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2 – 1 – 12·13 (Pfister)

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Linke Tafel
Die Inschrift ist nicht erhalten

Rechte Tafel

Clothilde Pfister
1868 – 1869
Therese Pfister
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¿ Pfister
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Philipp Pfister

* 1832 (Volkach/Ufr.)
† 4.11.1889 (Eurasburg)
Regierungsrat und Kunstsammler

Allgemeine Zeitung (2.2.1884)

Bayerische Chronik.

München, 1. Febr.

(Regierungsrath Pfister.) Ueber den Lebenslauf des zum Hofsecretär und Vorstand der Hof- und Cabinetscasse ernannten Regierungsraths Philipp Pfister erfahren wir folgende nähere Daten: Geboren zu Volkach in Unterfranken im Jahre 1833, kam Pfister zu seinen Gymnasialstudien nach Würzburg, und hierauf an die Universität München, an welcher er der Jurisprudenz oblag. Während der letzteren Zeit und der Vorbereitungspraxis war Pfister viele Jahre lang Hofmeister bei Graf Yrsch-Pienzenau. Unmittelbar vom Staatsconcurse weg, bei welchem er sich namentlich in der mündlichen Prüfung besonders hervorthat, wurde derselbe als Accessist an die Regierung von Oberbayern einberufen. Gleichzeitig leistete er vorzügliche Dienste als Hülfsarbeiter bei dem Gesetzgebungsausschusse der Kammer der Reichsräthe. Im October 1865 wurde Pfister, als er von einer großen Reise nach England, Frankreich und Italien zurückgekehrt und einige Monate am Bezirksamte Traunstein beschäftigt gewesen war, zum Assessor der Polizeidirection München ernannt. Hier rückte er 1874 zum Polizeirath vor. In sonach fast 20jähriger Thätigkeit bei dieser Stelle war Pfister in den verschiedensten Sparten (Gewerbswesen, Innungs- und Krankencassen, Theaterpolizei, Vertretung der Staatsanwaltschaft u. s. w.) thätig; das Hauptgebiet seines Wirkens aber war das Vereins- und Versammlungswesen. Und wenn schon vor Erlaß des Socialistengesetzes die einschlägigen Verhältnisse in München als gut geordnete bezeichnet werden konnten, und auch seither solche sind, so trifft das Verdienst hieran selbstverständlich in hervorragendem Maße den damit betraut gewesenen Referenten. Nicht unerwähnt darf der Antheil Pfisters an der Aufdeckung und Beendigung des Treibens der Dachauer Banken gelassen werden. Was Pfister weiterhin für die Geflügelzucht mit gutem Erfolge (auch nach außen) gethan hat, ist in bester Erinnerung; der glänzende Verlauf der ersten Geflügelausstellung in München hat deren jährliche Wiederholung nach sich gezogen. Bekannt ist nicht minder die reiche Bauthätigkeit Pfisters, welche zumal bei dem Ausbau der Maffeistraße und bei der Regulirung der Schäfflergasse, neuestens durch die Herstellung des Börsensaales, schaffend eingriff. Aus der Gemeindezeitung wissen wir, daß Pfister zu dem beifällig begrüßten Projekte den Anstoß gab, die Au mit dem Ostbahnhofe mittelst eines vom Mariahilfplatze ausgehenden Viaduktes zu verbinden.

Allgemeine Zeitung Nr. 33. München; Samstag, den 2. Februar 1884.

Allgemeine Zeitung (19.9.1888)

Bayerische Chronik.

München, 18. Oct.

