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10 – 2 – 32 (Ille)

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ED. ILLE
MALER
1822 – 1900

Ω

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Eduard Ille

* 17.5.1822 (München)
† 17.12.1900 (München)
Historienmaler und Schriftsteller

Allgemeine Zeitung (19.12.1900)

Feuilleton.

Eduard Ille †. Dieser vielseitige Künstler, geboren 17. Mai 1823 zu München, wendete sich erst nach Vollendung seiner gründlichen Studien an Lateinschule und Gymnasium zur Ausbildung seiner artistischen Anlagen; genoß an der Akademie die Unterweisung von Julius Schnorr v. Carolsfeld, unter dessen Leitung er einige Altarbilder und Portraits malte. Mit Schnorrs Berufung nach Dresden trat Eduard Ille in Moriz v. Schwinds Atelier, welcher 1847 seine Münchener akademische Thätigkeit eröffnete. Ille zählte zu dessen ältesten und treuesten Schülern; zeitlebens hielt er in unentwegter Treue und Begeisterung an diesem Meister, der es übrigens seinen Scholaren gar nicht so leicht machte, bei ihm auszuhalten. Ebenso des Wortes wie der Feder und des Zeichnungsstiftes mächtig, schloß sich Ille an den damaligen Münchener Dichterkreis, verfaßte lyrische und epische Gedichte, darunter auch einen »Faust« und bethätigte mit Schauspielen (»Kaiser Joseph II.«, »Mozarts Tod«) eine bedeutsame dramatische Ader. Auch lieferte er lange Zeit eine große Anzahl von Illustrationen zu Eduard Schleichs lustigem »Punsch«. In das ihm ganz zusagende Fahrwasser gerieth Ille jedoch, als er mit Braun u. Schneider in Berührung trat und sowohl für die »Fliegenden Blätter« wie für die »Münchener Bilderbogen« eine ganz außerordentliche Thätigkeit entfaltete. Seine proteusartige Fähigkeit, sich in alle möglichen Charakterdarstellungen zu finden, sein nie rastender Humor und die überraschende Gutmüthigkeit seiner Laune gestalteten sich zu Schilderungen, die insbesondere in Märchen, illustcirten Redensarten, in Affen- und Hundekomödien und eigenen mit großer Virtuosität geschaffenen Thierbildern sich hervorthaten. Seine ethnographische Auffassung der Minnelieder verschiedener Nationen, die satirische Imitation berühmter Maler, noch mehr die originellen Kompositionen der »Bier Temperamente«, der »Sieben Todsünden« und anderer cyklischen Probleme begründeten in achtenswerthester Weise seinen guten Namen, welcher sich durch die im Auftrage König Ludwigs II. ausgeführten Aquarelle weiter steigerte. In einer den jeweiligen Stoffen und Zeiten streng architektonisch angepaßten Umrahmung behandelte Ille im fortlaufenden Nebeneinander der bildlichen Erzählung die Sage von »Tannhäuser«, »Lohengrin«, »Parsival« und die »Niflunga«-Mythe, ebenso aber auch das Zeitalter des Hans Sachs, des 30jähr. Krieges und des Prinz Eugenius, deßgl. (für Herzog Dr. Karl Theodor) die »Alter der Welt«, das Bild aus den Befreiungskriegen