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6 – 7 – 34 (Rottmann · Sckell · Zimmermann)

Ω

MALER
KARL ROTTMANN
1798 – 1850
FRIEDRICH LUDWIG
v. SCKELL
1750 – 1823
KGL. BAYER. HOFGÄRTENDIREKTOR

Liegestein

CLEMENS
VON ZIMMERMANN
1788 – 1869
CENTRAL-GEMÄLDE
GALERIEDIREKTOR

Ω

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Karl Rottmann

* 11.1.1798 (Handschuchsheim bei Heidelberg)
† 7.7.1850 (München)
Landschaftsmaler

Artistisches München im Jahre 1835 (1836)

Rottmann, Karl, geb. 1898 zu Handschuchsheim bei Heidelberg, machte hier seine ersten Studien, und kam im Jahre 1822 nach München; 1826 reisete er zum erstenmale nach Italien. Seine Oelgemälde, meistens Gegenden im bayerischen Gebirge, an den Küsten Italiens oder in Calabrien und Sicilien darstellend, sind in Privatsammlungen zerstreut, aber eine Reihe von acht und zwanzig Wandgemälden (die sogenannten landschaftlichen Fresken) befindet sich in den Arkaden des Hofgartens zu München; auch in dem Königsbau sieht man zehn griechische Festgegenstände nach seinen Zeichnungen.

Im Jahre 1833 ward ihm das Glück zu Theil, von Sr. Majestät dem Könige den Befehl zu erhalten, nach Griechenland zu reisen, und dort acht und dreißig große Bilder in enkaustischer Malerei auszuführen. Jetzt ist R. bereits zu dieser neuen Bestimmung abgegangen.

Adolph von Schaden: Artistisches München im Jahre 1835 oder Verzeichniß gegenwärtig in Bayerns Hauptstadt lebender Architekten, Bildhauer, Tondichter, Maler, Kupferstecher, Lithographen, Mechaniker etc. Aus den von ihm selbst entworfenen oder revidirten Artikeln zusammengestellt und als Seitenstück zum gelehrten München im Jahre 1834 herausgegeben durch Adolph von Schaden. München, 1836.

Wiener Zeitschrift für Kunst, Literatur, Theater und Mode (22.12.1838)

Gallerie einiger in München lebender Künstler.
(Fortsetzung.)

Rottmann, Carl.

Carl Rottmann, geboren 1798 zu Handschuchsheim bey Heidelberg, genoß seine erste Bildung auf den Lehranstalten der eben genannten Stadt, und kam in seinem vier und zwanzigsten Jahre nach München in die Akademie der bildenden Künste. Sein eminentes Talent sprach sich schon in seinen ersten Versuchen aus. Im Jahre 1826 reiste er nach Italien. Der Aufenthalt in der Heimat der großen Künstler, in welcher der Genius so zu sagen, die höhere Weihe aus dem immer klaren, tiefblauen Himmel einathmet, wo die schlummernde Phantasie im milden Strahl der energischen Sonne ihre bunten Schwingen entfaltet und sich von Brust und Stirne die Binde der deutschen Befangenheit ablöst, brachte allmälig seine schönen Productionen hervor. Er lieferte eine Reihe von Öhlgemälden, meistens Gegenden im bayerischen Gebirge, an den Küsten Italiens oder in Calabrien. Auch das herrliche Sicilien bot seinem trefflichen Talente schöne Parthien, die er in meisterhaften Landschaftsgemälden darstellte. Alle diese Gemälde befinden sich in Privatsammlungen. Die acht und zwanzig Wandgemälde (die sogenannten landschaftlichen Fresken) in den Arkaden des Münchner Hofgartens, die dem wandelnden Beschauer die interessantesten Gegenden Italiens, von Trient bis Girgenti, mit dem ganzen Zauber des frischesten Colorits und einer künstlerisch berechneten, höchst wirksamen Beleuchtung vergegenwärtigen, geben Zeugniß von dem großen Werthe dieses Künstlers.

Im Königsbau erscheint uns sein productives Talent wieder in zehn griechischen Festgegenständen nach seinen Zeichnungen. Im Jahre 1833 erhielt er von Sr. Majestät dem König den Befehl, nach Griechenland zu reisen, und dort acht und dreyßig große Bilder in enkaustischer Malerey auszuführen.

Rottman befindet sich nun wieder in München und brachte mehrere ausgezeichnete griechische Landschaftsgemälde zur Ausstellung. Wir verdanken dem Meisterpinsel dieses Landschaftsmalers, wie jenem des königl. Generalmajors von Heideck (Heidegger) und des auf gleicher Künstlerstufe stehenden Petzl reizende Ansichten der ewig reizenden Hellas.

Wir erwarten von ihm die Ausführung neuer Fresken nach den interessantesten Puncten Griechenlands, als Fortsetzung der italienischen Fresco's, in den nördlichen Arkaden des Hofgartens. Zur zweckmäßigeren Erhaltung dieser neuen vortrefflichen Landschaften werden nur gegossene Cemente gewählt.

Wiener Zeitschrift für Kunst, Literatur, Theater und Mode 153. Samstag, den 22. Dezember 1838.

Ansichten und Bemerkungen über Malerei und plastische Kunstwerke (1846)

Ich gehe nun zu einigen Bildern der neueren Epoche meiner eigenen Sammlung über, von denen ich namentlich heraushebe:

5. Carl Rottmann’s treffliche Landschaften mit ihren schönen, glänzenden Lichtwirkungen, wie sein Sikyon bei mir, sind nicht zu übergehen. Der elegische Ton, welcher sich über dieses schöne Bild wie über eine grosse Vergangenheit Griechenlands verbreitet, macht einen wehmüthig tiefen Eindruck. Man muss, für solche Darstellungen Gefühl haben, um sie würdigen zu können; Vielen bleibt das eigentliche Kunstmysterium verborgen.

Freiherr Max von Speck-Sternburg: Ansichten und Bemerkungen über Malerei und plastische Kunstwerke. Leipzig, 1846.

Münchener Künstlerbilder (1871)

Carl Rottmann,
Landschaftsmaler.

[...]

Gleich seinem Bruder Anton noch während des Aufenthalts der Eltern in Handschuchsheim und zwar am 11. Januar 1798 geboren, fiel seine erste Jugend in jene unruhigen und kriegerischen Zeiten, deren Einflüsse sich vorzugsweise am Rhein geltend machten. Seine Eltern lebten in den Stürmen doppelt zurückgezogen und so ward uns aus jenen Tagen nichts bekannt, was die Aufmerksamkeit des Lesers zu fesseln im Stande wäre. Der Knabe Carl wird übereinstimmend als ein stilles, schweigsames, sanftes und überaus gut geartetes Kind geschildert, das wenig Behagen an lauten, lärmenden Spielen zeigte. Von hervorragenden Fähigkeiten ließ sich keine Spur wahrnehmen und er ward darin von seinem Bruder Anton weit überflügelt. Der Vater schien davon schmerzlich genug berührt, um so mehr, als er gerade künstlerische Anlagen auch an diesem Sohne gerne gesehen, geweckt und gefördert hätte. In der Schule war der Erfolg von Carls Bemühungen auch keineswegs glänzend und noch später scherzte unser Künstler darüber, wie mißlich es ihm damals ergangen, indem er trotz allem Eifer und ungeachtet allen Fleißes immer unter den Letzten seiner Klasse gewesen. Gleichwohl aber, und wir glauben dies als höchst charakteristisch hervorheben zu sollen, war er der Liebling aller seiner Lehrer; es war die Reinheit seiner kindlichen Seele, seine unumwundene Offenheit und seine unbedingte und vertrauensvollste Hingebung an die, die er liebgewonnen, welche ihm alle Herzen gewann.

Wir glauben nicht zu irren, wenn wir annehmen, daß in Folge der inneren Verschiedenheit zwischen ihm und seinem Bruder Anton, der durch seine größere Lebhaftigkeit und auffallendere Begabung dem Vater näher gestanden zu haben scheint, im häuslichen Leben Manches vorfiel, was eben nicht geeignet sein mochte, den ohnehin schüchternen Knaben zu ermuthigen und zu erheben. Für eine solche Annahme scheint auch der Umstand zu sprechen, daß Carl selbst mit einemmale aber erst dann lebhaftere Neigung zur Kunst an den Tag legte, als es ihm gelungen war, in des Vaters Abwesenheit eine Zeichnung zu Stande zu bringen, welche seine unverkennbare Begabung für die Kunst an den Tag legte. Es ward jener Tag zum Festtage für die Familie, als die Mutter, an der Carl mit aller kindlichen Zärtlichkeit hing, dem heimkehrenden Vater jene Arbeit vorlegen konnte. Carl, der inzwischen sein vierzehntes Jahr zurückgelegt, wendete sich nun mit ungeahnter Liebe und Ausdauer der Kunst zu. Da den Vater seine Berufsgeschäfte vielfach vom Hause fern hielten und es ihm so nicht gestattet war, sich der Ausbildung seines Sohnes vollkommen zu widmen, ward derselbe dem in Heidelberg wohnenden Porträtmaler Gseller, der mit der Familie in lebhaftem Verkehr stand, übergeben. Carl schloß sich, seiner Natur entsprechend, so innig an denselben an, daß sich die Beziehungen zwischen Lehrer und Schüler bald in eine innige Freundschaft verwandelten.

Gseller war ein unterrichteter Mann, dessen Theilnahme an Dingen und Verhältnissen, die sonst einem Künstler ferne zu stehen pflegen, den jungen Carl lebhaft anregte. Auch seine Freundschaft mit Daniel Fohr, demselben Künstler, der nach längerem Aufenthalte in Baden-Baden dort seinen Wohnsitz aufgeschlagen, datirt aus jener Zeit. Sich gegenseitig anregend, von Vater und Lehrer gut geleitet, gab sich unser junger Mann der Kunst nun mit ganzer Seele hin und vermied dabei jene unglückselige Klippe der Einseitigkeit mit vielem Glücke.

Obwohl er sich bereits für das landschaftliche Fach als seinen künftigen Beruf mit Bestimmtheit entschieden hatte, versäumte er doch keineswegs, die menschliche Gestalt wie die Thierwelt mit größter Sorgfalt zu studiren und wer ihn bei solchen Gelegenheiten bei seinen Arbeiten getroffen, hätte sich kaum träumen lassen, daß er sich denselben nur der Staffage wegen unterzöge, mit denen er künftige Landschaftsbilder zu versehen gedachte. Ein paar Jahre vor dem Tode seines Vaters unternahm er mit seinem Freunde Daniel Fohr eine Fußreise den Rhein hinab und an den Ufern der Mosel, deren Erinnerung ihm auch später noch lieb und werth war: war es doch der erste Ausflug in die weite, weite Welt, den der junge Mann, der bisher über die Grenzen des Weichbildes seiner Vaterstadt kaum hinausgekommen war, in ungeahnter Selbständigkeit unternehmen durfte. Auch an einem kleinen Abenteuer, glücklicher Weise ganz heiterer Natur, fehlte es dabei nicht. Die jungen Reisenden suchten in einem Flecken am Rhein bei trostlosestem Regenwetter Schutz und Unterkunft. Da zeigte sich’s nun, daß des Gastwirths bestes und einziges Fremdenzimmer eben all seines Schmuckes beraubt war, um neu getüncht zu werden. Da zuckte es in unseres wandernden Künstlers Fingern. Er fragte ganz bescheiden an, ob es wohl erlaubt wäre, sich mit Beseitigung des Meisters, der schon Alles zum Beginn des Werkes vorbereitet, der Aufgabe zu unterziehen. Der Gastwirth, ein ohne Zweifel nicht weniger spekulativer Kopf als seine übrigen Collegen am Rhein, fand die Sache sehr annehmbar; bald war Alles abgemacht und in wenigen Tagen schon prangten vier große Landschaften an den Wänden des Zimmers. Der Vorfall ward später durch eine originelle Anzeige des Gastwirths wieder in Erinnerung gebracht und in weitern Kreisen bekannt, da derselbe, als C. Rottmann zu Ruhm und Ehren gekommen, hievon für sein Haus einigen Vortheil zu erzielen hoffte.

Nach dem Tode seines Vaters übernahm unser Künstler die Sorge und Last des Hauses. Sein Bruder Anton war längst weggezogen, Leopold erst drei Jahre alt. Da bewährte sich denn Carl’s wackerer Charakter auf’s glänzendste. Obwohl selbst erst in einem Alter von neunzehn Jahren, bewies er volle Selbständigkeit und gab der geliebten Mutter durch sein Benehmen Trost und Beruhigung. In ungetrennter Familiengemeinschaft mit ihr lebend, arbeitete er rastlos, theils selbst schaffend, theils jüngere Kräfte leitend und führend. Schon in den Bildern aus jener Zeit sprach sich jene tief elegische Stimmung aus, welche fast durchweg seine Landschaften charakterisirt. Dahin gehört namentlich ein großes Aquarellbild aus jener Zeit, welches das Heidelberger Schloß in Abendbeleuchtung zeigt und welches ganz geeignet war, die Aufmerksamkeit des kunstverständigen Publikums in hohem Grade zu erregen. Rottmann hatte die Bekanntschaft der Brüder Boisserée gemacht, als diese noch in Heidelberg wohnten und war mit ihnen in lebhaften Verkehr getreten. Sie hatten ihm ihre reichen und innerlich bedeutenden Sammlungen bereitwillig aufgeschlossen und dem jungen, strebsamen Künstler hierdurch und im theilnehmenden und anregenden Gespräche manche neue Einsicht in das Gebiet der Kunst eröffnet. Später waren beide nach Stuttgart übergesiedelt und bald nach des Vaters Tod unternahm unser Künstler einen Ausflug dahin, der sich indeß auf ein paar Monate ausdehnte. Dort unternahm er die erste Copie eines Bildes aus der Sammlung der Brüder Boisserée in Oel und fand sich bald mit solcher Leichtigkeit in diese Technik, daß er kurz darauf eine »Ansicht der Burg Elz an der Mosel« in Oel ausführte, wozu er auf der oben berührten Reise mit seinem Freunde die nöthigen Studien an Ort und Stelle gemacht. Und gerade dies sein erstes selbständig gearbeitetes größeres Oelbild errang ihm, so jung er noch war, einen bedeutenden Ruf.

Um jene Zeit stand die Münchener Akademie in großem Ansehen. Es war im Jahre 1822, als Carl Rottmann, in einem Alter von 24 Jahren, nach München übersiedelte, um dort seine weitere künstlerische Ausbildung zu suchen. Wie es scheint, fand er sich bei seinem Eintreffen daselbst einigermaßen in seinen Erwartungen getäuscht; wenigstens besuchte er die Säle der Akademie nur, um ein dort aufgestelltes großes Landschaftsbild von Josef Koch in Rom zu studiren. Außerdem ward er vielfach in den Werkstätten kunstverwandter Meister und in den Räumen der K. Gemäldesammlung, welche damals noch in einem ziemlich unscheinbaren Locale am Hofgarten untergebracht war, gesehen. Vielfache Genüsse verschafften ihm die herrlichsten Luft- und Licht-Erscheinungen, welche die Bewohner Münchens und der Umgebung der Lage auf einer Hochebene verdanken und welche schon Claude Lorrain zu seinen Meisterwerken begeistert haben sollen.

Der nächste Sommer zog ihn, dem das Hochgebirge noch unbekannt war, unwiderstehlich nach den Bergen. Er fühlte sich hauptsächlich von dem östlichen Theile des bayerischen Gebirges angezogen und verlebte einen großen Theil der besseren Jahreszeit in der Umgebung Berchtesgadens, namentlich im romantischen Ramsauthale. Kaum von dort nach seinem neuen Wohnorte zurückgekehrt, machte er sich an die Ausführung eines größeren Bildes aus jenem Thale, mit dem er vor das Publicum trat, als im nemlichen Jahre eine größere, von der Akademie statutenmäßig angeordnete Kunstausstellung stattfand. Dies Bild entschied Rottmann’s künftiges Geschick. Wenn wir auch jenen Fond ächter Naivetät nicht verkennen, der sich in den landschaftlichen Gemälden der ersten Meister jener Zeit, wie W. v. Kobell, Johann Jakob Dorner u. A. kund giebt, und wenn wir gerne zugeben, daß die Gewissenhaftigkeit ihrer Ausführung weit anerkennenswerther genannt werden muß, als die Behandlung der Details in Bausch und Bogen, die in gewissen Schulen eingerissen ist und als Genialität angestaunt werden will und leider auch wird, so sind wir doch keineswegs blind für die Fesseln des Conventionellen, in denen damals die landschaftliche Kunst schmachtete, ohne sich ihrer Gefangenschaft bewußt zu werden.

