Ω
Relief-Porträt
PETER von HESS SCHLACHTENMALER
geb. d. 29. Juli 1792 zu Düsseldorf.
gest. d. 4. April. 1871 zu München.
Linke Spalte
Deren Söhne
Richard Hess.
geb. d. 13. Febr. 1832. gest. d. 17. Jan. 1833.
Eugen Hess, Kunstmaler.
geb. d. 25. Juni 1824, gest. d. 21. Nov. 1862.
Max Hess, Kunstmaler,
geb. d. 15. Okt. 1825, gest. d. 19. Juli 1868.
Heinrich Hess, k. Major
u. Command. des k. b. 5. Jäger-Bat.
u. Ritter hoher Orden.
geb. d. 20. April 1827, gest. d. 25. Juli 18¿
und Tochter
Mathilde Hess,
geb. d. 29. Juni 1830, gest. d. 31. Mai 1885.
Rechte Spalte
Deren Enkelin
Ida Kurz
geb. d. 15. Mai 1865, gest. d. 9. Mai 1876.
Ω
Hess, Heinrich; 20.4.1827 – 25.7.18¿; Major
Hess, Mathilde; 29.6.1830 – 31.5.1885 (München); Hofmalers-Tochter
Hess, Max; 25.10.1825 (München) – 19.7.1868 (Bad Lippspringe); Genremaler, Historienmaler und Zeichner
Hess, Peter von; 29.7.1792 (Düsseldorf) – 4.4.1871 (München); Genremaler und Schlachtenmaler
Hess, Richard; 13.2.1832 – 17.1.1833
Kurz, Ida; 15.5.1865 – 9.5.1876 (München); Rentiers-Tochter
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* 25.6.1824 (München)
† 21.11.1862 (München)
Genremaler und Radierer
Nekrologe.
Eugen Heß, Genre-Maler,
geboren am 25. Juni 1824, war der älteste Sohn des berühmten Schlachtenmalers Peter v. Heß. Das großartige Schaffen des Vaters konnte nicht verfehlen, auf den begabten Sohn den tiefsten Eindruck zu machen und den Knaben für eine Laufbahn zu begeistern, auf welcher der Vater so glänzende Erfolge errang. Auf einer Reise durch Deutschland, Rußland und Polen, auf welcher er seinen Vater im Jahre 1839 begleiten durfte, entschied er sich für die Kunst und machte unter der Leitung seines großen Lehrers bald so bedeutende Fortschritte, daß er bereits in den Jahren 1849 und 1850 als selbstständiger Künstler zum Behufe seiner weiteren Ausbildung Frankreich und Belgien bereisen konnte, um die Werke der großen französischen und niederländischen Maler zu studiren.
Im Jahre 1856 verehelichte er sich unter den heitersten Aussichten auf ein beglückendes Familienleben und ein freudiges und erfolgreiches künstlerisches Schaffen. Jedoch nur zu bald sollte sich der Lebenshorizont des so begabten, zu den schönsten Hoffnungen berechtigten Künstlers verfinstern. Der Tod seiner Gattin und seines einzigen Kindes zerstörte sein kaum aufgeblühtes häusliches Glück mit einem Schlage und stürzte ihn in unheilbare Schwermuth. Zu dieser gesellte sich bald körperliches Unwohlseyn welches, sich fortwährend steigernd, seinem jungen hoffnungsvollen Leben bereits am 21. November vorigen Jahres nach unsäglichen Leiden ein Ende machte und seine Familie in die tiefste Trauer stürzte.
Für den Schmerz des greisen Vaters, der sein eigenes ruhmreiches Schaffen in seinem Sohne sich fortsetzen sah, für den Jammer einer Mutter, unter deren Augen ein zu dem heitersten Lebensloos berechtigtes Kind langsam und hoffnungslos dahinwelken sollte, gibt es wohl keinen Maßstab.
Um die Arbeiten dieses Künstlers zu kennzeichnen, genügt es zu erwähnen, daß sie die Vorzüge der Werke seines berühmten Vaters in hohem Grade besaßen. Sie bestanden aus Genre- und Jagdbildern, welche sich eben so sehr durch geistreiche Erfindung als glänzende Technik und Wahrheit auszeichneten. Sein letztes Werk war ein im Auftrage Seiner Majestät des Königs Maximilian ausgeführtes, für das Maximilians-Athenäum bestimmtes lebensgroßes Bild – die Einnahme von Yorktown durch Washington.
Bericht über den Bestand und das Wirken des Kunst-Vereins in München während des Jahres 1862. München, 1863.
EUGEN HESS,
Eugen Hess, der älteste Sohn des berühmten Schlachtenmalers Peter v. Hess, ward den 25. Juni 1824 in München geboren. Die glänzenden Erfolge des Vaters in der Kunst konnten nicht verfehlen auf das Gemüth des Sohnes den tiefsten Eindruck zu machen; auf einer Reise, die er 1839 mit dem Vater durch Norddeutschland, Polen und Russland machte, entschied er sich bestimmt für die Kunst. Unter der umsichtigen Leitung seines Vaters machte er bald so gute Fortschritte, dass er schon in den vierziger Jahren als selbstständiger Künstler auftreten konnte; eine Reise nach Frankreich und Belgien 1849–1850, um die Werke der grossen französischen und niederländischen Maler zu studiren, föorderte nicht wenig seine Entwicklung.
Im Jahre 1856 verehelichte er sich unter den besten Aussichten auf ein beglückendes Familienleben. Aber leider nur zu bald verfinsterte sich der Lebenshorizont des begabten jungen Mannes, der Tod seiner Gattin und seines einzigen Kindes zerstörte sein kaum aufgeblühtes Glück mit einem Schlage und stürzte ihn in unheilbare Schwermuth. Zu dieser gesellte sich bald körperliches Unwohlsein, welches, sich fortwährend steigernd, seinem jungen Leben am 21. November 1862 nach grossen Leiden und zum tiefsten Schmerze des greisen Vaters ein Ende machte.
