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FAMILIEN
EMANUEL JOSEF D’ HERIGOYEN
1746 – 1817
KARL VON HERIGOYEN
1807 – 1875
HEINRICH VON HERIGOYEN
1859 – 1927
ALBERT FREIHERR VON RECK
1835 – 1906
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Herigoyen, Heinrich von; 1859 – 26.6.1927 (München); Bankdirektor a. D.
Herigoyen, Karl von; 1807 – 16.5.1875 (München); Forstrat und Regierungsrat
Reck, Albert Freiherr von; 1.7.1835 – 8.7.1906 (Bad Kreuth); Generalleutnant z. D. und Hofmarschall a. D.
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* 4.11.1746 (Belas bei Lissabon)
† 27.7.1817 (München)
Architekt
Miscellen.
Am 27. Juli 1817 starb in München Emanuel Joseph d'Herigoyen, Ober-Bau-Kommissär beim königl. Ministerium des Innern, geboren zu Lissabon in Portugal am 4. Nov. 1746, ein Mann, merkwürdig durch seine Schicksale, und ausgezeichnet durch Gente und Kenntnisse. Sein Vater, Martin d'Herigoyen, gebürtig aus Bayonne in Frankreich, war Truchseß beim Infant von Portugal Don Emanuel, Bruder Johannes V., Königs von Portugal. Seine Mutter, Anna Margaretha von Balorsin war in Wien geboren. Das schreckliche Erdbeben vom Jahre 1755, fällt in die früheste Lebenszeit des Verblichenen. Während der Knabe mit anderen seines Gleichen sich in einem Garten ausser der Stadt Lissabon mit Spielen belustigte, verschlang die Erde seiner Eltern ganzes Hab und Gut, ließ ihm aber das Beste, seine Eltern. Nach qualvollen Besorgnissen, tödtenden Beängstigungen fand sich die Familie erst Abends, wie durch Gottes Führung erhalten, im freien Feld wieder beisammen, als einer den andern vom Abgrunde verschlungen hielt. Der junge d'Herigoyen zeigte frühe große Anlage und Neigung zum Zeichnen, Mahlen und Baukunst. Ein italienischer Künstler, der berufen war, mit andern portugisieschen Künstlern, einen allgemeinen Plan zur Aufbauung und Herstellung von Lissabon zu bearbeiten, war sein Lehrer darin. Seine Studien hatte er bereits im königl. Kollegium, »das Necessidades«, unter den Vätern vom Oratorium des heil. Philippus Nerius, beendigt. Als 1762 der Krieg von Seite Spaniens und Frankreichs gegen Portugal und England ausbrach, verließ der 16jährige Jüngling die gewählte Bahn, und weihete sich der Vertheidigung seines Vaterlandes. Er nahm Dienste in der Marine, unterwarf sich mit aller Beharrlichkeit der härtesten Verrichtungen, strengsten Disciplin, und allen Müheseligkeiten und Gefahren des Dienstes. Das Geschwader, auf welchem er seine militärische Laufbahn begann, bestand aus 3 Linienschiffen und einer Fregatte. Selbiges lief zu Anfang des Jahres 1762 aus, nahm seinen Weg geradezu nach Madera, und von dort nach den kanarischen Inseln. In dieser Gegend sollte es die aus Amerika zurückkommende spanische Flotte erwarten, und ihr ein Treffen liefern. Nach drei Monaten lief das Geschwader wieder im Hafen von Lissabon ein, und im November, durch einige andere Kriegsschiffe verstärkt, wieder aus, und zwar nach Brasilien, um die reiche portugiesische Flotte von Rio-Janeiro, und der Allerheiligen-Bay nach Portugal zu begleiten. Diese Fahrt dauerte mit Einschluß des Aufenthaltes in Brasilien 13 Monate. Dieser Aufenthalt und das Versinken von Lissabon haben den tiefsten und nie verlöschbaren Eindruck auf Ihn gemacht. Als in den letzten Jahren seine angeborne Lebhaftigkeit sehr merklich abgenommen hatte, fast ganz verschwunden war, da durfte man ihn nur auf eine dieser Epochen zurückbringen, dann war wieder Jugendfeuer in Wort und Geberden; mit den lebhaftesten Farben mahlte er das Zusammensinken der Häuser, Palläste und Kirchen wie wie aufgesetzter Kartenblätter, das Verschwinden aller Gegenstände umher unter einer Staubwolke, das Schwanken der Erde mit Meereswogen gleicher Beweglichkeit. Brasilien war ihm eine paradiesische Erde, wo die üppigste Natur ihren Reichthum an Arme und Reiche in Fülle spendet, wo der Name Armuth unbekannt, und beim geringsten Creolen oder Sclaven wenigstens Wohlhabenheit gefunden werde. 1764 trat d'Herigoyen auf ein Kriegsschiff, das bestimmt war, in den Gewässern zwischen Spanien und Portugal zu kreuzen, und von den Barbaresken zu säubern. In einem Gefechte mit einer Algierer Schebecke erhielt er durch eine Musketenkugel, (welche der fliehende Korsar auf obiges Schiff abschoss), eine Wunde am Kopf. Auf eben diesem Schiffe begleitete Er mehrmals Kauffarteischiffe nach Brasilien, jedoch nur bis zu den Azorischen Inseln. Als 1766 die Regierung von Portugal um die Kolonien auf den Inseln Bissajes an den Küsten von Guinea wieder herzustellen, eine Fregatte nach dem grünen Vorgebirge und den genannten Inseln abschickte, schiffte sich d'Herigoyen wieder mit ein. Dieß war aber sein letzter Seedienst, denn als er nach seiner Zurückkunft durch den Tod des Don Emanuel, Infanten von Portugal (der sein Taufpathe war) sein und seiner Eltern Wohlthäter und Stütze verloren hatte, verließ er sein militärische Laufbahn, und 1767 sein Vaterland. Er faßte den Entschluß, seine Verwandten in Bayonne zu besuchen, bei denen er freundschaftliche Aufnahme fand. Nach einigem Aufenthalt gieng er seines bessern Fortkommens und fernern Ausbildung wegen, mit guten Empfehlungen versehen, nach Paris.
