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Das Grab ist nicht erhalten
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* 5.8.1792 (München)
† 3.5.1849 (München), Tod durch Selbstmord
Schauspieler
Hiemit wird Herr Hofschauspieler Heigel auf diesem Wege aufgefordert seinem Versprechen nachzukommen.
Neueste Nachrichten aus dem Gebiete der Politik Nro. 123. Donnerstag, den 3. Mai 1849.
Gestern verunglückte in der Isar der rühmlichst bekannte Hofschauspieler und Regisseur Heigel.
Neueste Nachrichten aus dem Gebiete der Politik Nro. 125. Samstag, den 5. Mai 1849.
Tagesbericht.
Gestern Nachmittag suchte und fand in den Fluthen der Isar der Hofschauspieler Heigel seinen Tod. Zerrüttete Vermögenszustände sollen die Ursache zu diesem traurigen Schritte gewesen sein. Die Bühne verliert an ihm eines ihrer ältesten und, wie sich gewiß jeder Theaterbesucher gestehen muß, tüchtigsten Mitglieder.
Bayerische Landbötin No. 71. München; Samstag, den 5. Mai 1849.
Der Hofschauspieler Heigel hat sich ertränkt, wie man glaubt, wegen Verschuldung; wenigstens will man damit den Umstand in Verbindung bringen, daß er in den »Neuesten Nachrichten« vor einigen Tagen aufgefordert wurde seine Pflicht zu erfüllen; worin aber diese Pflicht bestand, ist unklar. Mag jeder sich sein eigen Theil hier denken; de mortuis nil nisi bene, Heigel war als Schauspieler tüchtig, und hat uns oftmals erfreut; was er als Mensch verschuldet oder gut gethan, darüber mag Derjenige richten, dem alles Urtheil anheimgegeben ist.
Der Reichsbote No. 106. Samstag, den 5. Mai 1849.
Vorgestern (3.) wurde der Leichnam des k. Hofschauspielers August Heigel aus der Isar gezogen. Zerrüttete Vermögensverhältnisse sollen ihn zu dem Entschluß gebracht haben, in den Wellen den Tod zu suchen. Angestellte Wiederbelebungsversuche blieben erfolglos. Kunst und Publikum verlieren in ihm einen tüchtigen beliebten Schauspieler; unsere kgl. Hofbühne das letzte Mitglied aus der alten Schule.
Der Bayerische Volksfreund No. 72. Sonntag, den 6. Mai 1849.
Eine vom Hofschauspieler Schwarz in einer der jüngsten Nummern der »Neuesten Nachrichten« enthaltene Aufforderung an den k. Hofschauspieler Heigel, seinem Versprechen nachzukommen, soll letzteren zu dem unglücklichen Entschluß gebracht haben. Das Publikum empfing deshalb Hrn. Schwarz vorigen Freitag in der Vorstellung im k. Hoftheater, wobei derselbe beschäftigt war, mit ungestümen Zeichen des Mißfallens, gestattete jedoch demselben auf dessen Anfrage das freilich wieder oft durch Zischen unterbrochene Fortspielen. Heigel ward gestern mit allen Ehren und unter zahlreichem Grabgeleite beerdigt.
Der Bayerische Volksfreund No. 73. Dienstag, den 8. Mai 1849.
Bekanntmachungen.
Landwehr-Freikorps.
Sonntag den 6. dieß Nachmittag um 4 Uhr findet die Beerdigung des Wehrmanns der 7. Comp. Herrn Hofschauspieler Heigel vom Leichenhause aus statt, wozu sämmtliche Mitglieder des Regiments hiermit eingeladen werden.
München, d. 5. Mai 1849.
Das Regimentskommando: Kathreiner, Oberstlieutnant.
Münchener Anzeiger Nro. 94. Sonntag, den 6. Mai 1849.
Der Schauspieler Schwarz, der, wie Heigel, bevor er sich ertränkte, in seiner Brieftasche niederschrieb, durch öffentliches Mahnen um eine Schuld von wenigen Gulden, Letzteren zu dem übereilten Schritte trieb, wurde bei seinem gestrigen Auftreten mit lautem Pfeifen und Zischen empfangen.
Neue Fränkische Zeitung No. 127 und 128. Würzburg; Dienstag, den 8. Mai 1849.
Eine vom Hofschauspieler Schwarz in einer der jüngsten Nummern der »Neuesten Nachrichten« enthaltene Aufforderung an den k. Hofschauspieler Heigel, seinem Versprechen nachzukommen, soll letzteren zu dem unglücklichen Entschluß gebracht haben. Das Publikum empfing deshalb Hrn. Schwarz vorigen Freitag in der Vorstellung im k. Hoftheater, wobei derselbe beschäftigt war, mit ungestümen Zeichen des Mißfallens, gestattete jedoch demselben auf dessen Anfrage das freilich wieder oft durch Zischen unterbrochene Fortspielen. Heigel ward gestern mit allen Ehren und unter zahlreichem Grabgeleite beerdigt.
Der Bayerische Volksfreund No. 73. Dienstag, den 8. Mai 1849.
Zum Besten der hinterbliebenen Kinder des verstorbenen k. Hofschauspielers Heigel wird morgen im kgl. Hoftheater eine außerordentliche Vorstellung gegeben. Es ist hierzu Beethovens: »Fidelio« gewählt. Ein ehrendes Zeichen wie die k. Intendanz die Verdienste des Dahingeschiedenen anerkennt. Möge auch das kunstsinnige Publikum zahlreichen Antheil dabei nehmen, woran bei dem Umstande um so weniger zu zweifeln seyn dürfte, als wir Frln. Hetznecker wohl in dieser Parthie zum letztenmale zu hören Gelegenheit haben.
