfte zu verkümmern drohte, Hülfe kommen, – und sie kam. Es fand sich, im Jahre 1762, die Gelegenheit, ihm einige Arbeiten des Hofkammer-Sekretairs vorzulegen. Er erkannte das darin ausgesprochene Talent, entband diesen seiner Amtsgeschäfte, und setzte ihn durch eine Pension, die er ihm grossmüthig aus seiner Privatkasse bewilligte, in den Stand, sich vollständig für den künstlerischen Beruf auszubilden.

Ferdinand Kobell, bis dahin ohne alle künstlerische Unterweisung, besuchte nunmehr zunächst die Kunstakademie von Mannheim, welche damals unter der Direction des berühmten Bildhauers Peter Verschaffelt stand. Er durfte seine Träume verwirklichen, sich frei und rückhaltlos dem Berufe hingeben, für welchen ihn die Natur bestimmt halte, durfte alles das nachholen, was bisher, bei dem ungeregelten Gange seiner künstlerischen Beschäftigungen, versäumt sein mochte. Doch sollte er auch jetzt noch den wuchtigsten Theil seiner Ausbildung dem eignen Talente zu verdanken haben. Er fand in Mannheim keinen Landschaftsmaler, der ihn in die Eigenthümlichkeiten dieses besonderen Faches der Kunst hätte einführen können. Er blieb in diesem Bezuge, ausser auf die Natur, nur auf die Vorbilder älterer Meister, welche die Gallerie von Mannheim enthielt, angewiesen; doch stand ihm bei dem Studium dieser Werke der Rath seines Freundes, des Gallerie-Inspektors Franz Pichler, hilfreich zur Seite, indem der letztere, zwar selbst kein ausübender Künstler, dem jungen Landschaftsmaler all seine Bemerkungen über das Aesthetische und Technische der Vorbilder gern mittheilte. Als Beschluss der Studienzeit ist eine Reise nach Paris zu nennen, welche Kobell als Begleiter des kurfürstlichen Gesandten am französischen Hofe, des Grafen von Sickingen, im Jahre 1768 antrat. Er verweilte in Paris achtzehn Monate.

Nach seiner Rückkehr ward Kobell zum kurfürstlichen Hofmaler und zum Professor an der Mannheimer Akademie ernannt. Von dieser Zeit ab lebte er still in seiner Vaterstadt, eifrig thätig in seinem schönen Berufe, allgemein geschätzt wegen seiner Arbeiten, von den ihm Näherstehenden wegen seiner liebenswürdigen Persönlichkeit hoch verehrt. Doch sah er sich im Jahre 1793 durch die Unruhen des Kriegs veranlasst, Mannheim zu verlassen; er ging nach München, wo er, nach dem Tode des Direktors der Mannheimer Gallerie, J. F. von Schlichten, dessen Stelle erhielt. Er starb am 1. Februar 1799.

Ein sehr grosser und wohl der bedeutendste Theil von Kobell's künstlerischer Thätigkeit bestand in der Anfertigung radirter Blätter; man zählt deren 242, theils von kleinerem, theils von grösserem Format. Neben einigen Reihefolgen mit figürlichen Darstellungen enthalten sie fast sämmtlich Landschaften. Die Daten, mit denen sie versehen sind, reichen vom Jahre 1769 bis zum Jahre 1796. Man sagt, dass die freundschaftliche Verbindung, welche Kobell in Paris mit dem berühmten Kupferstecher Johann Georg Wille und mit dem, besonders im Fache der Aetzkunst namhaften Philipp Parizeau eingegangen war, ihn vorzugsweise dazu veranlasst habe, sich mehr der Radirnadel als des Pinsels zu bedienen. Ohne Zweifel wird diese Angabe begründet sein, und gewiss muss ein solches Verhältniss für ihn sehr vortheilhaft gewesen sein, sofern es sich um die gründliche Aneignung der gesammten Technik des Radirens und Aetzens handelt. Dennoch müssen wir annehmen, dass ein tieferer Grund vorhanden war, der Kobell mehr zu der bloss zeichnenden Darstellung als zu derjenigen führte, welche sich des umfassenderen künstlerischen Mittels der Farbe bedient. Es ist in der That vorauszusetzen, dass sein Talent eine gewisse Beschränkung hatte, dass es ihn mehr dahin trieb, die landschaftliche Composition als solche, die Umzeichnung ihrer Formen, die Licht- und Schattenwirkung, sowie das Spiel des Helldunkels, – mit einem Worte: die allgemeinen Grundzüge der künstlerischen Darstellung aufzufassen und wiederzugeben, als dieselbe zugleich auch zum weichen, quellenden Leben zu erwärmen. Und mehr als wahrscheinlich ist es, dass auf eine solche Richtung sein ungeregelter Bildungsgang und die, immerhin späte Zeit, in welcher er sich erst ausschliesslich der Kunst widmen durfte, den wesentlichsten Einfluss hatten. Denn so hoch auch die Kraft des Genies zu verehren ist, so bedarf dasselbe dennoch, um vollendet in die Erscheinung treten zu können, einer frühen und folgerechten Gewöhnung, welche ihm die äussern Mittel der Darstellung zu einer leicht fliessenden Sprache macht; wir sehen es an allen, auch den bedeutendsten Künstlern, die erst im vorgerückten Alter in ihren Beruf eintraten, dass ihren Werken mehr oder weniger die Andeutung einer skizzenhaften Behandlungsweise bleibt. Um so mehr aber werden wir den richtigen Tact anerkennen müssen, der Kobell vorzugsweise in einem Fache wirksam sein liess, welches die Ansprüche, denen zu genügen er möglicherweise nicht im Stande war, fernhielt und, obschon in enger gezogenen Grenzen, die anmuthigste Entwickelung seiner eigenthümlichen Richtung und seines eigentümlichen Talentes gestattete. Wir werden annehmen müssen, dass sein Aufenthalt in Paris und das dortige, eben angeführte Verhältniss ihm das Wesen seines künstlerischen Berufs nur zum klareren Bewusstsein gebracht habe.