(Fortsetzung folgt.)
Regensburger Zeitung Nro. 186. Mittwoch, den 6. August 1817.
Miscellen.
(Beschluß der Biographie d'Herigoyen's)
In Paris legte er sich nun mit verdoppeltem Fleiße auf sein früher gewähltes und verlassenes Fach. Als er nach 2jährigem eifrigen Bemühen es so weit gebracht zu haben glaubte, daß sein theoretisches Wissen in That und Anwendung gebracht werden könne, trat er seine Reise nach Wien an, wo er durch seine Verbindungen bald mit Vornehmen vom Hofe bekannt, und gebraucht wurde. Hier lernte ihn Graf Wilhelm von Sickingen kennen, der ihm Beschäftigung auf seinen Gütern, und namentlich in Landstuhl gab. Als dieser Herr Minister des Kurfürsten von Mainz wurde, brachte er den jungen Baumeister als Ingenieur-Oberlieutenant im Jahre 1778 in kurfürstlich Mainzische Dienste, und hierin stieg er bis zum Oberstlieutenant. Durch diese Anstellung fand d'Herigoyen Gelegenheit und Mittel, seine Talente zu zeigen, zu entwickeln, und mehr und mehr auszubilden, sowohl im Militärfach als der bürgerlichen Baukunst. Auch machte er in Absicht der Erweiterung seiner Kenntnisse 1789 eine Reise durch die Niederlande und Holland nach England. Nach Ausbruch des Krieges gegen Frankreich im Jahre 1792 zog d'Herigoyen sich ganz auf das Ingenieur-Wesen zurück, und diente im Felde mit Auszeichnung und Muth. Er erzählte alle Thaten seiner Waffenbrüder mit seinem gewöhnlichen Feuer, von den Seinigen sprach er nie. Als Mainz 1798 an Frankreich abgetreten wurde, folgte d'Herigoyen mit andern treuen Dienern des Militär- und Civilstandes seinem Herrn nach Aschaffenburg, und im Jahre 804 nach Regensburg, und als endlich im Jahre 1810 diese Stadt mit Gebieth an die Krone Bayern fiel, wurde der Oberstlieutenant d'Herigoyen als Ober-Baukommissär beim Ministerium des Innern nach München berufen. Seine spärlich zusammengeschriebenen Notizen schließt er am 1. Jänner 1816 mit der Reflexion: daß ihm das Schicksal, welches ihn in Portugal habe geboren werden lassen, die Ehre aufbewahrt habe, nach so vielen und vielerlei Begebenheiten und Wanderungen im Dienste Sr. Maj. des Königs von Baiern zu sterben. Nun ist er nicht mehr, aber fort lebt er in der Liebe seiner Hinterlassenen, dem Andenken seiner Freunde, und in seinen Werken. Von den durch ihn ausgeführten Gebäuden wollen wir anzeigen, was unser Gedächtniß aufbewahrt hat. Das Schloß in Aschaffenburg mußte zu stetem und bequemen Wohnsitze für den Kurfürsten von Mainz eingerichtet werden. Doeß geschah durch veränderten innern Bau und durch nöthigen Anbau zur Zufriedenheit des Kurfürsten durch d'Herigoyen. Die Gartengebäude im Schönbusch bei Aschaffenburg, das Theater- und Harmoniegebäude in Regensburg, das Finanz- und Schulgebäude, das Haus im botanischen Garten, die Ehrensäule, welche der Fürst Primas, Karl Theodor v. Dalberg, dem dankbaren Andenken des verstorbenen Fürsten Karl Anselm von Thurn und Taxis, als Gründer der Allee um die Stadt herum, setzen ließ, das Kepplersche Monument, sind von ihm. Er entwarf den Plan zur Wiederaufbauung des durch die Franzosen eingeäscherten Stadttheils, und war mit dessen Ausführung beschäftigt, als er nach München berufen wurde.