Der Gesammteindruck der Bilder jener Richtung ging regelmäßig durch die Minutiosität des Nebensächlichen zu Grunde, das sich durch die darauf verwendete Sorgfalt der Ausführung über sich selbst erhob und eine Bedeutung anstrebte, die ihm der Natur der Sache nach nicht zukam. So geschah es, daß jene Bilder, obwohl im Einzelnen vortrefflich und auf den sorgfältigsten Studien fußend, doch im Ganzen einen nur wenig befriedigenden Eindruck machten. Ueberdies verstanden es die Künstler jener Zeit nur selten, die Natur zum Träger eines Gedankens zu machen, und darum regten ihre Bilder nicht an. Ihre Höhenzüge, Thäler und Seen, ihre Wälder, Felder und Ebenen waren selten mehr als sorgfältige Porträts der landschaftlichen Natur und als solche allerdings nach Umständen recht schätzenswerth. Aber dabei war selten davon die Rede, das Individuelle auch dann, wenn es sich unverhältnißmäßig breit machte, den landschaftlichen Hauptformen unterzuordnen. Einen Hauptgedanken zur Geltung zu bringen, das kam Niemand in den Sinn. Man mochte wohl fühlen, daß die Natur nicht immer und überall künstlerisch schön sei, und man suchte dem Uebel dadurch abzuhelfen, daß man sie in gewisse, durch die Convenienz geschaffene Formen zwang und zu idealisiren gedachte, während man in aller Harmlosigkeit der Natur jeden Hauch der Poesie und des Idealen abstreifte. Dazu kam, daß die landschaftliche Technik tief im Argen lag und der, welcher über das Althergebrachte hinausgehen wollte, in die Nothwendigkeit versetzt war, sich gewissermaßen eine neue zu schaffen. Daß gewisse Probleme ohne eine solche gar nicht gelöst werden konnten, das muß selbst dem Laien einleuchten, der etwa eine Landschaft von W. v. Kobell und eine der späteren Rottmann’schen nebeneinander sieht.

Diesen kalten, nüchternen und durchaus prosaischen Produkten, welche sich über hergebrachte Schranken auch nicht ein Haar hinausgewagt hätten, wenn es auch in der Kraft ihrer Meister gelegen hätte, stellte nun Carl Rottmann Werke gegenüber, welche seine tiefpoetische Seele unmittelbar aus der Natur geschöpft, deren innerste Geheimnisse er glückselig erlauscht hatte. Ihm lag vor Allem daran, die Hauptformen einer Landschaft zu charakterisiren; mit den Mitteln der Linie und der Farbe verstand er es, eine durchaus ideelle Wirkung zu erzielen und die meist nur ganz einfache Staffage mit den landschaftlichen Elementen so innerlich harmonisch zu verbinden, daß man sich ohne Zwang eine andere gar nicht hineindenken kann.

In den Bildern aus jener Zeit läßt sich einerseits noch jene elegische Stimmung erkennen, welche schon an seinen ersten Arbeiten als charakteristisches Merkmal sich offenbart, andererseits spricht sich in denselben eine gewisse stille Sehnsucht nach dem Süden aus. Nicht blos daß die Luft blauer, tiefer und leuchtender wird; die Formationen des Terrains und der Vegetation nähern sich denen des Südens in unverkennbarer Weise, und so treffend wußte seine Phantasie das zu gestalten, was sein Herz ersehnte, daß ein so tiefer Kenner italienischer Natur wie Leo von Klenze nur durch des Künstlers ausdrücklichen Widerspruch von dem Glauben abgebracht werden konnte, er habe seine Eindrücke jenseits der Alpen gesammelt. München war dem Künstler in den paar Jahren, die er hier verlebte, so lieb geworden, daß er daselbst seinen eigenen Heerd zu gründen beschloß. Seine Braut, Friederike von Skell, die in Schwetzingen geborene Tochter des Königl. Hofgärten-Intendanten, war ihm nahe verwandt. Die Dispensationsverhandlungen zogen sich zu Rom in die Länge und so konnte unser Künstler erst zu Anfang des Sommers 1824 seine Braut heimführen.

Um jene Zeit handelte es sich darum, ob an der Akademie zu München eine Abtheilung für die Landschaftsmalerei gebildet werden sollte. Rottmann, dem es vollkommen klar geworden, auf welche Abwege die landschaftliche Kunst gerade durch den Schulzwang getrieben worden und wie nothwendig frisches unmittelbares Studium der Natur den aufstrebenden Talenten wäre, sprach sich mit der ihm eigenen Energie gegen das bezeichnet Project aus. Er selbst fand in der Natur seine höchste Lehrmeisterin und ergab sich dem Studium derselben mit einer an’s Unglaubliche grenzenden Ausdauer. Die Früchte desselben zeigten sich denn auch in einer Reihe der trefflichsten Werke, denen die divergirendsten Motive zu Grunde lagen. Dabei strebte er danach, durch genauere und sorgfältigere Durchbildung des Details seinen Landschaften einen mehr individuellen und localen Charakter zu verschaffen.

Man hat vielfach über den glorreichen Kunstschöpfungen, welche König Ludwig’s Regierungsperiode hervorrief, des freilich weniger in’s Auge fallenden Wirkens seines Vaters, des Königs Max Josef, in dieser Richtung vergessen. Dabei darf man aber vor Allem nicht übersehen, daß mehr als die Hälfte der Zeit, welche König Max Josef auf dem Throne saß, eine Zeit des Kampfes und Streites war, wenig geeignet, große Werke des Friedens zu schaffen.

Wer aber je Gelegenheit hatte, die Privatsammlungen jenes vielseitigst gebildeten Monarchen kennen zu lernen, der wird von der Ueberzeugung durchdrungen sein, daß er nicht blos ein inniger Verehrer der Kunst, sondern auch ein mit klarem und hellem Blicke ausgestatteter Kenner derselben war. Im Uebrigen genügt es, auf die durch ihn im Jahre 1808, sohin mitten im Lärm des Krieges erfolgte Gründung der bayerischen Akademie der bildenden Künste hinzuweisen, deren fünfzigjähriges Bestehen der äußere Anlaß zur großen deutschen und historischen Kunstausstellung in München ward.

Es konnte nicht fehlen, daß ein Fürst wie König Max Josef auf den jungen strebsamen Künstler aufmerksam wurde. Seinem Schwiegervater von Skell gnädig gewogen, ließ er sich Rottmann durch ihn vorstellen und nahm ihn sehr wohl auf.

Auch ihm war jener Zug einer tief innigen Sehnsucht nach dem Süden nicht entgangen, der, wie oben erwähnt, sich in des Künstlers Arbeiten vielfach aussprach, und daran anknüpfend legte er es ihm in seiner wohlwollenden Weise nahe genug, eine Bitte in Beziehung auf seine vorhabliche Reise nach Italien auszusprechen. Rottmann gewann es jedoch nicht über sich, seinerseits dem angedeuteten Anerbieten einen Schritt entgegen zu kommen, nicht aus Stolz oder als ob es ihm nicht sehr erwünscht hätte sein müssen, sondern in dem Gefühle, daß vielleicht seinetwegen ein Dürftigerer hätte Zurückbleiben müssen.

Als Rottmann im Jahre 1826 endlich in der Lage war, sich mit seinem Freunde, dem tüchtigen Lithografen Friedrich Hohe, nach Italien auf den Weg zu machen, ließ er mit der Gattin noch einen frischen, blühenden Knaben, Hermann, zurück, den sie ihm noch im ersten Jahre seiner Ehe geschenkt hatte. Ein im darauf folgenden Jahre geborenes Mädchen, Pauline Louise, starb bald wieder. Die Reise ging durch die Schweiz nach Genua, Florenz, Rom und Neapel. Lebhaften Sinnes und sich für alles Schöne begeisternd, trat er nicht blos mit den hervorragendsten Künstlern, welche sich damals in Italien aufhielten, sondern auch mit vielen Gelehrten in Verkehr. Während seines Aufenthaltes in Neapel lernte er insbesondere Platen und Kopisch kennen und schloß sich dem Letzteren, dessen geselliges, heiteres Wesen neben gründlichem Wissen und redlichem Kunststreben ihn anzog, näher an. Rottmann gönnte sich wenig Ruhe, wie seine mit Studien aus jener Zeit gefüllten Mappen beweisen. Nach dem Vorbilde seines Vaters hatte er sich in der Behandlung der Aquarellfarben eine so große Gewandtheit und Sicherheit angeeignet, daß er den weitaus größten Theil seiner Studien in dieser Weise herstellte. Sein Reiseplan schloß aus mehrfachen Gründen Sicilien aus. Er sah sich jedoch veranlaßt, diese Insel von Neapel aus zu besuchen, als dort ein Auftrag des Königs Ludwig an ihn gelangte, wonach er für diesen eine Ansicht von Palermo zu malen hatte. Rasch entschlossen wie immer, segelte er bald darauf hinüber und durchstreifte die durch ihre Geschichte wie durch ihre landschaftlichen Reize gleich hervorragende Insel.

Nach einem fast zweijährigen Aufenthalt in Italien, während dessen er insbesondere in Rom, Florenz und Neapel für längere Zeit sein Standquartier aufgeschlagen und den dortigen Kunstsammlungen die lebhafteste Aufmerksamkeit zugewendet hatte, kehrte er nach München zurück, reich an Studien, noch reicher an Erfahrungen, welche er alsbald in seinen Werken niederzulegen begann. Die ersten Bilder, welche er ausführte, waren eine »Ansicht der römischen Campagna« und das »Colosseum« in Rom. Beide tragen in lebhaft ausgesprochener Weise den Charakter des Elegischen, der sich wie ein rother Faden durch die Mehrzahl seiner Bilder hindurchzieht, und beide geben ein Zeugniß davon, daß das Hauptstreben des Künstlers dahin ging, das Allgemeine der bezüglichen landschaftlichen Erscheinung in ihrer ideellen Wirkung wiederzugeben. Das »Colosseum in Rom« von dem trefflichen Andreas Barum, der sich vom Stubenmaler zu einem ausgezeichneten Lithografen emporgearbeitet hatte, mit Kreide auf Stein gezeichnet, ward vom Münchener Kunstverein seinen Mitgliedern für das Jahr 1828 als Geschenk bestimmt und fand durch die treffliche Ausführung die allgemeinste Anerkennung.

Rottmann betrachtete diese beiden Bilder gewissermaßen als Vorarbeiten für seine von König Ludwig bestellte »Ansicht von Palermo«, welche er im Jahre 1829 vollendete und welche auf der von der Akademie veranstalteten Kunstausstellung einen ungewöhnlichen Beifall fand. Der Künstler war in der Wahl seines Standpunktes von dem Gedanken ausgegangen, daß es sich weniger um eine Darstellung des architektonischen Theils der Stadt, wenn auch nur in seinen Hauptmassen, als darum handele, ein übersichtliches Bild der landschaftlichen Natur der Umgebung künstlerisch zu reproduciren, wobei der Hauptwerth selbstverständlich auf den Charakter der Linien und der localen Färbung fallen müsse. Wer Palermo kennt, wird zugeben müssen, daß es keinen besseren Standpunkt für den Künstler gab, der sich ein solches Ziel vorsteckte, als das Kloster S. Maria e Gesu, von welchem aus er die in der Ferne weithingestreckte Stadt, das tiefblaue Meer und den kühn geformten Monte Pelegrino vor Augen hatte. Nicht geringeres Lob ward seiner »Ansicht von Taormina« mit den Trümmern des alten Theaters im Vordergrund, welche er gleichfalls zur Ausstellung gegeben hatte.

Um jene Zeit waren die historischen Frescogemälde in den Arkaden des Hofgartens vollendet worden. Wenn auch ihr Kunstwerth im Allgemeinen ein nur höchst untergeordneter ist, so darf doch nicht übersehen werden, daß sie gewissermaßen als die Wiedergeburt der deutschen Frescomalerei erscheinen. Springer hat zwar vollkommen nachgewiesen, daß diese Kunst in Deutschland nie ganz verloren ging, wie etwa die Glasmalerei, aber die Leistungen, welche mittels derselben an einzelnen Orten erzielt wurden, erhoben sich nicht über die Stufe der Mittelmäßigkeit. König Ludwig, der Großartigstes wollte und, was er wollte, auch durchzuführen verstand, wußte recht wohl, daß es vorerst einen Versuch galt. Junge Männer machten sich an die Arbeit, die, als Versuch betrachtet, im Allgemeinen zufrieden stellte. Sie mußte den Leistungen der Frescomalerei in der Ludwigskirche und in der Basilika des heil. Bonifazius vorausgehen. König Ludwig gewann die Ueberzeugung, daß er und wie weit er mit diesem Kunstzweig vorgehen dürfe.

Rottmann hatte dem König seine zahlreichen Studien aus Italien vorgelegt und dieser wählte daraus nicht weniger als acht und zwanzig aus, welche der Künstler in den Arkaden des Hofgartens in Fresco ausführen sollte. Man hat oft die Wahl mißbilligen hören, weil die eigene Heimat des Schönen genug geboten habe, daß man keineswegs wäre genöthigt gewesen, Stoff von jenseits der Alpen zu holen. Man hat dabei Zweierlei übersehen: einmal daß München seiner geografischen Lage nach gewissermaßen die letzte große Station für Diejenigen ist, welche den Süden besuchen und hier in einer Reihe von Gemälden schon im Voraus auf bevorstehende Genüsse vorbereitet werden, und dann daß das ganze moderne München, wie es König Ludwig geschaffen, ohne Zwang als eine Vorschule der Kunst erscheint, welche im Süden ihren Hauptsitz hatte und dort ihre großartigsten Spuren zurückließ. König Ludwig traf nun seine Wahl so, daß der Beschauer den Vorhof Italiens in Trient betritt, durch die Veroneser Clause nach der Lombardei gelangt, Florenz, Perugia und Rom an sich vorbeikommen sieht, dessen Umgebung, wie die Seen von Nemi und Albano, der Monte Cavo und andere bedeutende Punkte ihn länger fesseln, daß er darauf seine Reise nach Terracina und Neapels Golf fortsetzt, wobei ihm Bajä und Ischia liebe Ruhepunkte werden. Dann geht er über Reggio in Calabrien nach Sicilien hinüber, durchwandert mit dem Künstler die Gebiete von Palermo, Girgenti, Messina, Selinunt und Syrakus und kehrt über Cephalu nach dem nahen Festlande zurück.

Die Aufgabe war für einen ebenso denkenden wie strebsamen Künstler gleich Rottmann eine überaus lockende. Das landschaftliche Element erschien bis jetzt in allen Frescogemälden als bloße Nebensache, welche man eher zu umgehen als aufzusuchen sich bemühte. Nun sollte diese bisherige Nebensache zur Hauptsache werden. Es galt, sich erst die Technik, wenn nicht ganz neu zu schaffen, doch für den Bedarf umzugestalten und an die Stelle erprobter Vortheile die Speculation treten zu lassen. Rottmann ging mit Zuversicht an die Arbeit. Weil es ihm nicht an Muth fehlte, bekannte und unbekannte Hindernisse zu bekämpfen, hoffte er auch sie zu überwältigen. Im fortgesetzten Streite mit hundert Schwierigkeiten setzte er unverdrossen seine Arbeit fort und vollendete sie auch glücklich im Jahre 1833. Daß die ersten Bilder an Werth den letzten nachstehen, soweit die Ausführung in Betracht gezogen wird, kann nicht befremden, wenn man bedenkt wie sehr die gegebenen Materialien dem Genius widerstrebten. Die zartesten Stimmungen, die feinste Harmonie der Farben mußten ohne die wirksamsten Hilfsmittel, welche dem Oelmaler in Anwendung von Lasuren und dergl. zu Gebote stehen, erzielt werden. Dabei drängt die Natur der angewendeten Technik immer zur Eile und gab nie im Moment der Arbeit die Gewißheit des Erfolges. Trotz dem läßt die technische Vollendung im Allgemeinen nichts zu wünschen übrig und erreichte neben wahrhaft genialer Charakterisirung der landschaftlichen Erscheinung in den Ansichten von Reggio, Palermo und Messina ihren Höhepunkt. Leider ist die Situirung dieses Cyklus nicht die günstigste. An der Wandseite eines langen, von breiten Pfeilern gestützten Bogenganges vermag, vornehmlich zur besseren Jahreszeit, das Licht nicht in dem Maße Eingang zu finden, als es zum vollständigen Genusse der Bilder unumgänglich nöthig wäre. Die Arkaden sind nemlich nur gegen den mit hohen dichtbelaubten Bäumen bepflanzten Hofgarten geöffnet. Erst als im Herbst 1858 der Versuch gemacht wurde, einzelne Gemälde zu fotografiren und man zu diesem Behufe das von staniolüberzogenen Flächen aufgefangene Sonnenlicht auf die Wandflächen reflectiren ließ, konnte man sich der herrlichen Gemälde, welche wie verklärt hervortraten, so recht von Herzen erfreuen. Rottmann bewies sich in diesen Bildern als ein feinfühlender Dichter, der es verstand, während er in großen oft gewaltigen Zügen den allgemeinen Charakter der Landschaft wiedergab, einen Hauch unendlich poetischer Stimmung darüber wehen zu lasten. Mit feinstem Gefühle fand er für jede Ansicht nicht blos den günstigsten Standpunkt, sondern auch die am schärfsten bezeichnende Jahres- und Tageszeit. Er beherrschte die Farbe nicht weniger als die Linie, zeigte jetzt die düstersten Schatten eines dahin brausenden Gewitter-Sturms, dann das glänzendste Licht der vom südlichen unbewölkten Himmel strahlenden Sonne und wußte überall die passendste Staffage anzubringen. Vorwiegend macht sich auch in diesem Cyklus jene tiefelegische Stimmung bemerkbar, welche den Grundzug seiner Kunstanschauung bildet. Wenn wir diesen Cyklus mit dem der später entstandenen griechischen Landschaften vergleichen, so fällt der Vergleich unzweifelhaft zu Gunsten des ersteren aus. Der Künstler war nicht bis zu jenem Uebermaß von Energie gelangt, welche ihn nachmals dazu drängte, in seinen Werken fast nur die stärksten, leuchtendsten Farben zu verwenden. Seine Färbung ist noch anspruchsloser, und klarer. Eben darum prägen sich aber auch seine italienischen Bilder dem Gedächtnisse tiefer ein und machen einen wohlthuenderen Eindruck auf das Gemüth als seine griechischen Landschaften.