Hess's Gemälde bestehen in Genrescenen und Jagdbildern, sie zeichneten sich ebenso sehr durch geistreiche Erfindung als Wahrheit und glänzende Technik aus. Sein letztes Werk, im Auftrag des Königs Maximilian II. für das Athenäum ansgeführt, stellte die Einnahme von Yorktown durch Washington dar. Mit Vorliebe widmete er seinen Pinsel der romantischen Verherrlichung des edlen Waidwerks, und zwar der vornehmen Jagdlust des 16. und 17. Jahrhunderts nach ihrer friedlichen, erheiternden Seite; in seinen andern Bildern behandelt er, in die Fusstapfen seines Vaters tretend, gern Scenen aus dem Kriegsleben und aus dem friedlichen Leben solche Stoffe, in welchen das Pferd eine wesentliche Rolle spielt. Nennen wir einige seiner Werke: Ein Wildprethändler, Münchener Kunstverein 1846, Maler Lud. v. Hagn, – Morgengruss des Jägers, Prager Kunstverein 1848, – Der erste Unterricht im Waidwerk, Prager Kunstverein 1850, bei Graf Nostiz; – Ein Waldbruder, die Beute von Wildschützen versteckend, Münchener Kunstverein 1850, bei Hauptmann F. v. Tautphoeus in München; – Ein bayerischer Jäger auf Vorposten, zwei einen Liebesbrief lesende Mädchen belauschend, 1853; – Der schwedische Marschall Wrangel auf der Jagd bei Dachau vom bayerischen General Joh. von Weerth überfallen; – Fuhrwerk vor einem Wirthshaus, Gothaische Ausstellung 1855; – Botschaft aus dem Gefecht, Münchener Kunstverein 1857, bei Maler A. v. Ramberg; – Fasanen-Suche, Prager Ausstellung 1862, – Ein Ritter als Gast bei Dominikanermönchen, Neue Pinakothek in München.
Von Reproductionen seiner Bilder sind uns folgende bekannt:
1) Der erste Unterricht im Waidwerk. F. Hanfstängl lith. Böhmisches Kunstvereinsblatt, gr. fol.
2) Der Gemüsemarkt in Antwerpen. J. Wölffle lith. König Ludwig Album, gr. fol.
3) Der Gast im Kloster. J. Wölffle lith. roy. fol.
4) Ueberfall bei Dachau im 30jährigen Krieg. Wrangel auf der Hirschjagd von bayerischen Truppen überfallen. Idem lith. gr. qu. fol.
Dr. phil. Andreas Andresen: Die Deutschen Maler-Radirer (Peintres-Graveurs) des neunzehnten Jahrhunderts, nach ihren Leben und Werken. Leipzig, 1872.
Hess Eugen, 1824 (München) – 1862, Genremaler und Radierer; ältester Sohn des Schlachtenmalers Peter von H., begleitete er seinen Vater 1839 auf Studienreisen durch Norddeutschland, Polen und Rußland, bildete sich in München, Frankreich und Belgien (1849/50) weiter und zeichnete sich als Genre- und Schlachtenmaler, namentlich durch romantische Jagddarstellungen, aus.
Hauptwerke: Ein Ritter als Gast bei Dominikanermönchen, Gemüsemarkt in Antwerpen, Einnahme von Yorktown durch Washington, Jägers Morgengebet, Erster Unterricht im Waidwerk, Fuhrwerk vor einer Wirtschaft, Botschaft aus dem Gefecht.
© Dr. Max Joseph Hufnagel: Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München. Zeke Verlag; 4. Auflage. Würzburg, 1983.
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* 22.1.1755 (Darmstadt)
† 25.7.1828 (München)
Kupferstecher
Carl Ernst Christoph Heß,
Professor der Kupferstecherkunst an der kön. Akademie der bildenden Künste in München;
geb. d. 22. Jan. 1755, gest. d. 25. Juli 1828. (Morgenbl. 1828. Kunstbl. Nr. 91)
Er wurde zu Darmstadt geboren, wo sein Vater als Hofinstrumentenmacher lebte. Mit seinem 13. J. schon Waise geworden, blieb ihm nur eine ältere Schwester, die jedoch auch nicht für ihn sorgen konnte. Seine Verwandten schickten ihn deshalb nach Straßburg zu einem Schwerdtfeger in die Lehre und er mußte hier, da ihm gar keine Unterstützung gereicht werden konnte, in drückender Noth die Anfangsgründe des Handwerks erlernen und mit rastloser Arbeit sein Brod verdienen. Zwei Jahre hatte dieser Zustand gedauert, als die Verheirathung seiner Schwester ihm eine günstigere Lage verschaffte. Sein nunmehriger Schwager, der Goldciseleur und Medailleur Hohleisen, ließ ihn zu sich nach Mannheim kommen und gab ihm Anweisung in seiner Kunst. Er bildete sich mit raschen Fortschritten in diesem neuen Fache aus und begann schon aus natürlichem Antriebe an den Instrumenten, Gefäßen und Waffen, die er fertigte, mannichfaltige Verzierungen und andere Gegenstände einzugraviren. Der verewigte König Maximilian (S. dess. Biogr. 3. Jahrg. S. 968.) von Baiern erhielt zu jener Zeit als Jüngling einen Hirschfänger, auf welchen eine Jagd von der Hand des jungen H. gravirt war, und noch in späten Jahren erinnerte ihn der wohlwollende Monarch oft an diese Jugendarbeit. – Der Aufenthalt in Mannheim, wo mehrere Kunstsammlungen und eine Kunstschule sich befanden, hatte für ein so entschiedenes Kunsttalent, wie H., nicht günstiger sein können, und bald entwickelte sich in ihm der unwiderstehliche Trieb, sich in der zeichnenden Kunst mit voller Anstrengung auszubilden. Er besuchte deshalb in allen seinen Freistunden die dortige Schule und benutzte auch zu Hause jeden Augenblick bis in die späte Nacht, um nach geliehenen Originalen sich zu üben und Fertigkeit im Zeichnen zu erwerben. – Dieser unermüdliche Eifer zog die Aufmerksamkeit des dortigen Akademie- und Galleriedirectors Krahe auf sich; er nahm allmälig ein lebhaftes Interesse an dem jungen Menschen und versuchte endlich, ihn durch zweckmäßige Unterstützung in seinem Studium der Kupferstecherkunst zuzuwenden, für die er in seinen Gravirungen schon so viele Anlagen gezeigt hatte. Obgleich diese Wendung seines Schicksals erst erfolgte, als seine schönsten Jugendjahre schon verflossen waren, ergriff er doch die Aufforderung mit dem freudigsten Eifer. Allein auch hier trat ihm seine gänzliche Vermögenslosigkeit mit drückenden und fast unbezwinglichen Hindernissen in