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10 – 9 – 26 (Schachinger)

Ω

Walburga Schachinger
geb. Blumayer
* 22.IX.1813 † 5. IX.1859.
Ignatz Schachinger
Hofvergolder
* 30.VII.1817 † 2.V.1887.
Fritz Schachinger
* 1. IV.1854 † 22.V.1898.
Gabriel Schachinger
kgl. Professor Kunstmaler
* 30.III.1850 † 9.V.1912.
Amalie Schachinger
geb. ¿
* 30.VIII.1857 † 12.II.1925.

Grabstätte
der
Familie Schachinger

10.9.26. J. Lallinger

Tafel

Frau Milli Schachinger
geb. Laich
Ministerialratsgattin
* 16. Dezember 1878 † 26. April 1938.

Ω

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Gabriel Schachinger

* 31.3.1850 (München)
† 9.5.1912 (Eglfing)
Blumenmaler, Genremaler und Portraitmaler

Westend-Zeitung (6.7.1889)

Gabriel Schachinger.

Der »Frankfurker Beobachter« bringt folgenden Aufsatz über unseren Münchener Landsmann, den berühmten Maler Gabriel Schachinger, der in Neuhausen, hochgeachtet und beliebt bei Allen, die ihn kennnen, seiner Muße lebt.

In einer Gesellschaft, wo wir Beide uns langweilten, lernten wir uns kennen. Ihn belästigte man durch fortgesetztes Fragen über die Familienverhältnisse seiner berühmten Münchener Kollegen, und mich ärgerte man durch Examination von Themen, die andere Leute von Gott- und Rechtswegen auch nicht das Geringste angingen. Die Verzweiflung über die Unverschämtheit unserer Gastgeber brachte uns zusammen und kittete uns fester aneinander, wie es eine zehnjährige Freundschaft vermocht hätte. Der Vortheil war natürlich auf meiner Seite! Er, der gefeierte Münchner Künstler, der Freund Franz von Lenbachs, der verwöhnte Liebling begeisterter Kunstfreunde, und ich der unbedeutende, über das Weichbild der Vaterstadt hinaus kaum bekannte Schriftsteller. Er gab aus, und ich nahm ein; und wenn er — was seine Herzensgüte natürlich nicht zugelassen, einmal wie Heinrich Heine, sarkastisch bemerkt hätte: »Ich fühle eine große Leere in meinem Kopf, denn ich habe soeben mit Herrn Müller-Herfurth meine Gedanken ausgetauscht,« — so würde er wahrscheinlich keine Unwahrheit gesagt haben. Mein Gott, es ist heute so sehr schwer geistreich zu sein! Die Konkurrenz ist zu groß. Jeder simple Handlungskommis fühlt heute eine Voltairegeist in seinem Schädel rumoren; jeder musikalische Backfisch stellt an Virtuosität Clara Schumann in den Schatten, und jeder Einfaltspinsel glaubt mit seinem Dilettantenthum Raphael übertrumpfen zu können. Literaten, welche nicht Mitglieder des »Vereins zur gegenseitigen Berühmtmachung« sind, Bühnenkünstler, welche nicht vor irgend einem in einem Wurstblatt Kritiken verübenden Bankbeamten auf dem Bauche rutschen; und Maler, die an Bescheidenheit z. B. Tony Aron ganz erheblich übertreffen, sind heut zu Tage geschlagene Leute. Wer, wie Gabriel Schachinger ohne Protektion, ohne Bauchrutschen, ohne anmaßendes Vonsichselbstreden geworden, was er heute ist, muß ein Mann in erster und ein wahrhaft gottbegnadeter Künstler in zweiter Linie sein. Wir würden die Künstlerschaft voran sagen, wenn es rühmlich wäre, dem ächten Charakter die zweite Stelle zuzuweisen. Schachinger, als Münchner Künstler ersten Ranges und einer von Pilotys talentirtesten Schülern, ist der Schöpfer einer Reihe von Meisterwerken der Malerei, die zum größten Theil den Weg über den Ozean wanderten, wo sie in Museen und in Salons reicher Privatleute von der Gediegenheit deutscher Kunst rühmliches und beredtes Zeugniß ablegen.