Rottmann führte die italienischen Landschaften, welche zur Zeit noch die Arkaden des Hofgartens schmücken, auch in Oel aus. Man muß dies für ein großes Glück halten, wenn man bedenkt, wie diese herrlichen Gemälde nicht blos durch die Einflüsse der Zeit und der Witterung, sondern auch durch die empörende Rohheit einzelner Menschen gelitten haben. Noch wäre es Zeit, sie aus der Wand nehmen zu lassen und in irgend einem passenden Locale unterzubringen, aber bis jetzt waren alle Bemühungen der Presse in dieser Beziehung ganz vergebens und so gehen sie denn einem sicheren Verderben entgegen. Einige derselben radirte der treffliche E. Neureuther in Kupfer, während Scheuchzer die ganze Folge in Aquarell wiedergab.

Rottmann hatte kaum die italienischen Landschaften vollendet, als ihm König Ludwig den Auftrag ertheilte, eine größere Reise nach Griechenland zu unternehmen. Nach des Königs Intention sollte unser Künstler eine erhebliche Anzahl von hellenischen Landschaften malen, welche dann unter den nördlichen Arkaden des Hofgartens, sich an jene italienischen anschließend, ihren Platz finden sollten. Rottmann unterzog sich der großen Aufgabe um so freudiger, als sein Aufenthalt in Italien seine Sehnsucht nach dem Süden nicht vollständig zu befriedigen im Stande gewesen. Mit ihm ging der Architekt und nachmalige königl. griechische Baurath Ludwig Lange. Es war im Jahre 1835, als die beiden Kunstgenossen sich nach München aufmachten und über Innspruck und den Brenner die wohlbekannten Pfade nach Verona zogen. Sie wendeten sich dem östlichen Abhange der Apenninen zu und schifften sich in Ancona ein. Die Ueberfahrt nach Patras bot nichts Erhebliches, eben so wenig die Fahrt nach Korinth. Weit interessanter ward die Landreise von Korinth nach Athen.

In Athen hatte damals noch (1834) die für die Dauer der Minderjährigkeit des Königs eingesetzte Regentschaft ihren Sitz aufgeschlagen. Der General Freiherr von Heydeck genannt Heidegger selbst ausübender Künstler, nun Regentschaftsmitglied, nahm den Künstler und seinen Begleiter auf das freundschaftlichste auf und ward seine theilnehmendste Stütze mit Rath und That. Die Verhältnisse in Athen entbehrten noch gar sehr jenes Comforts, an den wir Hyperboräer mehr gewöhnt sind, als wir uns und Andern gestehen wollen. Es war unter Anderm nichts weniger als eine leichte Aufgabe, für ein brauchbares Atelier zu sorgen, um so weniger als es für zwei Künstler dienen sollte. General von Heydeck überließ den Landsleuten und Kunstgenossen ein geräumiges Zimmer seiner eigenen Wohnung, obwohl diese selbst nur den nöthigen Raum gab. In wenig Tagen ward das Zimmer in ein förmliches Atelier umgewandelt, und bald konnten Rottmann und Lange daran gehen, die Skizzen, die sie auf der Herreise gesammelt, zu ordnen und in geeigneter Weise zu überarbeiten. Bald gesellte sich zu den Beiden ein dritter Kunstgenosse, der damals bei der Regentschaft verwendete geheime Secretär Ferdinand Stademann, derselbe, dem wir manche werthvolle Notiz über Rottmann verdanken, dem er von jener Zeit an freundschaftlich verbunden blieb. So schweigsam unser Künstler in der Regel beim Schaffen, insbesondere aber bei der Arbeit im Freien war, die seine ganze Seele in Anspruch nahm, so redselig zeigte er sich nach zurückgelegter Arbeit und so trug er denn auch in jenem Kreise, halb ohne es zu wissen, den größten Theil der Kosten der Unterhaltung. Dabei kam ihm das in hohem Grade innewohnende Talent zu statten, in der scheinbar trockensten Weise die köstlichsten Anekdoten zum Besten zu geben. Daß es aber an der Anregung zu den ernstesten Unterhaltungen nicht fehlte, dafür sorgte der Umstand, daß drei Männer wie jene sich in engster Vereinigung auf dem classischen Boden Athens zusammenfanden.

Im April des darauf folgenden Jahres 1835 hatte Rottmann den wichtigsten Theil seiner Aufgabe vollendet, soweit dieser auf Athen und seine Umgebung Bezug hatte. Es handelte sich nun um die Fortsetzung der Reise in’s Innere des Landes. Noch jetzt, trotz der vielen Opfer, welche das Land gebracht, gehört eine solche Reise nicht zu denjenigen, die mit einer gewissen Bequemlichkeit gemacht werden können. Noch viel weniger war dies natürlich damals der Fall, in einer Zeit, in der ein Jahre hindurch mit aller Erbitterung geführter Krieg kaum beendigt worden war. Die Reisegesellschaft bestand zunächst nur aus den Ateliergenossen; Stademann aber hatte sich auf Rottmann’s besonderen Wunsch angeschlossen. Im Mai machte man sich auf den Weg, zunächst nach Marathon, immer zu Roß. Von Marathon, wo das berühmte Schlachtfeld gezeichnet wurde, ging’s weiter nach Aulis, Chalkis, und in’s Innere von Euböa, dann wanderte Rottmann, nachdem seine bisherigen Reisegenossen über Platäa nach Athen zurückgekehrt, weiter nach dem Norden und über die Grenzen des jungen Königreichs hinaus. Rottmann nützte die Zeit mit der größten Gewissenhaftigkeit, ohne alle Rücksicht auf sich selbst nur seinen Zweck im Auge behaltend. Daß ein tagelanger Ritt auf ungebahnten Wegen unter einem glühenden Himmel die Reisenden das Nachtlager mit Sehnsucht erwarten ließ, wird niemand bezweifeln. Dies hielt aber Rottmann nicht ab, Angesichts des bläulichen Rauches, der aus den ärmlichen Hütten emporstieg, aus denen damals die meisten griechischen Städte bestanden, ruhig aus dem Sattel zu steigen, sein Portefeuille hervorzuziehen, sich irgend einen Stein zum Sitz auszusuchen und nun in aller Ruhe, als ob er gar keine Ahnung von dem hätte, was man Hunger und Durst nennt, an eine mehrstündige Arbeit zu gehen. Da fehlte es wohl nicht an schüchternen Bemerkungen dieses oder jenes Gefährten, daß es Abend werden wolle, daß der Ritt wohl noch ein Stündchen kosten werde und daß man morgen vom neuen Standquartier wieder auf diesen Punkt zurückzukommen die beste Gelegenheit haben würde. Aber das Alles scheiterte an der ihm eigenthümlichen Gelassenheit und Bedächtigkeit, die sich durch nichts aus dem Geleise bringen ließ. Sahen dann die Freunde, daß er gleichwohl seinem Vorhaben unerschütterlich treu blieb, so erübrigte auch ihnen nichts mehr, als gleichfalls Papier und Bleistift zur Hand zu nehmen und, halb wider Willen seinem Beispiel folgend, mitzumachen. So entstanden denn regelmäßig drei Zeichnungen nach demselben Objecte zugleich. Abends nach eingenommener Stärkung saß man behaglich beim Tschibuk beisammen und verglich, was man den Tag über geschafft. Da zeigte es sich denn oft, daß die Umrisse auf den Rottmannschen Blättern mehr oder minder von denen auf den Arbeiten seiner Freunde abwichen. Rottmann selbst war es, der dies betonte und im Zweifel schien, wie er sich das erklären sollte. Die Antwort auf die Frage liegt in seinen feinfühlenden Geiste, dem die Hand unwillkührlich und unbewußt folgte. Wir finden dies auch in seinen italienischen Landschaften. Irgend eine Linie, welche dem Ideal der Schönheit nicht vollkommen entsprach, wandelte sich unter seinem Stifte in eine classisch schöne. Diese Aenderungen sind nie von so eingreifender Bedeutung, daß sie zur Unwahrheit geführt hätten, aber sie genügen, um, oft nur durch eine leise Verschiebung, eine Variation des Themas möchte man sagen, dem Ganzen einen gefälligeren und edleren Charakter zu verleihen. Sein Genius veredelte alles Gewöhnliche und Gemeine.

König Ludwig hatte schon von vornherein alle jene Punkte, wenigstens im Allgemeinen bezeichnet, welche Rottmann zu malen hatte. Als er nach München zurückkehrte, legte er seine Skizzen und Studien dem Könige vor, der nun die definitive Wahl traf. Die Ausführung sollte zuerst in Fresco geschehen; auf des Königs Geheiß malte Rottmann nunmehr auf dicke Cementtafeln, welche dann in die Wand eingelassen werden sollten. Nach seiner Weise ging er nach seiner Heimkehr rasch an’s Werk. Gleichsam als Vorstudien führte er erst einige der Bilder in Oel aus. Zu seinen neuen Bildern aber bediente er sich der Enkaustik, wie sie von Fernbach eingeführt worden und in den Gemälden des Festsaalbaues der Köngl. Residenz in München unter Schnorr’s Leitung angewendet wurde.

So brauchbar diese Technik war, so glaubte doch der Künstler sie mit der Balsammalerei Knierim’s vertauschen zu müssen, von der er bezüglich der Ausführung seiner Lüfte und Fernen noch günstigere Ergebnisse zu erhalten hoffte. Indeß sah er seine Erwartungen bald getäuscht und behielt sofort die erstlich angenomene Technik bis zum Schlusse seiner großen Aufgabe bei.

Faßt man die Vorzüge dieses Cyclus kurz zusammen, so läßt sich sagen, daß ihr Glanzpunkt in den zauberhaften Lichtwirkungen beruhe, wobei aber der Adel der Formen dazu beiträgt, daß sich Alles zu einem wohlgerundeten und harmonischen Ganzen verbindet. Manche Kunstrichter aber sind der Meinung, daß Rottmann in diesen Bildern, wie schon in manchem vorausgegangenen, z. B. dem »hohen Göhl«, auf jene außerordentlichen Licht- und Farbenwirkungen zu viel Gewicht gelegt habe und daß er namentlich in der Betonung ungewöhnlicher meteorologischer Erscheinungen etwas weiter gegangen sei, als sich rechtfertigen ließe. Vischer hat diese Ansicht von seinem Standpunkte aus in seinem Handbuche der Aesthetik mit Geist vertreten und wissenschaftlich begründet. Der Kunstfreunde größere Zahl aber, das wünschen wir und sind davon überzeugt, wird sich dadurch die Freude an dem hohen Genuß beim Anblick seiner Bilder nicht vermindern lassen, denen König Ludwig in seiner Neuen Pinakothek einen eigenen, mit künstlich gesammeltem Oberlicht versehenen Saal widmete. Rottmann legte in seinen Arbeiten eine seltene Gewissenhaftigkeit an den Tag. Abgesehen davon, daß er, wie erwähnt, keine Mühe und Unbequemlichkeit scheute, wenn es galt, zur rechten Zeit und am rechten Orte seine Studien zu machen, lassen es seine mit scheinbarer Leichtigkeit gemalten Bilder nicht errathen, wie viel Arbeit sie dem Meister kosteten. Nicht als ob er mit dem Pinsel mühsam gearbeitet hätte, denn es fand gerade das Gegentheil statt, sondern er war so strenge, daß er die scheinbar unbedeutendsten Dinge, wenn sie jeden Andern längst befriedigt hätten, immer und immer wieder mit dem Lappen abwischte oder auch aus dem Bilde herausschliff und nicht eher sich damit zufrieden stellte, bis er glaubte, nun habe er endlich das Rechte erreicht. Für das kleinste Wölkchen machte er mit demselben Fleiße seine Studien, wie für die größten Baumgruppen. Saß er an seiner Arbeit, so gab es für ihn keine Welt mehr außer ihm. Es geschah wohl, daß er den Mittagtisch darüber vergaß und zu seiner Familie erst dann hineinkam, wenn man ihn abrufen ließ, und an Sommerabenden nur durch die einbrechende Nacht aus seinem Atelier vertrieben wurde.

Daß ein Künstler von der Bedeutung Rottmann’s vielseitig von Kunstgenossen und Kunstjüngern um Rath angegangen wurde, war natürlich. Rottmann war gern damit zur Hand und griff, wenn er seine Ansicht umständlich mit Worten auseinandergesetzt, noch lieber zur Kreide, um seine Worte zu unterstützen. Sein Eifer ging dann wohl auch so weit, daß er dem Andern Pinsel und Palette wegnahm, sich an die Staffelei setzte und mit einem wahren Feuereifer selbst an dem fremden Bilde zu malen anfing. Da gab es denn nun manchmal gar ergötzliche Geschichten. Der Rathbedürftige hatte vielleicht eine ganz sauber ausgeführte Zeichnung vor sich liegen und der eifrige Rather fuhr ihm nun mit Strichen der dicksten Sorte in seine Arbeit hinein, putzte ihm da einen Baum weg und ließ dort mächtige Felsen einporwachsen. Natürliche Pietät und Achtung vor dem Meister ließen nur Wenige zu schwachen Protesten gegen das energische Verfahren desselben kommen, und nach einer Viertelstunde hatte dieser die Arbeit so gründlich umgestaltet, daß sie der ursprüngliche Autor selbst nicht mehr hätte zu erkennen vermocht, hätte er der Verwandlung nicht mit schweißbedeckter Stirne beigewohnt. Das Werk war nun freilich immer ein durch und durch geistreiches, aber von den Intentionen des Ersten war kaum eine Spur geblieben, es war ein Rottmann’sches geworden, mit dem Jener in keiner Weise mehr zurecht kommen konnte.

Griff Rottmann in eines Anderen Werkstätte nun gar zu den Farben und Pinseln, dann war natürlich die Umbildung eine noch raschere und radikalere. So besuchte Rottmann eines Tages seinen Freund Christian Morgenstern und traf denselben vor einem Bilde, das, einen flachuferigen Fluß mit hohen Bäumen im Morgenlichte zeigend, einen durchweg idyllischen Charakter an sich trug. Rottmann war damals in jener Periode angelangt, in welcher ihm keine Farbe leuchtend und glühend genug erschien und in der das Roth in seinen verschiedenen Abstufungen eine so bedeutende Rolle spielte. Es konnte nicht fehlen, daß das fast schon vollendete Bild zum Gegenstand ihrer Besprechung wurde. Rottmann wich in seinen Ansichten hier und dort von denen seines Freundes ab. Erst ward die Debatte noch mündlich geführt, dann deckte er hier eine Partie mit Kreide und verstärkte eine andere. Endlich aber trieb er Morgenstern aus dem Atelier mit der Bitte, ihn eine Stunde ungestört über dem Bilde zu lassen. Die Stunde verlängerte sich in eine zweite und dritte und als Morgenstern endlich zurückkehrte, fand er seinen genialen Freund noch in vollster Arbeit. Von dem weichen, duftigen Morgen war nichts mehr zu sehen, Rottmann hatte alle Glut seines Pinsels an dem Bilde verschwendet. Das Bild war bestellt, die Stimmung bezeichnet worden; es blieb also nichts übrig, als es bei Seite zu stellen und ein neues zu beginnen. Daß eine solche, freilich ganz gut gemeinte, Methode hie und da Conflicte nach sich zog, bedarf keiner Erklärung, um so weniger, als Rottmann sehr lebhaften Naturells war. Ohne zu sein, was man streitsüchtig nennt, war es ihm ein Genuß im Gespräche für und wider zu erwägen. Scharfen Verstandes wußte er den Wortkampf mit großem Geschicke zu führen und immer neue Gründe für seine Ansicht vorzubringen. Fühlte er, daß sie nicht zureichend wären, oder nicht stichhaltig genug, so liebte er es, die Rollen zu wechseln und bestritt wohl am nächsten Tage Dritten gegenüber die vorher mit allem Eifer vertheidigte Ansicht, hoch erfreut, wenn sein Gegner eine neue Seite fand, von der sich die Stellung halten ließ.

Diese Controversen berührten übrigens nicht blos die Kunst. Rottmann interessirte sich für alle Richtungen des menschlichen Lebens und Strebens und eine neue Erscheinung auf dem Gebiete der Technik blieb ihm so wenig fremd als eine neue Dichtung.

Seine angestrengte Thätigkeit erlaubte ihm nicht, sich viel im Leben zu bewegen. Er fand Entschädigung für den Entgang in dem geselligen Verkehr, der in seinem Hause stattfand. Der kaiserl. russische Oberst Barischnikoff, der in München ab- und zuging und sich öfter längere Zeit dort aufhielt, war dann täglicher Gast im Hause Rottmann’s. Von den Künstlern waren es besonders Daniel Fohr, Christian Morgenstern, Ludwig Lange und Ferd. Stademann, mit denen er in lebhaftem geselligen Verkehr stand. Der Letztgenannte war oft sein Begleiter auf Spaziergängen auf dem hohen Isarufer bei Neuberghausen, wo Rottmann wie Claude Lorrain im benachbarten Harlaching Luftstudien zu machen liebte.