und dem neuen Deutschen Reich. König Ludwig ehrte den Künstler durch den akademischen Professortitel und Verleihung des Michael-Ordens. Auch die Märchen Undine, Rothkäppchen, Dornröschen, Froschkönig und der »Trompeter« seines Freundes Joseph v. Scheffel gelangten in sorgfältiger Aquarell-Durchbildung zu origineller Gestaltung. Zwischendurch entstanden seine beweglichen Bilderbücher, die Hanswurstiaden und Staberls Reiseabenteuer, auch etliche Operntexte, z. B. für Nagillers »Friedel mit der leeren Tasche«, wozu er auch für die Innsbrucker Inscenirung sämmtliche Kostüme zeichnete. Wer kennt nicht seine ergötzlichen Bilderwitze zu Edwin Bormanns Dichtungen in sächsischer Mundart, zu Fr. Th. Vischers Schwarten- und anderen Biedermaiereien; zur Geschichte der Möpse und dergleichen signifikanten Philisterien; die Kaulbach-Travestie zur tausendsten Nummer der »Fliegenden Blätter«! wozu sich sein etwas knuffiger Stil und Vortrag ganz vorzüglich eignete. Seine Thätigkeit blieb erstaunlich und unermüdlich, wozu auch seit 1864 seine Stelle als ständiger Redaktions-Beirath der »Fliegenden« in Betracht gezogen werden muß. Ein sehr schönes Projekt, zwölf unsrer mittel-hochdeutschen Minnesinger in einzelnen Figuren auf Neuschwanstein darzustellen, wozu Ille in miniaturmäßiger Ausführung die Entwürfe lieferte, blieb leider unausgeführt. Dagegen erhielt unser Maler acht Scenen aus Liedern des Walther von der Vogelweide bestellt, welche nach seinen sorgfältigen, charakteristischen Entwürfen als Temperabilder von Frhrn, v. Pechmann die Wände eines kleinen Saales zieren. In jungen Jahren ein vielgequälter Asthmatiker, suchte Ille in der Alpenluft Kreuths Hülfe und Heilung und hatte in wiederkehrenden Sommerfrischen sichere Genesung. In dankbarer Erinnerung entstand das heitere, oft wiederholte und photographisch reproduzirte Bild mit den »Zwölf Tagstunden« in diesem Wildbad. Sein nie rastender Geist bethätigte sich bei jeder Gelegenheit mit Fest- und Zeitbildern, mit Diplomen, Adressen, Huldigungsblättern, darunter auch ein großes Aquarell für das Album der Stadt München. Seinen Freunden blieb Ille immer in unvergeßlicher Treue zugethan, insbesondere der fröhlichen Gesellschaft »Hârbnie«, welche einen Schatz von farbigen Skizzen verwahrt, darunter seine in originellster Form illustrirte Autobiographie. Eduard Ille war nach dem Ableben seiner unsäglich verehrten Mutter zweimal in den Stand der Ehe getreten, zuerst mit einer Baronesse von Niederer, dann mit der ihm als Jugendschriftstellerin und durch eigene Illustrationen so kongenialen Maria v. Beeg, einer Enkelin des als Gründer des Germanischen Museums berühmten edlen Frhrn. v. Aufseß. Sie bildete die Sonne seines Alters, welches auf noch viele Jahre Anwartschaft zu haben schien, bis er unerwartet den raschen Folgen eines Schlaganfalls am 17. d. M. erlag.

