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MR – 343 (Biegeleben · Ferstl · Görres · Jochner · Radl · Steingaß)

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Görres-Jochner’sche
Familien-Grabstätte.

Hier ruhen in Gott:
Görres Josef v. geb. 25.I.1776, † 29.I.1848.
Görres Guido, geb. 28.V.1805, † 14.VII.1852.
Steingaß Sofie, geb. Görres, geb. 6.VI.1802, † 20.VIII.1854.
Görres Kath. v. geb. v. Lasaulx, geb. 11.IV.1779, † 20.VI.1855.
Jochner Karl M. geb. 8.II.1863, † 1.XI.1863.
Jochner Ferdinand M. geb. 23.XII.1863, † 26.V.1864.
Jochner Ferdinand M. geb. 18.V.1868, † 17.VIII.1868.
Jochner Maria K. geb. Steingaß, geb. 20.VI.1830, † 26.I.1871.
Görres Maria, geb. 28.VI.1808, † 20.V.1871.
Jochner Ernst M. geb. 7.VIII.1856, † 22.V.1873.
Jochner Josef, geb. 26.VII.1872, † 3.VII.1873.
Jochner Kath. M. geb. 12.IX.1873, † 27.I.1874.
Jochner Kath. M. geb. und gest. 24.IX.1886.
Jochner Karolina Maria, geb. 24.IX.1886, † 2.I.1887.
Ferstl Guido, geb. und gest. 7.IX.1890.
Jochner Anna, geb. ¿, geb. 2.XII.1809, † 26.IX.1870.
Jochner Guido, geb. 3.IX.1830, † 19.IV.1900.
Jochner Marie, geb. 22.XI.1861, † 21.VIII. 1900.
Biegeleben Maria Ludovica v. geb. u. † 12.XII.1900.
Jochner Katharina geb. Görres geb. 26.IV.1848 † 12.IV.1901.
Radl Angelina, geb. Jochner geb. 4.II.1832, † 14.I.1912.

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Dr. phil. Guido Görres

* 28.5.1805 (Koblenz)
† 14.7.1852 (München)
Schriftsteller

Katholisches Sonntagsblatt (1.8.1852)

IX. Sonntag nach Pfingsten.

Am 21. Juli starb in München der Redakteur der »historisch-politischen Blätter«, Herr Dr. Guido Görres, der Sohn des berühmten »alten Görres« von dem ganz Europa zu erzählen weiß. Herr Guido Görres, erst 47 Jahre alt, war seinem Vater, diesem erprobten Feldmarschall der katholischen Liga, in gleicher Laufbahn gefolgt, und hatte bereits vieles Tüchtige geleistet, was auch von ihm ebenbürtigen Gelehrten und gerühmten Zeitschriften aufs Ehrenvollste anerkannt worden. Wir für unsere geehrten Leser bescheiden uns auf den bekannten, lieblichsten Zug seines Charakters d. i. seine zarte Liebe zur erhabenen Gottesmutter Maria hinzuweisen, in Folge dessen er Ihr die Erstlinge seiner poetischen Arbeiten (er war bekanntlich einer der besten Dichter unseres Jahrhunderts) in einem schönen Blumenstrauß, genannt »Marien-Lieder« gewidmet hat.

Schon in Nr. 22 des II. Jahrganges d. Bl. haben wir sein schönes Gedicht auf die Patronin von Bayern mitgetheilt. Diese seine religiösen Lieder haben das Glück gehabt, von einem ausgezeichneten Tonkenner, dem frommen Componisten Aiblinger in München, in Musik gesetzt zu werden, als welche sie nun in vielen Kirchen und Kapellen, besonders in der hiesigen Herzogspital-Kirche zur Feier des Gottes-Dienstes gesungen werden. Wer kennt nicht den schönen Opfergesang:

Wir schmücken Die Dein golden Haar
Mit Rosenzier und Lilien klar,
Und rings die Luft durchwürzen wir
Mit Weihrauch-Duft, Maria Dir.

Und Dir soll sein ein Ehrenkranz
Mit hellem Schein der Kerzen Glanz
Maria mild im Staube hier,
Vor Deinem Bild da knien wir.

