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5 – 2 – 26·27* (Schweiger)

Ω

Das Grab ist nicht erhalten

Ω

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Josef Schweiger

* 1770
† 9.7.1847 (München)
Schauspieler und Theaterdirektor

Phoebus (11.7.1847)

Tageszeitung.

Der alte Direktor Hr. Joseph Schweiger in München ist Donnerstag den 8 Juli früh nach längerem Leiden an Altersschwäche gestorben. Dessen jüngerer Bruder, der beliebte Comiker Hr. Johann Schweiger jun. ist seit einigen Tagen hier und gedenkt mit hoher Genehmigung die Dierektion des Volkstheaters zu übernehmen. Er ist allerdings der rechte Mann dazu.

Phoebus Nr. 108. Nürnberger Morgenblatt. Sonntag, den 11. Juli 1847.

Donau-Zeitung (11.7.1847)

Vermischte Nachrichten.

München. Der alte Direktor Hr. Joseph Schweiger ist Donnerstag den 8. Juli früh 2 Uhr nach längerem Leiden an Altersschwäche gestorben. Dessen jüngerer Bruder, der beliebte Comiker Herr Johann Schweiger, im verflossenen Jahre als Direktor in Passau, ist seit einigen Tagen hier und gedenkt mit hoher Genehmigung die Direktion des Volkstheaters zu übernehmen. Er ist allerdings der rechte Mann dazu.

Donau-Zeitung No. 189. Vereinigte Blätter des Kourier an der Donau und der Passavia. Passau; Sonntag, den 11. Juli 1847.

Münchener Tagblatt (14.7.1847)

Allerlei.

München, 12. Juli. Der Direktor Schweiger ist am Montag früh Morgens in aller Stille beerdigt worden. Wohl Tausend Menschen waren an seinem Grab versammelt. Dank dem Hrn. Reichardt (dem Referenten über Theater im Eilboten) welcher eine sehr ergreifende und gehaltreiche Rede hielt, bei der kein Auge trocken blieb. Sehr zu wünschen wäre, daß nun ein tüchtiger und befähigter Mann die Leitung dieser Volksbühne übernehme. Wie man hört, hat sich der beliebte Komiker Hr. Johann Schweiger, welcher bereits vielfältige Beweise von Befähigung und solidem Charakter abgelegt hat, um die Direktion dieser zweiten Bühne Münchens beworben und wir wünschen im Interesse des Publikums daß es ihm gelingen möge, sein Vorhaben auszuführen.

Münchener Tagblatt No. 193. Mittwoch, den 14. Juli 1847.

Nürnberger Kurier (14.7.1847)

Miszellen.

München, 12. Juli. Heute in der Früh nach 6 Uhr wurde ein Mann zu Grabe getragen, dessen letzte Stunden zum Stadtgespräche geworden sind. Es ist dieses der Direktor des Volkstheaters J. Schweiger der seit langen Jahren dem Publikum so manchen genußreichen Abend verschaffte und kurz vor seinem Hintritte Vielen so großes Aergerniß gab. Er weigerte sich nämlich entschieden zu beichten und die Sterbesakramente zu empfangen, weshalb ihm auch die kirchliche Beerdigung versagt wurde. Nur ein Geistlicher, ohne Amtstracht, wie dies bei Selbstmördern etc. der Fall ist, befand sich an der Spitze des Leichenbegängnisses. Als der Sarg eingesenkt war, hielt Einer aus der Versammlung eine Rede über die Worte Jesu. »Richtet nicht, so werdet ihr auch nicht gerichtet werden«, bei welcher sich der Geistliche entfernte.

Nürnberger Kurier Nummer 195. Mittwoch, den 14. Juli 1847.

Fränkischer Merkur (15.7.1847)

Miscelle.

München, 12. Juli. (Nbg. Blät.) Heute in aller Morgenfrühe wurde der Direktor des Volkstheaters Joseph Schweiger begraben, ohne Sang und Klang, weil er keinen Geistlichen in der Sterbestunde zuließ. Da der Geistliche am Grabe die üblichen Ceremonien unterließ, so entstand unter der auf dem Gottesacker versammelten Menge eine bedenkliche Bewegung, worauf sich der Geistliche endlich dazu verstand, den Segen über die Leiche, jedoch ohne Stola und Cingulum zu sprechen.

Fränkischer Merkur Nro. 196. Bamberg; Donnerstag, den 15. Juli 1847.

Ansbacher Morgenblatt (16.7.1847)

Vermischte Nachrichten.