Auch Frankfurt ist in den Besitz eines Werkes von Schachingers kunstgeübter Hand und imponirendem Compositionstalent gelangt! Die Handelskammer besitzt, dank der Hochherzigkeit unseres Mitbürgers Gans, ein herrliches Gemälde unseres, leider zu frühe für sein Volk verstorbenen Kaiser Friedrichs. Die Vorzüge dieser Schachinger'schen Arbeit sind gelegentlich ihrer Ausstellung im hiesigen Kunstverein von der Presse allseitig gewürdigt worden. Als in weiteren Kreisen unbekannt, dürfen wir mittheilen, daß die ganze Gewandung des Helden und Dulders, der Brustharnisch, der Ordensschmuck, der Degen und der Feldherrnstab getreue Kopien nach den ächten, im Schlosse Friedrichskron verwahrt gewesenen Originalen sind, die Schachingern, durch die Empfehlung seines Freundes Franz v. Lenbach an einen hohen Staatswürdenträger in Berlin, mit anerkennenswerther Liberalität zur Verfügung gestellt wurden. Das Portrait in der Handelskammer, an dem der fleißige Künstler mehrere Monate arbeitete, besitzt somit nicht nur einen artistischen, sondern auch einen historischen Werth.

Dasselbe läßt sich auch von dem unlängst im Kunstverein ausgestellt gewesenen Bilde Königs Ludwig II. von Bayern sagen. Hier passirte dem Künstler das gleiche Malheur, wie mir nachher mit dem Portrait Kaiser Friedrichs. Schon waren die Präliminarien beendet, wie Kaiser Friedrich hatte sich — berichtet man — der kunstsinnige Baiernkönig zu einer Sitzung bereit erklärt, als ihn das unerbittliche Geschick ereilte. Nichts destoweniger ist Schachingers Bildniß des Königs Ludwig II., welches auf der vorjährigen Münchner Kunstausstellung einen hervorragenden Platz einnahm, zum Sprechen ähnlich geworden. Nicht nur die getreuen Unterthanen der verstorbenen Majestät rühmen die Ähnlichkeit; auch ein Mann, der ihm nahe stand, der Prinzregent von Bayern, erkannte die vortreffliche Wiedergabe seines verstorbenen Verwandten wiederholt rückhaltlos an.

Man würde übrigens irren, wenn man annähme, Schachinger befleißige sich nur der Portraitmalerei. Im Gegentheil! sein Hauptfeld ist das Genre, wie sich aus den Reproductionen der »Münchener Union« ersehen läßt. Seine Bilder sind mit einer solchen Liebe und duftigen Zartheit gemalt, daß man lebendig gewordene Perlen der Lyrik vor sich zu sehen glaubt. Nicht ein Blumenblättchen ist vernachläßigt, kein Fältchen nur so obenhin behandelt. Die gediegene und sachverständige Behandlung des geringsten Details muß eine künstlerische Wirkung auf den Beschauer erzielen. Gerade hier zeigt sich Schachinger auf der Höhe seines Talentes, indem er das richtige Maß zu halten versteht. Es verfällt nicht, wie so mancher Andere, in eine lächerliche Detailmalerei, obgleich er den Kleinigkeiten auf seinen Bildern dieselbe Aufmerksamkeit schenkt, wie ihren Hauptpiecen.

Macht uns seine Kunst den Mann schon werth, so zieht uns die geradezu antike Größe seines Charakters, sein ernstes Pflichtgefühl, seine treue Liebe zu den Seinen, seine Anhänglichkeit an seine Freunde und sein inniges Mitleid mit der Armuth unwiderstehlich an.

Wie neidlos verfolgt er den Ruhm seiner Münchener Kollegen, deren Erfolge ihn nicht nur interessiren, sondern im höchsten Grade erfreuen! Wir rückhaltlos lobt er, wenn es sich um ein wirkliches Kunstwerk handelt, und wie bescheiden sagt er seine Meinung, wenn andere, die viel geringeres Verständniß haben, über einen armen Teufel herfallen, der sein Bestes gethan, der aber von seinem Talente im Stiche gelassen worden ist!