Und aus der Brust der Kinder all,
Erklingt mit Lust der Lieder Schall;
Mit Lust erklingt der Lieder Chor
Ihr Herz sich schwingt zu Dir empor etc.

Man muß dieses und andere Lieder des Guido Görres in der Maiandacht der genannten Kirche singen gehört haben, um den tiefen Reichthum der Seligkeiten, der darin lebt, mitzuempfinden. Denken wir uns noch dazu den hl. Alphons Maria von Liguori vor dem allerheiligsten Sakramente anbetend niedergeworfen, diesen innigen Verehrer Mariens, und hören wir ihn beten: »O mein Herr Jesus Christus! ich empfehle dir die Seelen im Reinigungsorte, und vorzüglich jene, die auf Erden eine besondere Andacht zum allerheiligsten Sakramente und zur allerseligsten Jungfrau Maria hatten« – wie gesagt, denken wir uns diesen heiligen Mann also beten (er ist zwar schon längst gestorben, aber seine Besuchungen des heiligsten Sakraments werden noch fortwährend von Tausenden frommer Christen andächtig gebetet), so können wir nicht anders als über die selige Ewigkeit des verblichenen Guido Görres die gegründetste Beruhigung haben. Ruhe seiner Asche! Achtung seinem Andenken!

Katholisches Sonntagsblatt No. 19. München; Sonntag, den 1. August 1852.

Augsburger Postzeitung (10.8.1852)

An Guido Görres Grabe.
Rede des Professors Dr. D. Haneberg.

Das Leben, welches in diesem Grabe ein leider allzufrühes Ende nimmt, war in den letzten Jahren von schweren Mißgeschicken heimgesucht. Auch bei dem Begräbniß sollte es nicht an einem kleinen Unsterne fehlen; denn während die Verehrer des Hingeschiedenen erwarten durften, daß ein näherer Freund sein Andenken hier würdig feiern werde, hat eine eigenthümliche Fügung von Umständen mich, den unvollkommen Unterrichteten, spät erst berufen, diese Pflicht zu übernehmen.

O, wie sehr hätte es Guido Görres verdient, daß eine kundige Hand um sein Grab den blühendsten, vollsten Kranz ehrender Erinnerung geschlungen hätte!

Ich kann nur ein dürftiges, kleines Sträußlein niederlegen.

Von seinen äußeren Lebensverhältnissen wird übrigens wohl auch der Nekrolog, auf welchen uns eben Hoffnung gemacht wurde, wenig sagen können, als daß er im Jahre 1805 in Coblenz am Rhein geboren wurde, daß er nie ein öffentliches Amt bekleidete, und daß er seinen großen Vater, so lange dieser lebte, überallhin begleitete. Er wanderte mit ihm nach Straßburg, als dieser dorthin ins Exil ging, folgte ihm von da in die Schweiz und endlich, ,als Görres an die Ludwigs-Maximilians-Universität gerufen wurde, hieher nach München. Wer den großen Vater hier erst kennen lernte, war so sehr an die Nähe des Sohnes gewöhnt, daß er sich ohne diesen den erstern nicht vorstellen konnte.

Mancher Verehrer von Görres denkt noch mit einer gewissen Herzenslust daran, wie regelmäßig Guido mehrere Jahre hindurch im Hörsaale des Vaters zugegen war, und wie dessen einnehmende Persönlichkeit, die bald jedem Besucher auffiel, zu dem tiefen Ernst der dort empfangenen Eindrücke eine willkommene Zugabe jugendlich freundlicher Heiterkeit legte.

Doch, wenn ich sage, Guido Görres sey seinem großen Vater Schritt für Schritt gefolgt, so meine ich nicht, daß seine geistige Ausbildung eine unselbstständige gewesen sey. Gerade das war das Seltene an ihm, daß er in der unmittelbaren Nähe eines so gewaltigen Geistes doch sich frei und eigenthümlich entwickelte. Theilweise war das freilich die Folge der besondern Erziehungsart in jenem Hause. Während nämlich die Söhne vieler geistvoller Väter von Knabenjahren an mit den Früchten des Wissens überfüttert, und nicht selten wie in einem Treibhause zu einer frühreifen Geistesentwicklung gezwungen werden, und zwar im Sinne des Vaters, war die Erziehung Guido's die freieste von der Welt.

