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Das Grab ist nicht erhalten
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Althaller, Johann August / Stöger (ps); 1791 (Stockerau/Österreich) – 7.5.1861 (München); Sänger und Theaterdirektor
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Stöger (ps)
* 1791 (Stockerau/Österreich)
† 7.5.1861 (München)
Sänger und Theaterdirektor
Nekrologe
J. A. Stöger.
Am 7. Mai d. J. starb zu München plötzlich am Schlagfluß ein in der Theaterwelt sehr bekannter Mann, der ehemalige Direktor J. A. Stöger. Sein wahrer Name war Johann August Althaler. Er war im Jahre 1791 zu Stockerau geboren. Während seiner Gymnasialstudien fungirte J. A. Althaler als Chorknabe am k. k. Hoftheater nächst dem Kärnthnerthore. Von seinen Eltern zum geistlichen Stande bestimmt, absolvirte er die philosophischen Studien und hörte ein Zeit lang die Theologie. Seine schöne Tenorstimme fiel auf und Althaler verließ, dem Zureden seiner Freunde folgend, die begonnene theologische Laufbahn, um sich dem Theater zu widmen. Er trat unter dem nom de guerre Stöger in Wien, Olmütz und Brünn auf. Der bekannte Prager Heldenspieler Franz Rudolph Bayer hörte denselben und empfahl ihn an seinen Direktor J. C. Liebich, der den stimmbegabten jungen Mann für das k. ständische Theater zu Prag engagirte. Stöger’s Mittel waren nicht groß, aber schön und sympathisch, sein Vortrag seelenvoll, aber von einer unüberwindlichen Ungeschicklichkeit. Ein sehr günstiges Zeugniß über Stöger als Sänger enthält der Briefwechsel Anton Prokesch’s von Osten mit Schneller. Nach Liebich’s Tode führte dessen Wittwe Johanna Liebich, geb. Wimmer, deren Castelli in seinen Memoiren als Schauspielerin gedenkt, noch einige Jahre die Direktion des Prager ständischen Theaters, und Stöger stand derselben nebst dem Schauspieler Ferdinand Polawski, jedoch nur als stiller Theilnehmer zur Seite. Als Franz v. Holbein am 1. März 1821 dieses Theater übernahm, verließ Stöger mit der Wittwe Liebich, welche er später ehelichte, Prag und führte im Verein mit derselben nach einander mehrere österreichische Bühnen (zuweilen zwei zugleich); namentlich Gratz, wo ihn das Unglück des Theaterbrandes schwer betraf, Triest, Preßburg und zuletzt das priv. Theater in der Josephstadt zu Wien. Wiederholt hatte Direktor Stöger Reichthümer gesammelt und durch kühne, weitausgreifende Spekulationen wieder verloren. Auch in der Josephstadt zu Wien war er nahe daran, zu Grunde zu gehen, als ihn Raimunds »Verschwender« und der Baritonist Pöck (namentlich als Prinz-Regent im »Nachtlager von Granada«) wieder retteten.
Ehe sein Kontrakt in Wien zu Ende war, löste Stöger denselben freiwillig, weil ihm die Direktion des ständischen Theaters zu Prag von den Ständen übertragen worden war. Am 1. Mai 1834 eröffnete er seine Entreprise zu Prag mit einem neuen Lustspiel von Johanna Frau von Weissenthurn, welches nicht ansprach. Es waren »Die Geprüften«. Von den mitgebrachten Schauspielern wollte anfangs keiner recht gefallen, nur der noch immer an der Prager Bühne thätige Schauspieler Hr. Wilhelm Walter, der in Wien als der erste Darsteller des Chevalier Dumont im »Verschwender« verdiente Aufmerksamkeit erregt hatte, gefiel gleich am ersten Abend entschieden. Rasch nach einander gewannen dann auch Marie Frey, Carl W. Fischer und Karl Dietz eine ehrende Beliebtheit. Einen um so glänzenderen und sehr nachhaltigen Erfolg aber errang Stöger’s erster Opernabend (»Der Barbier von Sevilla«) mit Pöck, Demmer, Preisinger, Brava und Frl. Kratky. Das glänzendste Glück machte Pöck als Figaro, damals im Zenith seiner Kraft. Schon als Pöck die ersten Töne seiner großen Arie hinter der Coulisse anschlug, erschall allgemeiner Jubel in dem vollen Hause. In den Damen Podhorsky und Lutzer übernahm Stöger von der vorigen Direktion zwei Perlen. Stöger’s Oper in Prag galt für eine der besten in Deutschland. Nur zu bald wurde das ausgezeichnete Ensemble durch den Durchgang Pöck’s zerrissen, dann verließ ihre Vaterstadt Prag, die Lutzer. Demmer’s Stimme nahm rasch ab, dennoch gingen die ersten sechs Jahr der Entreprise immer noch zur vollen Zufriedenheit des Publikums vorüber, das Repertoir war reich und mannigfaltig, es war für eine schöne Ausstattung der Novitäten gesorgt, gute Gäste kamen und die Oberleitung war thätig. Die Etablirung einer großartigen Ziegelei bei Prag begann jedoch später die Aufmerksamkeit des Theaterdirektors dergestalt zu absorbiren, daß die ständische Bühne dem Krebsgang verfiel.