Wie strenge Rottmann in Sachen der Kunst gegen sich selbst war, mag daraus entnommen werden, daß er selbst mit seinen italienischen Fresken so unzufrieden war, daß er die mit größter Sorgfalt ausgeführten Cartons hierzu auf dem Speicher seines Wohnhauses jedem fremden Blicke in einer Weise entzog daß ihre Wiederherstellung mit den größten Schwierigkeiten verbunden war, als sie nach seinem Tode für die großherzogliche Kunstsammlung in Darmstadt erworben wurden. Aber nicht blos diese Cartons suchte er bei Seite zu schaffen; er hielt nicht selten unter seinen Entwürfen und oft mehr als zur Hälfte vollendeten Arbeiten eine sorgfältige Musterung, in Folge deren er denn ein mehr oder minder großes Auto-da-fé zu veranstalten pflegte. Alle Versuche, ihn ganz hiervon abzuhalten oder nur Einzelnes von den Flammen zu retten, blieben fruchtlos, und wer es wagte, ihm entgegen zu treten, konnte gewiß sein, daß sich sein ganzer Unwille auf ihn entladen würde. Dieses Verfahren war aber um so bedauerlicher, als es seinen Grund nicht einzig und allein in Rottmann’s höchst ehrenwerthem Streben fand, sondern theilweise auch durch eine Mißstimmung hervorgerufen wurde, welche in körperlichen Verhältnissen zu suchen war. Der Künstler, der sich nur wenig Erholung gönnte, bedurfte derselben um so mehr, als sich ein Leberleiden bei ihm eingewurzelt hatte, das ihn desto heftiger quälte, je rastloser er an seiner Arbeit zu sitzen pflegte. Der Wissenschaft der Aerzte wenig vertrauend, suchte er in dem Gebrauch der Morison’schen Pillen Linderung. Er fand sie oder glaubte sie zu finden und gewöhnte allmählig seine Natur an den Gebrauch dieses berüchtigten Heilmittels. In Folge dessen mußte er, um eine Wirkung zu erzielen, die Dosen mehr und mehr verstärken und untergrub so seinen von Natur aus starken Körper. Dieser bedurfte vor Allem einer angemessenen Bewegung im Freien, wie denn Rottmann auch trotz des Unterschiedes der klimatischen Verhältnisse und der Nahrung sich nie kräftiger fühlte, als während seiner anstrengenden Reise in Griechenland.

Er war schon seit längerer Zeit nicht mehr ganz wohl. Der Cyklus der griechischen Landschaften hatte ihn während der Ausführung ganz in Anspruch genommen. Der König drängte, als ob er eine Ahnung hätte, daß er den großen Meister nicht lange mehr unter diejenigen zählen könnte, die er in glorreicher Munificenz um sich gesammelt. Rottmann klagte oft über Abspannung und ersetzte den Entgang an Kraft durch neue Anstrengungen. Um jene Zeit hielt er sich zur Erholung während des Sommers in dem freundlich gelegenen Markte Bruck auf und empfing bei diesem Spaziergange mit seiner Familie den ersten Gedanken zu einem seiner eigenthümlichsten Bilder, dem »Waldbrande«, der später in den Besitz des Grafen Barischnikoff gelangte.

Nächst dem berühmten Kloster Fürstenfeld wurden nemlich unter den ersten Buchen, welche die benachbarte Hügelreihe schmücken, große Stückfässer ausgepicht. Die Flamme züngelte roth glühend zwischen den dicht belaubten Aesten empor und ein kräftiger Wind trieb den dunklen Rauch in gewaltigen Massen über das Land hin. Der Künstler freute sich der herrlichen Effecte und benutzte die Erinnerung daran später zu dem bezeichneten Bilde, das mit seiner tiefen Melancholie und seiner wilden Kraft einen wahrhaft erschütternden Eindruck macht. König Ludwig fand es in der ersten Anlage in dem Atelier des Künstlers, das er häufig besuchte, und beurtheilte es nicht eben allzu günstig. Als er es aber später als Barischnikoff’s Eigenthum wiedersah, schien es ihn zu verstimmen, daß er es nun nicht mehr erwerben konnte. Der König war Rottmann freundlich gewogen und pflegte sich in seiner lebhaften und anregenden Weise lange mit ihm zu besprechen, wobei die Erinnerung an ihren beiderseitigen Aufenthalt in Italien und Griechenland beliebte Anknüpfungspunkte darbot. Eine Folge dieses Wechselverkehrs war es auch, daß König Ludwig die achtundzwanzig Landschaften des Künstlers unter den Arkaden des Hofgartens mit eben so vielen Distichen überschreiben ließ, welche er selbst gedichtet hatte.

Trotz öfteren Kränkelns gab sich Rottmann stets seiner aufreibenden Arbeit hin. Seine Familie und seine Freunde sahen mit Schrecken, wie sein Befinden mehr und mehr sich verschlimmerte. Endlich mußte er sich entschließen, die Ruhe zu suchen und als seine Umgebung bereits wenig Hoffnung mehr hatte, sprach er noch mit Wärme davon, wie er sich freue, wieder an die Arbeit zu gehen. Auch die bessere Jahreszeit hatte seinen Zustand nicht zu bessern vermocht, die Kräfte schwanden sichtlich und am 6. Juli 1850 erlag der geniale Künstler seinem Leiden in einem Alter von 52 Jahren 5 Monaten und 25 Tagen.

Rottmann wohnte oft während der günstigeren Jahreszeit mit seiner Familie in dem reizend gelegenen Leoni, am östlichen Ufer des Starnberger See’s. Eine kleine halbe Stunde davon fällt die Hügelreihe, welche dicht am Gestade hinzieht, gegen Süden plötzlich jäh ab und eröffnet ein Panorama des bayerischen Gebirges von seltener Schönheit. Dieser Punkt war Rottmann’s Lieblingsstelle und hier machte er, auf einer einfachen, hölzernen Bank sitzend, Studien, welche später, in seinen Gemälden verwerthet, die Beschauer entzückten. Ein Jahr nach seinem Tode, und zwar am Todestage selbst, vereinigte ein Fest zu seinem Gedächtniß die Münchener Künstlerschaft und zahlreiche Freunde und Verehrer des Todten an jener Stelle. Der Regierungsrath und Gutsbesitzer Graf von Rambaldi hatte in dankenswerther Pietät den Künstlern den Grund und Boden jenes Hügels zum Eigenthum überlassen und im Subscriptionswege war ein einfaches Denkmal: ein Obelisk mit dem Emblem der Unsterblichkeit und dem Datum von Rottmann’s Todestag dort aufgestellt worden. Zu beiden Seiten des Obeliskes befinden sich, mit ihm verbunden, steinerne Bänke, von denen aus man die entzückendste Fernsicht über See und Land genießt. Der Maler Ant. Teichlein, derselbe, von dem der Gedanke der historischen deutschen Kunstausstellung von 1858 ausging und der mit dem Verlebten in vielfachem Verkehr gestanden, nachmals auch dessen einzige Tochter heirathete, sprach zu den Umstehenden herzliche Worte, worauf die alte hölzerne Bank den Flammen geopfert wurde, gleichsam um sie gegen Profanirung zu schützen. Als im September des Jahres 1858 die deutschen Künstler in München tagten, da war diese Stelle das Ziel eines Ausfluges, den die Münchener Künstlerschaft mit ihren Gästen aus allen Gauen des schönen, großen Vaterlandes machte. Damals flatterten Fahnen und Wimpel lustig um das mit Kränzen geschmückte Denkmal des Künstlers und Gesang wechselte mit begeisternden Reden und Hoch’s auf die edle deutsche Kunst. Wohl mancher der lieben Gäste mag sich noch nach langen Jahren des schönen Festes erinnern, das damals auf der »Rottmann’s-Höhe« gefeiert wurde, und es wird nur Wenige unter ihnen geben, die nicht dabei des Künstlers gedenken, der in der Kraft seiner Jahre und im lebendigsten Wirken heimging.

Ziemlich um dieselbe Zeit, in welcher die Vorkämpfer der heutigen deutschen Geschichtsmalerei mit den Ueberlieferungen der Akademie brachen und die Antike neu anschauen lernten, zeigte sich auch in der Landschaftsmalerei ein ähnlicher Kampf. Die Landschaft jener Zeit war nicht viel mehr als eine ziemlich geistlose Abschrift der Natur. Daß die landschaftlichen Formen gleichsam als Buchstaben dienen könnten, einen idealen Gedanken auszusprechen, daran dachte noch niemand. Die neue historische Kunst beruht auf den plastischen Werken des Alterthums, auf der Antike. Die Schönheit der menschlichen Formen, wie sie sich in jenen darstellt, war das belebende Ideal der Reformatoren, die Farbe kam erst in zweiter Reihe in Betracht.

Jene Künstler nun, welche die Landschaftsmalerei umgestalteten, wie Koch, Reinhardt und Rhoden, fanden freilich keine antiken Vorbilder, denn das wenige Landschaftliche, welches sich, und zwar immer nur nebensächlich behandelt, auf antiken Wandgemälden vorfand, kann hier nicht in Betracht kommen. Sie gingen aber gleichwohl von derselben Idee aus, von der Idee der Schönheit der Linien und der Formgestaltung. Es waren wieder die plastischen Elemente, welche in der Natur aufgesucht und künstlerisch dargestellt wurden. Sie fanden sich vorwiegend in dem Charakter jenes Landes, aus dem jene reformatorischen Bestrebungen hervorgingen, im Charakter Italiens. Die plastische Schönheit Italiens war es, welche jene Künstler begeisterte. Man begnügte sich nicht mehr mit einem sorgfältigen ja ängstlichen Copiren eines Stückes landschaftlicher Natur, wobei man am Ende Alles wiedergegeben hatte, was da zu sehen war, Wiese und Wald, Berg und Thal, Himmel und See, während sich nur eines, die Seele, der Darstellung entzog, da man wohl die äußere Erscheinung, die Formen sah, aber nicht verstand, weil man in den Gedanken, das innere Wesen der Natur nicht einzudringen vermochte.

An jene Meister schloß sich Rottmann ohne seine individuelle Eigenart aufzugeben zunächst an und gehörte so in seiner ersten Periode fast ausschließlich den Stylisten an, weshalb er auch weniger Gewicht auf die Farbe legte. Seine zweite Periode wird durch die 1833 vollendeten italienischen Landschaften charakterisirt, in denen er das von der Natur gebotene Material mit poetischer Freiheit benützte, die dritte endlich durch seine griechischen Landschaften in der Neuen Pinakothek, in denen er vollständig als Stimmungslandschafter sich erweist. Hier und in einigen anderen Bildern, z. B. im »Hohen Göhl«, hat der Künstler oft den Hauptaccent auf meteorologische Erscheinungen gelegt und durch sie eine Stimmung vermittelt, welche historische und kulturhistorische Erinnerungen zu erwecken und festzuhalten geeignet ist. Es mag nur an die »Ebene von Marathon« erinnert sein. Dadurch erhalten seine Bilder den Ausdruck einer Ganzheit der äußeren Erscheinung zugleich mit einem tiefpoetischen inneren Werthe.

Carl Albert Regnet: Münchener Künstlerbilder. Ein Beitrag zur Geschichte der Münchener Kunstschule in Biographien und Charakteristiken. Leipzig, 1871.

Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München (1983)

Rottmann Karl, 1798 (Handschuchsheim bei Heidelberg) – 1850, Landschafts- und Hofmaler; R. malte schon mit 14 Jahren das Heidelberger Schloß, studierte an der Kunstakademie in München, bereiste die Schweiz und Italien und schuf hier im Auftrag Ludwigs I. von Bayern ein großes Gemälde von Palermo; seine Ansicht der Römischen Campagna und sein Colosseum fanden sofort allgemeine Anerkennung; in München malte R. 1830/33 die berühmten Landschafts-Fresken für die Hofgartenarkaden und ergänzte sie durch solche aus Griechenland nach Studienreisen (1834/35) in enkaustischer Technik für die Neue Pinakothek; auch die Galerien von Berlin, Leipzig, Hamburg, Darmstadt u. a. besitzen Werke von R.; seine Kunst sucht die malerische Schönheit des freien Lichts, mehr als die bisherigen Landschaftsmaler im historischen Stil, zu berücksichtigen, wobei er jedoch am idealisierten Bühnenhintergrund festhielt.

© Dr. Max Joseph Hufnagel: Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München. Zeke Verlag; 4. Auflage. Würzburg, 1983.

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Friedrich Ludwig von Sckell

* 13.9.1750 (Weilburg/Hessen-Nassau)
† 24.2.1823 (München)
Gartenarchitekt

Allgemeine Deutsche Biographie (1892)

Skell: Clarus Friedrich Ludwig v. S. (er selbst schrieb seinen Namen Sckell, in dem Taufregister seines Geburtsortes steht Skell, ebenso bei Meusel im gel. Teutschland), berühmter Gartenkünstler, geboren zu Weilburg am 13. September 1750, † 1822. Er stammte aus einer alten Gärtnerfamilie; sein Großvater Johann Georg Wilhelm war Gärtner in dem königlich preußischen Lustgarten zu Lehnin, sein Vater Johann Wilhelm zur Zeit seiner Geburt fürstlicher Haingärtner zu Weilburg, ein Verwandter, vielleicht ein Bruder seines Vaters, Johann Friedrich, Gärtner zu Neu-Saarwerden. Und so widmete sich der junge Friedrich Ludwig (den Namen Clarus setzte er nicht auf den Titel seines Buches) auch diesem Berufe.

Wir finden ihn zuerst in dem Garten zu Schwetzingen, wo er seine Ausbildung erhielt, dann zu Bruchsal; von da begab er sich nach Paris und Versailles, dann nach England, wo er sich vier Jahre lang aufhielt. Hier lernte er die englischen Gärten, welche man damals im übrigen Europa nachzuahmen angefangen hatte, aus eigener Anschauung kennen; es blieb ihm dabei nicht verborgen, daß man bei dieser Nachahmung in wilde Regellosigkeit verfallen sei und vergessen habe, daß die Gartenkunst eben eine Kunst sei. Indem er nun jene vermied und dabei die Formen der älteren Schulen, wie sie in Frankreich und Italien ausgebildet worden waren (er nennt sie die symmetrische Gartenkunst), nicht schlechthin verwarf, wurde er der Schöpfer der neueren deutschen Gartenkunst, die lange Zeit in seinen Bahnen wandelte, bis sie durch seine Nachfolger, den Fürsten Pückler-Muskau u. a., weitergeführt wurde. Nach seiner Rückkehr aus England erhielt er vom Kurfürsten Karl Theodor von der Pfalz den Auftrag, einen Theil des Schwetzinger Gartens in landschaftlichem Stile anzulegen. Der Versuch gelang, und infolge davon wurden ihm von demselben Fürsten und andern ähnliche Aufgaben gestellt. So entstanden der ehemalige sogenannte Militärgarten in Mannheim, Schönbusch und Schönthal bei Aschaffenburg, Rohrbach an der Bergstraße, die Neuen Anlagen bei Mainz, der Schloßpark in Landshut, Karlsberg und Montbijou in der Pfalz, Karlsthal bei Trippstadt und Direnstein in der Pfalz, Dürkheim an der Haardt, Neckarshausen bei Ladenburg, Herrnsheim bei Worms, Oppenweiler, Annahall bei Blieskastell, Birkenau, Oranienstein bei Diez, Amorbach und Grünstadt. Alle diese Gärten legte er theils selbst an, theils wurden sie nach seinen Plänen angelegt. Sein nächstes Werk war der Englische Garten in München, wohin ihn sein Fürst Karl Theodor, als Baiern ihm zugefallen war, gezogen hatte. Doch war seines Bleibens zunächst nicht daselbst; er kehrte nach der Pfalz zurück, zeitweilig sogar in die Dienste des Markgrafen von Baden, bis er im J. 1804 dauernd an die Isarstadt gefesselt wurde durch seine Ernennung zum Intendanten der (seit 1806) königlichen Gärten. Nunmehr vollendete er den Englischen Garten und gestaltete den Park von Nymphenburg zu einem landschaftlichen Garten um. Aber auch anderwärts nahm man noch immer seine Kunst in Anspruch: er wurde zu Rath gezogen bei der Umgestaltung des Biebricher Schloßgartens, der Anlagen bei Baden-Baden, Laxenburg bei Wien u. s. w.

Eine äußere Anerkennung seiner Leistungen erhielt er während seines Lebens durch die Verleihung des bairischen Civil-Verdienst-Ordens und des Adels, nach seinem Tode durch ein Denkmal, welches ihm im Englischen Garten zu München gesetzt wurde. Geschrieben hat er nur ein Werk am Ende seines Lebens, welches die Grundsätze, die ihn bei seinen Anlagen leiteten, entwickelt und ein Lehrbuch für die folgende Zeit wurde: »Beiträge zur bildenden Gartenkunst für angehende Gartenkünstler und Gartenliebhaber«, München 1819. Als Zweck desselben giebt er in den Vorerinnerungen an, daß es praktisch belehren solle, wie Hügel und Thäler, wie Bäche, Wasserfälle und Seen mit ihren Wäldern, Hainen und Gebüschen u. s. w. der Natur ähnlich in Gärten erschaffen werden können. »Die mannigfaltigen und unzähligen Bilder der Natur, welche die schöne Erde zieren, sagt er in § 1, stellet die Kunst im Einklang mit ihr, in mehreren zusammengesetzten Landschaften, in den Gärten auf, die eine mit Geschmack verbundene Haltung in ein Ganzes vereint; dieses Ganze, bereichert im Zusammenflusse vieler ausländischen Bäume, Sträucher und Blumen und geziert mit den Werken der alten und neuern Baukunst, erhebt sich dann zu einem Garten, wo die Natur in ihrem festlichen Gewande erscheint, in welchem sie außer diesen Grenzen nicht mehr gesehen wird.«

Man rühmt an Skell’s Anlagen große kräftige Umrisse und Massenwirkung, tadelt aber, daß er zu große Massen von gleicher Belaubung und Farbe, zu viel Bäume und Gesträuche von gleichem Wuchs vereinigt habe und dadurch in den Fehler der Einförmigkeit verfallen sei, den er selbst durch andere Mittel zu mildern wußte, nicht so seine Nachahmer; auch seine Zusammenstellung der Holzarten sei nicht immer zu billigen, sowie einige Spielereien aus der französischen und italienischen Schule, denen er noch Platz vergönnte.