Wie indess diese Verhältnisse zu betrachten sind, jedenfalls gehören Kobell's Blätter zu den bedeutendsten Radirungen im landschaftlichen Fachee. Er schliesst sich mit ihnen, obwohl mehr als ein halbes Jahrhundert dazwischen liegt, unmittelbar den ähnlichen Leistungen an, welche die holländischen Meister uns hinterlassen haben; er ist der erste, der unter den Deutschen mit umfassenden Arbeiten solcher Art auftrat. Die glücklicheren Arbeiten der Holländer reichen bis in den Beginn des achtzehnten Jahrhunderts herab; unter den Deutschen zählt Kobell nur sehr wenig Vorgänger, die auf eine höhere Bedeutung Anspruch haben. Die beiden Scheits, Matthias und Andreas, um den Schluss des siebzehnten Jahrhunderts thätig, sind als solche noch nicht anzuführen; Joachim Franz Beich (1665–1748) und Peter von Bemmel (1689–1754) haben mehrere geistreiche Blätter hinterlassen, die jedoch bei diesem das Gepräge eines nur skizzenhaften Entwurfs tragen, bei jenem nicht frei von conventioneller Behandlung sind; unter den Blättern eines näheren Zeitgenossen von F. Kobell, des Franz Edmund Weirotter (1730–1773), finden sich auch nur wenige, die in edler Radirmanier durchgeführt sind. U. dgl. m. Ja, wir müssen hinzufügen, dass Kobell überhaupt als derjenige zu bezeichnen ist, der die landschaftliche Radirung, was die äusseren Elemente der Darstellung anbetrifft, zuerst auf umfassende Weise zu einer eigentlich vollendeten Durchbildung gebracht hat. Wenigstens finden sich bei den grossen holländischen Landschaftern des siebzehnten Jahrhunderts nur einzelne Blätter, in denen eine solche Behandlung erstrebt ist, die somit eine eigentlich künstlerische Beschlossenheit haben, während bei weitem die Mehrzahl durchgehend nur auf die Andeutung einer malerischen Wirkung hinarbeitet und sich mehr nur als Entwurf zu einem Gemälde, denn als ein selbständiges und für sich gültiges Ganze zu erkennen giebt. So ist es z. B. bei den meisten der im Uebrigen so geistvollen Blätter des Anton Waterloo der Fall, von denen nur einige wenige eine wirklich plastische Durchbildung zeigen: so noch ungleich mehr bei den wenigen schönen Entwürfen, die von Jakob Ruisdael radirt sind; so selbst bei den Blättern von Hermann Swanevelt, obgleich dieser mit vorzüglichem Glück auf Massenwirkung und allgemeine Haltung hinzuarbeiten versteht. U. s. w. Eine wesentliche Ausnahme macht eigentlich nur Aldert van Everdingen, der in seinen anziehenden Blättern von vornherein mehr die Zeichnung in ihrer Selbständigkeit als jene Andeutung einer malerischen Wirkung im Sinne hat, und der in der zierlichen Bestimmtheit der Umrisslinien, in der plastischen Modellirung an Fels und Bäumen vorzüglich ausgezeichnet ist. In diesen Elementen der Behandlung sind Everdingen's Blätter als die wichtigsten Vorbilder, welche Kobell vorlagen, zu nennen; aber auch sie wiederum enthalten häufig mehr nur die Angabe der Composition, als dass in ihnen überall die Mittel, welche schon die Zeichnung an sich gewährt, und besonders die ganze Wirkung des Helldunkels, zur vollkommenen Erscheinung kämen.

Doch nicht bloss in der gründlicheren Feststellung der Technik beruht die Bedeutung von Kobell's Radirungen; sie sind zugleich die schönsten Zeugnisse für das neue sinnvolle Eingehen auf das stille Wirken der Natur in ihrer schlichten Reinheit, welches zu jener Zeit in Deutschland erwachte, welches die Fesseln des französischen Geschmackes, der selbst in Wiese und Wald seine knechtische Unnatur hinausgetragen hatte, von sich warf und den neuen Aufschwung der Kunst einleitete, dessen wir uns heutiges Tages erfreuen. Wir haben Kobell mit seinen Radirungen als einen der glücklichsten Vorkämpfer für solche Bestrebungen anzuerkennen; seine Wirksamkeit musste um so grösser sein, als das scheinbar kleine Fach, welches seine vorzüglichste Thätigkeit ausmachte, die zahlreichste Verbreitung seiner Leistungen gestattete. Man hat es beklagt, dass Kobell, ausser jener Reise nach Paris, die deutsche Heimat nicht verlassen, dass er namentlich nicht in dem glänzenden Italien seine künstlerischen Studien gemacht habe; man meint, sein Talent würde sich dann in grösserem Reichthum entfaltet haben; aber es dürfte sehr in Frage zu stellen sein, ob eine grössere Mannigfaltigkeit der Erscheinungen nicht vielleicht seinen Blick verwirrt, nicht die Reinheit, die keusche Naivetät der Auffassung, die in seinen Blättern vor Allem so anziehend wirkt, getrübt haben möchte. Auch bot ihm schon seine nächste Heimat des Schönen und Anmuthigen gar viel. Ja, es ist fast auffallend, dass er die vorzüglich grossartigen, die vorzüglich malerischen Bilder, die sich ihm bei den Spaziergängrn und bei kleinen Studienreisen in der Heimat selbst darbieten mussten, keineswegs so benutzt hat, wie es unzweifelhaft ein Landschaftsmaler des heutigen Tages thun würde. Wir finden in seinen Radirungen Nichts, was an die wundersame Romantik des Heidelberger Schlosses, das in seiner Zerstörung einen so mächtig phantastischen Reiz ausübt, erinnerte; Nichts, was etwa dem zweiten Glanzpunkte des Neckarthales, der gegend von neckarsteinach, entnommen wäre; Nichts, was auf die so ganz eigethümlich malerischen Theile des Hardtgebirges, namentlich auf die Umgebungen von Anweiler, oder was auf die weiter nördlich belegenen romantischen Theile des Rheinthales hindeutete. Im Gegentheil zeigt sich bei Kobell, bis auf einzelne Ausnahmen, die durch einen, hievon ganz verschiedenartigen Einfluss hervorgebracht sind und von denen weiter unten die Rede sein wird, eine sehr entschiedene Vorliebe für die einfachste landschaftliche Situation. Von der sogenannten heroischen oder allgemeiner, von der idealischen Landschaft finden wir nur vorübergehende Andeutungen in seinen Blättern; es ist die Natur in ihrer grössten Einfalt und Stille, die Verbindung derselben mit dem schlichtesten menschlichen Verkehr, was er am häufigsten und mit vorzüglichstem Glücke darstellt.

Eine solche Richtung der landschaftlichen Darstellung war aber durchaus nothwendig, wenn überhaupt mit Erfolg ein reineres Streben in das betreffende Kunstfach eingeführt werden sollte; man konnte von der Unnatur nur frei werden, indem man mit voller Absicht und Entschiedenheit auf die naivste Natürlichkeit der Natur zurückging. Dasselbe Bestreben tritt uns zu jener Zeit in Deutschland auch in andern Beziehungen und in nicht minder anerkennungswürdiger Weise entgegen. Für das Fach der figürlichen Darstellung erinnere ich hier nur an die unnachahmliche Naivetät, durch weiche Chodowiecki's Kupferblätter einen so hohen Werth behalten. In der Poesie zeigt sich ganz dieselbe Auffassung der Natur. Hier klingt sie schon im Anfange des Jahrhunderts durch den, mit Unrecht fast vergessenen Brockes herein; entschiedener bei Kleist; ihren Culminationspunkt erreicht sie in Gothe's Werther (1774). Die Naturschilderungen, die zu den wesentlichsten Schönheiten des Werther gehören, sind in der That den Darstellungen, welche Kobell mit Vorliebe giebt, auffallend verwandt; auch ist hier ein völlig gleiches Verhältnis zu den Bildern der Natur, welche dem Dichter bei der Abfassung seines berühmten Buches vorschwebten. Es ist bekannt, dass die Lokalität und die damaligen geselligen Verhältnisse von Wetzlar die Grundlage zum Werther ausmachen. Wer das liebliche Thal des Lahnflusses kennt, in welchem Wetzlar liegt, findet es vielleicht ähnlich auffallend, dass Göthe uns durchweg nur in die schlichtesten und stillsten Situationen jener Gegend einführt, dass er Alles, was einen höhern, romantisch landschaftlichen Reiz darbietet, ganz unberührt lässt, und dass sich in seinem Buche auch nicht die leiseste Hindeutung auf so glänzend malerische Punkte, wie die Gegend des unfern belegenen Weilburg oder wie die von Limburg, findet.

