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Das Grab ist nicht erhalten
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* 3.12.1792 (Wiesensteig/Württemberg)
† 29.1.1837 (München)
Sänger
Löhle, Franz Xaver, Königl. Bayer. Hofsänger und Vorstand der Central-Singschule in München, geb. 1792 den 3. Dezember in Wiesensteig, ehemals bayer. Herrschaft, seit 1806 aber Würtemberg zugehörig. Sohn eines Chorregenten. Mit seinem achten Jahre kam er als Singknabe nach Augsburg in das dortige Collegial-Stift St. Moritz, und wurde dem jetzigen Domkapellmeister, der damals Chorregent bey St. Moritz war, Herrn Witschka übergeben. Herr Witschka, ein asgezeichneter Kirchen-Componist und Clavierspieler brachte die Kirchenmusik auf einen hohen Grad. Nach der Secularisation von St. Moritz mußte er wieder nach Hause, blieb ein halbes Jahr daselbst, und sein Vater, ein sehr gebildeter Musiker, bildete seine Kenntnisse aus, und gab ihm trefflichen Unterricht. Im Jahre 1804 kam er ans Seminarium nach München, sang dort in der königl. Hofkapelle, auf dem königl. Hoftheater und in mehreren Kirchen Münchens, besuchte auch das Gymnasium, bis er 1807 nach Hause gerufen wurde. In eben diesem Jahre hörte ihn der letztverstorbene König, Friedrich v. Würtemberg, auf einer Jagdparthie in Wesensteig bei der Abendtafel singen, er hatte das Glück ihm zu gefallen, und er ließ ihn auf seine Kosten in Stuttgart zuerst bei Kapellmeister Danzi und später bei Hofsänger Krebs erziehen, und zum Sänger bilden. Er blieb in Stuttgart bis zum Jahre 1815 wo sein königl. Wohlthäter starb. Hierauf ging er nach Hannover, dann wieder auf ein Jahr nach Stuttgart, und wurde im Jahr 1819 lebenslänglich beim königl. Hoftheater und dem königl. Hoforchester in München angestellt, wo er zufrieden und glücklich seit dieser Zeit lebt.
§. §. Vier Theile der Elementar-Musik-Schule, der 1. Bd. 8., die 3 andern 4. München. Central-Schulbücher-Verlag.
Adolph von Schaden: Gelehrtes München im Jahre 1834. München, 1834.
Löhle, Franz Xaver, vor Kurzem noch einer der vorzüglichsten Tenoristen Deutschlands mit angenehmer, kräftig hoher Stimme, dem Einförmigkeit in Spiel und Vortrag wohl mit Unrecht und falscher Beurtheilung der Sache hie und da vorgeworfen wurde, gegenwärtig K. Baierischer Hof- und Kammersänger, und Vorstand der Central-Singschule in München, ist geb. am 3. Dec. 1792 in Wiesenstaig, einer kleinen Stadt am Fuße der Alp in Würtemberg. Sein Vater war Chorregent an dem dortigen Canonicatstift und zugleich lateinischer Lehrer, dabei ein sehr geschickter Musikus.
Mit 5 Jahren wurde der kleine Xaver von seinem Vater in den Elementen der Musik, namentlich des Gesanges unterrichtet, und nach Verlauf eines halben Jahres mußte er schon auf dem Chore mitsingen. Seine Stimme war gleich Anfangs entschieden Altstimme, und zwar von seltenem Wohllaut. Mit acht Jahren kam er nach Augsburg in das St. Moritzstift und empfing hier gründlichen Gesang- und Schulunterricht, ersteres von dem damaligen Chorregenten, jetzigen Capellmeister am Dom in Augsburg, Witschka, und letzteren zuerst in der St. Martins-, dann in der Frauenschule. 1803 wurde er als Singknabe im Seminarium in München aufgenommen und mußte als Solo-Altist in der Hofcapelle mitsingen, auch die Knabenrollen in der »Zauberflöte«, in »Palme und Amalie« (von Kannabich) und »Axur« übernehmen. Daß er dabei die ausgezeichnetsten Sänger und Sängerinnen Italiens, z. B. Brizzi, Mad. Berdinotti u. A. hörte, wirkte nur günstig auf seinen Vortrag, auch für die Folge.