(Bibliographie.) Unter dem Titel: »Thesaurus librorum Philippi Pfister, Monacensis. Catalogus bibliothecae selectae« oder »Verzeichniß einer auserlesenen Sammlung Bavarica, Monacensia, Judaica, sowie von Werken aus allen Wissenschaften, wobei Rara und Curiosa, im Besitze des kgl. bayerischen Regierungsrathes Philipp Pfister zu München, Schloßgutsbesitzer auf Eurasburg, weiland Sr. Maj. des höchstseligen Königs Ludwig II. von Bayern Hofsecretär,« liegt uns ein stattlicher Octavband vor, welcher, mit Anmerkungen und Registern von Hugo Hayn versehen, auf 603 Seiten 4767 Werke enthält und in luxuriöser Ausstattung im Verlag von Karl Uebelen in München, auch für andere Sammler als instructives Vorbild, im Handel erschienen ist. Naturgemäß gliedert sich der ganze Schatz nach 20 Rubriken: Bavarica, Monacensia, Belletristik, Geographie und Ethnographie (mit Reisebüchern, Badeschristen, Atlanten und Karten); Geschichte (Culturgeschichte, Biographien, Genealogie, Heraldik); Judaica (mit neuer und alter antisemitischer Literatur); Jurisprudenz und Polizei (mit Gaunerthum und Bettlerwesen); Staatswissenschaften und Politik, Socialismus und Socialdemokratie (mit den seltensten Broschüren und Flugschriften über Commune, Internationale und Nihilismus); Finanzwesen (Gewerbe und Handel), Haus- und Landwirthschaft; Naturwissenschaften und Medicin; Kunst, Musik und Illustrirte Prachtwerke; Philologie und Literaturgeschichte; Theologie (Legende, Jesuiten, Freimaurer, Erbauungsbücher), Curiosa und Zeitschriften (unter letzteren ein – ganzes Quartal der Augsburger »Allgemeinen Zeitung« vom 1. Juli bis 30. September 1863). Sehr interessant sind auch die häufig auf Bavarica hinweisenden Inhalt-Angaben seltener Werke und die vielen Büchern beigegebenen Anmerkungen, in welchen oft mit wenigen Worten eine charakterisirende Kritik geübt wird. Den Schluß bilden, weil der Hr. Besitzer auch noch während des Druckes seine Sammlungen durch zahlreiche Neuanschaffungen erweiterte, eine doppelte Reihe von Nachträgen. Da nun jede der beiläufig vorgenannten Rubriken wieder eigene alphabetische Unterabtheilungen hat, wodurch die sachgemäße Zusammengehörigkeit sich in höchst lehrreich-übersichtlicher Manier gruppirt, so wurden mehrere Register nothwendig, welche nach Namen (Autoren, historische und mythische Personen, Pseudonymen, Künstler) Ort- und Sach-Register (wobei wieder eigene Alphabete für die Bavarica wie die Monacensia sich ergaben) den Gebrauch des Katalogs erleichtern und überraschende Einblicke in die hier vereinten Raritäten und Kostbarkeiten gewähren, wovon viele sogar in größeren Bibliotheken vergeblich gesucht werden dürften. Sammlungen dieser Art wirken nicht allein belehrend, sondern auch anregend, indem sie den Fachgelehrten neue Fernblicke gewähren und gleichzeitig zur eigenen Nachfolge einladen, wozu freilich nur wenigen Glücklichen solch ergiebige Mittel zur Seite stehen dürften. Ueber die ebenso höchst bedeutende Kunst-Collection des Hrn. Pfister, wobei gleichfalls Monacensia und Bavarica, größtenteils als Unica in Aquarell und Zeichnung vorherrschen, wird ein eigener Katalog in Aussicht gestellt. Für die Reichhaltigkeit desselben spricht ein aus 51 Seiten 746 Nummern bietendes Verzeichniß von Portraits, Bildern und Ansichten, welche allein »Die Kunstepoche Münchens unter der Regierung König Ludwig I.« schildern! Leider ist diese originelle Festgabe zur jüngsten Centenarfeier, nur als »Manuscript« gedruckt, nicht im Handel erschienen.

Allgemeine Zeitung Nr. 291. München; Freitag, den 19. Oktober 1888.

Kunstsammlung Pfister, München (12.1888)

VORWORT.

