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DEM EDELSTEN
VATERLANDS-FREUNDE
JOS. V. UTZSCHNEIDER
GEB. ZU RIEDEN AM
STAFFELSEE. 2TEN MAERZ 1763
GEST. 31TEN JANUAR 1840.
Ω
Utzschneider, Josef von; 2.3.1763 (Rieden am Staffelsee/Obb.) – 31.1.1840 (München), Tod durch Unfall; Techniker, Volkswirtschaftler, Generaladministrator der Salinen und 2. Bürgermeister von München
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* 2.3.1763 (Rieden am Staffelsee/Obb.)
† 31.1.1840 (München), Tod durch Unfall
Techniker, Volkswirtschaftler, Generaladministrator der Salinen und 2. Bürgermeister von München
Deutschland.
Bayern.
Vorgestern Morgens ereignete sich ein Unglück, welches zwei sehr verdienstvolle allgemein geachtete Männer traf. Der Herr geh. Rath von Utzschneider und der hochwürdige Herr Pfarrer von Giesing, fuhren über den Giessingerberg herab zur Stadt, um als Landtags-Abgeordnete der Sitzung beizuwohnen. Die Pferde wurden scheu, gingen durch, warfen den Wagen um und zertrümmerten ihn. Beide Herren wurden aus demselben geworfen, der erstere war am Abend noch nicht zu sich gekommen, der letztere erhielt bedeutende Kopfwunden. Allgemein hat sich die Theilnahme über diesen Unglücksfall ausgesprochen.
Der Bayerische Volksfreund No. 26. München; Freitag, den 1. Januar 1840.
Deutschland.
Bayern.
Allgemeine Theilnahme erregt im Publikum das dem geh. Rath v. Utzschneider widerfahrene Unglück, welches leider das Leben dieses hochgeachteten Mannes aufs Spiel setzte. Die Aerzte haben noch keine Hoffnung zu dessen Wiedergenesung.
Der Bayerische Volksfreund No. 27. München; Samstag, den 1. Februar 1840.
Deutschland.
Bayern.
Nicht leicht hatte sich auf dem hiesigen Leichenacker eine solche Menge Menschen versammelt, als bei der Begräbniß des Herrn geh. Rathes v. Utzschneider, welches am verflossenen Montag Abends 4 Uhr statt hatte. Eine Deputation der Kammer der Reichsräthe, die meisten Mitglieder der Kammer der Abgeordneten, Staatsdiener aus allen Branchen, die Mitglieder des Magistrats, die Herren Gemeindebevollmächtigten, so wie Personen aus allen Ständen, hatten sich eingefunden, und begleiteten die Leiche des so allgemein geachteten und eben so sehr auch bedauerten Biedermannes zu Grabe. Der Sarg wurde von hiesigen Bürgern getragen, die Herren Professoren der polytechnischen Schule gingen mit brennenden Wachskerzen neben demselben. Vierzehn Livrebediente und zwei Pedelle der beiden Kammern, dann eine Menge Herrschaftsbediente gingen mit Flambeaux dem Sarge voran. Die ersten und ausgezeichnetsten Staatsbeamten befanden sich in dem Leichenkondukt. Der hochwürdige Herr Dechant Weinzierl von Regensburg hielten eine sehr ergreifende Rede an dem Grabe. Die allgemeine Theilnahme an diesem Todtenfeste beweiset klar, wie sehr der Verblichene geschätzt und geehrt war. Sein Name wird in den Annalen des Staates noch lange fortleben. Unweit der Ruhestätte seiner vorausgegangenen Freunde reichenbach und Fraunhofer rechts in den Arkaden, ruht nun auch in ewigem Frieden Joseph von Utzschneider.
Der Bayerische Volksfreund No. 30. München; Mittwoch, den 5. Februar 1840.
Deutschland.
Bayern.