den Weg, und er mußte seine neue Laufbahn damit beginnen, sich durch den Stich von Wechselformularen und andern unbedeutenden Blättern seinen täglichen Unterhalt zu verdienen. – Im J. 1776 befand er sich deshalb zu Augsburg und war dort so glücklich, sich mit diesen Arbeiten so viel zu erwerben, daß er sich endlich im Stande sah, seinem Drange nach weiterer Ausbildung einige Zeit zu widmen. Er machte einige Versuche in Figuren und Landschaften und fertigte nach und nach mehrere kleine Werke mit der Radirnadel, welche ihn allmälig als Kupferstecher bekannt machten. Im Mai des J. 1777 lud ihn sein Gönner, der Akademiedirector Krahe von Mannheim aus ein, nach Düsseldorf zu kommen, um dort an einem Werke mitzuarbeiten, welches nach den Gemälden der dortigen Gallerie herausgegeben werden sollte. Er folgte dem Ruf mit Freuden und unternahm sogleich einige Platten nach Rembrandt, welche so sehr gefielen, daß er bald darauf im J. 1780 zum außerordentlichen Mitglieds der dortigen Akademie ernannt wurde. Sein Ruf entfaltete sich von nun an mit größter Schnelligkeit, denn schon 2 J. darauf fand der Kurfürst von Pfalzbaiern sich bewogen, ihn (22. Oct. 1782) zum Hofkupferstecher und gleich darauf (29. Decbr. d. J.) zum wirklichen Professor der Akademie zu ernennen. Im J. 1783 unternahm er eine Reise nach München und beabsichtigte zu seiner weitern Ausbildung eine Reise nach Italien, die er jedoch erst im J. 1787 antreten konnte. Ein Zufall veranlaßte, daß er bei plötzlicher Erkrankung eines Cabinetscouriers freiwillig dessen Portefeuille übernahm und an seiner Statt in 6 Tagen nach Neapel eilte. Er stieg dort im Hause des berühmten Tonsetzers Paesiello ab und wohnte mehrere Monate bei ihm. Darauf kehrte er nach Rom zurück und verweilte daselbst ein Jahr, mit dem Studium seiner Kunst beschäftigt und in freundschaftlichem Verkehr mit mehrern der ausgezeichnetsten Männer Deutschlands. Die damalige Zeit war ein Wendepunkt für alle Kunst und Wissenschaft und Vieles, was bald darauf und später in Deutschland wirkte, ward in jenen Jahren zu Rom vorbereitet. Noch dauert das Ansehn und der Einfluß des kürzlich verstorbenen Mengs; Angelica Kaufmann blühte und sammelte einen Kreis geistreicher Fremden um sich, Göthe schrieb seine Iphigenia, Hirt entdeckte die Kapelle des Frote Angelico da Fiesole im Vatikan, welche zuerst auf das Verdienst der vorraphaelischen Meister aufmerksam machte. Moriz, Herder, Schlegel besuchten um diese Zeit Italien. Der Umgang mit mehreren dieser geistreichen Männer war für unsern strebenden Künstler ein reicher Quell innerer Ausbildung und Befriedigung; denn er wußte sich leicht alles Gute anzueignen und erwarb sich durch die lebhafte Empfänglichkeit und Heiterkeit seines Geistes die Liebe derer, deren Freundschaft er suchte. Er kehrte von Rom wieder nach München zurück, wo ihn sein alter Freund Franz Kobell und sein vorzüglicher Freund und Gönner der Geheimerath von Stengel (Dessen Biogr. 2. Jahrg. S. 675.) mit Liebe erwarteten. Auch hier sah er sich bald in einem seiner geistigen Richtung entsprechenden Kreise. Im Hause des Kapellmeisters Cannabich hatte sich ein freundschaftlicher Zirkel gebildet, der zum Theil auch aus berühmten Musikern bestand; selbst Mozart nahm während seines Aufenthaltes in München daran Theil.
Das früher durch Krahe projectirte Werk der Düsseldorfer Gallerie war nicht zur Ausführung gediehen; aber das Unternehmen wurde von neuem durch den Engländer Green begonnen, und H. u. Bartolozzi wurden als Hauptmitarbeiter an demselben berufen. H. begab sich deshalb im Anfang des J. 1789 zum zweitenmale nach Düsseldorf und ging mit Eifer an seine Arbeit. Der damalige weichlich verderbte Kunstgeschmack fand leider nur an der zierlichen Punctirmanier Gefallen, und so mußte unser Künstler nunmehr die schönsten Jahre seiner Thätigkeit diesem untergeordneten und ungenügenden Fache widmen. Die vorzüglichsten Blätter, die er zu dem Werke lieferte und welche damals seinen Namen weiter und hauptsächlich in England bekannt machten, waren die Himmelfahrt Mariä nach Guido, der Marktschreier nach Gerhard Dow und das Porträt Rubens mit seiner Frau (Diese Gemälde sind nun sämmtlich in der Gallerie zu München.), welch letzteres Blatt unstreitig zu den besten und strengsten gehört, die jemals in dieser Manier verfertigt worden sind. – Auch radirte er damals noch mehrere Blätter und überhaupt gab die Verbindung, in die er durch dieses Werk mit dem englischen Kunsthandel gerieth, ihm zu mancherlei andern Arbeiten Anlaß. Seinen rastlos strebenden Geist forderte sie zugleich zu anderweitiger Entwickelung auf; er erlernte die englische Sprache zu dem Grade, daß er sich darin ausdrücken und mit den Schätzen der englischen Literatur bekannt machen konnte. Der tägliche Umgang mit jener bedeutenden Anzahl geistreicher Männer, die sich damals im Hause des Direktors Krahe und vorzüglich bei dem gastfreundlichen Jacobi in Pempelfort unweit Düsseldorf versammelten, gab ihm nicht nur die äußere Gewandtheit und den feinen Ton im Leben, sondern erregte bei ihm auch eine Teilnahme an jeder höheren geistigen Richtung, die seinen wissenschaftlichen und künstlerischen Gesichtskreis erweiterte und bis in sein spätes Alter gleich frisch und lebendig in ihm blieb. Im Hause Jacobi's, welcher jeden Herbst eine Anzahl geladener Gäste beherbergte, verlebte er mehrere Jahre im Kreise der ausgezeichnetsten Gelehrten Deutschlands, und er pflegte noch im spätern Alter das Glück, diese Männer gekannt zu haben, als eine der vorzüglichsten Begünstigungen seines Schicksals zu preisen.
