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Das Grab ist nicht erhalten
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* 1763
† 24.12.1837 (München)
Schauspieler, Sänger und Schriftsteller
377. Karl Reinhard,
Hofschauspieler in München;
geb. im Jahr 1763, gest. den 24. Dec. 1837*).
*) Unser Planet. 1888. Nr. 7 und 8.
Er wurde im Gothaischen geboren und ging eigentlich erst 1787 bei Klooß in Bonn und Köln ganz zum Theater über, denn die drei Jahre vorher privatisirte er in Frankfurt a. M., Mannheim und der Rheingegend und war nur wenige Monate bei zwei reisenden Gesellschaften; noch früher hatte er drei Jahre unter den hessen-kasselschen Truppen in Amerika als Lieutenant gedient. Bei Klooß fand er damals die beste Oper in Deutschland und sang Aushülfsrollen. Als zwei Jahre nachher Klooß die Gesellschaft aufgab, ging R. von Aachen, wo das Letztere geschah, nach Holland, wo er zuerst in deutscher, dann aber in holländischer Sprache auf einigen Liebhabertheatern sang und spielte. Das Jahr darauf begab er sich zum Schweriner Theater und war dann eine kurze Zeit darauf mit Tilly in Lübeck und Braunschweig, wo er auch noch zuweilen den Himmelsturm im Deserteur, Conrado in der Lilla, den Sichel in Doktor und Apotheker und den Capulet in Romeo und Julie und mehrere andere Rollen in Singspielen sang, bis er 1793 im December nach Hamburg zum Schröderschen Theater kam und den Gesang in der Oper nun ganz aufgab. Kurz vorher hatte er Charlotte Henriette Sallbach (geb. 1776 zu Frankfurt a. d. O.) geheirathet. Er spielte in Hamburg gesetzte Liebhaber-, Helden- und Charakterrollen. Als Schröder 1797 das Theater verpachtete, gingen Reinhard und dessen Gattin nach Frankfurt a. M., im folgenden Jahr aber nach Hanover, wo er zuerst unter der Entreprise von Walter und Reinicke als Mitglied einer Komité das Theater dirigiren half und vier Jahre später auf Befehl der dortigen Regierung und unter der Oberdirektion des Stallmeisters von dem Busche ein Theater für immer errichtete, welches eine von allen Bühnen ganz abweichende Konstruktion hatte und womit ein Pensionsfond verbunden war, nach welchem die Schauspieler nur 15–20 Jahre höchstens beim hanoverschen Theater bleiben durften und dann ein Dritttheil ober die Hälfte ihres Gehalts Zeitlebens bezogen. Die Okkupation dieses Landes durch die Franzosen vernichtete dieses Theater und R. ging mit seiner Frau 1803 noch Berlin, wo sie zwei Jahre früher mit ausgezeichnet großem Beifalle Gastrollen gegeben hatten und beide nahmen dort ein ihnen deshalb von Iffland angebotenes Engagement an. In Berlin trat R. in des vortrefflichen Schauspielers Fleck Stelle, so wie ehemals in Hamburg in die des berühmten Zumarini. Von hier erhielt R. nebst seiner Gattin ein Engagement in München, das er den 20. Juni 1805 antrat.
R.’s innerer Beruf und mächtiger Hang für die Kunst trieb ihn an, sie überall aufzusuchen und wo er sie fand, zu verherrlichen. Sein schön gebauter nervigter Körper war aller Bewegungen, in denen Würde und Anmuth herrschte, fähig und seine Stimme erhob sich beinahe von der süßen Flöte bis zur schmetternden Tube. Er war ein Schauspieler von tiefer Einsicht, mit der er große praktische Gewandtheit, Selbstständigkeit und Fleiß verband. Diese und seine deutliche gute Aussprache haben ihn bei dem königlichen Hof und Münchner Publikum sehr beliebt gemacht und krönten mit lautem Beifalle seine Verdienste um die Kunst und die Bühne.
Außer mehreren Abhandlungen sind von ihm noch erschienen: Der Pasquillant, oder: Es lebe Friedrich der Große! E. Schausp. Braunschw. 1792. – Zwei Schauspiele. Hamburg 1795. – Der Bund zu Alcala, ein romantisches Schausp. München 1810. – Während er am Rhein privatisirte schrieb er mehrere kleine Schriften über wichtige Zeitereignisse und zuletzt noch in München seine Beobachtungen über den Krieg von 1809 in 5 Heften, dann Andreas Hofer u. d. Tyrolerinsurrektion, ein historisches Gemälde, welche alle eine innige Vorliebe für sein sich selbst gewähltes Vaterland Baiern verrathen.