Meusel, Gel. Teutschland VIII. – Jäger, Gartenkunst und Gärten sonst und jetzt, 1888, S. 300 ff. – v. Ompteda, Rheinische Gärten, 1886, an verschiedenen Stellen.

F. Otto: Allgemeine Deutsche Biographie. Leipzig, 1892.

Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München (1983)

Sckell Friedrich Ludwig, von, 1750 (Weilburg/Hessen-Nassau) – 1823, Gartenkünstler und Hofgärtenintendant; er lernte seit 1773 in England, trat 1775 in kurpfälzische Dienste (1803 Gartenbau-Intendant in Schwetzingen) und wirkte seit 1804 in München als Hofgärtenintendant; S. führte den Englischen-Garten-Stil in Deutschland ein (zu Schwetzingen, Englischer Garten, Nymphenburg u. a.); sein schriftlicher Niederschlag sind die klassischen »Beiträge zur bildenden Gartenkunst« (1818, 2. Aufl. 1825); Ss. Gärten zeichnen sich durch wirksame Gruppierung der Bäume, überraschende Licht- und Farbeneffekte, die ohne Aufwand fremdartiger Hilfsmittel und durch zweckmäßige Auswahl der Pflanzen und Verteilung von offenen und bewaldeten Flächen erzielt sind, vor den übrigen großen Parkanlagen Europas aus. S. war auch Mitglied der BAkdW.

© Dr. Max Joseph Hufnagel: Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München. Zeke Verlag; 4. Auflage. Würzburg, 1983.

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Karl August Sckell

* 14.11.1793 (Karlsberg)
† 10.7.1840 (München)
Gartenarchitekt

Münchener Politische Zeitung (14.7.1840)

Todes-Anzeige.

Es hat der göttlichen Vorsehung gefallen, unsern geliebten Gatten, Bruder und Schwager

Karl Sckell,
Intendant der königl. Hofgärten,

im 47. Jahre seines Alters, gestern Abend 11 Uhr, aus dieser Zeitlichkeit plötzlich in ein besseres Leben abzurufen.

Indem wir diesen höchst schmerzlichen Hintritt zur Kenntniß unserer Freunde und Bekanntn bringen, empfehlen wir den Verblichenen, unter Verbittung aller Beileidsbezeugung, ihrem frommen Andenken.

München, den 11. Julius 1840.

Therese Sckell, geb. Sckell, als Gattin, mit ihren 4 unmündigen Kindern.

Friedrich Sckell,kgl. Hofgärtner in Berg.
Ludwig Sckell, kgl. Hofgärtner in Schleißheim.
Friedr. Seitz, geb. Sckell.
Augusta Sckell.
Josephe v. Sedlmayr, geb. Sckell.
[Geschwister]

Clemens Zimmermann, kgl. Professor.
Jos. Zimmermann, geborne Sckell.
Carl Sckell, kgl. Revierförster.
Carl Rottmann, Landschaftsmaler.
Friedr. Rottmann, geb. Sckell.
Eduard Stöber, kgl. Ober-Lieutenant im Cuirassierregiment Prinz Carl.
Louise Stöber, geb. Sckell.
Carolina Sckell, geb. v. Gemünden.
Ludwig Seitz, k. Hofgärtner.
Joseph Stöber, kgl. Hofeinkäufler.
Babette Sckell, geb. Roth.
Max Ritter v. Sedlmayr, kgl. Appellationsgerichtsadvokat.
Maria Sckell, geb. Maßmann.
[Verwandte, Schwäger und Schwägerinnen]

Die Beerdigung findet Montag den 13. Juli Abends 5 Uhr vom Leichenhause aus mit Flambeaux, und der Gottesdienst Mittwoch den 15. dieß Morgens 10 Uhr in der Metropolitan-Pfarrkirche zu U. L. Frau statt.

Münchener Politische Zeitung No. 168. Dienstag, den 14. Juli 1840.

Neuer Nekrolog der Deutschen (1842)

Karl August Sckell,
königl. baierischer Hofgartenintendant zu München;
geb. d. 14. Nov. 1793, gest. d. 10. Juli 1840.

Wer in Baiern die königlichen Hoftgärten zu München, Nymphenburg, Schleißheim, Berg am Würmsee u. s. w. besucht hat, kennt den Namen Sckell. Die Inschrift der in dem schönen englischen Garten zu München an dem See errichteten zierlichen Säule verewigt das Andenken an Friedr. Ludwig v. Sckell, Intendanten der königlichen Gärten, Ritter des Civilverdienstordens der baier. Krone, geboren zu Nassau-Weilburg im J. 1750, gestorben zu München den 24. Febr. 1823, welcher schon vom Churfürften Karl Theodor zur Ausführung jener herrlichen Gartenanlage unter des hochverdienten Grafen v. Rumfords Leitung berufen wurde und welcher seine Laufbahn als Hofgärtner zu Schwetzingen bei Mannheim begonnen hatte, im J. 1799 als Hofgärtnereidirektor zu München angestellt und in der Folge im J. 1803 zum Hofgartenintendant ernannt wurde, treffend mit den Worten: »dem sinnigen Meister schöner Gartenkunst, der sein volles Verdienst um der Erde reinsten Genuß durch diese Anlagen krönt, hieß diesen Denkstein setzen sein König Max Joseph (Dessen Biogr. s. 3. Jahrg. des N. Nekr. S. 968) 1824.« Sein Amtsnachfolger war Karl August Sckell, sein Neffe und Schwiegersohn (Er heirathete im J. 1819 Therese, eine von den vier Töchtern seines Oheims, von denen zwei andere mit ausgezeichneten Künstlern Münchens verehlicht sind; nämlich Josepha mit dem unter Anderen durch seine Freskogemälde in dem Speisesaale des neuen Königsbaues und in der Pinakothek berühmten Maler und Professor an der Akademie der bildenden Künste, Klemens Zimmermann, und Friederike mir dem besonders wegen seiner landschaftlichen Fresken in den Hofgartenarkaden bekannten Hofmaler Karl Rottmann.), anfänglich unterm 1. März 1823 als Inspektor über sämmtliche königliche Hofgärten ernannt, späterhin mit dem Titel eines Direktors bekleidet und im J. 1836 zum wirklichen Intendanten befördert. Der Geburtsort unsers S. ist Karlsberg bei Zweibrücken, wo sein Vater Mathias S. herzoglicher Hofgärtner war. Da dieser in der Folge nach München kam und im J. 1801 als Hofgärtner in Nymphenburg angestellt wurde, erhielt sein Sohn Karl seine erste Bildung in München, besuchte daselbst das Gymnasium und machte unter der unmittelbaren Leitung seines Oheims seine Vorstudien zur Gartenkunst in den königlichen Hofgärten. Nach diesen Vorbereitungen reiste er mit königlicher Unterstützung nach Wien, Berlin, London und Paris und verfolgte dort in den großen Gärtnereien und Herbarien seine Ausbildung mit dem regsten Eifer und glücklichsten Erfolge. Von diesen Reisen kehrte er im J. 1816 zurück und trat an die Stelle seines während seiner Abwesenheit verstorbenen Vaters, in welcher er bis zu obigem Zeitpunkte des Ablebens seines Oheims wirkte, wo sich in seiner neuen Amtssphäre ein ausgebreitetes Feld zur thätigen Entwicklung seiner vielseitigen Kenntnisse öffnete. Er arbeitete fortan ganz in dem Geiste und nach dem Vorbilde seines ruhmvollen Meisters und Vorgängers. Von ihm wurden in dem großen Hofgarten zu Nymphenburg mehrere neue, sehr schöne Anlagen ins Leben gerufen, als in der Nähe von Badenburg ein liebliches Thal, ferner bei Pagodenburg eine größere, von einem wasserreichen, freundlichen Bache durchzogene pittoreske Anlage. Im englischen Garten zu München bildete er einen umfangreichen, malerischen Hügel, auf dessen Höhe sich ein Tempel (Monopteros) erhebt, der in polychromischer Weise verziert ist. Nebst diesen größeren Schöpfungen entstanden noch verschiedene viele andere kleinere unter seiner Leitung, bis seinem mit Beifalle gekrönten Wirken, bei welchem er durch sein leutseliges, freundliches Benehmen auch die Liebe aller seiner Untergebenen gewonnen hatte, ein zu früher Tod in Folge eines Schlagflusses plötzlich ein Ziel setzte. Er hatte im J. 1834 noch eine Kunstreise in Italien, über Mailand, Genua, Florenz und Rom nach Neapel gemacht. Im J. 1837 ließ er sein in topographischer und historischer Hinsicht sehr schätzbares Werkten, unter dem Titel: »Das königliche Lustschloß Nymphenburg und seine Gartenanlagen, beschrieben und mit geschichtlichen Bemerkungen begleitet von Karl August Sckell, Intendanten der königlichen Gärten;« München bei Jaquet, mit einer eben so schönen als genauen Planzeichnung im Drucke erschienen. Daß seine Kenntnisse und Talente allgemeine Anerkennung gefunden, bethätigen mehrere Diplome, wodurch er zum Mitgliede auswärtiger Vereine für Gartenkunst und von gelehrten Gesellschaften ernannt wurde. Er hinterließ aus seiner Ehe 4 Kinder. Seine 2 Brüder sind eben falls königliche Hofgärtner, Ludwig zu Schleißheim und Friedrich zu Berg am Wurmsee. Ihm folgte in seiner Stelle der Gatte seiner Schwester Friederike, Karl Ludwig Seitz, vormaliger Gärtner des botanischen Gartens zu München.

Neuer Nekrolog der Deutschen. Weimar, 1842.

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Prof. Ludwig Sckell

* 1842 (Obergünzburg)
† 31.3.1905 (München)
Genremaler, Landschaftsmaler, Lithograph und Portraitmaler

Allgemeines Künstler-Lexicon (1901)

Skell, Ludwig, Zeichner und Maler, geb. 1842 in Obergünzburg, Schüler der Münchener Akademie. Er malte Genrebilder, Landschaften und Bildnisse, machte Zeichnungen zu Künstlerfesten, illustrirte Märchen und Gedichte (Schneewittchen, Erlkönig) und war auch als Lithograph tätig.

Allgemeines Künstler-Lexicon. Leben und Werke der berühmtesten bildenden Künstler. Frankfurt am Main, 1901.

Allgemeine Zeitung (2.3.1912)

Kunst und Literatur

[…]

Fast gleichzeitig trat ein gleichnamiger Ludwig Sckell auf, geboren 1842 zu Obergünzburg. Gleichfalls im Bereiche der Landschaft tätig, auch im Porträt, dann als Illustrator, auch im Bereich der historischen Monacensia und als Aquarellist willkommen. Dazu zählten die verdienstlichen Kopien von Rottmanns leider so schrecklich vom Zahn der Zeit zernagten Landschaften in den Arkaden; Ansichten des früheren Rathauses von der Talseite, Szenen aus dem »Alten Hof« mit dem historischen Erkertürmchen, ein Einblick in die Kapellengasse mit der benachbarten »Bürgersaal«-Fassade, Erinnerungen an den ehemaligen »Bockkeller« und dem neuen Rathaus, Szenen aus Künstler-Maifestspielen und den historischen Faschingsfesten. Nur wenigen bekannt und zurückgezogen, schied er fast unbemerkt aus der Welt: Man fand ihn am Morgen des 31. März 1905 infolge eines Schlaganfalles tot in seinem an der Wienerstraße abgelegenen Atelier. Immerhin ein Paar minder lang oder kurz mittönender Instrumente in der großen Symphonie der Kunstgeschichte.

H.

Allgemeine Zeitung Nummer 9. München; Samstag, den 2. März 1912.

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Klemens von Zimmermann

* 8.11.1788 (Düsseldorf)
† 25.1.1869 (München)
Historienmaler

Artistisches München im Jahre 1835 (1836)

Zimmermann, Clemens, Historienmaler zu München, geboren zu Düsseldorf 1788, bildete sich von seinem zehnten Jahre an für die Kunst in der damals noch bestehenden Akademie dortselbst, unter der Leitung des Direktors Peter v. Langer. Als die dortige Gallerie 1806 nach München verpflanzt worden war, folgte er derselben, und kam im Jahre 1808, dem Gründungsjahre der neuen Akademie, nach München. Bei der ersten Ausstellung 1812 trat er mit einem mythologischen Gemälde (Merkur und Argus darstellend) auf, welchem folgte: »Noah’s Opfer,« »Theseus und seine Mutter« und mehrere Bildnisse.

Im Jahre 1815 wurde er als Professor der Historienmalerei bei der Kunstschule in Augsburg angestellt. Darauf machte er 1816 zu seiner weitern Ausbildung mit königlicher Unterstützung eine Reise nach Italien, und kehrte 1817 nach Augsburg zurück.

Hier fertigte er mehrere größere Werke:
Eine Madonna mit dem Christuskinde und dem kleinen Johannes in einem landschaftlichen Hintergrunde.
Einen Johannes in der Wüste.
Für den Magistrat der Stadt Augsburg ein Bildniß des höchstseligen Königs Maximilian, im königlichen Ornate lebensgroß und ganzer Figur, zu welchem ihm der Monarch im Jahre 1818 zu Nymphenburg gesessen.

Nebst diesen Arbeiten, fertigte Z. noch mehrere kleinere historische Darstellungen, und eine große Anzahl von Bildnissen, so zwar, daß fast in allen angesehenen Häusern zu Augsburg solche von seiner Hand zu sehen sind.

Als im Jahre 1820 die Freskomalereien in der Glyptothek zu München begannen, fand zwischen ihm und Cornelius eine Uebereinkunft statt, welche Z. bestimmte, demselben bei der Ausführung al Fresco hülfreiche Hand zu leisten. Zu dem Ende erhielt derselbe alljährlich für die Dauer des Sommers einen Urlaub nach München, bis er endlich im Jahre 1825 als Professor an die Akademie nach München berufen ward.

Nun wurde ihm 1827 der allerhöchste königl. Auftrag zu Theil, die Loggia der neuen Pinakothek mit Freskomalereien zu schmücken. Diese ausgedehnte Arbeit (das Leben der Maler darstellend) zu welcher Cornelius die Entwürfe (Skizzen) gefertigt, ward im Jahre 1828, d. h. die Cartons dazu, von Z. begonnen, und selbe wird bis zum Jahre 1840 gänzlich vollendet seyn.

Bereits sehen wir schon Mehreres von Z. selbst und theils von seinen Gehülfen in Fresko ausgeführt.

Zwischen dieser Arbeit vollbrachte Z. ferner noch:
Die Ausschmückung der Decke des Tanzsaales im Pallast des Hrn. Herzogs Max;
so wie ein Altarbild – die Krönung der Maria darstellend – in dessen Kapelle.

Hieran reiht sich nun noch die in jüngster Zeit ihm von Sr. Maj. dem Könige übertragene Arbeit für den Speisesaal des neuen Königsbaues. Derselbe wird 34 Darstellungen aus den Liedern des Anakreons enthalten, die Z. sämmtlich selbst entworfen und die Cartons dazu gezeichnet hat. Ausgeführt werden und sind sie theils in Fresko und theils enkaustisch, durch ihn oder unter seiner Leitung.

Es versteht sich von selbst, daß hier, um den Aufsatz nicht zu sehr auszudehnen, eine Menge kleinerer Arbeiten dieses Künstlers nicht gedacht ist, die er zum Theil in Oel ausführte, oder die auch nur als Zeichnungen und Lithographien von ihm bestehen.

Adolph von Schaden: Artistisches München im Jahre 1835 oder Verzeichniß gegenwärtig in Bayerns Hauptstadt lebender Architekten, Bildhauer, Tondichter, Maler, Kupferstecher, Lithographen, Mechaniker etc. Aus den von ihm selbst entworfenen oder revidirten Artikeln zusammengestellt und als Seitenstück zum gelehrten München im Jahre 1834 herausgegeben durch Adolph von Schaden. München, 1836.

Wiener Zeitschrift für Kunst, Literatur, Theater und Mode (29.12.1838)

Gallerie einiger in München lebender Künstler.
(Schluß.)

Zimmermann, Clemens.

Es würde ein umfassendes Werk erfordern, wenn man nur den größeren Theil der vorzüglichsten Künstler in einer Gallerie auf einmal nach einander folgen lassen wollte. Mancher bedeutende Name erscheint in der gegenwärtigen Reihe nicht aufgeführt, weil es im Augenblicke nicht möglich war, die interessanten Lebens- und Entwicklungsmomente zu erkunden und dem Leser ein vollkommenes Bild des Meisters zu geben. Über den vielversprechenden Maler Weiland, der seiner alphabetischen Ordnung gemäß hieher gehörte, in der Zukunft! Den namensverwandten Künstler, den ausgezeichneten Landschaftsmaler Albert Zimmermann, der sich durch Talent und Kunst, wiewohl in einem andern Genre, dem Clemens Zimmermann würdig anschließt, werden wir zu seiner Zeit in diesen Blättern in seiner künstlerischen Laufbahn darstellen.