Im J. 1791 verheirathete er sich mit der jüngern Tochter seines vieljährigen Freundes, des Akademiedirectors Krahe, und seine durch mannichfaltige Anstrengung bereits wohlgeordneten Verhältnisse schienen sich durch diese Verbindung auf eine dauerhafte Weise zu begründen. Doch bald darauf überzogen Frankreichs Heere die Ufer des Rheins und Düsseldorf wurde durch das Bombardement des J. 1792 ein Raub der Flammen. Groß war der Verlust, den viele Familien, vorzüglich seine Schwiegereltern und er selbst erlitten. Durch die brennenden Straßen entflohen die unglücklichen Einwohner. Als auch er seine Familie in einem benachbarten Dorfe in Sicherheit gebracht hatte, kehrte er noch einmal zurück und rettete noch schnell seine wenige Barschaft und seine Kunstgeräthschaften, indem er sie mit eigner Hand auf einem Schubkarren durch die mit Bomben und Brand erfüllte Stadt schleppte.
Als darauf einige Ruhe und mit ihr neue Kunstliebe und Thätigkeit zurückkehrte, fing auch der Geschmack allmälig an sich dem Tüchtigern zuzuwenden, und H. welcher dem Bessern nachstrebte und die Richtung der Zeit wohl verstand, unternahm nun einige Arbeiten mit dem Grabstichel, worunter vorzüglich die heilige Familie nach Raphael sehr vielen Beifall erhielt. Hierauf veranlaßte ihn die allgemeine Bewunderung, welche man damals Rubens zollte, nach dessen Hauptgemälde in der Düsseldorfer Gallerie das jüngste Gericht vorstellend, eine große Platte zu unternehmen. Doch wurde dieselbe nur zum Drittheil in Düsseldorf gearbeitet und erst nach 15 J. in München vollends zu Stande gebracht. Die bald darauf erfolgte Regierungsveränderung unterbrach ihn in dieser Arbeit. Die Gallerie und Akademie wurde im J. 1806 von Düsseldorf nach München verlegt, wo der kunstliebende König Maximilian die den beiden Anstalten verbundenen Künstler mit vieler Gnade empfing und auch dem verewigten H. gleich eine ehrenvolle Beschäftigung gab. Es würde ihm der Stich des heil. Hieronymus übertragen, welches Gemälde damals von Würzburg nach München versetzt worden war und als ein Werk von Raphael galt. Später hat man sich überzeugt, daß es etwa von dem ältern Palma herrühren könnte. Nach Beendigung dieser Platte folgte eine Reihe von Jahren, von welchen leider fast der größte Theil wieder mit kleinern Brodarbeiten verloren ging, obgleich er dazwischen auch einige größere Werke, z. B. eine Madonna nach Carlo Dolce, zwer Blätter nach Honthorst u. s. w. verfertigte. – Fast seinem spätern Greisenalter war es vorbehalten, mit gehöriger Ruhe größere Werke unternehmen und ausführen zu können. In seinem 65. J. begann er der Aufmunterung des Königs Max zufolge die große Platte nach van Eyck, die heil. drei Könige vorstellend. Die verschiedenartigen Entwickelungen, welche Kunst und Wissenschaft unter so vielen stürmischen Kriegen erfuhren, die tieferen und lebendigeren Ansichten, die man besonders in der bildenden Kunst faßte, hatten auch ihn in seinem schon so hohen Alter mit jugendlicher Frische berührt. Unverkennbar sieht man in diesem Werke ein neues Streben in ihm aufblühen, und es ist, als wäre jetzt seine eigentliche Entwickelungsperiode eingetreten. Vom frühen Morgen, bis zum späten Abend verfolgte er mit rastlosem Fleiße diese neue Arbeit, und oft hörte man ihn sein Alter beklagen, daß es ihm die schone Aussicht auf eine noch lange und thätige Mitwirkung zur neuen Entwickelung unserer deutschen Kunst versagte. – Er hatte schon das 69. J. erreicht, als er die genannte Platte vollendete und doch beschäftigte sich sein thätiger Geist schon wieder mit neuen Unternehmungen, obwohl leider sein alternder Körper schon damals anfing, die Folgen seiner zu großen Anstrengungen zu fühlen. – Kaum war er demnach von einer kurzen Krankheit wieder hergestellt, so faßte er, durch seine große Liebe und Dankbarkeit gegen seinen König bewogen, den Vorsatz, dessen eben von dem Hofmaler Stieler vollendetes Bildniß in ganzer Figur in Kupfer zu stechen. Mit ungeschwächtem Eifer ging er sogleich an diese neue Arbeit. Schon war die Platte ihrer Vollendung nahe, als ein plötzlicher Tod seinen edlen Gönner und Herrn von dieser Welt entführte. Dies für ganz Baiern so betrübende Ereigniß erschütterte auch seine Seele. Kaum war daher diese mühevolle Arbeit in seinem 72. Lebensjahre beendigt, als auch sogleich sein überspannter Körper der zu langen Anstrengung unterlag. – Wohl schien die erfolgte Nierenlähmung ihn zuweilen verlassen zu wollen und jugendliche Hoffnungen ergrünten in seiner nie gealterten Seele. Doch vergebens. – Seine Kinder, 3 Söhne und 2 Töchter verehrten ihn stets als das schönste Muster der strengsten Rechtlichkeit und einer in allen Fällen des Lebens unerschütterten Characterfestigsteit, als einen weisen, lieben und edlen Vater. Was seine seltene literarische Bildung und seinen überaus liebevollen und rechtlichen Character anbelangt, so mögen alle diejenigen darüber Zeugniß ablegen, welche Gelegenheit hatten, ihn genauer kennen zu lernen.
Vorstehende biogr. Skizze enthält zwar nur die Hauptzüge des Lebens eines Mannes, dessen Wesen und Wirksamkeit als Mensch, als Künstler, als Familienvater und Bürger Vieles zu sagen wäre; doch geht hinlänglich daraus hervor, welchen großen Verlust seine Familie, die Kunstwelt und die Kunstanstalt, an welcher er lehrte, durch seinen Tod erlitten hat. Es sei uns daher nur noch erlaubt, darauf aufmerksam zu machen, daß die obige Notiz alles Erforderliche zur Berichtigung der früher über den Verstorbenen erschienenen biographischen Andeutungen enthält. Eine kurze, von keiner Unrichtigkeit entstellte Notiz über ihn findet sich in Lipowsky's baierschen Künstlerlexikon; dagegen sind in Füßli's allgemeinem Künstlerlexikon mehrere Angaben unrichtig und durch einander geworfen, so ist z. B. ein Peter Heß, der nicht mit ihm verwandt war, als dessen Bruder angegeben und er selbst zweimal unter dem Namen Ernst Carl und Ernst Christoph aufgeführt. Zur Vermeidung ähnlicher Irrungen genüge es hier zu bemerken, daß von seinen 3 Söhnen, die sich sämmtlich zu München befinden, der älteste, Peter, der rühmlich bekannte Schlachten- und Genremaler, der zweite, Heinrich, Prof. der Historienmalerei an der königl. Akademie der Künste ist, der dritte, Carl, sich dem landschaftlichen und Genrefach gewidmet hat. Gewiß trägt es nicht wenig zu dem Ruhme des Verewigten bei, eine Künstlerfamilie erzogen zu haben, welche durch vorzügliche Werke die Ehre seines Namens fortpflanzt. Ein genaues Verzeichniß aller seiner Kupferstiche ist schwer zu fertigen, da viele seiner kleinen Blätter nach England gegangen und von ihm selbst nicht sorgfältig aufbehalten und verzeichnet worden sind. D. H.