Bei solcher Richtung erscheint Kobell jedoch durchaus nicht als einseitiger Naturalist; im Gegentheil tritt in seinen Radirungen durchweg die vollste und gemessenste künstlerische Besonnenheit hervor. Hierauf deutet schon, was oben über das Allgemeine der technischen Durchbildung seiner Blätter gesagt ist. Auch lässt sich in den letzteren ein klar vorschreitender Bildungsgang ziemlich deutlich verfolgen. Wir sehen, wie er sich, allerdings zwar auf der Grundlage einer selbständigen Naturanschauung, durch das Studium der älteren Meister zum vollkommenen Bewusstsein über die Grundsätze seiner Kunst entwickelt. So tragen zunächst diejenigen Arbeiten, die in der Zeit seines Pariser Aufenthaltes und in den nächstfolgenden Jahren gefertigt wurden, das Gepräge der holländischen Landschaftschule, die als ein gewiss sicherer und gültiger Wegweiser betrachtet werden muss, wenn man die ruhige Einfalt der Natur auf künstlerische Weise zur Darstellung bringen will. Hieher gehören auch die wichtigeren unter den Blättern, in welchen Kobell figürliche Darstellungen gegeben hat. Dann wendet er sich auf eine kurze Frist derjenigen Richtung der Landschaft zu, welche die Natur in einer mehr idealen Weise, mehr nach dem Vorbilde der Gegenden Italiens, behandelt und welche besonders durch die beiden Poussins und deren Nachfolger vertreten wird. In dieser Periode tritt Kobell allerdings mehr oder weniger aus seiner sonstigen Eigenthümlichheit heraus; doch auch in den Darstellungen dieser Zeit erscheint die ihm eigne Einfachheit der landschaftlichen Situation zumeist vorherrschend. Bald aber verlässt er auch diese Richtung und zeigt sich nunmehr in seiner vollen Selbständigkeit, die mit grösserer oder geringerer Entschiedenheit nur das Vorbild der heimischen Natur befolgt. Einzelne unter den Blättern seiner dritten Periode enthalten zwar Compositionen, die wiederum auf eine gewisse Grossartigkeit des Eindruckes hinzuarbeiten scheinen, aber auch hier ist die Fassung so, dass sie dennoch dem einfach schlichten Verkehr des Lebens und Daseins nahe gerückt werden. So behalten z. B. seine grösseren Darstellungen von Wasserfällen durch den malerischen Bau der Holzbrücken, die er hier über das Wasser führt, ganz das Trauliche, menschlich Gemüthliche, was auch seine schlichtesten Scenen so ansprechend macht.

Ferner ist zu bemerken, und hierin besteht wieder ein sehr wesentlicher Vorzug seiner Blätter, dass sie durchweg ein vollendetes, in sich beschlossenes künstlerisches Ganzes ausmachen. Wie einfach die Scene der Natur oder des in ihr vorgehenden menschlichen Verkehrs, die er uns vorführt, auch sein mag, überall hat sie ein bestimmt charakteristisches Gepräge, überall spricht sich in ihr eine entschiedene Stimmung aus, überall ist sie vollkommen ausgerundet und beendet. Die Linienführung erscheint durchweg harmonisch, Licht und Schatten und Alles, was dem Elemente des Helldunkels angehört, durchweg in gemessener Haltung. Alles in seinen Blättern ist freie und wahre künstlerische Conception. Er hat fast nie eine sogenannte Vedute gefertigt, fast nie eine vorhandene Scene der Natur für seinen Bedarf ohne Weiteres nachgeschrieben. Ja, er ging in dieser freien Auffassung der Natur so weit, dass er, seit er von seiner Pariser Reise zurückgekehrt war, kaum noch Studien nach der Natur machte; nur Einzelheiten, deren er etwa für die Vorgründe der Bilder bedurfte, pflegte er seit dieser Zeit nach der Natur zu zeichnen; im Uebrigen war er nur bemüht, ihre Erscheinungen mit dem Auge aufzufassen und unmittelbar dem Gedächtnisse einzuprägen, indem er gern äusserte, dass man mit jenen Studien doch nie der Wirklichkeit nahe komme und dass sie nur als ein Spott auf das Vermögen der Kunst erschienen. Gleichwohl spricht sich auch im Einzelnen seiner Darstellungen die feinste Beobachtungsgabe aus, und nicht minder ein sehr glücklicher Sinn, das Einzelne in seiner Mannigfaltigkeit und Verschiedenheit mit den beschränkten Mitteln der Radirnadel charakteristisch anzudeuten. Alles dieses hat unsern Künstler zu einer feinen stylistischen Behandlung der Landschaft geführt, wie solche bei der künstlerischen Darstellung überhaupt, besonders aber bei der obengenannten beschränkteren Darstellungsweise nöthig ist.

Hiebei darf indess nicht verschwiegen werden, dass Kobell in dieser Stylistik zuweilen um einen Schritt zu weit geht, dass das Streben nach Gemessenheit seiner Darstellung zuweilen eine, wenn auch nur leise Andeutung von conventioneller Manier giebt. Dies zeigt sich besonders da, wo er sich bemüht, das Laub der Bäume in grösseren Massen zusammenzuhalten und solchergestalt eine mehr plastische Wirkung hervorzubringen. Ohne Zweifel erklärt sich dieser Uebelstand – denn so müssen wir es allerdings nennen – zunächst durch die eben angeführte Weise des Studiums, welche er in der langen Zeit seiner späteren künstlerischen Thätigkeit befolgte. Wie lebendig er das unmittelbare Vorbild der Natur wiederzugeben vermochte, ergiebt sich, um nur Ein Beispiel anzuführen, aus dem schönen Blatte von seiner Hand, welches die Inschrift führt: »Imm Neckarauer Wald. 1779. Ferd. Kobell.« Dies Blatt erscheint, ausnahmsweise, als eine blosses Studium, es hat auch nicht die volle Beschlossenheit, die sonst seinen Arbeiten eigen zu sein pflegt; dafür aber tritt hier die meisterlichste Freiheit in Auffassung und Behandlung hervor. Aber indem Kobell im Ganzen, wie bemerkt, mehr mit dem Auge als mit der Hand studirte, indem er dem Gedächtnisse vielleicht zu viel zutraute, gerieth er dahin, wiederum in Etwas von der vollen Naturwahrhhit abzuweichen. Doch ist auch für diese Erscheinung noch ein tieferer Grund zu suchen. Kobell steht erst im Beginn einer neuen und freiern Zeit; es ist, in Gemässheit aller menschlichen Entwickelungs-Verhältnisse, sehr natürlich, dass er die Gesetze der alten nicht mit einem Schlage vollständig abzuschütteln vermochte, dass diese Gesetze auch noch auf ihn, obschon er ihr Gegner war, eine leise, doch immerhin erkennbare Nachwirkung äusserten. So löst sich von selbst der Widerspruch, dass er, für die freie Naturwahrheit in der Kunst mit glücklichstem Erfolge wirkend, dennoch zugleich unter dem Einflusse einer in Etwas conventionellen Naturauffassung erscheint.

Doch ist dieser Uebelstand schon an sich nur gering und zugleich, wie bemerkt, unmittelbar mit einem sehr gültigen Streben verbunden. Er tritt aber noch ungleich mehr zurück, wenn man die anderweitigen, so erheblichen Vorzüge der Kobell'schen Blätter, von denen bereits die Rede war, in Erwägung zieht. Blickt man gar auf andre Arbeiten, die gleichzeitig mit diesen im Fache der landschaftlichen Radirung entstanden, so wird man sehr geneigt, den kleinen Fehler völlig zu übersehen. Man vergleich z. B. die berühmten Radirungen des Salomon Gessner mit den seinigen. Auch hier sehen wir ein ausgezeichnetes Talent für landschaftliche Darstellung, auch hier in einigen wenigen Blättern eine freie Wahrheit in Auffassung und Behandlung; aber bei Weitem die Mehrzahl von Gessner's Blättern verliert sich in eine südliche Sentimentalität, welche die keusche Einfalt der Natur aufs Neue, und zwar in sehr durchgreifender Weise, in conventionelle Bande schlägt.