Die »Kunstsammlung Pfister, München« bildet ein Gegenstück zur »Bibliotheca Pfister Monacensis«, über welche der Bibliothekar Herr Hugo Hayn einen grösseren beschreibenden Catalog verfasste, der in solider Ausstattung die Presse verlassen hat und auf den schon vielfach in Zeitungen und Fachzeitschriften die Bücherfreunde aufmerksam gemacht wurden.

Auch die »Kunstsammlung Pfister, München« legt ihr Schwergewicht auf Monacensia und Bavarica und enthält insbesondere in Form einer Bilderchronik eine vollständige Geschichte der baulichen Entwickelung der Haupt- und Residenzstadt München, namentlich in den letzten fünfzig Jahren.

Auch diese Sammlung ist das Ergebniss eines mehr als zwanzigjährigen Sammelfleisses ihrers Besitzers.

Für die Geschichte Münchens und seiner Kunstentwickelung erscheint die Kunstsammlung Pfister als eine höchst werthvolle Ergänzung der Staatssammlungen und als eine ganz unentbehrliche Fortsetzung der sogen. Maillinger-Sammlung der Stadtgemeinde München.

Die grossen Architekten Leo v. Klenze, Friedr. v. Gaertner, die berühmten Baumeister Ziebland, v. Riedel, Bürklein etc. sind in der Sammlung mit Original-Entwürfen, in kostbaren Zeichnungen und Aquarellen, namentlich für die Bauten der König-Ludwig-Periode vertreten, von denen die farbenprächtigen Aquarelle in der Sorgfalt und Schönheit ihrer Behandlung geradezu als einzig in ihrer Art bezeichnet werden dürfen.

Die von Herrn Regierungsrath Pfister zur König Ludwig-Centenarfeier herausgegebene Festschrift: »Die Kunstepoche Münchens unter der Regierung König Ludwig I. von Bayern. Eine Bilder-Chronik. Zur Centenar-Feier König Ludwig I. von Bayern als Manuscript gedruckt. 8°. (München 1888.)« war ein Auszug gegenwärtigen Catalogs.

Ausser Originalarbeiten von Raphael Sanzio, Guilio Romano, A. Dürer, P. Cornelius, Overbeck, F. Foltz, Schwanthaler, Thorwaldsen, W. v. Kaulbach, C. v. Rottmann, Schwind, Schraudolph, Monten, Piloty, Ramberg, Horschelt, A. u. H. Adam. Heinrich u. Peter Hess, Neher, Eibner, Kirchner, Neureuther, Lebschée, A. Doll, G. v. Dollmann, Ille, Hauberrisser, Defregger, O. v. Ruppert etc. etc. sind besonders hervorzuheben die Aquarelle von August Seidel, die in vielen Hunderten von Blättern auf Anregung des Sammlungsbesitzers alle baulichen Veränderungen im Innern und in der Umgebung von München in den letzten Dezennien fixiren und dadurch der Geschichte Münchens einen seltenen und grossen Dienst leisten.

Ein lebendiges Bild des Künstlerlebens von München geben die Künstlerfeste, die Karrikaturen und Scherze in Zeichnungen etc., wobei die Porträtähnlichkeit der betheiligten Künstler den Werth der Sammlung und den Genuss derselben wesentlich erhöht.

Aber nicht blos der Geschichte soll die Kunstsammlung dienen; sie soll andere Kunstfreunde, die nach Ansicht des Eigenthümers gegenwärtiger Sammlung in der Lage sind, noch mehr und noch besser zu sammeln, zu gleichem Streben anspornen und den Anstoss geben, dass andere Besitzer von Kunstsammlungen sich nicht scheuen, durch Herausgabe eines Cataloges wissen zu lassen, welche Kunst-Schätze im Lande Bayern sich auch in Privathänden befinden.

München, im Dezember 1888.

F. Reichardt.

F. Reichardt: Kunstsammlung Pfister, München. Verzeichniss einer Collection Monacensia, Bavarica u. A., gesammelt von dem kgl. bayer. Regierungsrathe Philipp Pfister zu München, Schlossgutsbesitzer auf Eurasburg, weiland Sr. Majestät Königs Ludwig II. von Bayern Hof-Secretär. Geordnet und beschrieben von F. Reichardt, Kunsthändler. (II. Theil der »Bibliotheca Pfister Monacensis«.). München, Dezember 1888.