In München absolvirte er auch das Gymnasium. Während der Vacanz im September 1807 reiste er zu seinen Eltern nach Wiesenstaig. In einem Concerte, das hier wegen Anwesenheit des Königs von Würtemberg (auf einer Jagdparthie) veranstaltet wurde, erwarb er sich durch seinen herrlichen Contraalt in einer Arie von Sarti dessen Beifall in dem Grade, daß der König selbst für seine Ausbildung und sein Fortkommen zu sorgen versprach. Bei seiner Ankunft in Stuttgart im November 1807 wurde er zuerst dem Unterrichte und der Pflege des dortigen Capellmeisters Danzi übergeben, bei dem er bis ins Spätjahr 1809 blieb; dann aber dem damaligen ersten Tenoristen Krebs, dem er denn auch nach seiner eigenen Versicherung ziemlich Alles verdankt, was er weiß und kann, sowohl in rein künstlerischer als auch wissenschaftlicher Beziehung. Bald wurden ihm zweite und dritte Tenorparthien anvertraut, und im Jahre 1812 sang er das erste Mal den Joseph in »Jakob und seine Söhne.« Er blieb in Stuttgart bis zum Tode seines erhabenen Wohlthäters im Jahre 1816; dann ging er als erster Tenorist nach Hannover, woselbst er sich mit der Tochter des Königl. Hofschauspielers Pauly, die er schon in Stuttgart kennen gelernt hatte, ehelich verband. Aber in demselben Jahre noch erhielt er wieder einen ehrenvollen Ruf als erster Tenorist nach Stuttgart. So reiste er schon im Januar 1818 wieder dahin. Allein im kommenden Mai sang er als Gast in München, und der Erfolg war, daß ihm sogleich ein lebenslänglicher Contract für sich und seine Gattin mit 3500 fl. nebst Pensionsversicherungen angeboten wurde, welchen er denn auch annahm und den 3. März 1819 antrat.
Seit der Zeit nun lebt er in München in den angenehmsten Verhältnissen, machte von dort aus auch mehrere Kunstreisen, wovon die bedeutendsten weiter unten angeführt werden, bis ihm der Tod seine theure Gattin Sophie, geborne Pauly, den 5. Sept. 1832 entriß. Im Jahre 1833 verheirathete er sich zum zweiten Male; aber auch diese Ehe trennte der Tod seiner Gattin schon den 29. Juli 1836. Im Jahre 1828 stiftete er den Liederkranz, der schon mehr denn 600 Mitglieder zählte, und bei dessen Produktionen selbst der Allerhöchste Hof selten fehlte. Die ganze Unternehmung verfiel jedoch im Jahre 1834 wieder, nachdem Löhle sich davon zurückgezogen hatte. Eine dauerndere und nützlichere Anstalt wurde durch ihn ins Leben gerufen in der Centralsingschule, welche jetzt 6 Jahre besteht, und sich immer weiter ausbildet. Zu derselben werden in 3 Cursen jährlich über 120 Zöglinge beiderlei Geschlechts unterrichtet. Bei ihren Produktionen werden gewöhnlich große klassische Vokalmusiken aufgeführt, z. B. achtstimmige Motetten von Bach, achtstimmige große Chöre von Vogler, Palestrina, Orlando di Lasso und anderen großen Meistern. Es ist bereits ein Katalog von 100 derartigen Meisterwerken angefertigt, und die Partitur nebst ausgeschriebenen Stimmen liegen zum Gebrauch in der Registratur. Die Kosten und Besoldungen der 3 daran angestellten Lehret werden theils aus der Stadtcasse, theils von den Beiträgen der Zöglinge bestritten. Seit seiner Pensionirung als Theatersänger (am 1. Nov. 1833) widmete L., aufgemuntert durch den glänzenden Erfolg jener Anstalt, alle seine Zeit dem Unterrichte, und schon manche treffliche Sänger und überhaupt gebildete Musiker sind aus seiner Schule hervorgegangen. Die immer mehr zunehmende Zahl und Verschiedenartigkeit seiner Zöglinge brachte ihn endlich auch auf den Gedanken, ein förmliches Conservatorium in München zu errichten, das bereits die Hoffnung hat, als Staatsanstalt anerkannt und dann wahrhaft großartig zu werden.
Die vorzüglichsten Reisen, die L. in seiner Blüthezeit als dramatischer Sänger von München aus machte, waren: 1820 nach Wien wo er 12, 1822 nach Carlsruhe wo er 8, 1823 nach Carlsruhe wo er 4, 1823 nach Mannheim, wo er 6, 1824 nach Mannheim, wo er 4, 1826 nach Pesth, wo er 12, 1828 nach Berlin, wo er 4, und 1830 nach Stuttgart, wo er 3 mal sang. In allen diesen Städten hatte er das Glück, sich des ungetheiltesten Beifalls zu erfreuen.
Unter seine besten Leistungen gehörten: Johann in »Johann von Paris«, Othello in »Othello«, Murney im »Opferfeste«, Tamino in der »Zauberflöte«, Max im »Freischütz«, Adolar in »Euryanthe« Titus in »Titus«, Bellmont in der »Entführung aus dem Serail«, Blondel in »Richard Löwenherz«, Licinius in der »Vestalin«, Gulistan im »Hulda von Samarkanda«, Hyon in »Oberon«, Johann in den »beiden Füchsen«, Johann im »neuen Gutsherrn« und Mause im »Bettelstudent«.