München, 12. Juli. Heute früh begrub man den Theaterdirektor Jos. Schweiger — ohne Sang und Klang, sine cruce et luce. Ein Geistlicher ging im Civilfrack unter der Masse, die dem Sarge folgte, mit zu Grabe. Nicht das geringste kirchliche Gepränge, keine Zeremonie fand statt; ein Theaterrecensent des »Eilboten« hielt eine Rede. Hr. Schweiger hatte in seiner letzten Stunde sich hartnäckig geweigert, die heiligen Sterbsakramente zu empfangen. Seine Hinterlassenen suchten vergebens ihm die kirchliche Versöhnung, resp. Einsegnung seines Leibes zu erwerben; sie wurden von den hohen geistlichen Behörden abgewiesen.

Ansbacher Morgenblatt Nro. 110. Freitag, den 16. Juli 1847.

Regensburger Tagblatt (16.7.1847)

Deutschland

München, 13. Juli. — Das Begräbniß des gewesenen Direktors vom Volkstheater, J. Schweiger, setzt seit gestern alle Zungen in Bewegung. Alles ist entrüstet über die Lieblosigkeit des Geistlichen, der dem Todten den Segen versagte. Der Theaterrezensent des Eilboten hielt dagegen am Grabe eine sehr schöne Rede, worin unter anderem vorkam, daß Schweiger sein Leben lang einen Haß auf die Geistlichkeit in sich trug, weil sie es war, die den Vater desselben auf dem Todtenbett bewog, sein Vermögen von 30,000 fl. der Kirche zu vermachen, wodurch Schweiger arm und verlassen in die Welt hinausgestossen wurde.

Regensburger Tagblatt Nr. 193.Freitag, den 16. Juli 1847.

Der Bayerische Eilbote (16.7.1847)

Bayern.

München, 13. Juli. — Hiesige und auswärtige Blätter berichten, wie am Montag zur ungewöhnlichen Stunde, um 6 Uhr Morgens, die irdischen Ueberreste des Volkstheater-Directors Hrn. Jos. Schweiger, unter großem Andrang von Menschen, begraben wurden. Das Jus canonicum, an das sich gehalten wurde, bespricht den selten vorkommenden Fall in C. 12. X. de Poenit. et Rem., während der Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis in Thl. II. Cap. 1. §4. nr. 26 solchen Falles gedenkt.

Bei Besprechung der Beerdigung des Directors Schweiger ruft das Münchener Tagblatt in Nr. 193 aus: »Dank dem Hrn. Reichardt (dem Referenten über Theater im Eilboten), welcher eine sehr ergreifende und gehaltreiche Rede hielt, bei der kein Auge trocken blieb.«

Am Montag Abends um 8 Uhr fand noch ein Fackelzug zum Schweiger'schen Familiengrabe mit Grabmusik und Grabgesang zu Ehren des Verblichenen statt.

Der Bayerische Eilbote No. 85. München; Freitag, den 16. Juli 1847.

Der Bayerische Landbote (17.7.1847)

Bayern.

München, 15. Juli. Das Andenken an den verstorbenen Schauspieldirektor Schweiger, über dessen edlen Wohlthätigkeitssinn nur eine Stimme herrscht, wurde von sämmtlichen Mitgliedern seiner Truppe durch einen Fackelzug geehrt.

Der Bayerische Landbote Nr. 198. München; Samstag, den 17. Juli 1847.

Augsburger Anzeigblatt (17.7.1847)

Vaterländisches.

München, 16. Juli. — Hr. Dr. Reichert, der langjährige Theater-Referent im hiesigen Eilboten, der am verflossenen Montag bei der stattgefundenen Beerdigung des verblichenen Schauspiel-Direktors G+Herrn Jos. Schweiger eine recht würdige Grabrede gehalten hat, ist deshalb bei der hiesigen kön. Polizei-Direktion vernommen worden.

Augsburger Anzeigblatt Nro. 194. Samstag, den 17. Juli 1847.

Münchener Tagblatt (18.7.1847)

Einlauf.

477. Bei der Beerdigung des Theaterdirektors Schweiger wurden von den deselben zahlreich beiwohnenden Personen die benachbarten Gräber und die darauf mit Mühe und Fleiß gehegten Blumen ganz rücksichtslos zertreten und total ruiniert. Man sollte doch glauben, um einerseits seine Theilnahme einem Todten zu bezeugen, brauche man andererseits nicht die Rücksicht gegen Andere zu verletzen und die Grabeshügel der nebenan Ruhenden zu verwüsten.

Münchener Tagblatt No. 197. Sonntag, den 18. Juli 1847.