Vorgestern hatte Vormittags 10 Uhr der feierliche Gottesdienst für den verstorbenen geh. Rath von Utzschneider in der St. Peterspfarrkirche statt, bei welchem sich, so wie bei dem Leichenbegängniß desselben eine ungewöhnliche Zahl von Personen aus hohen und niedern Ständen einfanden. Die Büste des Verewigten wird dem Vernehmen nach in den Arkaden des Leichenackers aufgestellt werden. Man vermißt dortselbst noch eine, die Büste des um die Stadt München hochverdienten Bürgermeisters Edlen von Mittermayr, welche sich gewiß den Büsten anderer ausgezeichneter Männer anreihen dürfte.
Der Bayerische Volksfreund No. 34. München; Sonntag, den 9. Februar 1840.
Joseph v. Utzschneider,
Ritter des Verdienst-Ordens der bayer. Krone.
Der Sohn eines Bauern zu Rieden am Staffelsee, den 2. März geboren, genoß den ersten Unterricht in der Klosterschule zu Benediktbeuern, und wurde von da in die von Churfürsten Maximilian III. errichtete Kadetenschule aufgenommen, aus der er in die lateinischen Schulen zu München übertrat. Im Jahre 1777 wurde er Geheimschreiber der Frau Herzogin Maria Anna, als solcher trat er aber wieder ab und besuchte die hohe Schule in Ingolstadt, wo er im Jahre 1783 die Rechte absolvirte. Im Jahre 1784 wurde er Hofkammer-Rath, im J. 1799 Mauth- und Commerz-Deputations-Direktor, und endlich geheimer Referendär im Finanz-Ministerium, welchen Dienstes er im Jahre 1801 enthoben, aber im J. 1807 wieder in seine frühere Stellung eingesetzt und ihm das Amt eines General-Administrators der Salinen übertragen wurde. Im Jahre 1814 nahm er wiederholt seine Entlassung aus dem Staatsdienste, und verzichtete auf jeden Gehalt. Im J. 1818 wurde er als II. Bürgermeister der Stadt München gewählt und bestätigt, verließ aber im J. 1823 den magistratischen Dienst, und lebte wieder als thätiger Privatmann, bis er an den Folgen eines unglücklichen Sturzes aus dem Wagen am 31. Jänner 1840, also in seinem 77. Lebensjahre starb. Das, was der talentvolle Utzschneider als Beamter und als Privatmann wirkte, gehört der bayerischen Staats-Wirthschafts- und Finanz-Geschichte an.
Dr. Jakob Bauer: Grundzüge der Verfassung und Vermögensverwaltung der Stadtgemeinde München mit besonderer Rücksicht auf die dem Magistrate durch das Gemeinde-Edikt vom Jahre 1818 zugewiesenen Verwaltungszweige von Dr. Jakob Bauer, I. Bürgermeister. München, 1845.
6. Joseph v. Utzschneider, Geheimrat; großer Bürger, der auf staats- und volkswirtschaftlichem Gebiete Außerordentliches leistete, geboren als Sohn armer Landleute zu Rieden am Staffelsee am 2. März 1763.
Als Knabe verlor er durch unvorsichtiges Handhaben einer Schußwaffe sein linkes Auge. Schulpflichtig geworden, besuchte er erst die Volksschule in Uffing, später erhielt er dann Unterricht im Augustinerkloster Polling bei Weilheim.
Sein Onkel mütterlicherseits, der herzogliche Zahlmeister Andrä, brachte ihn, da er gar bald Proben von Scharfblick und Geistesregsamkeit ablegte, nach München und ermöglichte, daß er auch da die Lateinschule besuchen konnte. Nachdem er diese durchgemacht, kam er in die Kadettenschule. In dieser Zeit verwendete die Herzogin Maria Anna, hauptsächlich anläßlich jener wichtigen Verhandlungen, welche sie mit Preußen für Bayerns Selbständigkeit gegenüber Österreichs Ansprüchen anknüpfte und zum Nutzen Bayerns auch durchführte, den jungen Mann als Privatsekretär.
