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Das Grab ist nicht erhalten
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* 14.2.1784 (Potsdam)
† 11.6.1847 (München)
Musiker (Klarinette)
Bärmann, Heinrich, erster Klarinettist des Königs von Baiern, hielt sich mit dem bekannten Tonkünstler und Kompositeur Karl Maria von Weber zu Prag, 1811, im Monat Dezember auf, wo sie mit vielem Beifalle aufgetreten sind. S. k. k. privilegirte Prager Oberpostamtszeitung, v. J. 1811, Nro. 150. S. 595. wo ihre Anwesenheit in Prag angezegt, und sie der Kunst wegen dem Publikum anempfohlen werden.
Gottfried Johann Dlabacz: Allgemeines historisches Künstler-Lexikon für Böhmen und zum Theil auch für Mähren und Schlesien. Prag, 1815.
Den 25sten trug der königlich baierische Kammermusikus, Hr. Heinrich Bärmann, Bruder unsers trefflichen Fagottisten, ein von ihm componirtes Clarinettenconcert in C moll (Polacca in Es) und ein Adiago und Rondo von Carl Mar. von Weber mit allgemeinem Beyfall vor, den auch seine geschickten und grossen Sprungoctaven, die weiten Intervallen, die blitzschnellen Läufe vom tiefen e bis viergestrichnem c vom stärksten Forte bis zum leisesten, immer klaren und deutlichen Hauch, die runden Triller, der seelenvolle Ausdruck im Spiel auf seiner schönen Clarinette, vollkommen verdienten.
Allgemeine Musikalische Zeitung Nr. 50. 13. Dezember 1820.
Wir hatten auch das Vergnügen, den trefflichen Klarinettisten, Heinrich Bärmann, zu hören. Sein Spiel ist großartig, so kraftvoll als rührend, mächtig im Fortissimo, bezaubernd in dem leisen Hinsterben der Töne, seine Sicherheit in Höhe und Tiefe gleich vorzüglich. Die Schnelligkeit seiner Passagen setzt in Erstaunen und ein Triller, wie man ihn von diesem seltnen Virtuosen hört, kann nur das Resultat vielfacher Uebung seyn. Der Beyfall war groß, die Versammlung klein. Hr. Bärmann erschien aber auch nicht als Fremdling unter uns, und an dem nämlichen Tage, in der nämlichen Stunde, gab der Kontrabasist dall’Occa sein zweytes Konzert. Die Veranstaltung eines zweyten für den ausgezeichneten Klarinettisten würde ohne Zweifel vortheilhafter ausfallen.
Morgenblatt für gebildete Stände Nro. 65. Freitag, den 16. März 1821.
Anzeige für Kunstjünger und Kunstfreunde der Musik.
Jedem, der sich mit Musik beschäftigt, genügt es nicht die mechanische Behandlung seines Instrumentes, seiner Stimme vollkommen inne zu haben, er will auch in den Geist des Werks eindringen, das er vorträgt. Manches jüngere Talent verschwindet auf der breiten Bahn der Alltäglichkeit, während ein Fingerzeig, eine Belehrung älterer Künstler hinreichen würde, ihm den Pfad zu höherem Aufschwung zu erschließen. Die Erfahrungen, welche der Unterzeichnete in einer 35jährigen Ausübung der Kunst gemacht, die Gelegenheit, die ihm dabei geworden, fast alle hervorragende Koriphäen der Instrumental- und Vokal-Musik seiner Zeit persönlich gekannt und gehört zu haben, veranlassen ihn im Interesse der Kunst, so wie durch manche seiner Gönner, Freunde und Bekannte aufgefordert, seinen Rath und seine Ansichten über Vortrag und charakteristisches Erfassen irgend eines Musik-Stückes allen jenen mitzutheilen, welche sich dieser Kunst aus Neigung oder in ihrem Berufe gewidmet haben. Indessen bemerkt er zugleich, da es sich nicht um einen gewöhnlichen Unterricht handelt, daß wo nach 3 gegebenen Stunden kein Eingehen in seine Ideen bemerkbar wird, er die weitere Belehrung als überflüßig betrachtet. Prüfungen dieser Art werden unentgeldlich vorgenommen. Für fortlaufenden Unterricht ist per Stunde 1 fl. 20 kr. festgesetzt.