Kein Knabe eines einsamen Landmannes, der sich den Studien widmet, kann auf dem Wege seiner geistigen Entwicklung mehr sich selbst überlassen seyn, als es der Sohn von Görres war. So verlangte es die geniale Natur des Vaters und die patriarchalische Treue des ganzen Hauses. Auf diesen einfachen Principien beruhte Guido's Erziehung, die unter dem Segen Gottes zu so günstigem Erfolge gedieh.

Von seinem Vater hat Guido das Höchste gelernt: eine unbegränzte Liebe zu allem Großen und Edlen in der Menschheit, aber so, daß er sich am liebsten jenem Edlen zuwandte, welches von Vielen vornehm verkannt wurde. Diese Liebe hatte er mit dem Vater gemein. Auch hatte er von diesem das tiefe, reiche Gemüth geerbt. Aber verschieden war er schon in der Art, wie er seinen Anschauungen und Erfahrungen Sprache lieh.

War es die Eigenthümlichkeit des Vaters, alles in der Sprache der Denker oder der Propheten zu sagen, so mußte Guido fast Alles in die Sprache der Kinder übersetzen.

Sein Weg war der des sinnig kindlichen Gemüthes, und ich möchte sein ganzes geistiges Wesen in den Namen der sinnigen, dichterisch bewegten Kindlichkeit zusammenfassen.

Doch war Kraft genug in ihm, der Gefahr seiner Naturanlage, sich in tausend Anregungen zu zersplittern, zu begegnen. Er erprobte diese Kraft in einer Reihe von schönen Schriften und zwar in selbstständiger Thätigkeit.

Daß er zum Gegenstande seiner ersten Jugendarbeit das Leben des Niklas von der Flüe wählte, geschah wahrscheinlich unter der Einwirkung des Vaters; aber die Art, wie er diesem Friedensmanne in die Bergklause folgte, wie er ihn im Geheimnisse der innersten Beschaulichkeit und im Gespräche mit Gott belauschte, und ihn dann wieder herabbegleitete in die Thäler der Schweiz, um ihn da den Lärm tief erregten Bürgerstreits schlichten zu lassen, war sein eigenthümliches Verdienst.

Etwas Aehnliches gilt von dem Buche über die Jungfrau von Orleans. Bei diesem hatte er, wenn ich recht unterrichtet bin, die Freude, einen der größten Redner und bedeutendsten Männer des gegenwärtigen Frankreichs zum wetteifernden Unternehmen einer ähnlichen Arbeit anzureizen. Hatte Guido eine wunderreiche Jungfrau des französischen Mittelalters gefeiert, so ehrte Montalembert das Andenken einer edlen deutschen Frau – Elisabeth von Thüringen.

Guido mußte sich von seinem französtschen Nebenbuhler übertroffen fühlen, wir müssen das gestehen; aber der Sieg hing am größern Gegenstände und schlug zur Ehre Deutschlands aus.

Solche Siege des wetteifernden Auslandes hervorgerufen zu haben, könnte Jedem zum Stolze werden. Möchte es viele solche Wettkämpfe, viele solche Niederlagen geben!

Indessen konnte Guido in solchen historischen Arbeiten sich nur halb heimisch fühlen; nur, wo das Gemüth ganz ohne Schranken schalten konnte, fühlte er sich zu Hause. Er mißbrauchte diese Schrankenlosigkeit des dichterischen Gemüthes nicht. Er bemühte sich nicht, zu einer höhern Begeisterung sich emporzutreiben, als er wirklich fühlte, auch übte der Ehrgeiz, im Großen gewaltig zu seyn, keinen Einfluß auf ihn aus. Sein Element war im Reiche der kindlich sinnigen Lyrik und Sagenpoesie.

Obwohl ich mich nicht zum Kunstrichter aufwerfen möchte, so wage ich es doch zu sagen, daß Deutschland aus diesem Gebiete kaum etwas Reineres, Herzlicheres und Sinnigeres aufzuweisen hat. Sein Weihnachtskrippelein wird für die deutsche Kinderwelt stets classisch bleiben, und manch kindliches Gemüth wird fortan die klaren Forellenbächlein seiner heitern Lieder gerne besuchen.