So nehmen Kobell's Radirungen eine durchaus ehrenvolle und bedeutsame Stelle in der Geschichte der neueren Kunst ein. So gewähren sie dem Freunde der Darstellungen einer schlichteren Natur einen vorzüglich reichhaltigen und nachwirkenden Genuss. So sind sie, wie wenig andre ihres Faches, sehr wohl geeignet, dem jungen Künstler zum Studium zu dienen, ihm über die wichtigsten Punkte, welche bei der landschaftlichen Zeichnung zur Sprache kommen müssen, mannigfachen Aufschluss zu gewähren, und nicht minder auch in den Kunstschulen als höchst brauchbare Vorbilder benutzt zu werden. Der neue Abdruck der Platten, die sich ihm erhalten haben, wird demnach ohne Zweifel mit Beifall aufgenommen werden. Es sind dieselben, die bereits im Jahre 1809 bei J. F. Frauenholz in Nürnberg, unter dem Titel: »Oeuvre complet de Ferdinand Kobell« etc., doch nur in einer sehr geringen Auflage erschienen. Eine kleine Anzahl andrer Platten war bereits früher in Paria herausgegeben; es scheint, dass diese untergegangen sind. Dasselbe ist mit Zuversicht von den Platten andrer Kobell'schen Radirungen anzunehmen. Ein Verzeichniss der sämmtlichen Radirungen Kobell's, in welchen die Platten des ehemals Frauenholz'schen Verlags durch ein Sternchen bezeichnet sind, ist von einem vieljährigen Freunde des Künstlers bearbeitet und mit biographischen Nachrichten über den letztem im Jahre 1822 herausgegeben. Es führt den Titel: »Catalogue raisonné des estampes de Ferdinand Kobell. Par Etienne Baron de Stengel.

Franz Kugler: Kleine Schriften und Studien zur Kunstgeschichte. Stuttgart, 1854.

Allgemeine Deutsche Biographie (1882)

Kobell: Ferdinand K., kurfürstlicher Cabinetsmaler und Galleriedirector; geb. am 7. Juni 1740 in Mannheim, † am 1. Febr. 1799 in München. In der 2. Hälfte des vorigen Jahrhunderts sind aus der Familie Kobell (früher auch Köbel) acht Künstler hervorgegangen; drei derselben (Ferdinand, Franz, Wilhelm) gehören der deutschen, fünf (Hendrik, Anna und drei Jan) der holländischen Malerschule an, und behaupten sämmtliche vermöge ihrer namhaften Leistungen einen geachteten Platz in der neueren Kunstgeschichte. Der Ahnherr dieser Kobell ist Ferdinands Großvater, Johann Heinrich Kobell, der gleich seinen Vorfahren aus Oberhessen stammend im Juni 1716 zu Frankfurt a. M. den Bürgereid schwur und im Sommer 1720 (vielleicht aus Anlaß des verheerenden Brandes vom Juni 1719) nach Mannheim übersiedelte, wohin Kurfürst Karl Philipp III. vor kurzem von Heidelberg die Residenz verlegt hatte.

Joh. Heinrichs ältester Sohn, Balthasar ging in kurfürstlichen Finanzdienst, wurde »Collector (d. i. Einnehmer, Pfleger) der Heidelberger geistlichen Administration« in Mannheim, zuletzt Rath bei der kurfürstlichen Finanzkammer daselbst und starb in dieser Eigenschaft mit Hinterlassung zweier Söhne: Ferdinand und Franz (s. d.). Johann Heinrichs jüngerer gleichnamiger Sohn wanderte nach dem Niederrheine, nach Rotterdam. Dort leistete er am 9. Decbr. 1755 den Eid als städtischer Vollbürger, gründete ein Geschäft mit englischen Fayencen (engelsch Aardewerk) und wurde Stifter des holländischen Zweiges der Familie, auf den wir am Schlusse des Artikels kurz zurückkommen werden.

K. besuchte nach erlangte Reife die benachbarte Universität Heidelberg und hörte daselbst nach dem Wunsche seines Vaters rechtswissenschaftliche Collegien. Allein es wirkten damals an der Carolina-Ruperta keine namhaften Kräfte; Vortrag und Methode waren trocken und der junge Candidat konnte dem Corpus juris und dessen Glossatoren keinen Geschmack abgewinnen; noch in späteren Jahren sprach er mit einer gewissen Abneigung von dem »starren, nüchternen Formenwesen, von der Herzenshärte« der Juristen. Dagegen fühlte er sich von der lieblichen Landschaft um Heidelberg mächtig angezogen. An manchem dies academicus, vielleicht auch an manchem Collegientage durchstreifte er das anmuthige Neckarthal, die Bergstraße, die Höhenzüge der Hardt. Dort zeichnete er eifrig nach der Natur, und die Skizzenbücher gaben Zeugniß von seinem angeborenen Talente wie von seinen wachsenden Fortschritten. So war er am Schlusse seines akademischen Lebens mit dem Zeichnen und Malen wol besser vertraut als mit den Institutionen und Pandekten; doch bestand er das juristische Examen befriedigend und wurde alsbald (1760) Secretär an der kurfürstlichen Hofkammer. Allein das einförmige Bureauleben war nicht nach Kobell’s Geschmack; er benutzte deshalb jede freie Stunde, um im Verkehre mit befreundeten Künstlern sich im Zeichnen und Malen zu vervollkommnen. Er fertigte bereits ganz tüchtige Arbeiten, von denen Kurfürst Karl Theodor 1762 mehrere zu Gesicht bekam. Karl Theodor liebte die Kunst und förderte deren Pflege auch deshalb, weil es ihm gefiel, als Mäcenas gefeiert zu werden, wie denn selbst Lessing Mannheim eine Vorhalle der Kunst und Kunstbildung pries. Nach den vorhandenen Rechnungen verwendete Karl Theodor für Kunstzwecke während seiner 22jährigen Regierung 35 Millionen Gulden, eine Summe, welche allerdings nicht mit dem im Einklange steht, was durch sie erreicht wurde.

