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AA – 3 (Kerstorf)

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HEINRICH SIGMUND FRIEDRICH Edler von KERSTORF.
geb. den 23ten April 1769.
gest. den 2ten July 1832.
ELEONORE von KERSTORF.
geb. den. 10. Febr. 1813. gest. den 17. July 1853.
FANNY EDLE von KERSTORF geb. Freyin v. EICHTHAL
¿ Octob. 1774. gest. am ¿

Sockel

FRIEDRICH FERDINAND VINCENZ EDLER von KERSTORF.
geb. den 6. Juli 1804 in München,
gest. den 20. August 1880 in Augsburg.
FRIEDERIKE EDLE von KERSTORF, geb. MOLITOR,
geb. den 27. Februar 1813 in Aschaffenburg
gest. den 1¿. April 1896 in Augsburg.

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Heinrich Sigmund Friedrich Edler von Kerstorf

* 23.4.1769
† 2.7.1832 (Andechs)
Gutsbesitzer

Der Bayerische Volksfreund (16.7.1832)

Erinnerung an den Edlen Heinrich v. Kerstorf.

Dieser Bewohner Münchens entschlief zu früh auf seinem Landsitze Andechs, da sein menschenfreundliches Herz ihn zugleich mit jenem Verhältniß zu irdischen Glücksgütern geadelt hatte, wodurch Reichthum auch zur Wohlthat und Gabe für Mitmenschen wird. Es ist hier in diesem Blatte nicht zu erwähnen und vorzutragen, welche Bildung und Kenntniß, welche Würdigung der Wissenschaften und Künste seinen persönlichen Umgang Jedem angenehm machten, der sein Vertrauen oder seine Gesellschaft genossen hatte. Nur zu bekannt ist, daß sein Haus jedem Fremden von Auszeichnung in der Gelehrsamkeit oder Kunst gastlich offen war, und daß die alte, größtentheils verklungene Sitte der Großen durch gesellige Gastmahle oder Ladungen von Zeit zu Zeit, Gelehrte, verdienstvolle Männer jeden Standes, Künstler und Staatsmänner zu ernsten oder fröhlichen Mittheilungen, zur nähern Bekanntschaft, oder Erkennung zu vereinen, in seinem Hause heimathlich geblieben, ein Bedürfniß, welches sonst als ein vorzüglichstes Gemeingut der Gebildeten geachtet war. In frühern Jahren als Schriftsteller bekannt, hatte der Verstorbene vieles Verdienstliche gethan, unter anderm zur Zeit, als Freiherr Christoph von Aretin den vaterländischen Creditverein auszuführen nahe war, um diese Wohlthat des Landes in Vollzug zu bringen. Er half mit aller Liebe zu dieser Angelegenheit, die schwierigsten Hindernisse zu heben, persönlich dann eine Summe von mehreren Hunderttausend Gulden anbiethend. Seine herrlichen Bücher- und andere Sammlungen zeigen von seiner Muse und seinem Aufwand für das Hohe und Schöne. Was dieser humane Mann für Unterstützungen und Belebung der Kunst und Bildung gethan, bleibe jenen zur Erinnerung, denen er unvergeßlich sein wird.

Einsender dieses Gedenkens an Kerstorf hatte nicht die Ehre, ihn persönlich zu kennen. Aber ein Abend in der Nähe des Ammersee's bald nach dem Todestage des Edlen bewog ihn, seiner zu erinnern. Landleute der dortigen Nähe von Andechs sprachen mit solcher Rührung von dem so plötzlichen Verluste dieses Herren, daß sie mit innigstem Gefühle erzählten, wie gütig er so vielen Bedrängten unter ihnen seither geholfen, wie er auf Treue und Glaube viele Summen verschiedener Größen den Hilfesuchenden übergeben, wo fast nirgends Rettung zu hoffen war, und wie er in seinem Schlosse Trost, Hilfe und Unterstützung so vielen gespendet hatte, die durch Unglück seiner Güte und Theilnahme würdig waren. Unter diesem gegenseitigen Austausche der Trauer bejammerten sie, daß man seine Leiche nicht dort zu Grabe trug, indem sie riefen, wir hätten ihm aus allen nahen Gemeinden einen Leichentag frommer und zahlreicher gehalten, als vielleicht die in München, seine Ruhestätte hätten wir stets mit Thränen besucht. Auch wünschte ein Bauer, daß die Herrschaft in Andechs dem Seligen in der dortigen Kirche einen Jahrtag stiften möchte, und die Landleute jährlich, wie es gebräuchlich, auf diese Art bei solchem Gottesdienste für ihn beten könnten. Dieses Vernehmen riß den Zuhörer immer mehr zur Achtung des Verstorbenen hin. Der Ausdruck des Leidtragens in dem Munde solcher herzlichen Biederleute mußte wohl wahr, und eine aufrichtige Gedenkblume auf dem Grabe des Betrauerten sein. Solche Erinnerungen sind der ächte Nekrolog eines Verstorbenen. Da im Leben der Menschen oft vieles dem Buche der Wohlthaten und Verdienste anvertraut wird, ohne Anspruch auf Lob ober Lärm, so verdienen doch diese menschenfreundlichen Züge des Verstorbenen, Gefühle des Andenkens. Zugleich darf man ihm danken, daß er seinen Besitz Andechs, nämlich das ehemalige Kloster in jenem schönen Stande erhielt, welchen dieser historisch-merkwürdige Ort, durch seine Lage verdient, während die meisten Klostergebäude in den Händen ihrer Käufer und Unterhändler zertrümmert, und fast in Trümmer verwandelt werden. Hr. v. Kerstorf pflegte mit Aufwand und Liebe der übernommenen Klosterökonomie, während ähnliche ehemals so herrliche Klosterökonomien, sonst die Zierden des Landes, größtentheils sammt ihren Käufern und Verkäufern zu Grunde giengen. Daß in dem Hause Kerstorfs der Sinn für Edles und Menschenfreundliches sein Asyl gefunden, fühlt der Frauenverein für leidende schwangere Weiber, da die edle Gemahlin des Verstorbenen in Frauenmilde sich ihm so wohllhuend widmet. –a–

Der Bayerische Volksfreund Nro. 9. München; Montag, den 16. Juli 1832.



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