Das Schaffen des kindlich sinnig frommen Gemüthes war die Seele seines Thuns und Lebens. Doch verschloß er sich nicht eigensüchtig darin.

Er dachte über das Wohl und Wehe des Vaterlandes nach, bildete sich Grundsätze und handelte nach diesen.

Seine Grundsätze haben Gegner gehabt und haben sie noch. Aber selbst die Gegner müssen bekennen, daß er darin als ehrlicher, deutscher Mann vor Gott und der Welt dastand.

An Großartigkeit des öffentlichen Wirkens blieb er hinter dem Vater zurück, aber an Offenheit, Geradheit und Wahrheit war er ihm gleich, nicht weniger an versöhnlicher Milde.

Diese Milde hing nicht mit Weichheit zusammen, sondern mit einer ganz vorzüglich hervortretenden Gabe seiner Natur, einem frischen, jugendlichen Humor, womit er so manchen altväterlichen Schwank des Mittelalters wieder auffrischte, jener Humor, mit welchem er die sinnigsten Arabesken um scheinbar trockene Thatsachen schlang, jener Humor, durch welchen er nicht selten große Künstler antrieb, sich in Schöpfungen der Laune zu den Kleinen herabzulassen, jener Humor, der hundertmal ein Zusammentreten von Freunden mit schöner Heiterkeit bekränzte.

Auch wer ihm nie persönlich nahe kam, und ihn nur durch jene Blätter kannte, deren Mitbegründung und unverdrossene Fortführung eines der bedeutendsten Verdienste seines Lebens ist, lernte diesen Humor schätzen. Oft mußten diese Blätter von Gewittern sprechen, die sich am Himmel zusammenzogen, nicht selten von Gewittern, die zerstörend niedergefahren, manchmal sprachen sie selbst wie ein Gewitter, daß die Brust des Lesers tief beklommen wurde – da kamen einige Zeilen von Guido Görres dazwischen, und es war wie ein tröstender Wettersegen, wie das Lied der Lerche, die sich aufschwingt und uns sagt, daß wir nicht Wetterwolken, sondern Frühlingsgewölk vor uns sahen.

Als dieser Humor schwächer und unsicherer zu leuchten anfing, da wußten seine Freunde, daß an seiner Lebenskraft etwas Feindliches nage.

Am Sterbelager seines Vaters begann vor vier Jahren diese Umdüsterung seiner sonst kindlich heitern Seele. Man hoffte, daß, wie die übermäßige Anstrengung des Leibes bei der treuesten Pflege und des Gemüthes bei der treuesten Trauer vorübergehe, so auch jene traurigen Erscheinungen sich verlieren würden. Aber vergebens; die Quelle des Humors sprudelte nur noch selten.

Es blühte kein freundliches Liedchen mehr; höchstens ein Nachhall des letzten seiner gesammelten Gedichte schien nachzuklingen, von jenem Wächter, welcher: »Fühlte des Todes Nah'n; Er blickte noch einmal hinunter, Zum Himmel noch fromm hinan, Und frei dann von Sorgen und Kummer Entschlief er in seligem Schlummer.« Auch die »Fahrt durch die Waldflur«, die in den historisch-politischen Blättern von ihm erschien, brachte keine Alpenrosen von den Bergen, er sah darin um die Sennereien das Strafgericht Gottes walten, und hörte vom Thale herauf das Todtenglöcklein.

Er für sich hatte das Todtenglöcklein nicht zu fürchten, denn er war einen reinen, guten Weg gewandelt, und hatte ein Beispiel treuer Pflichterfüllung als Sohn, Bruder und Gatte hinterlassen; aber die Seinigen mußten davor zittern, denn mit ihm verloren sie und verlor besonders die Gattin mit den drei kleinen Kindern die einzige Stütze.

Von diesen Kleinen sich zu trennen war ihm das Schwerste; nur der Blick auf Gott gab ihm dabei Stärke. Wie voll des Glaubens und der Hingebung an Gott seine Seele war brauche ich nicht zu sagen; seine Schriften sagen es.