Hierzu kam noch eine zwar großartig angelegte, aber doch verunglückte Unternehmung. Stöger erbaute mit großem Aufwande auf einem schlecht gewählten Platz in der Rosengasse ein zweites Theater für böhmische Vorstellungen und deutsche Possen, welches zugleich als Redoutonsaal dienen sollte. Die Vorstellungen darin wurden am 28. September 1842 mit dem böhmischen Originallustspiel »Karl Skreta« von W. J. Swoboda, eröffnet.
Mit der Zugkraft des »Zauberschleiers« war die kurze Erntezeit des Stöger’schen Theaters in der Rosengasse vorüber, es vegetirte und verkümmerte, theilweise unter den verschiedensten Intriguen, und Stöger verkaufte dasselbe im Jahre 1846 an das Aerar, welches das Theatergebäude zur Aufnahme des k. k. Pfand- und Leihhauses bestimmte. Mit dem Palmsonntag 1846 war auch Stöger’s Kontrakt mit den böhmischen Ständen zu Ende und diese verliehen ihr Theater an den Rigaer Theaterunternehmer Johann Hoffmann.
Stöger privatisirte nun, bis er im Jahre 1848 abermals das priv. Theater in der Josephstadt zu Wien übernahm, das er nach empfindlichen Verlusten bald wieder aufzugeben genöthigt ward. Zum zweiten Male erhielt er im Jahre 1852 auf sechs Jahre das Prager königl. ständische Theater. Auch diesmal hatte Stöger’s Oper eine, wenn auch vorübergehende Glanzperiode durch den Tenor Franz Steger, durch Dr. Schmid, Frl. Louise Meyer u. a. Wieder traten Rückschritte ein, Stöger war zur Führung der Bühne zu alt geworden und im letzten Jahre seiner Direktion (1858) bestand die Stärke seiner Entreprise lediglich in der Posse. Zu Ostern 1858 übernahm Hr. F. Thomé das Prager Theater und behielt Stöger als stillen Kompagnon. Der kostspielige Bau des Neustädter Theaters vor dem Roßthore und dessen Eröffnung zur Kriegsepoche des Jahres 1859 brachte eine Krisis herbei, welche u. A. die Auflösung der Compagnie Stöger’s mit Thomé zur Folge hatte.
Stöger, der sich stets den Ruf eines soliden Ehrenmannes zu wahren wußte, folgte seiner einzigen Tochter nach München, wo dieselbe als dramatische Sängerin am k. Hoftheater engagirt ist. In München erlag er am 7. Mai 1861 plötzlich einem Schlagfluß. F. B. M.