Nach seinem Austritt aus der Kadettenschule besuchte Utzschneider die Universität Ingolstadt, und wurde nach vollendetem rechtswissenschaftlichem Studium im Jahre 1783 von seiner Gönnerin, Maria Anna, zum Lehrer an der von ihr gegründeten »Landesakademie« nachmals »Militärakademie« nach München berufen. Durch seine Thätigkeit als Ökonomieverwalter eines herzoglichen Gutes lernte er die Landwirtschaft näher kennen und hegte fortan zeitlebens große Neigung dafür.
Im Jahre 1784 ernannte ihn Kurfürst Karl Theodor zum Hofkammerrate mit Sitz und Stimme, als welcher er besonders thätig für Austrocknung des Donaumooses war. Große Flächen Landes wurden durch ihn dem Ackerbau zugewendet und manches schöne Dorf verdankt ihm seine Entstehung.
Einige Zeit stand er auch der Saline in Berchtesgaden vor, auch hier wirkte er überaus umsichtig und förderlich.
Als der Nachfolger Karl Theodors, Maximilian IV., der nachmalige König Max I., den bayerischen Kurstuhl bestiegen hatte, wurde Utzschneider sofort zu einem der sieben Direktoren bei der neu errichteten Generallandesdirektion ernannt und bald darauf zum geheimen Referendar in den landständischen Angelegenheiten befördert. Er stand hoch in der Gunst seines Fürsten, was Wunder, wenn er eine Menge Neider hatte, die unausgesetzt an seinem Sturze arbeiteten. Im Jahre 1801 endlich siel er diesen zum Opfer, Verläumdungen führten seine Entlassung herbei.
Aber auch als Privatmann war er unausgesetzt thätig und schuf nacheinander verschiedene große industrielle Unternehmungen. Darunter nehmen die Ledermanufaktur, welche die ganze Nordseite der Rumfordstraße bis zur Zwingerstraße einnahm und die im Vereine mit Reichenbach, Liebherr und Fraunhofer im säkularisierten Klostergebäude zu Benediktbeuren errichtete optische Anstalt den ersten Platz ein.
Im Jahre 1807 wurde Utzschneider wieder in den Staatsdienst berufen und zum geheimen Finanzreferendar und Generaladministrator der Salinen ernannt. In dieser Stellung bewirkte er die Errichtung einer Saline in Rosenheim und machte dieses Regale überhaupt erst rentabel.
Als im Jahre 1809 der Krieg ausbrach, schwebte Utzschneider bei dem Einfalle der Tiroler in unser Land in Lebensgefahr, denn die Aufständischen hatten auf seinen Kopf einen Preis gesetzt, weil er gegen den Aufstand gewirkt hatte.
Aber auch während dieser unruhigen Zeit war der große Staatsmann unausgesetzt thätig. Er gab zur Anlage des Grundsteuerkatasters Veranlassung, förderte die neue Erfindung Senefelders, die Lithographie, verbesserte als deren Vorstand die Münzanstalt und gründete die Schuldendeckungs-Kommission.
Wiederholt trieb ihn Neid von seinem Posten, und im Jahre 1814 legte er seine Stellen sämtlich nieder, zugleich auf seinen wohlverdienten Ruhegehalt von jährlich 6000 Gulden zu Gunsten der Minderbesoldeten verzichtend. Der König zollte seinen Verdiensten Anerkennung durch Verleihung des Geheimratstitels und des Verdienstordens der bayerischen Krone.
Von nun ab war er fast ausschließlich auf industriellem Gebiete thätig. Auf seinem Besitztum wendete er seine volle Aufmerksamkeit der Runkelrübenzuckerfabrikation zu, in München errichtete er im Jahre 1815 ein großes Brauhaus am Ostende des Maximiliansplatzes, eine Tuchmanufaktur und eine Spritfabrik an der Spitalstraße.