Clemens Zimmermann lebt als Historienmaler zu München. Er bildete sich zu Düsseldorf, wo er im Jahre 1788 geboren ist, von seinem zehnten Jahre an für die Kunst in der noch damals bestehenden Akademie daselbst unter der Leitung des Directors Peter von Langer. Im Gründungsjahre der neuen Akademie der Künste für Bayern 1808 kam er nach München. Bey der ersten Ausstellung 1812 trat der junge Künstler mit einem mythologischen Gemälde (Merkur und Argus) auf. Diesem folgte Noahs Opfer, Theseus und seine Mutter und mehrere Bildnisse. Im Jahre 1815 wurde er als Professor der Historienmalerey in der Kunstschule zu Augsburg angestellt. Darauf machte er im nächsten Jahre mit königlicher Unterstützung eine Reise nach Italien und kam im Jahre 1817 nach Augsburg zurück. In diesem Wirkungskreise bewegte er sich in doppelter Thätigkeit, indem er innerlich erkräftigt durch die Anschauungen der unsterblichen Kunstdenkmale Italiens und mächtig angeregt von dem Genius seiner glorreichen Meister, theils selbst schuf, theils, ein begeisterter Lehrer, seine Zöglinge theoretisch führte. Seine damalige Productivität bereicherte manches Cabinet reicher Privaten, die Freunde der Historienmalerey waren. Cornelius zog ihn, als die Frescomalereyen 1820 in der Glyptothek begannen, nach München, um ihm bey der Ausführung hülfreiche Hand zu leisten.

Der Erfolg seiner künstlerischen Leistungen war die Professur an der Akademie zu München. Im Jahre 1827 wurde ihm der königliche Auftrag, die Loggia der neuen, herrlichen Pinakothek mit Frescomalereyen zu schmücken. Diese umfassende Arbeit (das Leben der Maler darstellend) zu welcher Cornelius die Entwürfe gefertigt, ward im Jahre 1828 begonnen und ist nun größtentheils vollendet. Zwischen dieser Arbeit vollbrachte Zimmermann noch die Ausschmückung der Decke des Tanzsaales im Pallaste des Herzogs Max in Bayern, so wie ein Altarbild: die Krönung der Maria, in dessen Capelle.

An diese Kunstschöpfungen reiht sich nun noch die vor zwey Jahren ihm von Sr. Majestät dem König übertragene Arbeit für den Speisesaal des neuen südlichen Königsbaues. Derselbe enthält 34 Darstellungen aus den Liedern des Anakreon, die Zimmermann sämtlich selbst entworfen und die Cartons dazu gezeichnet hat. Sie sind theils in Fresco, theils enkaustisch ausgeführt durch ihn selbst oder unter seiner Leitung. Der Künstler faßte den hellenischen Dichter der Liebe, des Weines und der heiteren Lebensfreuden ganz in seinem Geiste auf. In diesen Darstellungen bewegt sich das frischeste dramatische Leben, das den Dichtungen des lieblichen Sängers von Kos so viel Reiz und Anmuth gibt. Zimmermann lieferte zu diesen größern Productionen eine Menge kleinerer Arbeiten, die er zum Theil in Öhl ausführte, oder die auch nur als Zeichnungen und Lithographien von ihm bestehen. Die Geschichte wird nie den Namen Cornelius nennen, ohne an diesen Koryphäus deutscher Kunst auch jenen Zimmermann's zu knüpfen.

Wiener Zeitschrift für Kunst, Literatur, Theater und Mode 156. Samstag, den 29. Dezember 1838.

Die bildende Kunst in München (1842)

Clemens Zimmermann.

Eine anmuthige Art epischer Darstellung ist diesem Künstler eigen, eine Art, wie sie jetzt nur vorzugsweise der Malerei zu üben gewährt ist, die darin die lieblichsten Scenen entfaltet und die blütenbekränzten Erscheinungen des Landlebens oder der stillen gemächlichen Häuslichkeit offenbart: die Form der Idylle, in welcher er seine schönsten Schöpfungen gab, zu welcher Darstellungsart er unwillkürlich, durch seine heitere Anschauungsgabe hingezogen wird.

Er ist im Jahre 1788 (4. Novemb.) in Düsseldorf geboren, widmete sich früh der Kunst, ging im Jahre 1808 nach München an die neu errichtete Akademie, wo er mit Eifer seinen Studien oblag und bei allen seinen Arbeiten das Streben nach künstlerischer Besonnenheit, Ordnung der Ideen und Wahrheit der Zeichnung und Charaktere, so wie überhaupt seine wissenschaftliche Bildung sichtbar waren. Das erste Werk, welches ihm Gelegenheit zu besonderer Auszeichnung gewährte, war die gelungene Lösung der Aufgabe: Noahs Opfer. Bald trat dann bei seiner mächtig fortscheitenden Entwicklung, wobei er sich häufig in der Porträtmalerei, der richtigen Auffassung und Darstellung der verschiedensten Charaktere übte, jene liebliche Idyllenform bei seinen freien Schöpfungen hervor, die gewissermaßen seine Eigentümlichkeit bezeichnet und sich in den trefflichen Oelgemälden aussprach: Theseus und seine Mutter, welches Bild er noch als Schüler der Akademie im Jahre 1814 ausführte.

Im Jahre 1815 wurde er von dem Könige Maximilian zum Professor ernannt und an die Spitze der Kunstschule in Augsburg gestellt. Da aber diese Anstalt gerade damals einen größeren Wirkungskreis in freieren Räumen erhalten sollte, und seine Gegenwart bis zur Herstellung derselben nicht nöthig war; so benützte er diese Zwischenzeit, um dem Drange seines längst genährten Wunsches zu folgen und eine Reise nach Italien zu unternehmen. Der König selbst ermunterte ihn dazu und gewährte ihm eine bedeutende Unterstützung aus seiner Kabinetskasse. Im Jahre 1816 trat der Künstler die Reise an, besuchte alle jene Orte, in welchen die Kunstschöpfungen der blühendsten Kunstperioden Italiens sich finden, nährte und belebte seinen Geist an ihnen, und kehrte im Jahre 1817 an seinen Bestimmungsort zurück.

Seine ersten Werke, die er in Augsburg vollendete, waren eine liebliche Madonna mit dem Kinde und dem kleinen Johannes in anmuthiger Landschaft, dann ein Johannes in der Wüste, lebensgroße Bildnisse; dann mehrere in kleinerem Maßstabe, die fast alle religiöse Motive zum Gegenstände haben.

Neben diesen ächt lyrischen Darstellungen fand er vielfache Gelegenheit, sein schönes Talent in Porträtmalerei zu zeigen.

Seine vielen Bildnisse, welche er während seines Aufenthaltes in jener Stadt malte, athmen Leben und lassen den inneren Charakter sichtbar erscheinen; beinahe jede bedeutende Familie in Augsburg besitzt von ihm das Bildniß eines Familiengliedes, in der Gemäldesammlung ist von ihm das treffliche lebensgroße Ebenbild des Königs Mar Joseph. Der Drang weiterer Ausbildung und die Meisterwerke der ersten Maler zu studieren, mehr als dieses in Augsburg möglich war, führte ihn im Jahre 1816 wieder nach Italien, wo er alle bedeutenden Städte und Kunstsammlungen besuchte, und dann im dritten Jahre mit reichen Erfahrungen im Kunstgebiete und lebendig erhaltener Anschauung jener herrlichen Werke nach Augsburg zurückkehrte, wo er mit rastlosem Eifer und anerkannter Wirksamkeit seiner Kunstschule vorstand. Als Cornelius die Ausführung der Freskogemälde in der Glyptothek begann, rief er zur hilfreichen Theilnahme den Professor Zimmermann, der mit königlicher Genehmigung mehrere Jahre zur Förderung des Werkes die Sommermonate in München zubrachte.

Im Jahre 1825 veranlaßte sein hoher Sinn für Farbengebung und seine glückliche angenehme und gründliche Lehrgabe, die er bei der Ausführung jener Freskobilder auf das Glänzendste beurkundet hatte, seine Berufung als Professor an die k. Akademie der bildenden Künste nach München, zunächst um die Fresken in der Glypthothek ausführen zu helfen.

Nachdem diese vollendet waren, schmückte er die Decke des Tanzsaales im Palaste des Herzog Max, und führte ein schönes Bild in Fresko aus: die Krönung Mariens, das in der Kapelle jenes Palastes aufgestellt ist. Darauf erhielt er den ehrenvollen Auftrag, den Speisesaal im Königsbau mit vier und dreißig Darstellungen aus den Liedern Anakreons zu schmücken, wobei er sich ganz seiner Neigung überlassen konnte, und in seinen Entwürfen wieder ganz als Idyllendichter zeigte, wie er in lebendiger anmuthiger Darstellung die schalkhaften und fröhlichen Lieder und Erzählungen des greisen Sängers versinnlichte, daß sie auf glückliche Weise wahrhaft ins Leben eingeführt, ihnen gleichsam Körpergestalt gegeben scheint, und der Beschauer sogleich auf den ersten Blick das der Darstellung entsprechende Lied wieder finden, ja wenn ein solches Lied noch nicht gedichtet wäre, Jeder es sogleich selbst erfinden müßte.

Ich nenne hier nur jene Bilder, welche dem Künstler eine reiche Gruppenentwicklung gewährten; in ihnen vorzüglich zeigt sich der episch-idyllische Charakter, jener lebendige Hauch, der alle Gestalten des Bildes durchzieht und sie alle miteinander in Verbindung zu einer bestimmten, für jeden Beschauer leicht erkennbaren, Handlung bringt. Hier sitzt der alte Sänger, rosenbekränzt, das Obergewand haftet lose über der linken Schulter, die Rechte und die Brust sind unverhüllt; lächelnd hält er mit der rechten Hand die Schale dar, nicht wie ein Durstiger, sondern wie Einer, der zum Vergnügen trinkt und schon ziemlich viel getrunken hat, was die aufstützende Linke anzudeuten scheint. Um ihn her welche Geschäftigkeit! Hinter ihm kniet ein Diener und füllt eine neben ihm stehende Schale, ein Anderer hinter Diesem erhebt eben den Becher, dazu kömmt ein Mädchen mit Trauben. Vor dem fröhlichen Alten aber stehen zwei Mädchen in schöner Gruppe, Kopf geneigt an Kopf und die Arme liebevoll in einander verschlungen, und betrachten theilnehmend lächelnd den Sänger, eine Dritte neben diesem hält einen vollen Krug und vorwärts an sie schließt sich zur Rechten des Beschauers eine andere Gruppe von drei Gestalten: ein Jüngling, vielleicht Bathylos, schaut in liegender Stellung nach Anakreon um, während ein Mädchen auf dessen linke Schulter die Hände legt und sich ebenfalls nach dem Sänger wendet, indeß ein Jüngling in vollen Zügen aus einem Becher schlürft. Unwillkührlich möchte man bei Betrachtung dieses Bildes mit dem Sänger ausrufen: Gebt mir, gebt mir zu trinken!

In einem anderen erkennt Jeder sogleich die Schilderung eines Winzerfestes: die Weinlaube links, daneben Mädchen, welche das Tamburin schlagen, rechts aber Jünglinge und Mädchen, Jene Körbe mit Trauben gefüllt herbeibringend, während Diese sie in die Kufen schütten, Andere Most schlürfen und Knaben mit Trommeln u. s. w. ihr Spiel treiben; in Mitte des Bildes aber steht Anakreon freudig, den vollen Becher in der Rechten erhebend, die Linke mit einem gefüllten Kruge gesenkt. Und hier finden wir den greisen Sänger auf dem Ruhebette, diesesmal ohne Kranz. Eben wacht er aus einem angenehmen Traume auf, er sah sich von lieblichen Mädchengestalten umgauckelt, er erwacht, will sie in Wirklichkeit schauen und streckt die Hände, sich aufrichtend, nach den Entfliehenden aus; schon schwinden die Einen in der Ferne dahin und verhüllen sich, dichte Schleier nebelartig um sich hüllend, Andere verstecken sich, schalkhaft lächelnd, hinter seinem Rücken, Andere beugen sich zu seinen Füssen neben das Ruhebett, um nicht gesehen zu werden.

Ein anderes eben so anmuthiges als charaktervolles Bild stellt den greisen Sänger, dessen Leier noch immer von Wein und Liebe tönte, im Kreise blühender schäckernder Mädchen dar, die in den schönsten mannichfaltigsten Gruppen umher stehend oder sitzend gereiht sind. Der Dichter sitzt, er mochte so eben sein Lieblingsthema gesungen haben, die Rechte ruht auf der Leier, während er die Linke in der anmuthigsten Bewegung vor sich hin ausstreckt, und sein ganzes Antlitz von einem seligen Lächeln verklärt ist; denn seht! ihm halten zwei schelmische Mädchen lachend einen Spiegel dar, aus dem das heitere, aber greise Angesicht des Dichters zurückstrahlt, als wollten sie sagen: Du wirst alt, Anakreon, laß diese Gesänge. Dieser Moment ist der Lebens- und Handlungsfunke des Bildes; alle anderen Mädchen wenden auf das muthwillige Kichern jener Zwei ihr Gesicht nach dem Spiegel oder dem Sänger, der zu sagen scheint: Mag ich auch alt werden, zu trinken und zu lieben geziemt sich doch.

Diese und ähnliche Scenen, von welchen besonders ansprechen: Amors Besuch bei dem Dichter und Amors Klage bei seiner Mutter Aphrodite, die ihn über den Stich einer Biene schalkhaft lächelnd tröstet, sind theils von dem Künstler selbst nach seinen Entwürfen, theils von seinen Schülern in solch harmonischer Weise und mit solchen lebendigen Farbentönen ausgeführt, wie dieses in Wachsfarben anfangs nur möglich war, da die Frische und die sanften Uebergänge zwischen Licht und Schatten, welche mit Oelfarben hervorgebracht werden, dort wiederzugeben unmöglich schien. Er hat die Absicht, diesen Bilderkreis in radirten Blättern, seiner Zeit, herauszugeben.

In Anerkennung dieses ausgezeichneten glücklichen Talentes für Form und Farbengebung erhielt er den königlichen Auftrag, die kleinen Skizzen des Cornelius für die Loggien der Pinakothek in Cartons und dann in Freskobildern selbst auszuführen, und die gediegene Lösung dieser Aufgabe beschäftigte ihn mehrere Jahre, entzog ihn aber der Ausführung eigener Schöpfungen, da er die Sommermonate beinahe ausschließlich mit rastlosem Eifer an jenen Bildern arbeitete, und außerdem, besonders aber in den Wintermonaten nebst der Fertigung der Cartons zu diesem Werke die Arbeiten von beinahe hundert Schülern im Antikensaale bewacht und sie mit Rath und That fördert.

Während dieser vielfachen Thätigkeit ward der Künstler jedoch der Oelmalerei nicht untreu, sondern vollendete außer mehreren höchst gelungenen Bildnissen und der Vermählung der hl. Katharina, ein großes, gegen 7 Schuh langes und 5 Schuh hohes Bild aus der biblischen Idylle, welcher er mit großer Zuneigung huldigt und aus welcher er schon früher einen großen Carton ausführte, wie Joseph von seinen Brüdern verkauft wird, wobei man die plastische Ausführung der Formen, Sicherheit der Zeichnung und die ausdrucksvolle Charakterauffassung allgemein lobte.

Als Gegenstand des neuesten Bildes dieser Art aber ist der Augenblick gewählt, wie der junge Tobias mit seiner errungenen Gattin aus dem Hause ihrer Eltern scheidet. Unter einem hohen Vorhause, durch welches sich zur linken Seite hin die Aussicht auf eine südlich warme, fremdartige Landschaft öffnet, ist die Abschieds-Scene dargestellt; die Hauptpersonen treten vor den übrigen in kenntlicher ausgezeichneter Weise hervor. Unter dem Ausgange des Vorhauses steht schon ein bepacktes Kameel, darauf sitzt eine jugendliche Frau, die sich zurückwendet nach den Personen, welche sich auf dem Säulengetragenen Stiegenhause befinden und sich über die Brüstung neigen, voll Theilnahme an der Scene, welche vor und unterhalb ihnen vorgeht. Die blühende junge Gattin küßt zum Abschiede die Mutter, der Vater steht daneben und erhebt die eine Hand zum Segen. Auf sinnige Weise wird diese Gruppe mit derjenigen verbunden, welche gegen den Ausgang des Vorhauses hin edle Männergestalten bilden: Tobias von dem Engel, der die eine Hand auf dessen Schulter legt, zur Eile gedrängt, streckt die linke Hand nach seiner Gattin zurück, als wolle er sie fortziehen. Zwischen den beiden Gruppen ist im Hintergründe, damit kein unangenehmer Raum bleibe, ein Diener beschäftigt, Schafe vorwärts zu treiben. Andere sind außerdem gehörig vertheilt, und Alles deutet den Augenblick des Scheidens an. Die Gestalten selbst mit ihren markirten orientalischen Gesichtern, dazu die südliche, doch fremdartige Landschaft mit dem glühheißen Lufttone, und die Engelgestalt neben dem jungen Manne läßt jeden Beschauer sogleich die Deutung des Bildes erkennen, wie es bei der gelungenen Darstellung eines Kunstwerkes stets der Fall ist und seyn muß.