München am 15 Mai 1839.
Heinrich Bärmann,
k. Hofmusikus. Theresienstraße Nro. 17 über 1 Stiege.
Münchner Tagblatt No. 136. Freitag, den 17. Mai 1839.
Bärmann, Heinrich Joseph, wohl der größte Clarinettist unserer Zeit, geb. zu Potsdam den 14. Februar 1784, erhielt den ersten musicalischen Unterricht in der Militär-Musikschule daselbst und wurde dann als Clarinettist bei der Leibgarde angestellt. Der musikliebende Prinz Ferdinand erkannte in ihm das hervorragende Talent und zog ihn zu allen seinen Uebungen, was nicht wenig dazu beitrug, den jungen Künstler zum raschen Fortschreiten anzufeuern. In der Schlacht bei Jena wurde Bärmann Kriegsgefangener. Nach seiner Befreiung reiste er nach München, wo er, nachdem er sich einmal bei Hofe hatte hören lassen, als erster Clarinettist in der königlichen Hofcapelle angestellt wurde. Im J. 1808 unternahm er eine Reise durch die Schweiz in das südliche Frankreich. 1811 kam C. M. v. Weber nach München, wo dieser, theils von Bärmann, theils von König Maximilian aufgefordert, 3 Concerte für unsern Clarinettisten schrieb, dessen Ruf sich bereits weit verbreitet hatte. Weber und Bärmann schlossen sich in inniger Freundschaft an einander an und unternahmen noch in demselben Jahre eine gemeinschaftliche Reise nach dem nördlichen Deutschland. Ueberall wurde Bärmann mit stürmischem Beifall belohnt. In Berlin gelang es seinem seelenvollen Vortrage eines Concerts von Weber, ein Vorurtheil zu zernichten, das man gegen diesen gefaßt hatte. 1813 reiste er nach Trier, wo ihm dieselbe auszeichnende Aufnahme zu Theil wurde. 1813 unternahm er eine Kunstrcise nach Italien, 1817 nach Paris, 1820 nach England, wo ihm die Direction über den Musikchor des Prinz-Regenten in Gemeinschaft mit Cramer angetragen wurde; er nahm jedoch den Antrag nicht an, kehrte nach München zurück, begab sich 1822 nach Straßburg, Frankfurt, Cassel, Hamburg, Riga, Petersburg und von hier 1823 zurück über Moskau, Warschau, Breslau u. s. w. 1827 unternahm er abermals eine Kunstreise nach Berlin, Strelitz, Schwerin, Copenhagen u. s. w. 1832 ging er nochmals nach Petersburg. Süd und Nord, Italien und Rußland, Franzosen und Engländer huldigten gleichmäßig dem Verdienste Bärmanns, den die Heroen der Kunst überall mit brüderlicher Liebe, die Freunde und Kenner der Musik mit ehrfurchtsvoller Auszeichnung umfingen, während ihn die Fürsten mit den glänzendsten Ehrenbezeugungen erfreuten. Bärmann hat eben solche Anerkennung auch als Componist gefunden; es sind von ihm etwa 40 Werke im Drucke erschienen: Concerte, Variationen, Quintette, Quartette u. s. w. und noch Manches läßt sich von ihm erwarten.
Dr. G. Schilling: Das Musikalische Europa. Speyer, 1842.