Als musikal. Schriftsteller in seinem Fache ist er bekannt durch eine »allgemeine Anleitung zu einer Elementar-Musikschule, vorzüglich berechnet für den Gesang nach Pestalozzischen Grundsätzen« (vier Bände nebst Auszug für die Lernenden), welches Werk so eben durch Allerhöchstes Rescript als Lehrbuch in allen Elementarschulen Baierns eingeführt wird. Ferner erschienen von ihm: 24 3stimmige deutsche Schullieder und eben so viele Kirchenlieder, zwölf deutsche und 12 lateinische Messen, 4stimmig mit Orgelbegleitung, 30 vier- und fünfstimmige Gesänge ohne Begleitung für den Liederkranz, nebst einer Menge Gelegenheitschöre zu Prüfungen, Preisvertheilungen, Begräbnissen etc. Alle sind vollgültige Zeugen von der wahrhaften künstlerischen, musikal. Durchbildung ihres Verfassers, mit unverkennbarer Hervorhebung der besonders pädagogischen Richtung, welche das ihm angeborne eminente Talent genommen hat.
P.
Encyclopädie der gesammten musikalischen Wissenschaften oder Universal-Lexicon der Tonkunst. Stuttgart, 1837.
Löhle Franz Xaver, geboren am 3. September 1792 in Wiesensteig (Württemberg). Da sein Vater regens chori am Kanonikatstift war, wurde er schon frühzeitig im Gesang unterrichtet. Nachdem er im St. Morizstift in Augsburg Schulunterricht genossen hatte, kam er 1803 als Sängerknabe ans Münchner Seminar. Sowohl hier wie in Augsburg teilte man ihm Kinderrollen auf der Bühne zu, die er zur Zufriedenheit seiner Lehrmeister darstellte. Als er 1807 in seine Heimat zurückgekehrt, das Glück hatte, vor dem König von Württemberg singen zu dürfen, entschied sich seine weitere Laufbahn, indem ihm der König das Versprechen erteilte, für seine Ausbildung sorgen zu wollen. So kam er noch im selben Jahr zum weiteren Gesangsstudium nach Stuttgart und 1812 betrat er das erste Mal daselbst die Bühne. Der König blieb sein wohlwollender Protektor, und als dieser 1816 starb, nahm L. ein Engagement als erster Tenorist nach Hannover an. Hier gefiel er nicht minder wie in seiner Heimat, verheiratete sich mit der Tochter des Hofschauspielers Pauli und folgte 1818 einem verlockenden Ruf ans Hoftheater in München. Als er daselbst debütierte, erzielte er einen derartigen Erfolg, daß er für Lebenszeit an diese Hofbühne verpflichtet wurde. Auch seine Frau gehörte der Münchner Bühne bis zu ihrem Tode (1832) an. Er selbst verließ München nicht mehr, außer um Kunstreisen nach dem Norden und Süden Deutschlands zu unternehmen. In Wien, Karlsruhe, Mannheim, Berlin, Leipzig, überall fand seine Stimme ungeteilten Beifall. L., der infolge seiner Verdienste zum königlich bayerischen Kammersänger ernannt worden war, gehörte in seiner Blütezeit zu den besten deutschen Tenoristen und seine hohe, kräftige, wohlklingende Stimme, wie sein gebildeter Vortrag schufen ihm Freunde seiner Gesangskunst, die ihm bis zu seiner am 1. November 1833 erfolgten Pensionierung treu blieben. Sein schwaches Darstellungstalent brachte ihn allerdings um manchen Erfolg, denn Gesangspartien, wo auch schauspielerisches Talent erforderlich war, gelangen eben nur in stimmlicher Beziehung, allein in dieser brauchte er keinen seiner Kollegen zu fürchten. Ihm wurde auch am 1. Juli 1821 der erste »Florestan« (»Fidelio«), am 15. April 1822 der erste »Max« (»Freischütz«) und am 8. Januar 1830 der erste »Masaniello« in »Die Stumme« in München übertragen. L.’s prächtige Stimmmittel trugen nicht wenig zum Erfolg der einzelnen Opern bei. L., der sich auch als musikalischer Schriftsteller und Komponist (Schul- und Kirchenlieder, Messen und Gesänge) einen geachteten Namen erworben hatte und 1834 zum Vorstand der Zentralgesangsschule in München ernannt wurde, widmete sich nach seiner Pensionierung dem Gesangsunterricht und eine Anzahl vortrefflicher Schüler dankten ihm ihre späteren Erfolge. Er starb am 29. Januar 1837 in München.
Ludwig Eisenberg’s Grosses Biographisches Lexikon der Deutschen Bühne im XIX. Jahrhundert. Leipzig, 1903.