A. Heinrich’s Deutscher Bühnen-Almanach. Herausgegeben von A. Heinrich’s Nachfolger, A. Entsch. Berlin, 1862.
Stöger, Johann August (Theater-Director, geb. zu Stockerau in Niederösterreich im Jahre 1791, gest. zu Prag 7. Mai 186l). Sein Familienname ist eigentlich J. A. Althaller, den er bei seinem Uebertritte zur Bühne mit dem Namen Stöger vertauschte. Die unbemittelten Eltern schickten den Knaben nach Wien, wo er studiren und für den geistlichen Stand sich vorbereiten sollte. In Wien gelang es ihm, Singknabe in Kirchen zu werden, was ihm sein Fortkommen erleichterte; auch ließ er sich in Knabenchören im Kärntnerthortheater verwenden. Nach Beendigung des Gymnasiums begann er das studium der Theologie und trat in das Seminar. Wenn er daselbst bei festlichen Anlässen in der Kirche mitsang, erregte seine herrliche Tenorstimme Aufsehen, und es bedurfte nicht großer Ueberredungskünste, daß er den Seminarstalar auszog und sich der Bühne widmete. Auf dieser wirkte wohl seine herrliche, klangvolle Stimme, aber seine Ungeschicklichkeit im Spiel und seine nichts weniger als bühnengerechte Erscheinung, denn er war von kleiner, untersetzter Gestalt, von einem ganz und gar nicht sympathischen Aeußeren, verdarben leicht die Erfolge, die er mit seiner Prachtstimme erzielte. Er wanderte nun unter dem Künstlernamen Stöger von einer Bühne zur anderen, sang in Wien, Olmütz, Brünn, bis ihn der bekannte Heldenspieler Franz Rudolph Bayer [Band I, Seite 194], der Vazer der berühmten Tragödin Marie Bayer-Bürck, von seiner Stimme entzückt, dem Director des Prager Theaters Liebich [Bd. XV, S. 99] empfahl, welcher ihn denn auch für das königlich ständische Theater in Prag engagirte. Trotz Stöger’s unüberwindlicher Ungeschicklichkeit im Spiele hatte sich doch das Prager Publicum, con dessen organ entzückt, bald an ihn gewöhnt, und wie schön die Stimme klang, erfahren wir von niemand Geringerem als von dem später berühmt gewordenen Staatsmanne von Prokesch-Osten, der sich darüber in einem Briefe an seinen Stiefvater Schneller äußerte. Liebich starb in der Blüthe seine Jahre und hinterließ das Theater seiner Witwe Johanna, geborenen Wimmer, welche selbst früher im Fache der Heroinen geglänzt. Diese führte, von Stöger und dem Schauspieler Ferdinand Polawski [Band XXIII, Seite 57] als stillen Teilnehmern unterstützt, die Direction fort, bis Anfangs März 1821 Franz von Holbein dieselbe übernahm. Das kleine Capital, weiches sich Stöger als Tenorist erspart, benützte er nun zu einem selbstständigen Unternehmen. Im Vereine mit seiner bisherigen Directorin Liebich pachtete er das ständische Theater in Gratz. Bald darauf verheiratete er sich mit der Witwe. Schon gedieh das Unternehmen glänzend, als ein schwerer Schlag ihn und seine Frau traf. Das Theater war von den steirischen Ständen prachtvoll restaurirt und seine Wiedereröffnung bereits anberaumt worden, als es am Tage vor derselben niederbrannte. Ein großer Theil des Stöger’sichen Fundus ging dabei in den Flammen auf. Nun begab sich Stöger mit seiner deutschen Gesellschaft nach Triest und fand trotz der durch wälsche Sänger verwöhnten Bevölkerung doch die freundlichste Aufnahme. Darauf übernahm er noch das Preßburger Theater, wo sich die Verhältnisse für den jungen Director auf das günstigste fügten. Es fand nämlich daselbst gerade die doppelte Königskrönung, zuerst die der Kaiserin Karolina Augusta, dann die des jüngeren Königs von Ungarn Ferdinand, statt. Auch folgten mehrere Landtage von längerer Dauer, und so gedieh in jener Zeit, da das deutsche Wort noch nicht vervehmt und der Cylinder-Terrorismus noch nicht in Scene gesetzt war, das Theater, das von Magnaten, Edelleuten, Juraten