Schon beschäftigt sich der Künstler wieder mit neuen ähnlichen Entwürfen, die er in Oel auszuführen gedenkt, da er im September 1840 die Freskobilder in den Loggien der Pinakothek zu seinem Ruhme und zur Freude der Beschauer vollendet hat.

Dr. Johann Michael von Söltl: Die bildende Kunst in München. München, 1842.

Die deutschen Maler-Radirer (1872)

CLEMENS v. ZIMMERMANN.

Vor wenigen Monaten verschied in München ein hochverdienter, in weiten Kreisen bekannter Künstler, ein Mitschöpfer des neuen monumentalen München, ein Freund und Berather des kunstglühenden Königs Ludwig I., der ihm vertrauensvoll hohe Aemter in die Hand gelegt, ein Mitzeuge der Wiedergeburt unserer Kunst, Landsmann und Mitarbeiter des berühmten Cornelius. Bei dieser hervorragenden Stellung Zimmermann’s in Kunst und Leben geziemt es sich wohl, dass wir ausführlicher auf sein Wirken eingehen. Verfolgen wir es an dem Faden der Erinnerungen, die der Verewigte in den letzten Jahren für dieses Buch eigenhändig niedergeschrieben hat.

Clemens v. Zimmermann erblickte den 8. November 1788 (nicht 1789) in Düsseldorf das Licht der Welt. Es war in der Zeit des Ausbruchs der französischen Revolution, deren Stürme bald ganz Europa in Erschütterung setzten; die Eltern blickten mit Bangen in die dunkele Zukunft, ihr Sohn aber, damals noch Kind, schaute sorglos in’s Leben, denn seine Welt war noch das heitere Spiel. Sieben Jahre alt geworden ward er in die Elementarschule geschickt, in welcher bereits der um zwei Jahre ältere P. Cornelius sass. Dieser zeichnete schon damals fleissig nach Raphael und der Antike, und diese Uebungen, die er öfters in die Schule mitbrachte, erregten das Staunen seiner Mitschüler, und ganz besonders unsers jungen Zimmermann, der sich herzlich sehnte bald ähnliche Zeichnungen ausführen zu können.

Bis zum Jahre 1800 blieb Zimmermann in der Elementarschule, dann besuchte er etwa ein Jahr lang das Gymnasium und trat aus diesem in das Lyceum über. Er war dreizehn Jahre alt, als er seine ersten Versuche im geregelten Zeichnen begann, sie wurden in der Akademie von P. Langer, der das Directorat dieser Anstalt verwaltete, geleitet und eine der ersten Arbeiten dieser Art war die Copirung der zwölf Apostel des Marcanton nach Raphael. Freilich konnte der junge Zimmermann noch nicht frei über seine Zeit verfügen, er schwärmte wohl für die Kunst, aber die Schularbeiten des Lyceums forderten fürs erste dringendere Berücksichtigung, was er im Zeichnen leistete war wesentlich nur eine Frucht der Thätigkeit seiner Musestunden. Das änderte sich im Jahre 1804, wo Zimmermann das Lyceum verliess und den festen Entschluss fasste, sich ganz der Kunst zu widmen. Er trat in die Akademie ein und fing bereits an Versuche in der Oelmalerei zu machen, seine ersten Uebungen waren Köpfe grau in Grau nach Gypsbüsten, und als er sich allmälig die Führung des Pinsels angeeignet hatte, wagte er sich an die Herstellung eines farbigen Bildes nach einem Original des Belucci, das auch so ziemlich zu seiner Zufriedenheit ausfiel.

Die Zeitverhältnisse waren für den akademischen Unterricht in Düsseldorf wenig günstig, die Franzosen bedrohten den Rhein, die berühmte Gallerie musste flüchten, zuerst nach Ostfriesland, von da nach Holstein und wenn sie allerdings, nachdem die Gefahr des Raubes glücklich abgewendet worden war, auch wieder zurückkehrte, so war ihr Bleiben in Düsseldorf doch nur von kurzer Dauer.

Trotz mehrfacher Unterbrechungen und Störungen des akademischen Unterrichts schritt Zimmermann in seinen Studien, mit denen es ihm voller Ernst war, glücklich fort und errang sich die Zufriedenheit seines Lehrers Langer. Freilich so weit war er in der Ausbildung noch nicht vorgeschritten, dass er sich an Aufgaben wagen durfte, die bereits damals sein Freund Cornelius zu allgemeiner Zufriedenheit löste. Auch dieser hatte mit Copien nach Bildern der Gallerie begonnen, und es war unter diesen vornehmlich eine Ruhe der von der Jagd ermüdeten Diana mit ihren Nymphen, nach Rubens, besonders glücklich gelungen. Sein grosses Altarbild für die Kirche der Franciskaner in Düsseldorf, ganz besonders aber seine Malereien in der Kuppel der Kirche zu Neuss offenbarten bereits jenes ernste und tiefe Kunststreben, das später so glänzend zur Wiedergeburt unserer historischen Malerei geführet hat.

Im Jahre 1805 trat in Düsseldorfs Kunstverhältnissen eine gänzliche, vielfach folgenschwere Umgestaltung ein. Als Preussen gegen die Verbündeten in den Kampf trat, befürchtete Bayern eine Wegnahme der Gallerie, es kam der Befehl aus München, Gallerie und Archive abzuführen.

Die Stände protestirten, aber der Wille des Fürsten war mächtiger, die Gallerie, begleitet von den Inspectoren Brulliot und Treuillon, wanderte nach München, Langer und Hess, jener Director, dieser Professor der Akademie, folgten in Kurzem nach. Wohl befand sich noch eine ziemliche Anzahl Schüler in Düsseldorf, und an Langer’s Stelle wurde Lambert Cornelius mit der Leitung der Akademie betraut, aber mit dem Weggang der besten Lehrer und der Gallerie war auch der Ruf der Anstalt aufs Tiefste erschüttert.

Zimmermann setzte noch zwei Jahre seine Studien in Düsseldorf fort, er war mit dem Erfolg nicht zufrieden, wollte er sein hoffnungsvoll begonnenes Streben nicht gänzlich vereitelt sehen, so blieb ihm nichts Anderes übrig, als seinem alten Lehrer nach München zu folgen.

Dies geschah im Jahre 1808, dem Gründungsjahr der neuen, gänzlich umgestalteten Akademie, an welcher Peter Langer als Director und sein Sohn Robert als Professor wirkten. Es herrschte ein ausserordentlich reges Leben an dieser Anstalt, der Ruf der Lehrer hatte eine so grosse Schülerzahl herangezogen, dass die Klasse, in welcher das Zeichnen nach dem lebenden Modell gelehrt wurde, in zwei Hälften getheilt werden musste. Diese Uebungen nach dem lebenden Modell fanden Abends statt, am Tage malte Zimmermann mit einigen andern Schülern, Muxel, Rhomberg etc., unter Leitung des Directors unmittelbar nach dem Leben. Der Wetteifer der Schüler trug bald seine guten Früchte, Zimmermann war schon so weit fortgeschritten, dass er sich an eigene Compositionen wagen konnte; seine erste, Mercur und Argus, entstand im Jahre 1811, seine zweite, das Opfer Noah’s, zugleich Concurrenz-Aufgabe der Akademie, trug 1812 den ersten akademischen Preis davon. Neben historischen Compositionen, deren Inhalt zum grössten Theil der Bibel entlehnt war, führte Zimmermann auch viele Portraits in Oel und Zeichnung aus, die wir als eine gute Bildungsschule für den angehenden Historiker betrachten können.

Bis zum Jahre 1814 blieb Zimmermann im Verbande der Akademie, es fand in diesem Jahre eine grosse Ausstellung statt, auf welcher seine Arbeiten zahlreich vertreten waren; ausser den Portraits des Gallerie-Inspectors Brulliot, der Grafen Seinsheim und Trips, des Barons Freiberg, ausser mehreren grossen Zeichnungen und Skizzen, welche fast sämmtlich biblische Stoffe behandelten, war es besonders ein Bild: Theseus wie ihm seine Mutter von den Thaten des Vaters erzählt, welches die Aufmerksamkeit der Kunstfreunde auf sich zog. Rumohr ist in seinen »Denkwürdigkeiten der Kunstausstellung 1814« des Lobes voll, er zählt Zimmermann neben Muxel und Rhomberg zu jenen jungen Kräften, die bereits der Meisterschaft sehr nahe gekommen sind: »der erstere (Zimmermann) scheint zunächst mit jenem lebensfröhlichen Sinne begabt, dem die Dichtung des Alterthums den gefälligsten Stoff leiht und in der Behandlung desselben unterstützt ihn ein nicht gemeiner Geschmack. Das ausgestellte Bild, Theseus und seine Mutter, ist bei grosser Reinheit der Form, Schönheit der Stellung und Gewandung, anziehend durch die alterthümliche Einfalt der Charaktere und einen gewissen Ernst, der glücklich zum Gegenstande stimmt. Eine angeborene und glücklich ausgebildete Leichtigkeit in der Auffassung der Form und Behandlung der Farbe, kündigt sich in jedem Zuge an und vorzugsweise in dem guten Localton und in dem gefälligen Farbenauftrag der nackten Theile.«

Im Jahre 1814 löste Zimmermann sein Verhältniss zur Akademie; er wollte eine selbstständige Existenz, ein eigenes Haus gründen und trat in die Ehe mit der Tochter des bekannten Königlichen Garten-Intendanten v. Skell. Aber seit sechs Jahren hatte er die Heimat, die Eltern, die alten Freunde und Studiengenossen nicht wieder gesehen, die Sehnsucht nach Düsseldorf ward wach in seiner Seele und am 30. December reiste er dahin ab. Manches hatte sich verändert: der ältere Bruder war als Freiwilliger in einem französischen Regiment an die spanische Grenze gegangen; ein lieber Studiengenosse, der Maler Breitenstein, der auch zu Cornelius in innigem Freundschaftsverhältniss stand, war auf diesem Zuge gestorben; Cornelius selbst weilte schon seit drei Jahren in Rom. Zimmermann fand von seinen alten Freunden und Studiengenossen wenige mehr vor, dennoch richtete er sich ein Haus ein und begann zu malen; eine Flucht nach Aegypten war die erste in Düsseldorf entstandene Composition, das Bild fand sofort seinen Käufer; darauf führte Zimmermann eine Reihe Portraits aus, unter welchen wir in erster Reihe die Bildnisse seiner Eltern und Brüder nennen.

Im Herbste 1815 trat ein entscheidender Wendepunkt für Zimmermann’s Lebensverhältnisse ein, er ward, ohne es zu ahnen, durch ein Decret der Akademie in München überrascht, in welchem König Max I. ihn zum Leiter der Filial-Kunstschule in Augsburg ernannt hatte. Er säumte nicht, alsbald nach München zurückzukehren, um seinen ehrenvollen Posten anzutreten. Die Augsburger Kunstschule lag sehr im Argen, eine gänzliche Umgestaltung war dringend nöthig und Zimmermann, der sich eine reiche Fülle praktischer Kunstkenntnisse angeeignet hatte, gewiss der rechte Mann, das gesunkene Institut neu zu beleben. Bauliche Arbeiten am Gebäude verhinderten die sofortige Eröffnung. Zimmermann glaubte diese unfreiwillige Muse nicht besser ausfüllen zu können als durch eine Studienreise in Italien, nach welcher er sich schon längst gesehnt hatte. Freiherr v. Grafenreuth, königl. General-Commissär in Augsburg, ertheilte ihm gerne den gewünschten Urlaub und der König wies zur Unterstützung eine ansehnliche Summe aus seiner Privatkasse an.

Im Anfange des Jahres 1816 trat Zimmermann seine Römerfahrt an. Verona fesselte zuerst den jungen Mann, Padua gewährte reichere Ausbeute, besonders waren es die Fresken des Giotto in St. Annunziata und St. Antonio, die ihn anzogen; dann wurde Venedig besucht und seine Kunstschätze, besonders die Werke von Tizian und Paul Veronese, volle vierzehn Tage mit Muse betrachtet Ueber Padua wieder nach Verona zurückgekehrt suchte er nun Mantua auf, um die berühmten Fresken des Giulio Romano im Palazzo del T zu betrachten, er bewunderte die geistvolle Composition, vermisste aber vollendeten Schönheitssinn und Adel in den Körperformen sowie in der sehr braunrothen und monotonen Farbe. Von Mantua ging es weiter über Ferrara nach Bologna, wo die schönsten Bilder der Akademie soeben wieder aus Paris zurückgekehrt waren; Rimini, Ancona, Loretto und andere Städte wurden nur flüchtig besucht, Zimmermann sehnte sich nach Rom, wo ihn sein Freund Mosler aus Coblenz schon längere Zeit erwartete. Er nahm seine Wohnung auf Trinitá del Monte, in demselben Hause, wo der bekannte Bildhauer Eberhard sein Atelier hatte. Der erste Gang mit Mosler und Eberhard war zum Hause Bartholdi, wo Zimmermann Cornelius, Overbeck, Veit und Sehadow in voller Arbeit begriffen fand. Keiner wusste von der Ankunft Zimmermann’s, und um so grösser war die Freude der Ueberraschung. Die berühmten Fresken waren damals schon fast zur Hälfte vollendet, Zimmermann erkannte in ihrem ernsten und geistvollen Vortrag eine neue, an die Werke des 15. Jahrhunderts erinnernde Kunstrichtung, die ernsten Vorboten der Wiedergeburt unserer Malerei aus der Versumpfung und Lüsternheit des vorigen Jahrhunderts.

Den Sommer blieb Zimmermann in Rom; aus München waren alte liebe Bekannte angekommen: Galleriedirector v. Di11is, Domcapitular Späth, Aug. Graf v. Seinsheim, Phil. Veit und Banquier Strasburger, sie wollten weiter ziehen, nach Neapel und Sicilien, und Zimmermann schloss sich ihnen an. Es war im Herbste 1816. Was Neapel und seine Umgebung in Kunst und Natur Schönes und Merkwürdiges bieten konnte, ward aufgesucht und bewundert. Amalfi, Pästum, Pompeji, der Vesuv, Capo di Monte, Bajä etc.; reich an neugewonnenen Eindrücken, voll Jubel über die mannigfaltigen malerischen Reize der Umgebungen Neapels langte die kleine Künstlergesellschaft im November wieder in Rom an. Dillis, Veit und Strasburger reisten nach München zurück, Seinsheim und Zimmermann blieben in Rom.

Bis jetzt hatte Zimmermann noch wenig gearbeitet, die meiste Zeit war auf Reisen, Betrachten und Studiren verwendet worden. Es galt das Versäumte nachzuholen, zumal auch Graf Seinsheim in der Absicht ernstlicher Studien nach Rom gekommen war; er begann mit Zeichnungen von Köpfen und ganzen Figuren nach den Fresken des Raphael im Vatican, und sein ihm angeborener Sinn für Schönheit der Form und epische Ruhe in seinen Bildern hat durch dieses Studium Raphaelischer Kunst die geeignete Förderung erhalten.

Als die vorgerückte herbstliche Jahreszeit das Arbeiten im Vatican nicht mehr erlaubte, richtete er sein Studium in seiner eigenen Wohnung ein, indem er Skizzen mit der Feder zu alttestamentlichen Compositionen entwarf, um sie in Oelfarben auszuführen.

Zimmermann’s Urlaub ging zu Ende, er nahm Abschied von Rom, und kehrte nach kurzem Aufenthalt in Florenz, wo ihn Rumohr zu den schönsten Denkmälern dieser Stadt geleitete, nach München und auf seinen Posten an der Kunstschule in Augsburg zurück.

Neu belebt, legte er alsbald Hand an ein grösseres Werk, eine Madonna mit dem Kind und kleinen Johannes in landschaftlicher Umgebung (in Besitz des Sensals Vannoni in Augsburg), welches nebst drei andern kleineren Bildern, einer Flucht nach Aegypten, einem Abschied des Tobias von seinen Schwiegereltern und einem Portrait des Hofgarten-Intendanten v. Skell, 1817 auf der Kunstausstellung in München erschien. In Augsburg waren die baulichen Einrichtungen der Kunstschule zur Vollendung gediehen und die neu eingerichtete Anstalt ward noch im Herbst desselben Jahres dem Studium geöffnet Der Unterricht erstreckte sich auf fast alle Zweige der ausübenden Kunst, er begann mit dem Zeichnen nach Vorlagen, Gypsbüsten und Statuen, ging dann zur Zeichnung nach dem lebenden Modell über und zuletzt kamen jene Schüler, welche besondere Begabung für die Malerei offenbarten, in den Actsaal, um nach der Natur in Oel zu malen.

Zimmermann hat zehn Jahre lang diese Schule zu vielfachem Segen geleitet und eine Anzahl Schüler herangebildet, die sich später einen guten Namen in der Kunst erworben haben, wir nennen die Genremaler J. B. Kirner († 1866) und J. Geyer, die Historienmaler C. Nilson und M. Veith († 1846), den Landschafter M. Rugendas († 1858) u. A. Seine eigene selbstschöpferische Thätigkeit bewegte sich während dieser Zeit besonders auf dem Felde der Portraitmalerei, seine Bildnisse, die frappante Aehnlichkeit der Züge mit sprechendem Charakter, eine warme Carnation mit zartem gefälligen Farbenauftrag verbanden, waren beliebt und wurden öffentlich vielfach belobt, wir nennen die Portraits der Banquiers Vollmuth und Grammich, des Sensals Vannoni, des Doctors Brunner von Neuburg, des Finanzraths Schätzler und der Frau des Wechslers J. Obermaier, besonders aber das Bildniss des Königs Maximilian I., das Zimmermann in Lebensgrösse und in königlichem Ornat 1820 für den Magistrat ausführte, und jenes der Königin Hortensia, die mit ihrem Sohne Louis Napoleon damals in Augsburg lebte. Hortensia besass Talent zur Kunst, sie dichtete, componirte, malte und zeichnete auf den Stein, Zimmermann hatte Zutritt zu ihrem Hause und hat sie in der Kunst der Zeichnung auf den Stein unterrichtet.