Neuer Nekrolog der Deutschen. Ilmenau, 1830.
Heß: Karl Ernst Christoph H., tüchtiger Kupferstecher, geb. zu Darmstadt den 22. Januar 1755, trat als Schwertfeger zu Straßburg in die Lehre, wurde nach zwei Jahren von seinem Schwager, dem Medailleur und Goldciseleur Hohleisen nach Mannheim berufen und lernte hier tüchtig in Metall graviren. Waffen, Instrumente, Gefäße verzierte er mit Darstellungen, und so erhielt damals auch der spätere König Max I. von Baiern einen Hirschfänger, in welchen H. eine Jagd eingestochen hatte. Er wendete sich nun den bildenden Künsten zu und studirte unter dem Einflusse von J. Fratrel und Ferd. Kobell Zeichnen und Kupferstechen, radirte und stach auch verschiedene Blätter, die ihn bekannt machten.
Im J. 1777 kam H. nach Düsseldorf, um an dem Galleriewerke mitzuarbeiten, wurde 1780 außerordentliches Mitglied der dortigen Akademie, zwei Jahre später wirklicher Professor an derselben und kurfürstlicher Hofkupferstecher. 1787 ging er nach Italien. Nach Düsseldorf zurückgekehrt, arbeitete er wiederum an dem Galleriewerk. Dem Zeitgeschmacke gemäß mußte er für einige Jahre zur Punktirmanier greifen, später jedoch arbeitete er vorzüglich im Linienstich, den er mit starker Zuhülfenahme des Aetzens und Punktirens malerisch, wenn auch etwas kraftlos, behandelte. Im J. 1791 verheirathete er sich mit der jüngsten Tochter des Düsseldorfer Akademiedirectors L. Krahe. Als Gallerie und Akademie 1806 nach München verlegt wurden, wanderte H. mit und diese Stadt wurde seine zweite Heimath. Er starb daselbst den 25. Juli 1828.
H. stach besonders viel nach Rembrandt, darunter eine Folge von 9 Blättern mit des Meisters Selbstbildniß (1783), die indessen nicht zu dem Besten, was H. geliefert hat, gehören. Schön ist die Gerechtigkeit, in Crayonmanier, nach Fratrel. Hauptblätter sind von ihm »La Sta. Famiglia« nach Raphael (1804), »Anbetung der hl. drei Könige« nach J. van Eyck (jetzt als Ger. Horebout in der Pinakothek zu München, 1823), »Das jüngste Gericht« nach Rubens, »Himmelfahrt Mariä« nach G. Reni (punktirt, 1792), »St. Hieronymus“ nach Palma vecchio, »The Quack Doctor“ nach G. Dou (1794), »Rubens and his first Wife« nach Rubens (punktirt, 1796), das Bildniß des Königs Maximilian I. von Baiern nach J. Stieler, des Künstlers letztes Blatt. Seine Söhne sind die berühmten Maler Peter H. und Heinrich H. und der weniger bekannte Karl H.
W. Schmidt.
W. Schmidt: Allgemeine Deutsche Biographie. Leipzig, 1880.
Hess Karl Ernst Christoph, 1755 (Darmstadt) – 1828, Hofkupferstecher und Akademieprofessor; er war zuerst Schwertfeger in Straßburg, dann Medailleur und Goldziseleur in Mannheim und bildete sich daneben als Kupferstecher aus; 1777 kam H. nach Düsseldorf, wo er 1782 Professor an der Kunstakademie wurde, 1787 besuchte er Italien, und 1806 siedelte er mit der nach München verlegten Düsseldorfer Akademie nach München über, wo er viele Stiche nach Rembrandt und Rubens schuf.
© Dr. phil. Max Joseph Hufnagel: Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München. Zeke Verlag; 4. Auflage. Würzburg, 1983.
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* 25.10.1825 (München)
† 19.7.1868 (Bad Lippspringe)
Genremaler, Historienmaler und Zeichner
Nekrologe.
Max Heß, ein begabter Historienmaler, starb den 19. Juli im Bade Lippspringe, wohin er sich zur Wiederherstellung eines langwierigen Lungenleidens begeben hatten. Er war der Sohn des Schlachtenmalers Peter Heß und 1836 in München geboren, wo er auch seine erste künstlerische Ausbildung empfing, die er in Paris erweiterte. Seit vielen Jahren in Düsseldorf lebend, war er bei den Festen der dortigen Künstlerschaft außerordentlich thätig und trug durch seine mannigfachen Talente, bald als Schauspieler und Sänger, bald als vorzüglicher Paukenschläger, und hauptsächlich als Dekorationsmaler viel zu deren Gelingen bei. Was er als Maler geschaffen, verräth seltene Anlagen, die er bei größerer Ausdauer und Thätigkeit mit bedeutenderem Erfolg hätte verwerthen können. Am Plafond der permanenten Kunstausstellung von Eduard Schulte in Düsseldorf hat er den bekannten Alexander-Fries Grau in Grau gemalt.
Beiblatt zur Zeitschrift für bildende Kunst. Leipzig, den 31. Juli 1868.