Ich meine dabei nicht solche, worin Zeitfragen im katholischen Sinne behandelt waren, denn solche Dinge kann man schreiben, ohne ernstlich an das Heil seiner Seele zu denken; nein, ich meine seine Ausgabe der Nachfolge Christi, wovon jede Zeile lebendig und belebend durch seine Seele gegangen ist, und die lieben, freundlichen Marienlieder. Er hat sie aus dem Grunde eines kindlichen Herzens für kindliche Seelen gesungen, und sie werden bestehen, so lange katholische Christen in deutscher Sprache beten werden. In vielen Kirchen und Capellen, welche von diesen Liedern wiederhallen, wird, wenn Guido's Todesnachricht anlangt, manche Zähre des Dankes wie für einen geistlichen Wohlthäter fließen. Mögen die guten Seelen, welche an diesen Liedern schöne Gefühle erweckt haben, dem Hingeschiedenen ein Scherflein guten Gebetes widmen, nach seinem Sinne und im Sinne des Grames, unter dessen Last sein Herz gebrochen ist!

Augsburger Postzeitung Nr. 217. Dienstag, den 10. August 1852.

Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München (1983)

Görres Guido, Dr. phil., 1805 (Koblenz) – 1852, Philologe, Schriftsteller und Dichter; vielseitig begabt und gebildet, teilte er mit seinem Vater Joseph G. die Neigung zu politisch-publizistischer Wirksamkeit; den »Historisch-politischen Blättern« widmete er seine beste Kraft, engverbunden mit der Münchner Spätromantik und ihren Künstlern, wie W. von Kaulbach und Franz Graf von Pocci, mit dem er den »Festkalender in Bildern und Liedern« (3 Bde., 1835–39) und das »Deutsche Hausbuch« (1846/48) herausgab; seine Dichtungen, besonders die »Marienlieder« (1843, 3. Aufl. 1853) (darin: »Maria, Maienkönigin«, »Es blüht der Blumen eine«) und die »Geistlichen Lieder« (1845), sind vom späten C. M. von Brentano beeinflußt, der ihm die Herausgabe seiner Märchen anvertraute; G. war auch ein bedeutender Sprachforscher, der aber seine Tätigkeit auf diesem Gebiet nicht weiter entfalten konnte, seine Übersetzung der »Nachfolge Christi« wird heute noch sehr geschätzt; er blieb sein ganzes Leben lang als Mitarbeiter seines so berühmten Vaters, den er nur wenige Jahre überlebte, in dessen Schatten.

© Dr. phil. Max Joseph Hufnagel: Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München. Zeke Verlag; 4. Auflage. Würzburg, 1983.

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Dr. phil. Johann Josef von Görres

* 25.1.1776 (Koblenz)
† 29.1.1848 (München)
Historiker, Schriftsteller und Theologe

Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München (1983)