In München sind von ihm: das neue Theater vor dem Isar-Thor, die zwei Gebäude für den Arzt und Verwalter auf beiden Seiten des allgemeinen Krankenhauses vor dem Sendlingerthor, das Portal am botanischen Garten, die Facade des Gebäudes des Ministeriums des Aeussern, die innere Bau-Einrichtung des Erziehungs-Hauses am Anger. Den 10. Dezember 1810 geruhten Se. königl. Majestät den bereits ehevor zum Oberbaukommissär des Innern beförderten d'Herigoyen auch zum Mitglied der königl. Baukommission in München zu ernennen. Bei dieser Kommission wohnte er allen Sitzungen und den besonderen Augenscheinen an Ort und Stelle bei. Seine Rathschläge waren jederzeit auf eine sichere Theorie und auf seine vieljährigen geprüften Erfahrungen praktisch gegründet, und wurden nach ihrem vollen Verdienste gewürdigt und geschätzt. Unternahm der Verstorbene einen Bau, dann wurde alles auf dessen Zweck gerichtet und berechnet. Alles wurde diesem untergeordnet. Diesen ganz zu erreichen, Solidität und Geschmack zu verbinden, alles mit dem möglichst geringen Kostenaufwand zu vollbringen, das war Hauptsache bei ihm. In hohem Grade uneigennützig und rechtlich würde er lieber vieles verloren als sich einen einzigen ungerechten Heller angeeignet zu haben. Von seinen Werken sprach er selten und wenig. Er ließ diese sprechen. Ein gegründetes kunstrichterliches Urtheil war ihm werth. Das belehrt. Einen ungerechten Tadel achtete er nicht. Der fällt auf die Tadler zurück. Nichts war ihm unerträglicher als Selbstlob, Anmassung und Stolz, besonders junger Künstler. Verdienste und Talente schätzte er überall, wo er es fand; bei Freund und Feind. Sein Urtheil war kalt und besonnen. Nie gwann sein warm fließendes Blut (Frucht des warmen Clima's seines Geburtslandes) Einfluß darauf, so wie die Hitze seines Temperaments nie in That gegen die überging, welche um, neben und unter ihm waren, denn durch Vernunft und Verstand durch das Studium der Weisen des Alterthums gebildet, war er Herr über selbige. Neid kannte er nur, weil er selbigen oft von aussenher gegen sich gerichtet, empfunden hatte. Spero invidiam soll der Wahlspruch jedes Künstlers seyn. Der Tod überraschte ihn nicht. Mehrere Monathe sprach er davon mit der Ruhe und Ergebenheit eines Weisen und eines Christen. Je näher er sein Ende herannahen sah, desto mehr zoger sich in seine Familie zurück. Bis in seine letzten Tage fand er Vergnügen an der Bildung seiner beiden hoffnungsvollen Söhne, dem einen von 10, dem andern von 12 Jahren, denen er im Italienischen, Französischen und Englischen Sprachunterricht ertheilte. Seit dem verflossenen Monath Juni ordnete d'Herigoyen seine Papiere und häuslichen Sachen, als trete er eine Reise an, von welcher er nimmer zurückkommen werde. Sein Tod war ein ruhiges Einschlafen zum frohen Erwachen. Friede sey mit ihm!
Berichtigung: Sicherm Vernehmen nach war der Plan zur Wiederaufbauung des eingheäscherten Stadttheils von Regensburg nicht von d'Herigoyen, sondern von dem königl. Landbau-Inspektor, Hrn. Popp in Regensburg. Ersterem war nur die Aufsicht bei dessen Vollzug übertragen. Der Verstorbene eignete sich nie Anderer Pläne und Werke an, man würde sich sehr gegen ihn verfehlen, wenn man nicht jedem das Seinige ließ, und obige Nachricht berichtigte. Bei Benennung der in Regensburg von ihm ausgeführten Gebäude, wurde der Neubau des Freiherrn von Dittmer'schen Hauses auf der Haide vergessen.
Regensburger Zeitung Nro. 187. Donnerstag, den 7. August 1817.
Herigoyen Emanuel Josef, von, 1746 (Lissabon) – 1817 Baumeister; der Portugiese H. studierte in Wien, war dann unter Fürstbischof von Dalberg in Aschaffenburg tätig, wo er die Villa Schönbusch erbaute; mit Dalberg übersiedelte er nach Regensburg; dort schuf er 1804 das Präsidialpalais (Sitz des Regierungspräsidenten der Oberpfalz), erst 1810 kam H. nach München; sein Hauptwerk in München, das Portal zum Alten Botanischen Garten, gehört zu den schönsten Leistungen des älteren, weniger prunkvollen, Klassizismus in München.
© Dr. Max Joseph Hufnagel: Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München. Zeke Verlag; 4. Auflage. Würzburg, 1983.