München, 14. Juni. Dem Leichen-Begängniß des Clarinett-Virtuosen Heinrich Bärmann wohnte gestern eine ungewöhnliche Anzahl Personen aus allen gebildeten Ständen bei und einstimmig äußerte sich der Schmerz über den Verlust dieses trefflichen Mannes. Das so unerwartet schnelle Dahinscheiden dieses Künstlers hat aber namentlich bei Freunden der Kunst tiefes allgemeines Bedauern erregt. Geboren zu Potsdam 1781 betrat er schon als ellfjähriger Knabe in der dortigen Militär-Musikschule seine artistische Laufbahn. Später erhielt er durch Privat-Unterricht bei dem damals berühmten Clarinettisten Behr seine höhere Ausbildung. Er wurde dann bei dem ersten Bataillon der k. preuß. Leibgarde als erster Clarinettist mit der Verbindlichkeit, zugleich die Dienste der der k. Kapelle mit zu versehen, eingereiht, welche er auch zehn Jahre lang versah. Im Jahre 1806 verließ er sein Vaterland und begab sich nach Bayern, wo er in vollster Anerkennung seines schönen Talentes als erster Clarinettist augestellt wurde. Bei seiner bewunderungswürdigen mechanischen Fertigkeit wußte er seinem schwer zu behandelnden Instrumente jenen zarten bezaubernden Ton abzugewinnen, aus welchem sein tiefes Gefühl, der Ausdruck seiner Seele an die Zuhörer sprach. Bescheiden, ohne alle Anmaßung im gesellschaftlichen Umgang, ferne von allem Künstlerstolz und Aufgeblasenheit, war er einer von jenen liebenswürdigen Charakteren, wie sie in gegenwärtiger Zeit täglich seltener werden.
Der Bayerische Volksfreund No. 94. München; Dienstag, den 15. Juni 1847.
Am Grabe Heinrich Bärmann’s.
Wie wehmuthsvoll und ernst erklinget das Geläute
Vom Thurm des Friedhofs auf den Trauerzug herab,
Als sollten diese Glöcklein wissen, wem man heute
Zur stillen Grabesruh die letzte Ehre gab!
So tiefergreifend tönen ihre Laute,
Als kämen sie aus tief beklemmter Brust,
Wie Klagen, die der Freund dem Freund vertraute,
Des gleichen Schmerzgefühles sich bewußt.
Ein Stern der ersten Größe ist entschwunden
An dem der Kunst geweihten Horizont,
Ein Mann, dem seine Zeit den Kranz gewunden,
Womit sie ihre Lieblinge nur lohnt.
Bärmann war Künstler in des Worts Bedeutung,
In seinem vollen, hochgestellten Sinn,
Ihn führte unter liebevoller Leitung
Sein Genius auf des Ruhmes Gipfel hin.
Es waren freie, edle, geistige Gestalten,
Die er in Bildern uns’rem Innern vorgeführt,
Wie sie in Tönen nur und Harmonien walten,
Wodurch Musik das Menschenherz ergreift und rührt.
Er wußte magisch uns zu sich empor zu heben,
Weil er Gefühles-Innigkeit mit Kunst verband,
Und dem entzückten Hörer liebend hinzugeben
Was ihn begeisterte, und wir er’s selbst empfand.
Als Künstler groß, als Mensch gemüthvoll, herzlich,
Ein liebevoller Gatte, Vater und ein treuer Freund,
Wir alle, die ihn kannten, fühlen heute schmerzlich,
Er sey es würdig, daß man ihn beweint.
Er hat des Lebens Grenzen ehrenvoll erreicht,
Er ruhe sanft, dem Edlen ist die Erde leicht.
München am 13. Juni 1847. F. L.
Münchener Conversationsblatt No. 49. Samstag, den 19. Juni 1847.
Bärmann: Heinrich Jos. B., Clarinettist, geb. zu Potsdam 14. Febr. 1784, † 11. Juni 1847. Nachdem er seinen ersten Unterricht auf der Potsdamer Militär-Musikschule erhalten hatte, ward er 1798 dem neu errichteten 2. Hautboistencorps der Leibgarde als Clarinettist zugetheilt. Seit 1804 zog Prinz Louis Ferdinand, der auf den schon damals hervorragenden jungen Künstler aufmerksam geworden war, ihn zu seinen musikalischen Unterhaltungen. Nach der Schlacht bei Jena, 1806, die er mit seinem Regiment mitgemacht hatte, gerieth er in französische Gefangenschaft; es gelang ihm aber in Berlin, zu entkommen. Hier gab ihm der eben anwesende Kronprinz Ludwig von Baiern eine Empfehlung an seinen königlichen Vater und B. ward in München gleich nach dem ersten Hofconcert als erster Clarinettist der Hofcapelle eingestellt.