Görres Johann Joseph, Dr. phil., von, 1776 (Koblenz) – 1848, Historiker, Publizist, Laientheologe und Universitätsprofessor; G. ist die große symbolische Gestalt der »Katholischen Bewegung« Deutschlands im 19. Jahrhundert, weil er den Weg von der Aufklärung zu erneuter tiefer Gläubigkeit in stetem Ringen mit sich selbst repräsentiert und in den Auseinandersetzungen der wiedererstandenen Kirchlichkeit mit dem modernen Staat, namentlich z. Z. des »Kölner Ereignisses«, wegweisende Gedanken formulierte; von aufgeklärten Weltgeistlichen im Koblenzer Gymnasium unterrichtet, bildete G. sich autodidaktisch in den Naturwissenschaften und der Medizin weiter; während der Französischen Revolution, für die er anfangs begeistert war, brach er mit dem ererbten Glauben und verspottete er kirchliche Einrichtungen (Das Rothe Blatt, Rübezahl); erst während seiner Tätigkeit als Lehrer der Naturwissenschaften in Koblenz (–1814) vollzog sich eine innere Wandlung; lange rückte er, J. G. Herder folgend, die Wiederentdeckung des Mythischen in den Mittelpunkt seines Denkens, ein zweijähriger Aufenthalt in Heidelberg als Privatdozent brachte ihn mit der jüngeren Romantik in enge Verbindung und führte ihn auch auf die christlichen Traditionen zurück; die volle Rückwendung zur Kirche erfolgte aber erst, als die preußische Reaktion ihn wegen des Buchs »Teutschland und die Revolution« auswies und er in Straßburg als Flüchtling leben mußte, wo ihn die Ideen der kirchlichen Restauration und der elsässischen Bewegung berührten; im Kampf gegen den Liberalismus entfaltete er seine Fähigkeiten, als er 1826 von König Ludwig I. nach München als Professor der Allgemeinen und Literatur-Geschichte berufen wurde; hier bildete G. den Mittelpunkt eines Kreises bedeutender und geistig wie künstlerisch regsamer Katholiken, die das öffentliche Leben beeinflußten und späteren Zusammenschlüssen, wie den Katholikentagen und dem Zentrum (katholische Partei), vorarbeiteten; wie ein Patriarch verehrt und von Besuchern aus aller Welt, z. B. von Ch.-R.-F. Montalembert, H. F. R. de Lamenais, F. von Eckstein u. a., aufgesucht, redigierte er mit seinem Sohn Guido seit 1838 die »Historisch-politische Blätter«, nachdem zuerst die Münchner Zeitschrift »Eos« das Sprachrohr von G. und seinem Kreis gewesen war; das Kölner Ereignis wurde Anlaß zum »Athanasius« (1837), in dem das Problem Staat und Kirche aufrüttelnd behandelt wurde; die »Wallfahrt nach Trier« (1845) setzte sich mit Liberalismus und Deutschkatholizismus auseinander, 1836 bis 1842 erschien die »Christliche Mystik« (4 Bde.), die große Summe seines Wissens und Denkens, die den Widerstreit der Theologie und der modernen Naturwissenschaft durch eine leiblich-geistige Harmonielehre zu überwinden trachtete und eine Lebensphilosophie entwickelte; G. wirkte auch in organisatorischer (Görres-Gesellschaft) und politischer Hinsicht (gemäßigter Konservatismus) nach.

© Dr. phil. Max Joseph Hufnagel: Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München. Zeke Verlag; 4. Auflage. Würzburg, 1983.

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Marie Görres

* 28.6.1808 (Heidelberg)
† 20.5.1871 (München)
Universitätsprofessors-Tochter / Herausgeberin

Regensburger Morgenblatt (23.5.1871)

Jesus † Maria † Joseph! †

Es hat Gott dem Allmächtigen gefallen, unsere innigst geliebte Schwägerin, Tante, Großtante und Cousine,

Fräulein Marie Görres,
k. Universitäts-Professors-Tochter,

in verwichener Nacht 11¾ Uhr im Alter von 63 Jahren zu sich abzurufen.

Sie starb nach langem, schmerzlichen Krankenlager, wiederholt mit den hl. Sterbesakramenten versehen, im Troste des Wiedersehens ihrer vorangegangenen Lieben.

Die Verstorbene wird dem frommen Gebete theilnehmender Freunde und Bekannte empfohlen.

München, 21. Mai 1871.

Im Namen sämmtl. Verwandten die Nichte:
Katharina Görres.

Regensburger Morgenblatt Nr. 116. Dienstag, den 23. Mai 1871.

Allgemeine Deutsche Biographie (1879)

Görres: Marie G., die jüngste Tochter des »alten« G., geboren am 28. Juni 1828 zu Heidelberg; erbte einen fast männlichen Geist, nahm den treuesten Antheil an den Schicksalen und Wanderungen des Vaters, hütete und wahrte nach seinem Tode und dem Ableben ihres Bruders (1852) und ihrer Mutter (1855) die Traditionen des Hauses und der Familie, leitete den geschäftlichen Theil der Histor.-Pol. Blätter, besorgte eine Auswahl aus den »Politischen Schriften ihres Vaters« (1854–59 in 6 Bänden) und begann die Herausgabe seiner Briefe: I. Bd. »Familienbriefe«, 1858 (II. und III. Bd. »Freundesbriefe«, herausgegeben von Franz Binder, 1874). Festhaltend an den alten, durch den Tod freilich immer mehr gelichteten Freunden ihres Hauses, correspondirte sie mit denselben, insbesondere mit Böhmer. Ihr streitkräftiger Sinn wagte sogar einen Proceß gegen den k. preußischen Fiscus anzustrengen, um Nachbezahlung der ihrem Vater vom J. 1817–27 noch rückständigen Pensionsansprüche, weshalb sie eine eigene Denkschrift (Augsburg 1863) in Druck gehen ließ. Auch sammelte sie den Stoff zu einem aus mustergiltigen Beispielen bestehenden »Lese-Buch für die deutsche Jugend«, welches 1854 und 1859 in zwei Auflagen (aber ohne ihren Namen) erschien. Marie G. starb am 20. Mai 1871.