Der Kurfürst erkannte das Talent des jungen Mannes, gestattete ihm den Austritt aus dem Staatsdienste und wies ihm zugleich ein Kunststipendium an. Wol kein Staatsdiener hat seiner Laufbahn mit ihren Ehren und Auszeichnungen freudiger Lebewohl gesagt, als K., der nun mit dem Feuereifer der Jugend unter der Leitung des kürzlich aus Gent als Akademiedirector nach Mannheim berufenen Peter Verschaffelt seinem neuen Berufe oblag. Auf Unterweisung in seinem speciellen Fache, der Landschaft, mußte er allerdings verzichten, da kein Lehrstuhl für Landschaftsmalerei bestand; und dieselbe überhaupt seit Brinkmann’s Ableben (1761) ohne Vertretung war. K. verblieb somit auf die Natur – allerdings die beste Lehrmeisterin – und auf die Vorbilder der älteren Maler angewiesen; doch gab ihm der feinfühlige Gallerieinspector Franz Pichler manch‘ werthvolle Winke über die Maltechnik der älteren Meister und über deren Compositionsweise sowie über deren Behandlung des Stoffes, welche Winke der strebsame Künstler nicht unbeachtet ließ. 1768 ging Graf Sickingen als a. o. kurbaierischer Gesandter an den Versailler Hof. K. begleitete ihn mit Genehmigung des Kurfürsten, hielt sich 18 Monate in Paris auf und studirte von Graf Sickingen eingeführt in den Künstlerwerkstätten und Staatsammlungen, so daß Kobell’s Pariser Aufenthalt als Abschluß der Studienzeit angesehen werden kann. Nach seiner Rückkunft (1769) wurde er kurfürstlicher Cabinetsmaler, bald darauf Secretär und Professor der Akademie zu Mannheim, in den letzten Jahren seines Lebens (Januar 1798) nach J. F. Schlichter’s Abgang Director der dortigen Gallerie. K. führte in seinem »kleinen Hause« im Kreise der Familie mit einigen gleichgesinnten Freunden ein stilles behagliches Künstlerleben. Frau v. La Roche, Wieland’s Jugendfreundin, welche während ihres Mannheimer Aufenthaltes häufig mit K. verkehrte, giebt im zehnten ihrer Mannheimer Briefe eine anziehende Schilderung von Kobell’s Wesen und Hause, »in dem es jedem gutgesinnten Menschenkinde so wohl ist!« Die Natur selbst (fährt sie fort) mußte K. zu ihrem Maler bestimmen. Er zeigt sich wie eine offene, fruchtbare Landschaft voll schöner Anhöhen und Felder, bei jedem Schritte, den man vorwärts geht, vermehren sich Anmuth und Reichthum. Ebenso ist’s mit Kobell’s Unterredung; je weiter sie geht, je mehr Kenntnisse seines Geistes, je mehr Güte seines Herzens wird sichtbar. Einen verwandten Eindruck gewinnt man aus den Briefen an dessen Söhne; wir lernen ihn hier als sorgsamen Familienvater, als edlen Menschenfreund, als warmen Patrioten kennen. Mit reger Theilnahme folgt er den politischen und kriegerischen Vorgängen; der Zerfall des Reiches, dessen Ohnmacht und Zerrissenheit bewegen ihn schmerzlich. Mehrere Briefe aus den letzten Jahren seines Lebens tragen deshalb eine trübe Färbung. »Mein gutes, deutsches Vaterland« (schreibt er im Januar 1798) »was bist du geworden, und was werden die Menschen wol aus dir machen? Welch’ grausames Spiel treibt man mit Dir? Es ist meiner Vernunft nicht möglich zu glauben, daß Alles jenseits des Rheins französisch werde und bleibe.«

1793 sah sich K. durch die drohenden Kriegsgefahren veranlaßt mit seiner Familie nach München zu übersiedeln, wohin der Hof bereits 1778 gezogen war. Dort fand er neue, ungewohnte Verhältnisse, und es beschlich ihn Sehnsucht nach der heimathlichen Pfalz und den Pfälzer Freunden. »Bacchus kennt diese Gegend (d. i. Altbaierns) nicht; – (klagt er brieflich wenige Monate nach seinem Umzuge) – seit der Schöpfung ward hier kein Thyrsusstab geschwungen, kein Bacchanal gefeiert; nie röthet da die Octobersonne eine Rubintraube und von den Hügeln strömt nie der göttliche Stoff, der süße Wein in den goldenen Becher.« Allein alsbald fand sich der liebenswürdige, anspruchslose Mann auch an seinem neuen Wohnorte zurecht, wo er nach kaum sechsjährigem Aufenthalte am 1. Febr. 1799 starb. K. war nach dem Zeugnisse Meusel’s, Füßli’s, Lipowsky’s und anderer Kunstschriftsteller ein von seinen Zeitgenossen hochgeachteter Künstler, der seine Stoffe mit künstlerischem Verständnisse und treuer Wiedergabe der Natur ausführte. Namentlich wird die Darstellung seiner Bäume und die glückliche Vertheilung von Licht und Schatten gerühmt, wodurch die Bilder trotz ihrer Einfachheit auf den Beschauer effectvoll wirken. Nach Manlich’s Catalog befanden sich in der Münchner Gemäldesammlung zwei Bilder. Vier sind in Schleißheim untergebracht. Neben zwei kleinen Landschaftsbildchen (Nr. 455 und 456) befindet sich dort ein Thalgrund mit Aussicht auf die Ebene, im Vordergrunde eine Hirtenfamilie mit Heerde; das 4. Bild »Am Rhein« zeigt eine mit Figuren belebte Straße zwischen hohen Bäumen und einem Hause am Ufer, auf dem Flusse ziehen Kähne und Schiffe. Ein großer und wol der hervorragendste Theil seiner Kunstleistung besteht in seinen Radirungen; man zählt 242 Blätter, welche neben einigen figürlichen Darstellungen fast sämmtlich Landschaften enthalten. K. besorgte selbst mit großer Sorgfalt den Druck der Platten, welche er in der Periode von 1769 bis 1796 fertigte. Sein langjähriger Freund Stephan Freiherr v. Stengel, hat unter dem Titel: Catalogue raisonné des estampes de Ferd. Kobell, Nuremb. 1822 eine sorgfältige Beschreibung jedes einzelnen Blattes geliefert und in der Vorrede einige biographische Notizen mitgetheilt. Kobell’s Blätter sind für die deutsche Aetzkunst deshalb von hohem Belange, weil er der erste deutsche Meister ist, welcher die landschaftliche Radirung bezüglich der äußeren Elemente der Darstellung zu einer vollendeten Durchbildung gebracht hat. K. suchte absichtlich die einfachsten landschaftlichen Situationen, den schlichtesten menschlichen Verkehr; indem er das stille Wirken der Natur in ihrer Reinheit und Einfalt wiedergab, leitete er den Aufschwung unserer Kunst ein, welche sich auf diesem Wege allmählich von den Fesseln des französischen Geschmackes befreite. In den Arbeiten kann man drei Perioden unterscheiden. Nach der Rückkehr aus Paris folgte er den Holländern, dann wandte er sich mehr der idealen Richtung eines Poussin zu, bis er endlich in voller künstlerischer Selbständigkeit auftritt, wobei ihm die heimische Natur als Vorbild diente. In dieser dritten Periode ist namentlich die Luft in so meisterhafter Art behandelt, wie man es auf Radirungen selten wieder findet. Nach der Pariser Reise hat unser Künstler wenig Naturstudien mehr gemacht; nur Einzelheiten, etwa Vordergründe zu seinen Gemälden, Felspartien, Pflanzengruppen u. Aehnl. pflegte er nach der Natur zu zeichnen, im Uebrigen faßte er die Erscheinungen nur mit dem Auge auf, und prägte sie dem Gedächtniß ein, indem er bemerkte: man komme mit jenen Studien der Wirklichkeit doch nicht nahe, und erschienen sie wie ein Spott auf das Vermögen der Kunst. Hierdurch gelangte er zu einer stilistischen Behandlung der Landschaft ohne einer einseitigen naturalistischen Richtung zu verfallen. 1809 erschien bei Frauenholz in Nürnberg unter dem Titel: Oeuvre complet de Ferd. K. etc. eine Sammlung von 179 Kobell’schen Radirungen, welche auf 79 Bogen in Fol. gedruckt sind. 1842 veranstaltete Cotta in Tübingen eine neue Auflage in 178 Platten, wozu Kugler ein einleitendes Vorwort verfaßte. Aus Kobell’s Ehe mit Anna Lederer, einer Beamtenstochter aus Düsseldorf, gingen 7 Kinder hervor, darunter 4 Söhne. Der Aelteste, Innocenz (geb. 1765) wandte sich der juristischen Laufbahn zu und starb 1838 als Oberappellationsgerichtsrath zu München, der zweite, Wilhelm (1766–1853 s. u. S. 357), trat in die Fußstapfen seines Vaters; der dritte Sohn Aegid (1772–1847 s. o. S. 349) war Generalsecretär des baierischen Staatsrathes, Mitglied der Regentschaft in Griechenland, baierischer Gesandter in Athen und starb zu München als Staatsrath i. ord. Dienste; der vierte, Franz (geb. am 29. Decbr. 1779, † am 13. Octbr. 1850), ein wegen seiner reichen Geschäftserfahrungen sehr geschätzter Beamter, bekleidete zuletzt mit dem Titel eines geheimen Rathes lange Jahre die Stelle eines Referenten und Generalsecretärs im Staatsministerium des Innern; sein ältester Sohn ist der auch als Dialektdichter und Jagdschriftsteller wohlbekannte Münchner Universitätsprofessor, geheimer Rath Dr. Franz v. K.