gern besucht wurde, vortrefflich. Im Jahre 1832 gab S. die Bühnen in Triest und Preßburg auf und übernahm das Josephstädter Theater in Wien. Daselbst pflegte er im Anfange die Oper und besaß an dem Bariton Pöck auch eine gediegene Kraft, aber das Publicum dieser Bühne verlangte weniger nach Sängern, als nach einer guten Localposse. Schon neigten sich Stöger’s Verhältnisse in Wien sehr zum Niedergange, als ihm ein Zufall zu Hilfe kam. Ferdinand Raimund [Band XXIV, S. 254] hatte sich mit der Direction des Leopoldstädter Theaters entzweit, sein neuestes Stück »Der Verschwender« dem Director Stöger zur Aufführung überlassen und war selbst auch auf dessen Bühne als Schauspieler aufgetreten. S. erzielte mit diesem Stücke, das am 20. Februar 1834 zum ersten Male aufgeführt wurde, eine lange Reihe von ausverkauften Häusern. So war jene gefahrdrohende Klippe umschifft. Zu seinem weiteren Glücke ging die zehnjährige Pachtzeit der drei Directoren des Prager ständischen Theaters, Kainz, Polawsky und Stepanek, zu Ende. Es wurde ein neuer Concurs ausgeschrieben, und Stöger, von hohen Gönnern unterstützt, trug den Sieg über seine Mitbewerber davon. So konnte er seinen Wiener Contract noch vor Ablauf desselben lösen. Am 1. Mai 1834 eröffnete er die Reihe der Vorstellungen an der Prager Bühne. Innerhalb 48 Stunden waren überraschende Veränderungen mit den inneren Räumen des Schauspielhauses vorgenommen worden. Eine stärkere Beleuchtung, neue und schöne Decorationen, eine brillante Garderobe, Alles sollte michelfen des Publicums Gunst zu erobern, das mit zäher Treue an dem verdrängten Theater-Directoren-Kleeblatt hing. Die ersten Tage gaben wenig Hoffnung auf eine gedeihliche Zukunft. Als aber am vierten Tage die erste Oper, Rossini’s »Barbier«, mit Pöck, Demmer, Preisinger und Brava in Scene ging, als dann in den spätern Opern Frau Komet-Podhorsky und Fräulein Jenny Lutzer, nachmalige Frau Dingelstedt, auftraten, da war Alles gewonnen, und Stöger erfreute sich der allgemeinen Anerkennung, die beste deutsche Oper, die Prag je besaß, zu dirigiren; ja dieselbe behauptete bald den Rang über die meisten Hofopern Deutschlands. Aber auch im Schauspiel gewann er Kräfte, welche den Ruf der Prager Bühne begründeten, wir nennen nur Bayer [Bd. I, S. 194), Polawsky [Bd. XXIII, S. 57), Feistmantel [Bd. IV, S. 165), Friederike Herbst [Band VIII, S. 361). Stöger’s Unternehmen gedieh, und nun ging er daran, in der Rosengasse ein neues Schauspielhaus, mit welchem eine Redoute verbunden, und worin auch zechische Stücke gespielt werden sollten, zu erbauen. Aber dem neuen, 1842 vollendeten Bau zog das Glück aus dem alten nicht nach. Dieses neue Theater ward am 28. September 1842 eröffnet; Told’s »Zauberschleier« machte wohl einige volle Häuser, aber es waren auch die ersten und letzten, was nun folgte, war das Vorspiel des gänzlichen Verfalls, woran Stöger selbst nicht geringe Schuld trug, denn es hatte sich seiner eine unselige Baulust bemächtigt. Nachdem er sich in Wysocan angekauft, errichtete er dort eine große Oekonomie, ferner eine großartige Ziegelbrennerei, und der Director kümmerte sich mehr um seine Felder und Ziegel, als um die Stücke, die man im Theater gab, und die Darsteller, welche dieselben spielten. So ging die Bühne ihrem Verfall entgegen, und S. mußte noch froh sein, als ihm die Staatsverwaltung den neuen Bau abaufte, um darin ein Versatzamt unterzubringen. Dies geschah 1846, im zwölften Jahre seiner Direction, mit welchem sein Pacht ablief. Er wurde nicht mehr erneuert; Johann Hoffmann [Bd. IX, S. 172, Nr. 23], damals Theater-Director in Riga, übernahm die neue Leitung zu Ostern 1846. Aber das