Der Bayerische Eilbote (18.7.1847)

In der Expedition des Tagblattes und des Eilboten sind Exemplare der

»Worte, gesprochen von Reichardt, am Grabe des Hrn. Joseph Schweiger, kr. priv. Volkstheater-Directors, am 12. Juli 1847 Morgens 6 Uhr.«
à 3 kr. (halber Bogen in 8vo.)

zu haben.

Auf vielseitiges Verlangen mußten, mit obrigkeitlicher Ermächtigumg, diese Gelegenheitsworte in wiederholten Auflagen gedruckt werden; schon in wenigen Stunden waren 4000 Exemplare vergriffen und der Nachfragen von nah und fern sind so viele, daß man bitten muß, auswärtige Bestellungen portofrei an die Dr. Wild'sche Buchdruckerei am Dultplatz Nr. 11 zu richten.

Der Bayerische Eilbote No. 86. München; Sonntag, den 18. Juli 1847.

Worte am Grabe des Herrn Joseph Schweiger

Worte,
gesprochen von Reichardt
am Grabe
des
Herrn
Joseph Schweiger,
königl. privil. Volkstheater-Direktors,
am 12. Juli 1847
Morgens 6 Uhr.

München.

 

Es lag ein Greis am Rand der Ewigkeit;
Er sollte treten vor den höchsten Richter,
Und doch hat er den Heil'gen nicht versöhnt,
Verbeten sich die Priester seiner Kirche;Des Sakramentes heil'ge Himmelsspeise
Verschmähte er, statt in dem Glauben seiner Kirch' zu sterben.
Das nimmt die Kirch' als Sünde zu dem Tod; denn das
Heißt wider Gottes heil'gen Geist gefrevelt.

Somit also wäre es nur Klage und Trauer um einen Verlornen, was unsere Seele am Grabe dieses Verblichenen erfüllt?!

O nein! was wäre denn der Glaube an — und die Hoffnung auf die Allbarmherzigkeit Gottes?!

In Schwachheit und Unvollkommenheit wandelt hienieden auch der Frömmste!

Wer ohne Fehl sich dünkt, der werfe den ersten Stein auf ihn!

Richtet und verdammet nicht, auf daß Ihr nicht gerichtet werdet.

Sagt an, wer kennet nicht die Fehler eines Greisen? Wer weiß es nicht, daß auch moralische Fehler durch die zunehmende Schwäche des hohen Greisen-Alters desto hervorstechender werden.

Besonders pflegen Tadelsucht, eigensinniges, ja halsstarriges und störriges Festhalten an vorgefaßten Meinungen, murrköpfiges Wesen, böse Launen, Mißtrauen und Verdacht, Härte, Gleichgültigkeit und Theilnahmlosigkeit in den seltenen Jahren menschlicher Abgelebtheit und Hinfälligkeit sich einzustellen. Wohl nur von kränkelnder Laune, die ihre schwarze Farbe auf alle, selbst auf die dem Gläubigen heiligsten Gegenstände wirft, konnte leider beharrlicher Eigensinn solche Stärke erhalten, daß der bedauernswerthe Greis von blindem Vorurtheil bemeistert blieb.

Ach! sein Herz war noch den ird'schen Dingen zugewendet; nicht gefaßt war er, vor seinen Gott zu treten.

Gott aber ist barmherzig!

Drum wiederhol' ich's; beruhigt Euch; vertraut dem Allbarmherzigen!

Vergebung hofft der Sündige von Gott,
Und hätten Menschen nimmer ihm vergeben!
Das Wort ist todt, klagt nicht das Herz den Mensch der Schwächen an!
Ach! nicht durch's Wort allein, durch die herzinn'ge Reue
Noch mehr kann man die Gottheit sühnen.
Wenn er die — Form verschmäht, hat doch sein Herz
Vielleicht im Stillen sich zu Gott gewendet;
Denn in der Seele will der Wurm nicht schlafen.
O! seiner Schwächen nicht gedenket jetzt,
Wenn menschlich er, wie Jedermann, gefehlt,
An jedes Gute denkt, das er gestiftet,
An seines Wohlthuns liebenswerthe Züge,
An manche Edelthaten seines Lebens,
Und laßt sie in des milden Richters Wage
Als Engel bittend, gnadeflehend fallen.
O! überlaßt auch ihn der Gnade Gottes!