Der Bayerische Volksfreund No. 74. Mittwoch, den 9. Mai 1849.
Sonntag den 6. Mai Nachmittags 4 Uhr fand die feierliche Beerdigung des Hofschauspielers Heigel statt. Die Franziscanerkirche gab den geistlichen Conduct und eine Abtheilung des Landwehrfreicorps die drei üblichen Gewehrsalven. Der Verlebte machte einst als Offizier Militär-, und Kriegsdienste mit und war seit einem Jahr Wehrmann der 7. Compagnie des Landwehrfreicorps. Stabs- und andere Offiziere der Linie und der Freicorps schlossen sich dem Leichengefolge an. Der Intendant und die Regisseure erwiesen dem Verblichenen die letzte Ehre und die Hofschauspieler erschienen mit Flören und brennenden Kerzen. Leider war der fungirende Pater Franziscaner kein entsprechender Leichenredner. – Wer wird, wie Heigel, so hohen Sinn in Bild und Fabel tragen, so tief erschöpfen Kunst und Leidenschaft, wer wird, wie er, so Meister jeder Scene sein, wen wieder so zum Günstling Melpomene mit allen Gaben hehrer Täuschung weih'n? Der Bühnen-Proteus ruht erstarrt im Grabe, der uns so treu des Lebens Spiegel wies! Entrückt des Erdenlebens Schwächen lebt Heigel fort in der Erinnerung jedes Kunstfreundes! – Friede seiner Asche! – Zum Besten seiner Hinterlassenen wird am Mittwoch Beethoven's Oper »Fidelio« im k. Hoftheater gegeben.
Der Bayerische Eilbote No. 55. München; Mittwoch, den 9. Mai 1849.
Sie werden einem Freunde des unglücklichen Künstlers Heigel wohl gerne einige Worte der Pietät für diesen so allgemein bedauerten Mann gestatten, um so mehr, als mancher ein Inserat in diesen nehmlichen Blättern als nächste Ursache seines Todes zu betrachten geneigt ist? [Nur eine durch vorhergegangene bittere Erfahrungen gereizte Phantasie und geistige Erschöpfung konnte in dem benannten Inserate einen Angriff auf die persönliche Ehre erblicken, da dasselbe nur die einfache Bitte an Herrn Heigl enthielt, sein Versprechen zu erfüllen und nicht einmal ausdrückte, worin das noch nicht erfüllte Versprechen bestand. D. Red.]
Wäre auch nur der kleinste Zweifel über die allgemeine Werthschätzung dieses trefflichen Künstlers denkbar, hätte sich nicht das Urheil des ganzen Münchner Publikums durch die überall laut werdende innige Theilnahme constatirt, so bekundete sich das rührendste Beileid bei seiner vorgestrigen Begräbnißfeier, wo Personen aus allen Ständen in tiefster Trauer dem Sarge folgten. Das Landwehrfreikorps selbst war durch eine große Anzahl Wehrmänner, drei Stabsoffiziere an der Spitze, vertreten, Bürger, Beamte, Studenten, das ganze Theaterpersonal befanden sich unter den zahlreichen Leidtragenden. Jedermann fühlte, daß nicht allein ein großer für unsere Bühne unersetzlicher Künstler hier zu Grabe getragen wird, sondern ein Mann, dessen Begriff von Ehre über die gewöhnlichen Lebensanschauungen hinausreichten. In seinen letzten, von ihm hinterlassenen Worten sagte er: »Meine Ehre ist vernichtet, öffentlich gebrandmarkt. Gott verzeihe denen, die mich so weit gebracht haben, ich vermag es nicht.« Die Zeit erst wird den Verlust dieses trefflichen Künstlers uns ganz erkennen lassen; Heigel wird und kann an unserer Bühne nicht ersetzt werden.
Noch ein Wort an die edlen und fühlenden Herzen von Münchens Einwohnern. Schon hat die Verzweiflung die Seele eines braven Mannes erfaßt, dessen Andenken lange, lange fortleben wird. Er hinterläßt aber eine Familie, die in diesem Augenblick verzweiflungsvoll die Hände nach dem geliebten Vater ringt. Eine liebende und geliebte Gattin, zwei Söhne, 13 und 6 Jahre alt, sind das Vermächtniß des Gestorbenen, der uns so manche schöne Stunde der Erheiterung schuf. Der tiefste Jammer hat diese Unglücklichen erfaßt; wir waren Zeuge des namenlosen Schmerzes, für welchen uns jeder Ausdruck fehlt. Für diese legt die Menschlichkeit uns die heilige Pflicht des Mitleids auf; wäre auch nicht die Erinnerung unzähliger Genüsse, die wir dem Alten verdankten, die uns anspornt, ein kleines Schärfein auf den Altar der Pietät niederzulegen. Die k. Hoftheaterintendanz gibt dem Publikum Gelegenheit, seine Theilnahme für die Hinterlassenen zu bethätigen, indem am Mittwoch den 9. ds. (heute) Beethovens Fidelio zum Besten der hinterlassenen Kinder Heigels aufgeführt wird. Auf, eine der schönsten Pflichten zu erfüllen!
Neueste Nachrichten aus dem Gebiete der Politik Nro. 129. Mittwoch, den 9. Mai 1849.
1849. Der treffliche Schauspieler Heigel fand am 3. Mai seinen Tod in den Wellen der Isar. Er zählte zu den vorzüglichsten Kräften des Münchener Schauspiel-Personals. Den grössten Teil seiner Rollen übernahm sein vormaliger Schüler Heinrich Büttgen. Adolf Schwarz verliess Ende Juli die Hofbühne.
Chronik des königlichen Hof- und Nationaltheaters in München. Zur Feier seines hundertjährigen Bestehens von Franz Grandaur, k. Regisseur. München, 1878.