Allgemeine Zeitung Nr. 349. München; Mittwoch, den 19. Dezember 1900.

Allgemeine Zeitung (21.12.1900)

Bayerische Chronik.
München, 20. Dezember.

Beerdigung. Eine illustre Gesellschaft von Leidtragenden aller Stände gab heute Nachmittag dem kgl. Akademie-Professor Eduard Ille das letzte Geleite. Dem reichgeschmückten Sarge folgten als nächste Verwandte Bahnlinienkommissär Hauptmann Beeg und Frhr. v. Aufseß, hierauf die Redaktion und Expeditionsmitglieder der »Münchener Fliegenden Blätter« mit Herrn Kommerzienrath Caspar Braun und den Herren Julius und Hermann Schneider an der Spitze, weiter die Illustratoren und Mitarbeiter der »Fliegenden Blätter«, die Generale v. Euler-Ehelpin, v. Parseval und v. Keller, ein Vertreter des Herzogs Karl Theodor, die Mitglieder der Zweiggesellschaft des Freien Deutschen Hochstifts, der Gesellschaft Harbin, Mitglieder der Akademie der bildenden Künste und Theilnehmende aus allen Münchener Kreisen. Der amtirende Geistliche, Pater Ruppert Jud von St. Bonifaz, widmete dem Dahingeschiedenen folgende Worte: »Nach einem an Jahren und Erfahrungen reichen Leben ist ein verehrter und braver Meister im Heiligthum der Kunst, Akademieprofessor Eduard Ille, im Alter von 77 Jahren unerwartet schnell an den Folgen eines Schlaganfalles verstorben. Es kann nicht meine Aufgabe sein, im einzelnen darauf hinzuweisen, daß der Verstorbene schon im Elternhaus den Sinn für alles Schöne und Edle empfunden, nach vollendetem Gymnasialstudium sich der Kunst widmete und als Schüler von Schnorr-Carolsfeld bald einen bedeutenden Namen sich errang. Schmücken doch viele seiner Kunstwerke die Altäre vieler Kirchen und sein berühmter Cyklus »7 Todsünden« fand bald Eingang in den höchsten Häusern und half mit, seinen Namen populär zu machen. Während seiner 41 Jahre dauernden Thätigkeit als Redakteur der »Fliegenden Blätter« fand er auch ein reiches Arbeitsfeld für sein literarisches Schaffen. Vor 40 Jahren trat er in die Ehe mit Frl. Theo v. Riederer, und nachdem nach 27 Jahren der Tod dieses Band gelöst, gab er im Jahre 1889 Frl. Marie Beeg seine Hand und fand hier abermals sein Glück in beiderseitiger Pflege der Literatur und Kunst. Es hat an diesem Grabe ein Leben seinen Abschluß gefunden, ein Pilger geendet, ein Mann, beseelt von aufrichtiger christlicher Nächstenliebe, seine Ruhestätte gefunden, auf dem Gottes Segen ruhte. Seine Freude war die Arbeit und nur der Tod konnte ihm Rast gebieten. Am Sonntag noch schuf er an seinem Arbeitstisch, an dem ihn der Tod überraschte. Aber er wird fortleben, sein Name unsterblich sein, denn er war in allen Kreisen beliebt und hochgeehrt. Seine letzte Freude war ein Dankschreiben des Klosters Mühlbach, dessen armen Kindern er noch eine großartige Weihnachtsbescherung bereitet und dessen Gemeinde ihn auch wegen seiner wohlthätigen Gesinnung gegenüber den armen Kindern dieser Gemeinde zum Ehrenbürger gemacht hatte. Die Ehrenhaftigkeit und Treue gegen Gott und Menschen war sein Leitstern und er verstand es auch, Religion und Kunst zu einem zu vereinigen, da der wahre Künstler nicht für das Alltägliche zugänglich ist, sondern lebt im Reiche des Idealen und stets bemüht ist, in das Unendliche hineinzugreifen, und nach dem Geheimnißvollen zu forschen. Möge er nun die göttliche Erbschaft antreten und die himmlische Schönheit und Erhabenheit erschauen.« Kränze wurden am Grabe niedergelegt, von der Zweiggesellschaft des Freien Deutschen Hochstiftes, von der Gesellschaft Harbin, von Wilhelmine v. Hillern, Familie Pschorr, Braun und Schneider u. v. A. mehr. Mit einem Grabliede, gesungen vom Hoftheatersingchor, schloß die ernste Feier.

Allgemeine Zeitung Nr. 351. München; Freitag, den 21. Dezember 1900.

Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München (1983)

Ille Eduard, 1822 (München) – 1900, Historienmaler, Dramatiker und Akademieprofessor; I. besuchte die Kunstakademie seiner Vaterstadt unter J. Schnorr von Carolsfeld, dann M. von Schwinds Atelier, illustrierte M. Schleichs Zeitschrift »Punsch«, die Münchner »Fliegende Blätter« und »Bilderbogen«; Ludwig II. verlieh ihm 1868 den Professorentitel; die Altarbilder dieses Romantikers sind weniger glücklich; I. verfaßte auch Nekrologe von Münchner Künstlern für das Oberbayerische Archiv und wirkte nebenbei als Dramatiker.

Hauptwerke: Kaiser Joseph II., Mozarts Tod, Gedichte, Herzog Friedel mit der leeren Tasche, Kunst und Leben, Der Staberl und der Hanswurst.

© Dr. Max Joseph Hufnagel: Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München. Zeke Verlag; 4. Auflage. Würzburg, 1983.



© Reiner Kaltenegger · Gräber des Alten Südfriedhofs München · 2007-2025


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