Prager Publicum vergaß trotz der Vernachlässigungen, die sich Stöger in den letzten Jahren hatte zu Schulden kommen lassen, dessen Verdienste nicht und geleitete ihn, als er am 4. April 1846 mit der letzten Vorstellung schloß, unter Fackelschein und Musik nach Hause. Zwei Jahre privatisirte er, dann übernahm er wieder das Josephstädter Theater in Wien, aber die nun folgende Zeit war nicht danach angethan, die Bühne gedeihen zu lassen. Mit empfindlichen Verlusten gab er das Unternehmen wieder auf. Zu diesem Ungemach gesellte sich das herbere, der Tod seiner Gattin, die ihm stets durch ihren Geist und Geschmack wie ihre Erfahrung mit Rath und That zur Seite gestanden. Wieder wurde die Prager Bühne ausgeschrieben, und die Erinnerung an ihre Blüthezeit unter ihm war noch so mächtig im Publicum, daß er den Sieg über seine ziemlich zahlreichen Mitbewerber davontrug. Von Ostern 1852 ab war sie ihm für sechs Jahre zugefallen. Wenn auch im Anbeginn die Oper mit Steger (Staszic) [Bd. XXXVIII, Seite 315), Dr. Schmid [Band XXX, S. 282, Nr. 76], Luise Meyer-Dustmann [Band XVIII, Seite 160, Nr. 96] wieder den Glanzpunct der Stöger’schen Leitung bildete, blieb es doch nicht lange so; bald ging es rückwärts. Stöger war alt geworden, er besaß nicht mehr die einstige Energie, und im letzten Jahre seiner Leitung, 1858, war es nur noch die Posse, die das Unternehmen über Wasser hielt. Nun übernahm Director Thomé das Theater, doch blieb S. mit diesem durch geheimen Contract geschäftlich verbunden. Wieder sollte ein kostspieliger Bau, jener des Neustädter Theaters vor dem Roßthore, zur Krisis führen. In welchem guten Andenken aber Stöger bei den Pragern stand, zeigte sich wieder bei Eröffnung des Neustädter Theaters, bei welcher nur er, obgleich in der Direktion gar nicht genannt, stürmisch hervorgerufen wurde. Denn der aalglatte, unsympathische Director Thomé erfreute sich wenig Wohlwollens von Seite der Prager. Aus der Krisis, deren nächste Folge die Auflösung der Compagnieschaft war, ging Stöger, wohl mit nicht unbedeutendem Verluste hervor, doch immerhin noch soviel rettend, um sich ins Privatleben zurückziehen zu können. Er übersiedelte nun nach München zu seiner Tochter, aber schon nach drei Jahren ereilte ihn, im Alter von 70 Jahren, der Tod. In der Geschichte des Prager Theaters spielt Stöger neben Liebich die hervorragendste Rolle, und wie unter diesem vornehmlich das Schauspiel, so blühte unter jenem die Oper, und das Vierteljahrhundert des Stöger’schen Wirkens an der Prager Bühne als Sänger und Director ist deren bisher nicht wieder erreichte Glanzepoche.
Stöger’s Tochter Auguste widmete sich der Gesangskunst. Zur dramatischen Sängerin ausgebildet, betrat sie im Jahre 1858 am königlichen Hoftheater in Hannover die Bühne, kam von dort an das Theater nach München und sang im Frühling 1861 am Wiener Hofoperntheater die Elisabeth in Wagner’s »Tannhäuser«, den Fidelo in in Beethoven’s gleichnamiger Oper, und die Agathe im »Freischütz«. Obgleich ihr Gastspiel glücklich ausfiel, kam es doch nicht zum Engagement. Sie kehrte daher nach München zurück, wo sie bis zum Jahre 1864 verblieb, in welchem sie zum Hoftheater in Darmstadt übertrat. Daselbst wurde sie im Jahre 1865 von einem Halsleiden befallen, das allmälig einen immer schlimmeren Charakter annahm und endlich ihren Tod zur Folge hatte. In München hatte sie sich mit einem Herrn Lehfeld, Stallmeister des Prinzen Karl verheiratet. Wenn auch ihr Spiel Manches zu wünschen übrig ließ, ihr Gesang war tadellos. Sie verband mit einem ausgiebigen,in der Mittellage klangvollen gesunden Mezzosopran eine seltene Tonhelle und Reinheit in der Aussprache des Gesungenen.