Leider hat es das Schicksal nicht gewollt, daß Schachinger seine anfänglich einmal geäußerte Absicht, sich in Frankfurt dauernd niederlassen zu wollen, ausführe. Verläßt er auch die alte Reichsstadt mit einigen Enttäuschungen, die ihm von Leuten bereitet wurden, welche ihr Vermögen mit einer siebenstelligen Zahl schreiben und ohne Kunsthändler zu sein mit der Kunst handeln zu wollen, so müssen ihm die Erfolge, die er in den wirklich gebildeten Kreisen errungen, und das Vertrauen und die Liebe, welche ihm von seinen hier gewonnenen Bekannten entgegengebracht wurden, doch sagen, daß sein Aufenthalt in Frankfurt a. M. kein vergeblicher gewesen ist. So unvergeßlich, wie er dem Schreiber dieser Zeilen sein wird, so unvergeßlich wird er Allen sein, die die Ehre hatten mit ihm zu verkehren.

J. B. Müller-Herfurth.

Jean Baptist Müller-Herfurth: Westend-Zeitung Nr. 282. Lokalblatt für die westlichen Stadttheile oder Vororte Münchens. Neuhausen; 6. Juli 1889.

Kunstchronik (24.5.1912)

NEKROLOGE

† München. Prof. Gabriel Schachinger, der bekannte Maler, ist am 9. Mai seinem schweren Leiden in Eglfing erlegen. Er war am 31. März 1850 in hiesiger Stadt geboren worden, hatte die Akademie unter Anschütz, Alexander Wagner und Piloty besucht und in den Jahren 1876–78 mit Hilfe eines Staatsstipendiums Italien bereist. Nach seiner Rückkehr aus dem Süden lebte er in München als geschätzter Porträt- und Genremaler, wandte sich in späterer Zeit aber der Stillebenmalerei zu, wobei er große, prächtige Blumenarrangements bevorzugte. Auch im Gebiet der dekorativen Malerei hat er sich verschiedentlich betätigt, wie z. B. sein letztes Werk ein Plafondgemälde mit Eckvignetten für das Kurhaus in Wiesbaden war. Aus seinen Werdejahren existieren Porträts, die die feine, tonige Behandlung des Leiblkreises aufweisen und in der vor einigen Jahren stattgehabten Ausstellung der Pilotyschule Aufsehen erregten.

Kunstchronik Nr. 28. Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe. 24. Mai 1912.

Allgemeines Künstler-Lexikon (1921)

Schachinger, Gabriel, wurde Professor. Von ihm ferner Ludwig II. (Gal. Schleissheim), Prinzregent Luitpold (Gymnasium, Nürnberg), Kaiser Friedrich (Handelskammer, Frankfurt), Portalvorhang für das Hoftheater in München. etc.

Allgemeines Künstler-Lexikon. Leben und Werke der berühmtesten bildenden Künstler. Vorbereitet von Hermann Alexander Müller. Herausgegeben von Hans Wolfgang–Singer. Fünfte unveränderte Auflage. Fünfter Band. Frankfurt am Main, 1921.

Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München (1983)

Schachinger Gabriel, 1850 (München) – 1912, Porträt-, Genre- und Blumenmaler; er war Schüler K. von Pilotys in seiner Vaterstadt und weilte 1876–1878 als bayerischer Staatsstipendiat in Italien, dann wirkte er dauernd in München, wo er Porträts von Fürsten (Maximilian II., Ludwig II., Prinzregent Luitpold und Kaiser Friedrich III.), Genres (Frauenbildnisse, Trotzköpfchen), Blumenbilder und Deckengemälde, Theaterdekorationen, Prunkgemächer und Ausstellungsräume mit blendender Technik schuf.

© Dr. phil. Max Joseph Hufnagel: Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München. Zeke Verlag; 4. Auflage. Würzburg, 1983.



© Reiner Kaltenegger · Gräber des Alten Südfriedhofs München · 2007-2025


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