Kobells Porträt nach J. Hauber’s Oelbild von Schlotterbeck 1806 gestochen ist der Frauenholz’schen Ausgabe seines Werkes als Titelkupfer beigegeben. Ein zweites Porträt Kobell’s aus dessen späterer Lebenszeit, von dessen Freund Dorner auf Leinwand gemalt, ist im Besitze der Familie. Auch auf einem Wandgemälde des baierischen Nationalmuseums von Palmer, welches Mannheims Künstlerkreis zur Zeit Karl Theodors vorführt, ist K. neben der Pianistin Fanny Danzi sitzend mit großer Porträtähnlichkeit abgebildet.

Bei dem nahen Zusammenhange des holländischen Zweiges der Familie mit dem baierischen (der Stifter des ersteren war ein Oheim Kobell’s und ist in Deutschland geboren und erzogen) soll der hervorragenderen Mitglieder dieses holländischen Zweiges hier kurz Erwähnung geschehen. Kobell’s Onkel Heinrich K. zog, wie oben schon erwähnt, nach Rotterdam und hinterließ 2 Söhne: Hendrik (Heinrich) und Jan (Johann), welche beide sich der Kunst widmeten.

Hendrik K. jun., Maler und Radirer, geb. am 13. Septbr. 1751 zu Rotterdam (nicht zu Mannheim, wie Füßli, Meusel u. A. behaupten), † am 3. August 1799 daselbst. Von seinem Vater für den Kaufmannsstand bestimmt und deshalb zu weiterer Ausbildung nach England, besonders London gesandt, kehrte er von dort 1770 mit dem Entschlusse zurück, sich als Künstler auszubilden; er arbeitete in Amsterdam 2 Jahre bei Jakob de Vos und Cornelius Ploos van Amstel mit überraschendem Erfolge und wählte nach einem Ausfluge nach Paris (bei welcher Gelegenheit er auch seine pfälzischen Verwandten besuchte), 1774 Rotterdam zu seinem ständigen Aufenthalte. In einem Fieberanfalle sprang er aus einem Fenster auf die Straße und starb in Folge dieses Sturzes, frühzeitig eine mit Ruhm betretene Laufbahn endend. Er malte Landschaften, Nacht- und besonders Seestücke, welche durch Präcision der Zeichnung, Feuer der Composition und Kraft der Ausführung hervorragen. Fokke, Brookshaw, de Sallicth u. A. haben nach ihm in Kupfer gestochen. Auch K. selbst hat einige kleine Blätter geistreich geätzt; das Vorzüglichste aber was er geleistet, besteht in seinen Aquarellen und getuschten Zeichnungen. Er nennt sich auf seinen Werken: »K. junior« vielleicht im Gegensatze zu seinem älteren Vetter Ferdinand. 1771 wurde er Mitglied der Akademie »Pax artium nutrix«, am 30. Octbr. 1774 verehelichte er sich mit Anna Deter v. Delfshaven. Von seinen beiden Söhnen wurde Jan ein berühmter Maler.

Jan K., Kupferstecher, geb. 1756 zu Rotterdam, † am 15. Juli 1833 dortselbst. Ein jüngerer Bruder des Hendrik K. (s. o.) Er bildete sich als Zeichner und Kupferstecher aus. Sein Hauptwerk sind Stiche anatomischer Tafeln des Prof. Bleuland, die er in Verbindung mit van der Jegt colorirt herausgab. 1787 fertigte er eine Reihe historischer Porträts. Er trieb nebenbei einen Kunsthandel, der nur in knapper Weise die Bedürfnisse seiner Familie zu decken vermochte.

Jan K., geb. um das J. 1779 zu Delfshagen (nicht 1782 wie Meusel, Füßli u. A. anführen) † am 23. Septbr. 1814 zu Amsterdam. Jan, ein Sohn des Hendrik und Neffe des Stechers Jan K., verlor schon im zarten Kindesalter beide Eltern und wurde daher im Waisenhause der Jansenisten zu Utrecht erzogen. Da er ein überraschendes Zeichentalent an den Tag legte, kam er zu Willem Rütger van der Wall in die Lehre, bei dem er so auffallende Fortschritte machte, daß seine Leistungen die Aufmerksamkeit der Kunstkenner auf sich zogen und die 4. Classe des königlichen niederländischen Institutes ihn zum Mitglied erkor. 1812 reiste er nach Paris, und brachte zur dortigen Ausstellung »eine Weide mit 3 Thieren am Ufer«. Der Künstler erhielt hierfür die goldene Medaille und Landon bezeichnete im 2. Theile seines Salon de 1812 K. als einen Meister, »welcher sich durch Neuheit der Composition und Ursprünglichkeit des Pinsels auseichnet«. Nun war das Glück des Künstlers gemacht; von allen Seiten liefen Bestellungen ein und seine Bilder wurden theuer bezahlt. Solch überraschender Erfolg scheint ihn geblendet und allmählig seine Gehirnnerven angegriffen zu haben; es litten seine geistigen Kräfte und hierdurch auch seine Leistungsfähigkeit. Er starb erst 34 Jahre alt am 23. Septbr. 1814 im Vorstadtspital (Builtengasthuis) zu Amsterdam ohne Nachkommen und wurde in der dortigen Neuenkirche unter großem Geleite der Künstlergenossenschaft, welche ihn als ihren ersten Thiermaler verehrte, zur Ruhe bestattet. Ums J. 1813 hatte er die Kapitänstochter Getruida Maria Stöte geheirathet; allein die Ehe fiel unglücklich aus; K. trennte sich bald von seiner jungen Gattin und ging nach London, wo er bis kurz vor seinem Tode lebte. K. nimmt in der künstlerischen Darstellung von Landschaften mit Thierstaffage (Pferden, Kühen, Schafen und Ziegen) durch seine vorzügliche Technik und richtige Zeichnung unter den holländischen Malern den ersten Rang ein. Seine Arbeiten erinnern ganz an den Stil und das Colorit Paul Potters, den er sich zum Vorbilde genommen, ohne jedoch zum bloßen Copisten herabzusinken. Kobell’s Gemälde blieben auch nach seinem Tode sehr gesucht und wurden hiefür hohe Preise bezahlt. Bei dem Verkaufe von Bleuland’s Nachlasse (1830) wurden für Kobell’sche Oelbilder 1200, 1430 und 2835 fl. gezahlt. Man besitzt von ihm auch einige vorzügliche Stiche, von denen einzelne, namentlich im Abdrucke auf farbigem Papier eine große Seltenheit sind – über dessen Porträte ist das Nähere in Kramm’s holländ. Künstlerlexikon zu finden.