Heß: Max H., Historienmaler, geb. am 15. Octbr. 1825 (nicht 1826) zu München als jüngster Sohn des Schlachtenmalers Peter v. H. Er bekam die erste künstlerische Ausbildung im Atelier seines Vaters, ging aber dann nach Paris und schließlich von da nach Düsseldorf, wo er insbesondere durch seine gesellschaftlichen Talente als Musiker, Sänger und Schauspieler glänzte und durch seine Decorationsmalereien Vieles zum Gelingen der dortigen Feste beitrug. Seine Bilder, z. B. die »Puritaner auf Wache« versprachen seltene Anlagen, die er bei größerer Ausdauer und Concentrirung leicht mit bedeutenderem Erfolg verwerthet hätte. In der permanenten Ausstellung von Eduard Schulte zu Düsseldorf malte er (grau in grau) den Alexander-Fries. Sein Oelbild »Italische Edelleute aus dem 15. Jahrh. in einer Veranda«, wurde durch Farbendruck allbekannt. Ein großes Bild, darstellend den Fackelzug, welchen die Düsseldorfer Bürger aus Anlaß einer hochfürstlichen Verlobung brachten, wurde durch Oswald Achenbach vollendet, da H. schon am 19. Juli 1868 im Bade Lippspringe (in Westfalen), wohin er sich eines langwierigen Lungenleidens wegen begeben hatte, starb. Unter seinen Porträten erwähnen wir das des k. baier. Hofopernsängers A. Kindermann, lithogr. von O. Merseburger (1857); unter seinen historischen Compositionen die »Plünderung eines Klosters«, lithographirt von Franz Seitz. Ein kleiner Theil seiner frühesten Handzeichnungen und Skizzen wurde im September 1868 mit dem Nachlaß seines Bruders Eugen zu München versteigert.
Vgl. Seubert, 1870. IV. 197 und Blanckarts, Düsseldorfer Künstler, Stuttg. 1877, S. 30.
H. Holland.
Dr. phil. Hyazinth Holland: Allgemeine Deutsche Biographie. Leipzig, 1880.
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* 29.7.1792 (Düsseldorf)
† 4.4.1871 (München)
Genremaler und Schlachtenmaler
Peter Heß,
der ältere Sohn des trefflichen Kupferstechers und Lehrers dieser Kunst an der k. Akademie zu München, und Bruder des berühmten Heinrich Heß, wurde geboren im Jahre 1792 in Düsseldorf und von seinem Vater in die Kunst eingeführt.
Dieser Künstler steht einzig und unübertroffen da als moderner Epiker, der die wichtigen Begebenheiten seiner Zeit, welche auf das Schicksal eines ganzen Landes und Volkes entscheidenden Einfluß hatten, mit wahrhaft poetischer Auffassung zu schildern weiß, so daß seine Gemälde, jedes für sich betrachtet, wie die letzte Scene einer großen Reihenfolge von Bildern erscheinen, in welcher er Vergangenes und Zukünftiges ahnen läßt. Dabei weiß er die Eigenthümlichkeit einer Gegend und eines Volkes so wahr wiederzugeben, das Jeder, der seine Gemälde betrachtet, unwillkürlich und entschieden auf denselben Standpunkt gestellt wird, von welchem aus der Künstler das Ereigniß ansah und schildern wollte.
Er, der vieler Menschen Länder und Städte gesehen und das Treiben der verschiedensten Völker und Menschenklassen im Kriege und Frieden mit scharfem Beobachtungssinne auffaßte, in flüchtigen Skizzen niederlegte, oder in seiner treuen Einbildungskraft festhielt; der Italien und die Schweiz durchreiste, im Gefolge des Fürsten Wrede die Kriegsereignisse in Frankreich im Jahre 1813 und 1815 beobachtete: weiß mit treuem Pinsel die jedem Volke eigenthümliche Gesichtsbildung und Gewandung, Bewegung und Formen, kurz das ganze äußere Leben mit lebendiger Auffassung und einem tiefen Ausdrucke, durch den man wie durch einen Spiegel in das Innere sieht, wiederzugeben. Seine Schilderungen sind der Natur abgelauscht, höchst mannichfaltig, die Art der Beleuchtung wirksam, auch die Landschaft bis in das Einzelnste sicher und leicht dargestellt.
Bis zum Jahre 1817 gab er in kleineren Bildern Schilderungen des ländlichen friedlichen oder des kriegerisch bewegten Lebens, oft voll heiterer Laune; von diesem Jahre an aber zeigte er sich als epischen Dichter in einer Reihe von großen Gemälden, deren jedes seinen Ruhm erhöhte. Wer erinnert sich nicht an seine Schlachtenbilder aus dem Tyroler- und dem französischen Kriege, welche im k. Fest-Saalbaue zu München aufgestellt werden? Mit welcher Meisterschaft hat er in denselben die Heeresmassen geordnet, die einzelnen Gruppen vertheilt? Wie entscheidend läßt er Kanonen, Reiter und Fußvolk wirken, die Hauptpersonen hervortreten, und wendet auf sie die Aufmerksamkeit der handelnden, wie der das Bild betrachtenden Personen! Wie treffend sind die Entfernungen bezeichnet, Angriff und Widerstand, Flucht und siegreiches Vordringen ganzer Abtheilungen und Einzelner ausgedrückt! Was die gewöhnlichen Schlachtenplane nur in todten Linien andeuten, ist hier als Handlung im vollen Leben entwickelt, und der Künstler weiß, was Horaz von dem Dichter fordert, den Beschauer plötzlich mitten in die Handlung zu versetzen, seine innige Theilnahme so zu erregen, daß er den Maler vergißt und sich selbst mitten in die ihn umgebenden wirksamen Massen gestellt fühlt, oder daß er wie von einer günstigen Anhöhe herab das Ganze mit allen seinen Theilen zu übersehen glaubt.
Die Schlachtengegenden sind alle treu an Ort und Stelle aufgenommen, die ganze Anordnung der Kriegshandlung wirklich wie mit dem Feldherrnstabe bezeichnet. Welche wohlthätige Ruhe herrscht in den Tyrolerschlachten-Bildern in der Landschaft, die der Künstler in ihrer Majestät und heiteren Größe auffaßt; wie ruhig ragen in der Schilderung der Schlacht bei Wörgel die Bergesriesen herein über den Kampf der Leidenschaften zu ihren Füßen und auf den abhängigen Matten oder den steilen Höhen; wie spielen die saftigen würzigen Alpenkräuter im freundlichen Lichte der Sonne; wie sind die verschiedenen Gruppen, in den Tiefen, Thälern, Höhlen, Geländen, einzelnen Hütten, alle zu Einer Handlung, zu Einem Ganzen vereinigt! Hier der Angriff in geordneten Massen, der Feldherr in Mitte seiner Offiziere, Befehl gebend, Nachrichten empfangend, zugleich das spähende Auge auf den fortschreitenden Kampf gerichtet; dort heftiger Widerstand: die Massen zertheilen sich, umgehen, bewegen sich aufwärts, abwärts, klimmen an den Felsen empor; hier Gefangene gefesselt, Andere noch im Augenblicke des Erliegens die letzte Kraft aufbietend; hier im Vordergrunde die Spuren der feindlichen früheren Niederlage: Leichname von Menschen und Pferden, halbverhüllt; Kriegsgeräthe u. A. Ueberall ein rasches Fortbewegen, mannichfache Aeußerungen des Muthes, der Rache, des lauernden Ueberfalles. Und mitten in dieses lebendige Ringen, Drängen und Treiben um den Sieg bildete der Künstler Züge heiterer Laune, wie diesen, da ein gefesseltes Eichhörnchen auf dem Tornister eines Soldaten, während er sein Gewehr losdrückt, die possierlichsten Sprünge macht.