Allgemeine Zeitung (28.8.1889)

(Verleihung.) Auf Grund der Muthung [Anmerkung: Antrag auf Genehmigung zum Bergbau] vom 13. April 1889 wurde dem k. Regierungsrathe und Gutsbesitzer Philipp Pfister in München unter dem Namen »Jrings-Zeche« das Bergwerkseigenthum in dem den Gemeinden Eurasburg, Beuerberg, Degerndorf und Holzhausen, k. Bezirksamts München II, im Regierungsbezirke Oberbayern gelegenen Felde von 800 Hektar Flächeninhalt zur Gewinnung der in diesem Felde vorkommenden Mineralkohlen nach dem Berggesetze vom 20. März 1889 und dem Gesetze über die Abgaben von den Bergwerken vom 6. April desselben Jahres verliehen.

Allgemeine Zeitung Nr. 238. München; Mittwoch, den 28. August 1889.

Allgemeine Zeitung (4.11.1889)

Bayerische Chronik.

München, 4. Nov.

Regierungsrath Pfister †. Heute Nacht starb der vom Staatsdienste beurlaubte k. Regierungsrath Rittergutsbesitzer Philipp Pfister, Mitglied des oberbayerischen Landraths, an den Folgen eines Nierenleidens, welches er sich durch Erkältung zugezogen hatte. Pfister stand noch im besten Mannesalter und war eine im öffentlichen Leben vielgenannte Persönlichkeit. Als vieljähriger Referent der k. Polizeidirection München über das Vereins- und Versammlungswesen kam dem k. Polizeirath Pfister der Vollzug des Socialistengesetzes zu. Man wird sich des Aufsehens erinnern, welchen seine Auflösung einer Volksversammlung der demokratischen Partei in der Westendhalle, in welcher der Abgeordnete Sonnemann über den Militäretat sprechen wollte, hervorrief, um so mehr, als die Auflösung unmittelbar nach Eröffnung der Versammlung erfolgte. Das Vertrauen weiland Sr. Maj. König Ludwigs II. berief den Polizeirath Pfister unter Beförderung zum Regierungsrath als Hofsecretär in eine dornenvolle Stellung. Regierungsrath Pfister waltete des Amtes noch zu einer Zeit, in welcher durch den geistigen Zustand des unglücklichen Monarchen Anforderungen an den Hofsecretär erwuchsen, welchen die ihm zu Gebote stehenden und von ihm beschafften Mittel nicht mehr genügen konnten. Nachdem Regierungsrath Pfister kurze Zeit bei dem Staatsministerium des Innern und zwei Jahre bei der kgl. Regierung von Oberbayern gewirkt hatte, nahm er mehrjährigen Urlaub aus dem Staatsdienste, um sich der Bewirthschaftung des von ihm vor zwei Jahren erworbenen Rittergutes Schloß Eurasburg in Oberbayern zu widmen. Als Vertreter der Districtsgemeinden Starnberg und Wolfratshausen wurde er in den oberbayerischen Landrath gewählt und von diesem wurde er zum Vorstande der land- und forstwirthschaftlichen Unfall- und Krankenversicherungs-Berufsgenossenschaft des Regierungsbezirks berufen. Die Stadt München verdankt dem Dahingeschiedenen, welcher auch auf dem Gebiete des Bauwesens Hervorragendes leistete, manche fruchtbringende Anregung. Eine von ihm angelegte Bibliothek von Bavarica, Monacensia etc. sichert dem Verstorbenen ein Angedenken auch in der literarischen Welt.

Allgemeine Zeitung Nr. 306. München; Monatg, den 4. November 1889.

Allgemeine Zeitung (5.11.1889)

Todes-Anzeige.