Eine Reihe von Kunstreisen verbreiteten bald seinen Ruhm weit über Deutschland hinaus. Mit dem Violoncellisten Legrand hatte er schon 1808 die Schweiz und das südliche Frankreich bereist, als 1811 der junge Karl Maria v. Weber nach München kam und für B., um seine Mitwirkung in einem Concerte zu gewinnen, das Concertino C-moll für Clarinette schrieb. Der große Beifall, den dasselbe fand und die seit dieser Zeit entstandene innige Freundschaft zwischen den beiden Künstlern gab Weber den Anlaß, 1811 auch die berühmten Clarinett-Concerte F-moll und Es-dur für B. zu schreiben. Beide machten darauf noch im Herbst 1811 eine Kunstreise über Gotha, Weimar, Dresden, Prag und Berlin, wo Bärmann’s Vortrag der Weber’schen Compositionen wesentlich dazu beitrug, das Vorurtheil, dem Weber’s erstes Auftreten dort begegnete, zu überwinden. 1813 spielte B. in Wien, wo ihn Weber und Meyerbeer zu seinem Geburtstag jeder mit einem Soloquintett für Clarinette (B-dur und Es-dur) überraschten; 1815 concertirte er unter außerordentlichem Beifall in Venedig; im Winter 1817–18 mit der Catalani in Paris, 1820, von der Philharmonischen Gesellschaft berufen, in London. Den Antrag, den ihm hier der Prinz-Regent machte, mit Cramer die Leitung seiner Hofcapelle zu übernehmen, lehnte er ab. 1821 war er wieder in Wien, 1822 in Straßburg, Frankfurt, Cassel, Hamburg, Riga und Petersburg, von wo er 1823 über Moskau, Warschau u. s. w. zurückkehrte.
Eine neue Concertreise führte ihn 1827 bis Kopenhagen. 1832 ging er in Begleitung seines Sohnes Karl, dem echten Erben seiner Kunst, nochmals nach Petersburg. Während ihres damaligen Aufenthaltes in Berlin schrieb der junge Mendelssohn für sie die Trio’s F-moll und D-moll, ursprünglich für Clavier, Clarinette und Bassethorn. Auch mit Mendelssohn knüpfte sich ein dauerndes Freundschaftsverhältniß. 1839 machten Vater und Sohn eine neue Reise durch Frankreich nach Paris, und 1843 machte der Vater seine letzte Reise nach Holland.
Bärmann’s Spiel überragte an neu entwickelter Technik und an Größe des Tones alles bis dahin Gehörte. Unter seiner Hand und durch die Verbesserungen, welche der Bau der Clarinette seinem Sohne Karl verdankt, ist das Instrument wesentlich entwickelt. Die Ergebnisse dieser doppelten künstlerischen Lebensarbeit hat der Sohn in seiner »Clarinettschule« op. 63, 2 Theile und Anhang, 1861 ff. zusammengefaßt. Heinrich Bärmann’s Compositionen (vgl. Ledebur, Tonkünstlerlex.) reichen bis opus 38, von denen namentlich die Concertstücke mit Orchester (die Fantasie Es, op. 26; die Concertinos Es, F, Es, op. 27, 28, 32; die Sonate F, op. 31; die Divertissements As, C, Es, op. 34, 35, 38, die Variationen F, As, op. 29, 37) noch jetzt gerne gehört werden.
Karl Bärmann, der Sohn, ist am 24. Oct. 1811 geboren und seit 1827 Mitglied der Münchener Hofcapelle, auch Lehrer an der königl. Musikschule. Seine Compositionen haben die Opus-Zahl 87 erreicht. An der Musikschule ist auch sein Sohn Karl, geb. 9. Juli 1839, als Clavierlehrer angestellt.
Ein Bruder Heinrichs, gleichfalls mit Namen Karl, geb. in Potsdam um 1782, † 30. März 1842 als pensionirter 1. Fagottist der Berliner Operncapelle, war als Fagottist rühmlich bekannt. (Vgl. Ledebur.)
Der bis 1832 reichende Artikel über Bärmann in G. Schilling’s Unversallex. der Tonkunst beruht auf seinen eigenen Mittheilungen.
v. Liliencron.
v. Liliencron: Allgemeine Deutsche Biographie. Leipzig, 1875.