Anders ist der Kampf in andern Bildern geschildert, gleich lebendig, kräftig, nur unter anderen Umgebungen, Einflüssen und den mannichfaltigsten hier hemmenden, dort fördernden Einzelnheiten.
Die Erstürmung des Verhaues bei Bodenbühl durch die Bayern gibt ein Bild, dessen Theile aus lauter einzelnen Gruppen voll nationaler Züge zu einem schönen Ganzen geordnet sind. Vergebens schleudern hier die Tyroler von der Felswand Bäume und Steinblöcke herab, vergebens haben sie den Verhau aufgethürmt: dieser ist schon erstiegen, wird zur freien Bahn für die Nachdrängenden hinweggeräumt, auf der andern Seite sind die Bayern schon den Hügel hinauf, haben die Kanonen genommen und richten sie gegen die Feinde, die nun entfliehen. Auch in diesem Bilde erscheinen in dem allgemeinen bewegten Kampfe charakteristische Episoden von idyllischer Wirksamkeit im Vordergrunde selbst: ein gefangener Tyroler wird von einem Bayern bedroht; neben dem getödteten Bruder kniet in Verzweiflung ein schönes Mädchen in der malerischen Tracht ihres Landes; weiter rechts in einer Felsschlucht verbindet ein kriegerisches Mädchen einen verwundeten Jüngling, während ein älterer Mann vor ihnen knieend sich herausneigt, lauernd, ob kein Ueberfall nahe, und zum Kampfe bereit.
Alles ist bis in das Einzelnste auf das Trefflichste ausgeführt, die Nationalität in jedem Zuge, jeder Bewegung sichtbar, die Heerschaaren, Freunde und Feinde, nach der Art ihres Kampfes bestimmt gesondert und einzelne Personen so entschieden gezeichnet, daß man sie für wahre Porträte halten muß. Die wirksame geschickte Behandlung des Pulverdampfes deutet die Entfernungen an, verbirgt hier das Zerstreute und vielleicht auch Gräßliche, und trägt zur harmonischen Abrundung der getrennten Massen und Gruppen bei.
In ähnlicher Weise ist der Kampf der Bayern, allein oder in Verbindung mit Oesterreichern und Russen, gegen die Franzosen geschildert. Der Nationalcharakter in jeder der vielen hundert Physiognomien ist getreu ausgedrückt und jedes Bild besteht auch hier wieder aus einer Menge von einzelnen Gruppen, ohne die großen Massen, welche abwärts, halb in Pulverdampf gehüllt, den Feind verdrängen und verfolgen, und jede Gruppe, allein betrachtet, gibt ein schönes, wohl durchdachtes und ausgeführtes Bild. So in den Bildern, welche die Verteidigung der Kinzigbrücke bei Hanau durch den bayerischen General Grafen von Pappenheim und den Ausgang der Schlacht bei Arcis sur Aube schildern. In diesem schwebt über der Landschaft das Zwielicht des scheidenden Tages, brennende Dörfer rechts und links; die Hauptmassen, von dem Zuschauer weg vorwärts drängend und gegen den Hintergrund wie verschwindend, die Eile des fliehenden Feindes andeutend. Der Anführer, umgeben von seinem Generalstabe, ihnen nachblickend und freudig über den schön vollendeten Tag; hier Verwundete, sorgsam herbeigebracht und gepflegt, seitwärts Gruppen von Feinden, die sich mit Verzweiflung wehren; die Reiterei andringend, einzelne Rosse scheu und sich bäumend, dadurch scheinbare Verwirrung, welche der Offizier, ruhig befehlend, anordnend löst. Dort in jenem Bilde der furchtbare Kampf um und auf der halbzertrümmerten Brücke, auf dem Lande, im Wasser! Wer möchte das Alles nacheinander beschreiben, was der erstaunte Blick, von Gruppe zu Gruppe eilend und dann das Ganze miteinander überschauend, in sich aufnimmt?
Erschütternd ist die Schilderung einer Scene aus dem französischen Rückzuge durch Rußland. Das tragische Ende der ungeheuern Unternehmung wird hier mit wenigen kühnen Pinselstrichen, wenigen Gestalten auf das Lebendigste vorgeführt: ringsum breitet sich die weite unabsehbare, von Schnee bedeckte Landschaft aus und nur ein Paar dicht überschneite Fichten streben durch die eisgraue Luft empor, und durch den tiefen Schnee daher waden einzelne Hungergestalten; der Weg, den sie nehmen, ist mit den halb von Schnee bedeckten Leichen ihrer Gefährten bezeichnet, einer von diesen ist auf einem gefallenen Pferde sitzend zur Bildsäule erstarrt. Im Vordergrunde hin wird ein Schlitten von zwei abgemagerten Pferden geschleppt, auf dem sich einige Grenadiere der alten, ehemals siegreichen Garde, jetzt in Lumpen gehüllt, verhungert und erfroren, aus dem allgemeinen Verderben zu retten suchen; die Zusammengekauerten haben einen todten Kameraden über sich gelegt. Und wie der Schlitten herankömmt, sucht ein am Wege verkümmerter Gefährte an demselben mühsam emporstrebend sich anzuklammern, zu retten; aber in dem nämlichen Augenblicke stolpert das eine Pferd über einen im Pfade liegenden Leichnam und mit banger Ahnung erkennt Jeder, daß es, einmal gestürzt, sich nie wieder erheben werde.
Dieser elegisch tragische Charakter spricht sich auch in mehreren andern Bildern des Künstlers auf das Bezeichnendste aus, in welchen er Scenen aus dem Freiheitskampfe der Griechen schilderte. Vor Allen bekannt und durch den Steindruck verbreitet sind: die Palikaren, auf einer Anhöhe in ihrer Nationaltracht gelagert und im Glanze der sinkenden Sonne hinüberblickend auf die Burg von Athen.
Dann in einem andern Bilde, die Rückkehr einer friedlichen Ordnung bezeichnend: Palikaren, die mit ihren Thieren am Meeresufer bei Argos hinziehen; ein junger Grieche sitzt, die Mandoline spielend, auf seinem Saumrosse, ein älterer schreitet zur Rechten desselben inmitten seiner Heerde.