Gott der Herr hat heute früh 7 Uhr unsern innigstgeliebten Gatten, Vater, Bruder, Schwager, Onkel und Vetter,

den hochwohlgebornen Herrn
Philipp Pfister,
k. Regierungsrath und Gutsbesitzer,
Ritter hocher Orden,

nach kurzer, schwerer Krankheit im Alter von 57 Jahren unerwartet schnell zu sich gerufen.

Um stilles Beileid bittet in ihrem grossen Schmerze

München, Würzburg, 4. November 1889.

die tieftrauernde Gattin:
Franziska Pfister, geb. fest,
im Namen der trauernden KInder und Verwandten.

Die Beerdigung findet Mittwoch den 6. November, Nachmittags 4 Uhr, auf dem südlichen (alten) Friedhofe, der Trauergottesdienst Freitag den 8. November, Vormittags 10 Uhr, in der St. Ludwigs-Pfarrkirche statt.

Allgemeine Zeitung Nr. 307. München; Dienstag, den 5. November 1889.

Allgemeine Zeitung (7.11.1889)

Bayerische Chronik.

München, 6. Nov.

(Beerdigung.) Ein Mann tadellosen Charakters, der wegen seines liebenswürdigen und leutseligen Benehmens und seines Wohlthätigkeitssinnes sich der allgemeinen Achtung erfreute, Hr. Regierungsrath und Schloßgutsbesitzer Philipp Pfister, welcher vorgestern zu Eurasburg in den Armen seiner Gattin nach 20stündigem Todeskampfe seinen Geist aufgab, wurde heute Nachmittag 4 Uhr auf dem südlichen Friedhofe nächst der Stephanskirche durch den Stadtpfarrer von St. Ludwig, Hrn. Rathmayer, zur Grabesruhe bestattet. Welch hoher Achtung sich der Verstorbene erfreute, bewies der imposante Leichenzug. Außer den nächsten Leidtragenden waren die Collegialmitglieder der hiesigen Kreisregierung, diese in Uniform, Ministerialdirector L. v. Bürkel, der Präsident des Landgerichts München I, v. Braun mit mehreren Landgerichtsräthen, die Mitglieder des z. Z. dahier versammelten Landrathes von Oberbayern, an der Spitze Ritter v. Schultes, Polizeipräsident Dr. v. Müller mit mehreren Polizeibeamten, Bürgermeister Dr. v. Widenmayer mit einigen Magistratsräthen und Gemeindebevollmächtigten u. s. w. im Trauergeleite. Das Familiengrab, in welchem der Verstorbene beigesetzt wurde, war mit Kränzen, Palmenzweigen und sonstigem Blumenschmuck reich geziert. Hr. Stadtpfarrer Rathmayer schilderte den von uns bereits skizzirten Lebensgang des Dahingeschiedenen.

Allgemeine Zeitung Nr. 309. München; Donnerstag, den 7. November 1889.

Allgemeine Zeitung (4.11.1890)

Bayerische Chronik.

München, 3. November.