Wer dem Greis im Leben menschlich zürnte,
Wird dem Todten doch nicht boshaft grollen,
Vielmehr Segen wünschen nur ihm nach!
Noch, als unter ihm das Todtenreich schon gähnte,
Ueber ihm der Parzen Faden riß:
Floh er dennoch vor dem Grabgedanken
Ach, die Welt ist Sterbenden so süß!
Stumm und taub ist's in dem engen Hause,
Tief der Schlummer der Begrabenen;
Oft erwärmt die Sonne Deinen Hügel,
Ihre Glut empfindest Du nicht mehr!
Aber wohl Dir! — köstlich ist Dein Schlummer,
Ruhig schläft sich's in dem engen Haus;
Mit der Freude stirbt hier auch der Kummer,
Röcheln auch der Menschen Qualen aus.
Ueber Dich mag die Verleumdung geifern,
Schlangenzungen ihre Gifte spei'n,
Ueber Dich der Pharisäer eifern,
Fromme Tobsucht Dich der Hölle weih'n:
Wohl Dir, wohl in Deiner schmalen Zelle!

Diesem komisch-tragischen Gewühl,
Dieser ungestümmen Glückeswelle,
Diesem possenhaften Lebensspiel,
Diesem faulen, fleißigen Gewimmel
Dieser arbeitsvollen Ruh,
Alter! — diesem teufelvollen Himmel
Schloß Dein Auge sich auf ewig zu.
Fahr' denn wohl, mißkannt von mancher Seele,
Eingewiegt von unsern Segnungen!
Schlumm're ruhig in der Grabeshöhle,
Schlummre ruhig bis auf Wiederseh'n,
Bis auf diesen leichenvollen Hügeln
Die allmächtige Posaune klingt,
Und nach aufgeriss'nen Todesriegeln
Gottes Sturmwind diese Leichen in Bewegung schwingt
Bis, befruchtet von Jehovas Hauche,
Gräber kreisen — auf sein mächtig Dräu'n
In zerschmelzender Planeten Rauche
Ihren Raub die Grüfte wiederkäu'n!

Nicht in Welten, wie die Weisen träumen,
Auch nicht in des Pöbels Paradies,
Nicht in Himmeln, wie die Dichter reimen,
Aber wir ereilen Dich gewiß.
Daß es wahr sei, was den Pilger freute?
Daß noch jenseits ein Gedanke sei?
Daß die Tugend übers Grab geleite?
Daß es mehr denn eitle Phantasei?
Schon enthüllt sind Dir die Räthsel alle!
Wahrheit schlürft Dein zweifelfreier Geist,
Wahrheit, die im tausendfachen Strahle
Von des großen Vaters Kelche fleußt!

Zieht denn hin, ihr schwarzen, stummen Träger!
Tischt auch den dem Sensenmanne auf!
Höret auf, geheulergoss'ne Kläger!
Thürmet auf ihm Staub auf Staub zu Hauf!
Wo der Mensch, der Gottes Rathschluß prüfte?
Wo das Aug', den Abgrund durchzuschau'n?
Heilig, heilig, heilig bist Du, Gott der Grüfte!
Wir verehren Dich mit Grau'n!
Erde mag zurück in Erde stäuben,
Fliegt der Geist doch aus dem morschen Haus!
Seine Asche mag der Sturmwind treiben,
Seine Liebe dauert ewig aus.

Georg Ludwig Reichardt: München; 1847.

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Max Schweiger

* 1816
† 4.6.1880 (München)
Direktor und Eigentümer des Isarvorstadttheaters

Allgemeine Theaterzeitung (23.7.1847)

Correspondenz-Nachrichten.

Theater-Anzeiger.

(Volkstheater in München.) Der »bayerische Eilbote« schreibt: Seit dem Tode des Schauspieldirectors Schweiger taucht der Wunsch bei Vielen wieder auf, es möchte das ehemalige Isarthortheater wieder zu einer Volksbühne eingerichtet werden. Er wird dies aber wol nur ein frommer Wunsch bleiben, denn durch die Umwandlung dieses Gebäudes in ein Leihhaus hat sich ein neues, wol kaum zu behendes Hindernis ergeben. (?) Daß aber ein zweites Theater in München bestehen kann, unterliegt keinem Zweifel, denn selbst das bisherige Volkstheater, welches unter der Direction des Hrn. Jos. Schweiger eben nicht mit der Zeit fortschritt, fand sein Publikum. Möge der jetzige Unternehmer, Hr. Max Schweiger, ein junger, thätiger Mann, das nachholen, was sein Vater versäumte, möge er die veralteten Stücke vom Repertoir entfernen, sich um ein tüchtiges Personal für die Volksposse, für das Sing- und Lustspiel umsehen und nach Kräften hie und da für Maschinerie und Decorationen etwas thun und es wird dieses Volkstheater gewiß ehrenhaft bestehen können.

Allgemeine Theaterzeitung No. 175. Originalblatt für Kunst, Literatur, Musik, Mode und geselliges Leben. Wien; Freitag, den 23. Juli 1847.



© Reiner Kaltenegger · Gräber des Alten Südfriedhofs München · 2007-2025


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