Im Jahre 1825 ward Zimmermann als Professor an die Akademie in München berufen, mit deren Directorat nach Langer’s Tod Cornelius betraut worden war. Der kunstbegeisterte Kronprinz Ludwig hatte in demselben Jahre den väterlichen Thron bestiegen und unter seinen Auspicien begann jetzt ein neues Lehen an der Akademie, ein grosses, in Deutschland unbekanntes Ringen, Wetteifern und Schaffen in der Kunst. Eine der ersten Früchte dieser reichen Thätigkeit war die von Klenze erbaute Glyptothek, die 1816 begonnen und 1830 vollendet ward. Cornelius wurde 1819 mit der malerischen Ausschmückung dieses Gebäudes betraut, indem die beiden grossen Festsäle und ihre Vorhalle mit Fresken aus der griechischen Götter- und Heldensage in cyklischer Folge geschmückt werden sollten. Die Aufgabe war umfangreich und Cornelius, zumal er lieber componirte als malte, sah sich veranlasst, sich seiner Schüler und Gehülfen bei diesem Werke, dessen Vollendung dennoch zehn Jahre (1820–1830) in Anspruch nahm, zu bedienen, es waren Hess, Schlotthauer, Heydeck, Sippmann, Neureuther, Eberle, Thelott und unser Zimmermann. Von Zimmermann, dessen Wirksamkeit hier allein in Betracht kommt, wurden folgende Fresken (nach den Zeichnungen des Cornelius wie alle Bilder) ausgeführt, im Göttersaal das Hauptbild des Gewölbviertels: der Morgen: Aurora, zwischen den Horen, voran Lucifer, fährt Blumen streuend mit ihrem Zweigespann empor; – links: Aurora beim Hahnenruf sich vom Lager erhebend, Tithonus und Memnon schlummern noch auf ihrem Lager; – an den Wänden die Hauptgemälde: das Reich des Neptun oder die Wasserwelt, der Olymp oder das Reich des Zeus, die Unterwelt oder das Reich des Pluto von Cornelius unter Beihülfe von Zimmermann und Schlotthauer gemalt, – links vom Fenster an der Decke: Hekate, Nemesis und Harpokrates, – in der Arabeske das Streiten der wilden und geheimnissvollen Naturkräfte, welches das organische Leben vorbereitet, – in der kleinen Vorhalle die linke Lünette mit Pandora und Epimetheus, – im Trojanischen Saal: das Urtheil des Paris, die Hochzeit des Menelaos, das Opfer der Iphigenia, von Zimmermann und Schlotthauer gemeinschaftlich gemalt, – Achilles unter den Töchtern des Lykomedes, Menelaos im Zweikampf mit Paris, Achilles, dem Priamos die Leiche Hektors gewährend, – die Wandgemälde: der Zorn des Achilles, der Kampf um den Leichnam des Patroklos, die Zerstörung von Troja, von Cornelius mit Beihülfe von Zimmermann und Schlotthauer gemalt. – Von Oelbildern, die während dieser Zeit entstanden, nennen wir: Joseph von seinen Brüdern verkauft, auf der Münchener Ausstellung 1826, die Vermählung der h. Katharina, Italienische Pilger auf dem Wege nach Loretto, auf derselben Ausstellung 1829.

Gleichzeitig mit den Malereien in der Glyptothek entstand in München ein zweites Denkmal der neubelebten Freskomalerei, das aber nicht der alten Kunst, sondern der vaterländischen Geschichte geweiht war, ich meine jene Fresken in den Arkaden, welche die Vermittelung zwischen der Residenz und dem 1822 nach Klenze’s Plan erbauten Bazar bilden. Rottmann zierte diesen Bazar mit landschaftlichen Fresken aus Italien; die historischen Fresken, die wichtigsten Ereignisse Bayerns unter der Herrschaft der Wittelsbacher darstellend, wurden von verschiedenen Künstlern selbstständig ausgeführt; auch Zimmermann war dabei betheiligt, er malte die Belehnung Otto’s v. Wittelsbach mit dem Herzogthum Bayern 1180.

Nach Beendigung der Malereien in der Glyptothek erhielt Cornelius den Auftrag den Corridor der alten Pinakothek mit Fresken zu schmücken. Er hatte bereits begonnen den Grundgedanken des Ganzen und kleine Skizzen der Einzelbilder zu entwerfen, da er aber gleichzeitig mit den umfassenden Malereien in der Ludwigskirche beschäftigt war, fand er keine Muse die Ausführung der Pinakothekarbeiten zu unternehmen und zu leiten.

König Ludwig beauftragte nun 1827 Zimmermann, die weiteren Vorbereitungen, die Anfertigung der Cartons und die Ausführung der Bilder selbst vorzunehmen. 1830 ward das umfangreiche Werk begonnen und mit Beihilfe von Gassen, Hiltensperger, Neureuther 1840 glücklich zu Ende geführt. Die Disposition des Bildercyklus ist hier durch die örtliche Räumlichkeit bedingt. Der ganze Corridor, 419 Fuss lang, 18 Fuss breit, und 29 Fuss hoch, enthält 25 Bogenstellungen, die mit ebensovielen auf Wandpfeilern ruhenden flachen Kuppeln überwölbt sind. Nur diese Kuppeln und die an der Wand darunter befindlichen Lünetten sind mit Fresken geschmückt und veranschaulichen in reicher Fassung die geschichtliche Entwickelung der christlichen Kunst. Die ersten 13 Kuppeln behandeln die Geschichte der Malerei in Italien, die übrigen beziehen sich auf die Entwickelung der Kunst in Deutschland, Niederland und Frankreich, jede Kuppel ist irgend einem der einflussreichsten Künstler oder auch einer ganzen Schule zugetheilt. Beide Reihen beginnen an den beiden Enden und vereinigen sich in der Mitte in der Loggie Raphael’s, wie gewissermassen um den Grundgedanken des Ganzen zu veranschaulichen, dass die Kunst der christlichen Welt, weil in Raphael zu schönster Blüthe gereift, auf der innigen Verschmelzung christlichen und antiken Geistes beruhe.

Während Zimmermann noch mit dieser Arbeit, beschäftigt war, war 1836 die von Klenze erbaute neue Residenz zur Vollendung gediehen; das schöne Gebäude, dessen Aeusseres an den Palast Pitti in Florenz erinnert, sollte innerlich mit reichem bildnerischen Schmuck ausgestattet werden, und Zimmermann war wieder einer jener Auserwählten, welche mit dieser Ausschmückung durch König Ludwig betraut wurden. Er hatte den Bilderschmuck des Speisesaales in 34 Gemälden nach den Dichtungen Anakreon’s auszuführen; sie sind theils al fresco, theils enkaustisch und mit Beihülfe der beiden Freunde Anschütz und Nilson gemalt. Anakreon selbst als Sänger der Liebesgötter sehen wir an der Mitte der Decke, an der den Fenstern gegenüberstehenden Wand dann Anakreon am Altare des Bacchus die Leyer spielend, Anakreon als König des Schmauses und sein Kelterlied, in den Lünetten Anakreon’s Traum wie er von scherzenden Mädchen geneckt wird, seine Aufforderung zur Freude, Amor’s Wettstreit mit Mars etc.

An diese Werke reihen sich unmittelbar Zimmermann’s Fresken im neuem Palais des Herzogs Max in Bayern. Klenze hat dieses 1830 vollendete Palais gebaut, Rob. v. Langer, Kaulbach und Zimmermann haben die Malereien ausgeführt. Von Zimmermann ist der Plafond des Tanzsaales mit tanzenden Figuren und das Altarbild der Kapelle, Maria von zwei Engeln gekrönt in Lebensgrösse.

Zimmermann hatte nun volle zwanzig Jahre fast nur al fresco gemalt, ob er noch so fest und sicher in der Technik des Oelmalens wie früher war, stand in Zweifel, und doch durfte er das Oelbild um so weniger vernachlässigen, als die grossen monumentalen Freskomalereien in München allmälig zur Vollendung gediehen waren. Er zog sich auf sein Atelier auf der Akademie zurück, nahm Skizzen, die er schon früher gezeichnet hatte, zum Vorwurf und fand zu seiner Freude, dass es mit dem Oelmalen noch ganz gut von Statten ginge. Verfolgen wir seine nächsten Schöpfungen auf diesem Felde: eine heilige Cäcilia mit zwei singenden Engeln erwarb 1836 der Münchener Kunstverein, ein Abschied des jungen Tobias von seinen Eltern (1837), eine Madonna mit einem Kinde das die Mutter mit beiden Händen umfasst und sie küsst, kamen in Besitz des Hofbuchdruckers Röse1. Dazwischen entstand ein sogenanntes Staffeleibild, welches König Ludwig 1845 erwarb, es stellt Cimabue zu Pferde vor, wie er den jungen Giotto beobachtet, welcher, umgeben von Hirten, die Umrisse eines Schafes in den Sand zeichnet; ein anderes Staffeleibild, die drei theologischen Tugenden, erwarb 1840 Bolgiano; eine mythologische Darstellung, Mars, Venus und drei Amoretten, ward 1843 begonnen, es ist noch in der Hinterlassenschaft des Künstlers. Eine lebensgrosse Madonna mit dem schlafenden Kinde auf dem Schoos, in einer Landschaft sitzend, wanderte 1846 auf die belgische Kunstausstellung und ward dort verkauft. Eine grosse Composition mit lebensgrossen Figuren, der Zug des Paulus zur Christenverfolgung in Damaskus, gedieh nicht zur Vollendung (was erst spät, 1867, geschehen ist), nur der Carton und eine Farbenskizze wurden fertig. Eine Himmelfahrt Mariä, grosses Altarbild, malte Zimmermann (1852) für König Ludwig, es ging als Geschenk des Königs nach Claire Village in Australien.

Mittlerweile war Zimmermann nach dem Tode des R. v. Langer 1846 mit der Direction der königlichen Centralgallerie betraut worden, in dieser seiner neuen, die Aufsicht von Kunstsammlungen verschiedener Art umfassenden Stellung gab es viel zu ordnen, umzugestalten und neu einzurichten; mit Liebe und Sorgfalt erfüllte er seine Pflichten, aber beschränkt in seiner Muse fand er wenig freie Zeit, um grössere selbstständige Arbeiten auszuführen; sein Zug des Paulus zur Christenverfolgung in Damaskus konnte aus diesen Gründen nicht zur Vollendung gedeihen.

Am 20. März 1848 übergab König Ludwig seinem Sohne Maximilian die königliche Gewalt, der Politik müde, zog er sich in ein stilles, ganz der Kunst geweihtes Leben zurück. Um einen Sammelpunkt für Werke der neuen Kunst, wie ein solcher schon für die alten Meister in der alten Pinakothek bestand, in München zu schaffen, beschloss Ludwig den Bau der neuen Pinakothek; dieselbe ward 1853 vollendet und Zimmermann mit der Einrichtung und Leitung derselben betraut. Nur Gemälde unsers Jahrhunderts fanden Platz in diesem Museum, sie wurden unter jenen Bildern in Schleisheim, die Privateigenthum des Königs waren, ausgewählt und sind alljährlich durch neue Erwerbungen bereichert worden. Bald nach der Einrichtung der neuen Pinakothek hatte Zimmermann in Schleisheim eine ähnliche Aufgabe zu erfüllen, König Max II. wünschte die Anlegung einer vollständigen Genealogie des königlichen Hauses Bayern, es gelang Zimmermann die grösste Mehrzahl der Bildnisse bayerischer Fürsten vom Jahre 1180 bis auf die Gegenwart aufzufinden, nur in einigen Linien aus älterer Zeit blieben unausfüllbare Lücken.

Zimmermann vereinigte in seiner Hand die Direction der Alten und Neuen Pinakothek sowie der Glyptothek; jene, (die Direction der Alten Pinakothek), für sein hohes Alter zu mühsam geworden, wurde vor drei Jahren dem Professor Ph. Foltz übertragen, die Leitung der Neuen Pinakothek und Glyptothek blieb in seinen Händen und eine seiner letzten Arbeiten war es, alle jene Kunstwerke, welche bisher in der Bibliothek Königs Ludwig gestanden hatten, in den untern Sälen der Neuen Pinakothek aufzustellen. Diese Aufstellung nahm fast volle drei Monate in Anspruch, leider hat König Ludwig ihre Vollendung nicht mehr erlebt. Auch Zimmermann stand dem Schlusse seines Lebens nahe, der rüstige Greis hatte dasselbe auf 80 Jahre gebracht und beschloss es, von den Vorboten des Todes vor der Staffelei überrascht, nach kurzem Krankenlager gefasst und ruhig den 24. Januar 1869.

München verlor in ihm einen Mitschöpfer und Zeugen seiner ersten glänzenden Kunstperiode, die Künstler und seine Freunde einen liebenswürdigen, von Bescheidenheit, Herzensgüte und Dienstbereitwilligkeit beseelten Genossen. Er war Ritter des Civil-Verdienstordens der bayerischen Krone, des Ordens vom hl. Michael, des kgl. bayerischen Ludwigsordens, des k. k. österreichischen Franz-Josephs-Ordens und des königl. württembergischen Kronenordens.

Wir haben Zimmermann’s Werke bereits im Text genannt. Versuchen wir eine kurze Charakteristik, so dürfen wir im Allgemeinen sagen, dass Zimmermann zwischen der akademischen Richtung und den selbstständigen Bestrebungen der neuen Kunst mitten inne steht, zwischen beiden zu vermitteln sucht, in der Schule der beiden Akademiker Peter und Rob. v. Langer hatte er seinen Sinn für Schönheit der Form und technische Vollendung glücklich entwickelt, unter dem Einfluss der neuen, von König Ludwig beschützten Kunst des Cornelius rang er dahin, seinen Gestalten innere Belebung, gemüthvolle Beseelung zu verleihen. Grosse Charaktere, gewaltige historische Ereignisse waren sein Fach nicht, sanft und liebevoll von Gemüth wie er war bevorzugte er auch in der Kunst liebliche, seelenvolle, von starker leidenschaftlicher Erregung befreite Darstellungen, ja viele seiner besten Schöpfungen tragen ein entschieden idyllisches, von heiterer Lebensanschauung beseeltes Gepräge.

Als Radirer tritt uns Zimmermann auf einem neuen von ihm wenig angebauten Feld entgegen, dem Feld der landschaftlichen Darstellung. Es ist manches Steife und Harte in diesen Blättern, man fühlt die Ungewohntheit des Materials und des Gegenstandes und wir sind nach der eigenen Aussage des Künstlers auch nur berechtigt, sie als Versuche zu nehmen. Die Platten kamen in Besitz des bekannten Kunsthändlers Joh. Grünling in Wien; es scheinen wenige oder gar keine Abzüge gemacht worden zu sein, da die Blätter äusserst selten vorkommen, nur zwei Platten scheinen sich erhalten zu haben, da uns von diesen neue Abdrücke zu Gesicht gekommen sind.
Zimmermann’s Portrait ist uns in Lithographie erhalten in Kohler’s Münchener Album 1841–42.

Folgende Compositionen Zimmermann’s sind durch Reproduction in weiteren Kreisen bekannt geworden:
Die heil Mutter. J. Melcher lith. König-Ludwigs-Album, gr. Fol.
Die Vermählung der heil. Katharina. Veni de Libano etc. H. Kohler lith. roy. Fol.
St. Cäcilia. G. Scheuerlin lith. gr. Fol.
Raphael’s Tod, nach der Composition des Cornelius. J. Rigal lith. gr. qu. Fol.
Belehnung Otto’s von Wittelsbach mit dem Herzogthum Bayern. W, Gail lith. Im Werk: Freskogemälde aus der Geschichte der Bayern. 19 Bl. München, qu. Fol. Die Copien, München Herrmann, sind kleiner.
Dasselbe. Wengg lith., für das Cotta’sche Kunstblatt 1828.

Dr. phil. Andreas Andresen: Die Deutschen Maler-Radirer (Peintres-Graveurs) des neunzehnten Jahrhunderts, nach ihren Leben und Werken. Leipzig, 1872.

Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München (1983)

Zimmermann Klemens, von, 1778 (Düsseldorf) – 1869, Historienmaler und Akademieprofessor; seine erste Ausbildung erhielt Z. in seiner Vaterstadt, nach einer Studienreise durch Italien wurde er 1816 Professor an der Kunstschule in Augsburg, 1825 an der Münchner Akademie; seit 1846/65 war Z. Direktor der Zentralgemäldesammlung in München; Z. malte für P. von Cornelius Fresken in den Arkaden Hofgartens (Belehnung Ottos von Wittelsbach mit Bayern im Maximilianeum), in Glyptothek und Pinakothek, ferner anakreonische Bilder im Speisesaal des Königsbaus der Residenz; seine romantischen Bilder werden auch heute noch geschätzt.

© Dr. Max Joseph Hufnagel: Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München. Zeke Verlag; 4. Auflage. Würzburg, 1983.



© Reiner Kaltenegger · Gräber des Alten Südfriedhofs München · 2007-2025


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