Zwei bedeutende Kunstsammlungen Münchens sind gegenwärtig in Gefahr, für die Hauptstadt und für Bayern verloren zu gehen, wenn nicht, wie unter den gegenwärtigen günstigen Verhältnissen zu hoffen ist, mit Staatsmitteln für die Erhaltung derselben eingetreten wird. Die sorgfältig geordneten Kataloge beider liegen uns vor und lassen den ganzen Reichthum dieser Schätze ermessen. Der eine führt den Titel: Ludwig v. Schwanthalers Original-Entwürfe in Sepia-, Feder-, Bleistiftzeichnungen etc. zu dessen weltberühmten Werken der Sculptur ausgeführt in allerh. Aufträgen I. M. König Ludwigs I., König Maximilians II. von Bayern etc. Mit einem Anhange enthaltend: Originalzeichnungen von Franz, Anton, Peter, Franz Xaver und Rudolph Schwanthaler. Katalogisirt und herausgegeben von F. Reichardt. Wie aus diesem Kataloge zu ersehen ist, hat die in Frage stehende Sammlung für den bayerischen Staat eine tiefgehende Bedeutung, sie gibt einen urkundlichen Beleg für den Aufschwung und die Entwicklung der Cultur- und Kunstepoche, welche Bayern unter der Regierung seines großen Königs Ludwig I. auf allen Gebieten der Kunst genommen und München, die Hauptstadt des Landes, zum großen Vereinigungspunkte der bildenden Kunst, ja zur bewunderten Kunstmetropole Deutschlands und zum belehrenden Reiseziel aller Gebildeten der Welt emporhob. Ferner repräsentirt sie den großen Meister der Bildhauerkunst von der ersten Jugendzeit bis zum Grabe, und zwar nach allen Richtungen seines überreichen Gestaltungsvermögens und bildet einen integrirenden Bestandtheil zur Completirung der an den bayerischen Staat übergegangenen Kunstnachlässe Leo v. Klenze's und Friedr. v. Gaertners. Die Erhaltung und Erwerbung des Schwanthaler'schen Nachlasses ist für den bayerischen Staat ein Gebot weiser Vorsicht im Falle eine Zerstörung dieser Kunstwerke durch elementare Ereignisse eintreten sollte. Ueber die kunstgeschichtliche Bedeutung und den hohen Werth, sowie die Einverleibung von Schwanthalers Werken in die Staatssammlungen haben sich erprobte Kunstrichter und Künstler in der Allgemeinen Zeitung (1885, Nr. 183), in der »Allgemeinen Kunstchronik« in Wien u. s. w. aufs günstigste geäußert: ein genügender Beweis, wie man über die Leistungen Schwanthalers in Bayern und dem Auslande denkt. In der Entschließung vom 22. März 1855 der k. bayer. Central-Galerie-Direction München ist der Ankauf der Sammlung Schwanthalers, wenn solche durch die Erben zum Verkaufe gelangen sollte, auf Befehl des Königs Ludwig I. ausgesprochen. Die Erben haben sich hierzu entschlossen und auf Grund obiger Entschließung solche dem bayerischen Staate, resp. Cultusministerium, leider zu ungünstiger Zeit 1885, angeboten, welches letztere den Bescheid ertheilte, daß Mittel zum Ankaufe nicht vorhanden sind. Nachdem der letzte Landtag Mittel für Kunstzwecke genehmigte, dürfte die Mahnung an Berufene am Platze sein, den Schwanthaler'schen Nachlaß aus Patriotismus und Pietät für König Ludwig I., dem München den Ruf der Kunststadt allein verdankt, zu erwerben, bevor derselbe ins Ausland wandert oder durch Versteigerung veräußert wird.

Die zweite Sammlung ist die Kunstsammlung des verstorbenen Regierungsrathes Philipp Pfister, weiland Sr. Majestät König Ludwigs II. von Bayern Hofsecretär. Dieselbe ist im Besitze der Wittwe und hat das Interesse von Vorständen von Gemeinde- und Staatssammlungen hervorgerufen, welche nach Einsichtnahme derselben ihre Anerkennung über den hohen Kunstwerth, sowie die culturhistorische Bedeutung dieser Sammlung und ohne Ausnahme der Wittwe den Wunsch ausgesprochen, diese kostbare Sammlung möge München erhalten bleiben. Diese Sammlung ist das Ergebniß eines mehr als 20jährigen Sammelfleißes des Verstorbenen und dient als eine höchst werthvolle Ergänzung von Staatssammlungen, wie auch als unentbehrliche Fortsetzung der städtischen Maillinger-Sammlung, weil sie hauptsächlich die Geschichte Münchens und seiner Kunstentwicklung behandelt. Namentlich reich ist die Glanzperiode Münchens unter König Ludwig I. vertreten. Die weiteren Abtheilungen bestehen aus einer umfassenden Portraitssammlung, Künstlerarbeiten aller Schulen und Zeiten.

Allgemeine Zeitung Nr. 306. München; Dienstag, den 4. November 1890.



© Reiner Kaltenegger · Gräber des Alten Südfriedhofs München · 2007-2025


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