Recensionen und Mittheilungen über Theater und Musik (Wien, 4°.). Herausgeber Jos. Klemm (recte die Fürsten Czartoryeski) VII. Jahrg. (1861), Nr. 20, S. 3l9; »Nekrolog«. – Dieselben, Nr. 15, S. 233 und Nr. 16, S. 256, über seine Tochter Auguste. – Bohemia (Prager polit. und belletr. Blatt) 1861, Nr. 148 und 149: »Johann August Stöger«. – Zwischen-Akt (Wiener Theaterblatt) 1861, Nr. 126, im Feuilleton.
Dr. Constantin von Wurzbach: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. Wien, 1879.
Johann August Stöger, Sohn eines kinderreichen Maurermeisters, 1791 zu Stockerau in Niederösterreich geboren, hieß mit seinem bürgerlichen Namen Althaller und gehörte einer Familie an, deren Nachkommen in Graz heute zahlreich vertreten sind. Stöger war zuerst als Tenorist und Schauspieler bei dem bekannten Theaterdirektor Johann Karl Liebich in Prag engagiert, der seit 1806 die Leitung des dortigen Landestheaters führte. Nach Liebichs Tode (1816) übernahm dessen Witwe Johanna, geborene Wimmer, eine tüchtige Schauspielerin, die er am 13. Dezember 1803 geheiratet hatte, die Direktion der Prager Bühne. Stöger, sein Kollege Ferdinand Polawsky und Franz v. Holbein wurden ihre stillen Teilnehmer. Im März 1821 löste sie Holbein in der Direktion des Prager Theaters ab. Nun pachtete Stöger das Grazer Theater im Vereine mit Madame Liebich, die seine Frau geworden war, ohne den Namen ihres ersten Gatten abzulegen. Stöger pflegte in Graz, wo damals schon ein Bruder von ihm ansässig war, besonders die Oper, aber auch dem Schauspiel wandte er mehr Sorgfalt zu als die meisten seiner damaligen Kollegen. Bisher hatte der Pächter des Grazer Theaters den Ständen 5 fl. vom Ertrage jeder Vorstellung als Mietzins für das Gebäude zu bezahlen, der Theatermaler und alle anderen Dienstleute des Hauses wurden aber von den Ständen besoldet. Erst der allgemein beliebten Direktion Stöger-Liebich wurde diese Abgabe erlassen, wahrscheinlich nach dem Brande des Theaters, als das materielle Auskommen der Direktoren gefährdet war. Dafür aber stand von nun an das ganze Dienstpersonal im Lohne des Direktors. Stöger übernahm bald auch das Triester und 1823 noch das Preßburger Theater, so daß er in den Zwanzigerjahren drei Bühnen mit demselben Ensemble leitete. (Die bezüglichen Angaben in Wurzbachs »Biographischem Lexikon« und in Eisenbergs »Großem Bühnen-Lexikon« sind ungenau.) Im Jahre 1832 erst gab das Ehepaar diese anstrengende Geschäftsführung auf und Stöger übernahm das Josefstädter-Theater in Wien, das er bis 1834 leitete. Die meisten Sänger und der Kapellmeister des Grazer Ensembles, von denen noch die Rede sein wird, folgten Stöger auf seinen Wanderungen, die sich bis Petersburg erstreckt haben sollen, von 1834 bis 1836 leitete er das Prager, 1848 bis 1852 noch einmal das Josefstädter- und 1852 bis 1859 wieder das Prager Theater. In den Jahren 1858 bis 1860 war er noch stiller Kompagnon des Direktors Franz Thome in Prag und zog sich dann nach München zurück, wo er bei seiner einzigen Tochter Auguste Stöger-Lehfeld († 1866), damals bayrische Hofopernsängerin, 1861 an einem Gulasch erstickt sein soll. Seine Frau Johanna hatte sich schon 1834 von der Bühne zurückgezogen und war um 1850 in Wien gestorben. Eine Nichte Stögers, die später als Frau Prinz in Graz lebte, war in seinem Prager Balletensemble engagiert.
Otto Erich Deutsch: Beiträge zur Geschichte des Grazer Theaters. Steirische Zeitschrift für Geschichte. Graz, 1905.