Neuer Nekrolog der Deutschen. Weimar, 1839.
Reinhard, Karl, geboren 1763 im Gotha’schen, diente drei Jahre unter den hessischen Truppen in Amerika als Lieutenant und ging 1787 zum Theater über. Er spielte in Bonn und Köln, kam 1792 nach Hamburg zum Schröder’schen Theater und trat hier mit vielem Beifall in Liebhaber-, Helden und Charakterrollen auf. Im Jahre 1797 begab er sich nach Frankfurt, dann nach Hannover, wo er mit Elise Bürger (s. d.) in einen literarischen Streit verwickelt wurde. Er errichtete dort auf Befehl der Regierung ein stehendes Theater mit ganz abweichernder Einrichtung. Nach der französischen Besetzung des Landes ging er 1803 nach Berlin, 1805 nach München, wo er sich die Achtung und Liebe des Publikums erwarb. Er starb daselbst am 24. Dezbr. 1837.
D.: Der Pasquillant, oder: Es lebe Friedrich der Große. Schausp. in 2 A. Braunschw. 1792. – Heinrich der Löwe. Schausp. in 5 A. Ebd. 1793. – Zwei Schauspiele. (Scheinverbrechen. – Die Tugend unter den Barabren.) Hamb. 1795.
Franz Brümmer: Deutsches Dichter-Lexikon. Biographische und bibliographische Mittheilungen über deutsche Dichter aller Zeiten. Unter besonderer Berücksichtigung der Gegenwart. Eichstätt & Stuttgart, 1876.
Reinhard: Karl R., Schauspieler, geb. 1763, † 1836 zu München, ging in seiner Jugend mit den hessen-kasselschen Truppen auf 3 Jahre nach Amerika und avancirte dort auf dem Schlachtfelde zum Officier. Erst 1787 trat er zur Bühne über und wirkte zunächst am Niederrhein in sehr bescheidenen Stellungen. Etwas höher hob er sich in Schwerin, Lübeck, Braunschweig. 1793 kam er mit seiner Frau Charlotte Henriette geb. Sallbach (geb. 1775 zu Frankfurt a. O.) nach Hamburg unter die Direction F. L. Schröder’s. Sie debütirten dort am 7. December als Rolla und Cora in Kotzebue’s »Sonnenjungfrau«. 1797 kam es wegen Gagenstreitigkeiten zu heftigen Conflicten zwischen Schröder und R., der unter den Kunstgenossen eine wahre Verschwörung gegen seinen Director anzettelte und dadurch auch im Publicum Aergerniß erregte. Reinhards verließen Hamburg, wo Er neben seiner Kunst ein kaufmännisches Geschäft betrieben haben soll, hielten sich kurze Zeit in Frankfurt a. M. auf und kamen dann nach Hannover, wo R. 1802 unter der Verwaltung des Oberstallmeisters v. d. Busche die artistische Leitung erwarb und sich mit dem Gedanken trug, durch Errichtung einer Pensionsanstalt festere Verhältnisse im Bühnenleben zu begründen. Auch war ihm zugesichert worden, dermaleinst der Nachfolger des Herrn v. d. Busche zu werden. All‘ diese schönen Aussichten wurden durch das Kriegsunglück zerstört. Als General Mortier 1803 Hannover belagerte, löste sich das deutsche Theater dort auf und R. ging nach Berlin, wo er schon ein Jahr vorher am königl. Nationaltheater sechsmal als Gast aufgetreten war, ohne den Engagementsantrag Iffland’s anzunehmen. Er konnte sich zu Berlin nicht halten, und folgte 1805 einem Rufe an das Hoftheater zu München. Hier hat er bis zu seinem Tode gewirkt und 1821 auch kurze Zeit die Regie geführt. R. hat sich hauptsächlich in Heldenrollen ausgezeichnet, wofür ihm seine heroische Gestalt und sein mächtiges, wandlungsfähiges Organ zu statten kam. Seine Frau war ihm eine passende Partnerin: von schlankem, königlichem Wuchs und schön von Angesicht. F. L. W. Meyer, F. L. Schröder, II, S. 113, 148 ff., Hamburg 1823. – Jahrbuch für Theater, S. 180. Hamburg 1841. – Blum-Herloßsohn-Marggraff, Allg. Theater-Lexikon, Bd. VI, Altenburg-Leipzig 1846.
Paul Schlenther.
Paul Schlenther: Allgemeine Deutsche Biographie. Leipzig, 1889.