Jan K., Landschaftsmaler, geb. am 18. April 1800 zu Rotterdam, † am 8. Novbr. 1838 dortselbst, Sohn des Kupferstechers und Kunsthändlers Jan K. und Vetter des eben besprochenen Thiermalers Jan K. Auf der Akademie seiner Vaterstadt gebildet, malte er schon im 17. Jahre einen kleinen Kuhstall, welches Bild im königlichen Museum zu Haag aufgestellt ist; 1830 vollendete er sein Hauptwerk mit lebensgroßen Thieren ganz nach der Natur, das er nach Paris verkaufte. Im Kunstblatt von 1836 wird eine Landschaft mit Kühen gerühmt, welche bei größter Einfachheit und markiger Behandlung sehr eigenthümlich wirkt. K. studirte mit großem Eifer nach der Natur und malte ausschließend Landschaften mit Thierstaffage. Auch ihm war ein kurzes Lebensziel gesteckt, da er im Alter von nur 38 Jahren unvermählt starb. Seine Schwester Anna K., geb. 1795 in Gouda, war gleichfalls eine geschätzte Künstlerin und befinden sich einige ihrer Arbeiten in holländischen Privatsammlungen. Sie blieb gleich ihrem Bruder unverheirathet, und starb zu Rotterdam 7. Septbr. 1847, 52 Jahre alt.

(Ferd. Kobell) Catalogue raisonné de Ferd. Kobell p. Et. Bar. de Stengel – Huber und Rost, Handbuch f. Kunstliebhaber etc. Bd. I. S. 252. – Mannlich, Beschreib. der churpfälz. Gemäldesamml. I, S. 238. II, Nr. 233 u. 287. – Kugler’s kleine Schriften etc. 3. Th. S. 363–70. (Ueber Ferd. K. und seine Radirungen). – Deutsches Kunstblatt 1858 S. 280. – Lipowsky, S. 155. – Nagler’s Allgem. Künstlerlexikon, Bd. 7 S. 91 (enthält ein ausführliches Verzeichn. von dessen Stichen). – Meusel, Museum für Künstler etc. St. 15. S. 120. – Ders., Neues Mus. St. 2. S. 211. – (Holländischer Zweig) Geschiedenis der vaderlandsche Schilderkunst door R. van Eyden en A. van der Willigen. 3 tom. – Nagler a. a. O. 102–104. – J. Immerzeel, de levens en werke d. holl. en vlam. Kunstschilders T. 2. p. 120–122. – Kramm, de levens en werke etc. 884. – Genealog. Mittheilungen des Bürgermeister-Amtes zu Rotterdam.
Eisenhart.

Johann August Ritter von Eisenhart: Allgemeine Deutsche Biographie. Leipzig, 1882.

Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München (1983)

Kobell Ferdinand, 1740 (Mannheim) – 1799, Hofmaler, Radierer, Kupferstecher, Akademieprofessor und Galeriedirektor; er studierte in Heidelberg Rechte und war eine Zeitlang kurpfälzischer Hofkammersekretär; seit 1762 lernte er, vom Kurfürsten Karl Theodor gefördert, in Mannheim und Paris die Malkunst, 1769 wurde er zum kurfürstlichen Hofmaler und Akademieprofessor in Mannheim ernannt, bis er 1793, nach München mit der Regierung übergesiedelt, Galeriedirektor wurde; K. ist besonders durch seine vielen Radierungen bekannt, in denen er stimmungsvolle Stoffe schlicht und tüchtig zu behandeln wußte; Frauenholz gab eine Sammlung von Ks. Stichen (Oeuvres complètes de Ferdinand K. etc.) heraus, F. Kugler 78 Blätter; ein Verzeichnis der Arbeiten Ks. lieferte St. von Stengel (Nürnberg 1822); er ist der »erste deutsche Meister, der die landschaftliche Radierung bezüglich der äußeren Elemente der Darstellung zu einer vollendeten Durchbildung gebracht hat« (ADB: 16, 350); K. war auch ein warmherziger deutscher Patriot.

© Dr. phil. Max Joseph Hufnagel: Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München. Zeke Verlag; 4. Auflage. Würzburg, 1983.

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Franz Kobell

* 23.11.1749 (Mannheim)
† 14.1.1822 (München)
Landschaftsmaler, Radierer und Zeichner

Allgemeine Deutsche Biographie (1882)

Kobell: Franz K., Maler und Zeichner, geb. am 23. Novbr. 1749 in Mannheim, † am 14. Januar 1822 in München, jüngerer Bruder des Ferd. K. (s. d.), wurde frühzeitig Doppelwaise. Seine Vormünder bestimmten ihn behufs rascherer Gewinnung eigenen Unterhaltes zum Handelsstande und brachten ihn zu einem verwandten Mainzer Kaufmann in die Lehre. Allein wie sein Bruder Ferdinand der Rechtswissenschaft war er (gleich seinem holländischen Vetter Hendrik K.) der Kaufmannschaft abgeneigt; fand dagegen seinen höchsten Genuß im Zeichnen und Malen und benützte jede Freistunde in der reizenden Umgebung von Mainz Aufnahmen nach der Natur zu machen. K. blieb vier ihm endlos dünkende Jahre im Comtoir zu Mainz; nach deren Ablauf erklärte er aber mit Bestimmtheit, sich der Kunst widmen zu wollen, und die vorgelegten Proben rechtfertigten nach dem Urtheile Sachverständiger sein Verlangen. Er besuchte nun die Akademie zu Mannheim, wo ihn sein Bruder Ferdinand mit Rath und That unterstützte. Der Kurfürst Karl Theodor, erfreut über das ausgesprochene Talent des strebsamen jungen Mannes verlieh ihm nach vollendeter Akademiebildung 1776 ein ansehnliches Reisestipendium, das ihn in den Stand setzte, in Italien eingehende Kunststudien zu machen. Er hielt sich hauptsächlich in Rom auf, wo er sich im Landschafts- und Architekturzeichnen übte; durch häufige Ausflüge in die Campagna und das Albanergebirge wurde er mit der Eigenart der römischen Landschaft genau vertraut, weshalb wir deren Formen und Linien in Kobell's späteren Arbeiten begegnen, obwol sie im Allgemeinen von reicher Mannigfaltigkeit Zeugniß geben. Nach neun Jahren (1785) kehrte er über den Brenner in die Heimath zurück und nahm seinen Wohnsitz in München. Der Kurfürst ernannte ihn zum Hofmaler und die Akademie der bildenden Künste in München zu ihrem Ehrenmitgliede. K. besaß eine äußerst lebhafte Phantasie, ein glückliches, reiches Compositionstalent und große Leichtigkeit der Darstellung. Das Vorherrschende war und blieb bei ihm die Idee. – Da ihm die Vorbereitungen zum Oelmalen – überhaupt dessen Technik zu umständlich und zeitraubend war, nahm er lieber den Stift oder die Feder zur Hand, um seinen schnell hervorquellenden künstlerischen Gedanken den entsprechenden Ausdruck zu geben. Die auf solche Weise rasch gefertigten Blätter setzte er dann mit Sepia in die nöthige Haltung von Licht und Schatten. K. malte sehr wenige Oelbilder; nach Professor Speth (einem genauen Kenner von Kobell's Werken) betrug deren Zahl kaum zwölf. Eines derselben war früher in der Pinakothek in München und befindet sich nun zu Bamberg. Es ist eine felsige Landschaft mit Wasserfällen (auf Leinwand) und zählt zu den charakteristischen Gemälden des Meisters. Auch die Zahl der Radirungen ist ziemlich gering; sie besteht in einer Sammlung von 26 Blättern, meist wilde, felsige Gegenden. Dagegen fertigte K. eine geradezu unglaubliche Menge von Handzeichnungen, von denen er sehr viele in Tuschmanier ausführte. Speth schätzt deren Zahl auf mindestens 10000. Ueber 2000 besaß Herzog Albrecht von Sachsen-Teschen in Wien, etwa eben so viele v. Rigal in Paris und der mit den Brüdern Kobell vieljährig befreundete Freih. v. Stengel. Auch das Münchner Kupferstich- und Handzeichnungen-Cabinet verwahrt eine volle Mappe und König Ludwig I. erwarb mehrere Skizzenbücher mit hübschen architektonischen Ideen. Manches wanderte nach England. Bei der Vielzahl der Arbeiten sind sie selbstverständlich von ungleichem Werthe; die der früheren Periode sind oft mit einer an Aengstlichkeit grenzenden Sorgfalt gearbeitet und bis ins Kleinste zierlich ausgeführt. Jene der zweiten Periode verrathen größere Sicherheit und freiere Behandlung. Goethe nennt in seinen Versuchen einer deutschen Kunstgeschichte des 18. Jahrhunderts K. nach Hackert einen der ersten deutschen Landschafter der 80er Jahre. Der tieffühlende Meister wußte die Natur auch mit geistigem Auge zu erfassen und copirte sie weniger im Einzelnen, sondern nahm sie nach ihrem ganzen Umfange und in der Vielseitigkeit ihrer Erscheinung in sich auf. Deshalb huldigte er nie dem Zeitgeschmacke, sondern der künstlerischen Eingebung. Seine Lieblingsstoffe waren Landschaftsbilder mit italienischem Charakter, auch bewaldete Hügel mit Felspartien und Wasserstürzen, mit Ruinen oder großen Bauwerken. Die nebensächlich behandelte Staffage besteht aus Hirten mit und ohne Heerden, aus rastenden Pilgern, Schnittern und Landleuten. Arbeit war dem schaffenden Manne Bedürfniß; er zeichnete rasch und leicht; selbst an seinem Todestage wollte er die gewohnte Thätigkeit aufnehmen, das Werk mochte auch im Geiste vollendet sein; allein das Auge und die zitternde Hand versagten den Dienst; er legte den Stift bei Seite und entschlief ruhig am 14. Januar 1822. – Da K. ledig geblieben war, brachte er die Abende gerne bei Freunden, in anregenden Damen- und Herrenkreisen zu, und wurde wegen seiner Unterhaltungsgabe und launigen Einfälle, wegen seiner gründlichen Bildung und Biederkeit hoch geschätzt. Ein Stich in Kleinoctav von C. Heß stellt unseren Meister in seinen letzten Lebensjahren dar, er trägt die Unterschrift: »Als Mensch edel und groß, durch eigenen Witz und festen Charakter höchst ausgezeichnet.«.... Nach seinen und Ferdinands Zeichnungen haben Prestel und Kuntz zwölf Blätter gestochen.