Vgl. die schöne Broschüre: Erinnerung an Marie Görres von Franz Binder, München 1872 (Sep.-Abdruck aus dem 70. Bd. S. 397–419 und 497–524 der Hist.-Pol. Blätt.).

Hyac. Holland.

Dr. phil. Hyazinth Holland: Allgemeine Deutsche Biographie. Leipzig, 1879.

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Anna Jochner (vh)

Weller (gb)

* 2.12.1809
† 26.9.1870 (München)
Landgerichtsarzt-Witwe

Augsburger Postzeitung (28.9.1870)

Todes-Anzeige.

Gott, der Herr, hat heute Morgens 3 Uhr meine liebe Mutter,

Frau Anna Jochner, geb. Weller,
kgl. Landgerichtsarztenswittwe,

zu sich abzurufen. – Sie starb nach mehrjährigem Leiden, versehen mit den heil. Sterbesakramenten, ruhig und dem Tode als eine Erlösung freudig entgegensehend.

Diese Trauernachricht bringe ich Verwandten, Freunden und Bekannten nur auf diesem Wege zur Kenntniß und bitte, die Verstorbene frommer Erinnerung empfehlend, um stille Theilnahme.

München, den 26. September 1870.

Dr. G. Jochner, prakt. Arzt,
im Namen der Hinterbliebenen.

Augsburger Postzeitung Nr. 235. Mittwoch, den 26 September 1870.

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Ernst Maria Jochner

* 7.8.1856
† 22.5.1873 (München)
Arzt-Sohn

Bayerischer Kurier (23.5.1873)

Todes-Anzeige.

Gott dem Allmächtigen hat es gefallen, heute Morgens 3½ Uhr unsern geliebten Sohn,

Ernst Jochner,
Gymnasialschüler,

zu sich zu rufen.

Er starb, im Alter von nahezu 17 Jahren, versehen mit den heil. Sterbesakramenten, in der Hoffnung des Wiedersehens theurer Vorangegangener.

München, den 22. Mai 1873.

Die trauernden Eltern:
Dr. G. Jochner, prakt. Art,
Kath. Jochner, geb. Görres.

Die Beerdigung findet Samstag den 24. Mai Nachmittags 4 Uhr im südlichen (alten) Friedhofe, und der Seelengottesdienst Mittwoch den 28. Mai Vormittags 9 Uhr in der St. Ludwigs-Pfarrkirche statt.

Bayerischer Kurier Nr. 142. München; Freitag, den 23. Mai 1873.

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Maria Katharina Jochner (vh)

Steingaß (gb)

* 20.6.1830
† 26.1.1871 (München)
Arzt-Witwe

Augsburger Postzeitung (27.1.1871)

Todes-Anzeige.

Gott der Allmächtige hat in seinem unerforschlichen Rathschlusse meine innigstgeliebte Gattin,

Maria Katharina Jochner, geb. Steingass,

heute früh 10 Uhr in die Ewigkeit abgerufen. Sie starb nach 3tägigem schweren Leiden, versehen mit den heil. Sterbesakramenten, in frommer Ergebung in Gottes Fügung.

Ich bitte um ein Gebet für sie und für mich.

München, den 26. Januar 1871.

Dr. Jochner, prakt. Arzt.

Augsburger Postzeitung Nr. 25. Freitag, den 27. Januar 1871.



© Reiner Kaltenegger · Gräber des Alten Südfriedhofs München · 2007-2025


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