Zur Zeit der Einführung der Verfassungsurkunde und des Gemeindeedikts vom Jahre 1818, als die Stadt München wieder einen Magistrat mit Bürgermeisteramt erhielt, wurde er zum 2. Bürgermeister gewählt. In dieser Stellung förderte er das Volksschulwesen, beantragte damals schon die Kanalisierung der Stadt und gab die erste Anregung zur Gründung einer Sparkassa. Nach sechs Jahren legte er, durch sein Alter hierzu berechtigt, sein Amt nieder. Auch als Abgeordneten für die zweite Kammer traf ihn die Wahl.
Im Jahre 1829 kaufte er das ehemals fürstbischöfliche Jagdschloß Erching, bei welchem 1500 Tagwerk Grund waren; hier gab es Gelegenheit zu mannigfachen Versuchen und Leistungen im Gebiete der Landwirtschaft.
Am 29. Januar 1840 verunglückte der äußerst thätige Mann bei einer Fahrt über den steilen Giesinger Berg, den Berg, der nachher bis zu seiner vor wenigen Jahren erfolgten Regulierung noch manches Opfer fordern sollte, und starb zwei Tage darauf im 77. Lebensjahre.
Sein noch erhaltenes Grab befindet sich im südlichen Friedhof, ältere Abteilung, Arkaden Nr. 32; es ist mit seiner, von Bildhauer Johann Halbig gefertigten Büste geschmückt. Einen Abguß hiervon ließ die Stadt München in einer Nische unter den Arkaden aufstellen. Auch das Haus Nr. 11 an der Müllerstraße, wo sich noch die Merzsche optische Anstalt befindet, ist neben der Büste Fraunhofers mit der Utzschneiders geschmückt. Meister Karl v. Piloty reihte ihn auf dem Wandgemälde im Sitzungssaale des neuen Rathauses zu München unter die für die Stadt bedeutsamsten Persönlichkeiten. Das städtische historische Museum besitzt ein Ölbildnis: »Utzschneider als Bürgermeister«, gemalt von Wagenbreth; eine Straße trägt zum bleibenden Andenken seinen Namen.
C. Reber: Die »Ruhmeshalle« unter den Arkaden des südlichen (älteren) Friedhofes in München. Das Bayerland. Illustrierte Wochenschrift für bayerische Geschichte und Landeskunde. 9. Jahrgang. Heft Nr. 27. München, 1898.
Utzschneider Josef, von, 1763 (Rieden am Staffelsee/Obb.) – 1840, Techniker, Volkswirtschaftler, Generaladministrator der Salinen und 2. Bürgermeister von München; er wirkte in jungen Jahren schon als Privatsekretär der Herzogin Maria Anna am Hof zu Potsdam bei Verhandlungen zwischen Preußen und Bayern wegen der Selbständigkeit Bayerns gegenüber den Ansprüchen Österreichs; unter Karl Theodor zum Hofkammerrat ernannt, hat sich U. durch Austrocknung des Donaumooses verdient gemacht; bei Max I. stand er sehr in Ehren, Direktor der Generallandesdirektion, Geheimer Referendär in landständischen Angelegenheiten, Geheimer Finanzreferendär, Generaladministrator der Salinen, 2. Bürgermeister von München, waren die Hauptstufen seiner öffentlichen Laufbahn; er war auch Mitglied der BAkdW; als Privatmann schuf U. große industrielle Unternehmen (Ledermanufaktur, Mitarbeit an der Optischen Fabrik mit Fraunhofer und Reichenbach, Tuchherstellung, Gewinnung von Zuckerrüben; auf Us. Vorschläge geht in erster Linie die Anlage des Grundsteuer-Katasters in Bayern zurück.
© Dr. phil. Max Joseph Hufnagel: Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München. Zeke Verlag; 4. Auflage. Würzburg, 1983.