Speth im deutschen Kunstblatte, Tüb. 1822. Nr. 46. S. 181. – Goethe, Winkelmann, Bd. II. – Nagler, Bd. 7. S. 89–91. – Mannlich, Beschreib. der kurpfälzischen Gemälde-Samml. I, 236. II, 298.

Eisenhart.

Johann August Ritter von Eisenhart: Allgemeine Deutsche Biographie. Leipzig, 1882.

Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München (1983)

Kobell Franz, 1749 (Mannheim) – 1822, Hofmaler, Zeichner und Radierer; Bruder des Ferdinand K., wirkte er zunächst in Mainz als Kaufmann, wandte er sich aber dann wie sein Bruder der Malerei zu, indem er, von seinem Bruder gefördert, auf der Mannheimer und Münchner Kunstakademie studierte; mit einem kurfürstlichen Stipendium ausgestattet, weilte K. von 1776–1785 in Italien, wo er sich als Landschafter und Architekturzeichner betätigte; nach München zurückgekehrt, war er seit 1785 Hofmaler; K. hat wenig gemalt, lieferte aber gegen 20000 landschaftliche und architektonische Federzeichnungen und Radierungen; er war nach einem Urteil Goethes einer der ersten deutschen Landschafter der achtziger Jahre.

© Dr. phil. Max Joseph Hufnagel: Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München. Zeke Verlag; 4. Auflage. Würzburg, 1983.

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Dr. nat. Franz Wolfgang Ritter von Kobell

* 19.7.1803 (München)
† 11.11.1882 (München)
Mineraloge und Dichter

Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München (1983)

Kobell Franz, Dr. nat., von, Ritter, 1803 (München) – 1882, Mineraloge, Universitätsprofessor und Dialektdichter; nach Studien in Landshut (Rechte) und der Mineralogie in München (bei J. N. von Fuchs) sowie einem Praktikum an der mineralogischen Staatssammlung in München wurde K. Professor der Mineralogie und Konservator der mineralogischen Staatssammlung; als Mineraloge ist K. einer der vorzüglichsten Vertreter der eigentlichen mineralogischen und kristallographischen Zweige der Anorganologie (= Lehre von den leblosen Wesen) und Erfinder der Galvanographie (zusammen mit Graf von Pocci); der Nachwelt bekannt ist er vor allem durch seine Gedichte in pfälzischer (sein Vater kam unter Karl Theodor von Mannheim nach Bayern) und oberbayerischer Mundart, die ganz natürlich, humorvoll, zart und phantasievoll sind.

Hauptwerke: Charakteristik der Mineralien, Tafeln zur Bestimmung der Mineralien mittelst chemischer Versuche, Galvanographie, Lehrbuch der Mineralogie, Geschichte der Mineralogie, Erinnerungen an meine Freunde in Altengland, Triphylin, Gedichte in oberbayerischer Mundart, Gedichte in pfälzischer Mundart, hochdeutsche Gedichte, Der Hausl vo’ Finsterwald, Oberbaierische Lieder mit ihren Singweisen, Erinnerungen in Gedichten und Liedern.

© Dr. phil. Max Joseph Hufnagel: Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München. Zeke Verlag; 4. Auflage. Würzburg, 1983.

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Georg Johann Christian von Urlaub

* 5.1.1845 (St. Petersburg)
† 29.7.1914 (München)
Illustrator, Maler und Radierer

Münchner Neueste Nachrichten (31.7.1914)

Statt besonderer Anzeige.

Heute Mittag verschied in München unser geliebter Gatte, Bruder und Schwager

Herr Georg von Urlaub
Kunstmaler

nach längerem schweren Leiden.

Starnberg, St. Petersburg, München, den 29. Juli 1914.

In tiefer Trauer:
Clara von Urlaub, geb. Freiin v. Truchseß-Wetzhausen
zugleich im Namen der übrigen Hinterbliebenen.

Die Feuerbestattung findet in aller Stille in München statt. Von Blumenspenden bittet man abzusehen.

Münchner Neueste Nachrichten No. 387. Freitag, den 31. Juli 1914.

Generalanzeiger der Münchner Neuesten Nachrichten (1.8.1914)

Münchener Tagesneuigkeiten
München, 31. Juli

Bestattungen. [Am Freitag] Mittags erfolgte einem letztwillig geäußerten Wunsche entsprechend in aller Stille die Einäscherung der Leiche des im 70. Lebensjahr verstorbenen Kunstmalers Georg von Urlaub. An der kranzgeschmückten Bahre versammelte sich nur eine kleine Gemeinde Trauernder.

Generalanzeiger der Münchner Neuesten Nachrichten Nr. 390. Samstag, den 1. August 1914.



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