Der innige Antheil, den der Künstler an dem Geschicke des griechischen Volkes nahm, ward auf eine schöne Weise belohnt, da er im Auftrage des Königs von Bayern den jugendlichen König Otto nach Griechenland begleitete und als Augenzeuge den Jubel der Griechen bei der Landung des so sehnlich Erwarteten schildern konnte.
Bezeichneten des Künstlers frühere Bilder die kriegerischen Ruhmesthaten seiner Landsleute, der Bayern, und gelten sie als wahre historische Denkmäler; so bildet der Einzug des Königs Otto in Nauplia den Wendepunkt einer gefahrvollen Kriegszeit und den Anfang einer neuen Zeit zu friedlicher, segensreichen Umgestaltung, und die Darstellung dieses wichtigen und erfolgreichen Augenblickes wird für alle Zukunft ein wahres lebendiges, geschichtliches Denkmal bleiben, welches das wichtige Ereigniß noch der fernen Nachwelt schildern wird, wie es der Künstler selbst schaute. Welche friedliche Feier waltet hier in diesem großen Bilde, im Ganzen wie in allen einzelnen Theilen! Der tiefblaue Himmel breitet sich aus über die fernen Gebirge und das in noch tieferem Blau schimmernde Meer, auf welchem viele Schiffe, mit wehenden Flaggen und Wimpeln, im Hintergrunde sich zeigen, und Wolken gleich um sie wogt Pulverdampf von den Freudenschüssen. Linkshin ist Nauplia, die Felsenstadt, und zu den Thoren heraus und auf allen Wegen ist freudige Bewegung sichtbar: es ist, als hätte das ganze Volk, Städte und Landleute und Gebirgsbewohner, in seiner malerischen Tracht, sich aufgemacht, seinem Könige, dem Ersten, entgegenzujauchzen, denn er bringt den Frieden und die Ordnung, aus welchen der Segen sproßt. Ganz links erklimmen Mehrere den Felsen mit seinen Vorsprüngen; rechts vom Wege sitzt und hockt auf einem Holzstosse eine Gruppe älterer und jüngerer Griechen, Geistliche darunter. Dort, noch weiter rechts, eine Gruppe Landfrauen, im eigenthümlichen Kopfputze, auf Maulthieren; hart am steilanragenden Felsen, fast im Vorgrunde, ist ein Brunnen von Quadern aufgemauert, ringsum üppiges Kaktusgebüsch, zwischen welchem sich mehrere ältere Griechen gelagert, während die Platte des Brunnen eine schöne Gruppe vornehmer griechischer Frauen einnimmt, die in angenehmer Nachläßigkeit hingelagert und angethan mit dem reichsten Nationalschmucke, bei welchem alle Stoffe, Pelz und Seide, Gold und Perlen und Silber, besonders im phantastischen und orientalisch geordneten Kopfputze, in schöne Wechselwirkung des Farbenspieles treten, den Blick mit Wohlgefallen auf sich ziehen, aber nicht zu fesseln vermögen. Denn man folgt unwillkührlich der Richtung der schönen Augen dieser Frauen. Wohin schauen sie, wohin ist der Blick Aller auf dem Bilde gerichtet? Wem streckt hier ein liebliches Kind auf dem Mutterarme mit seinen Händchen eine Golderange entgegen? Wem weichen hier im Vordergrunde einige Kameeltreiber so voll Ehrfurcht? Wem jauchzt das auf der Strasse mit Palmen dahin wallende Volk, Jung und Alt, entgegen? Sieh! der jugendliche, freundliche König kommt, vor ihm die Edlen des Landes, die alten, erprobten Führer zu Wasser und Land, die tapferen Palikaren, nach ihm die Glieder der Regentschaft in ihren europäisch modern geschnittenen und geschmückten Uniformen und das bayerische Heer. Und der König lenkt ruhig sein Roß mit der einen Hand und breitet den andern Arm aus, als wollte er sein Volk, ans Herz schließend, bewillkommnen! Welche Bewegung, welche Einheit in der Mannichfaltigkeit der verschiedenen Gruppen, welche Harmonie der Farbentöne! Hier ist wahrhaft epische Auffassung und Ausführung. Das Bild, durch Hohe trefflich in Steindruck wiedergegeben, ist durch ganz Europa verbreitet, und zeigt, um wie viel eine solche beschauliche Darstellung jede Beschreibung durch Worte übertrifft.
Im Gegenbilde schilderte er den ersten Besuch des Königs Otto in Athen. Die Stadt mit der Burg liegt links gegen den Hintergrund; den Mittelgrund des Bildes nimmt der Tempel des olympischen Zeus ein, auf dessen Stufen sich die mannichfaltigsten Gruppen der harrenden Griechen, Männer und Frauen jeden Alters, gelagert haben; der König mit seinem Gefolge zieht von der rechten Seite heran und ist beinahe in der Mitte des Bildes angekommen, seinen Weg bestreut die Jugend mit Blumen und die griechische Geistlichkeit im höchsten priesterlichen Schmucke naht, ihn mit Ehrfurcht zu empfangen. Auf der äußersten Linken im Vordergrunde kauern zwei Türken, gemächlich aus den langen Pfeifen rauchend und allein gleichgiltig bei der ganzen, dem jungen Könige bereiteten, Feier. Wie in allen seinen Darstellungen hat der Meister auch hier jeder Einzelnheit seine Bedeutsamkeit gegeben und die verschiedensten Scenen zu einem schönen Ganzen vereinigt und mit breitem, glänzenden und bestimmten Pinsel vorgetragen. Und kaum ein Anderer weiß der europäischen, die Formen des Körpers beinahe verhüllenden Gewandung so malerische Wirkung zu geben und abzugewinnen, wie er.
Im Vergleiche mit diesen großen, denkmalartigen Gemälden erscheinen andere Bilder desselben Künstlers nur wie geistreiche Erholungsarbeiten, Skizzen voll Anmuth und Leben, heitere Idyllen mit zartem Pinsel ausgeführt. Dahin gehören die Scenen aus dem italienischen und griechischen Volksleben, welches er von den verschiedensten Seiten schildert; davon zeugt seine Jagdgesellschaft beim Frühstück, welche auf grünem, schattigem Rasen, unter Buchen und Tannen, mit der Fernsicht auf sonniges Hügelland, Dörfer, und fernes, in milden Duft gehülltes Hochgebirge, sich in mannichfaltigen Gruppen gelagert hat, umher allerlei erlegtes Wild. Während die Einen trinken, die Andern bequem hingeworfen essen, wieder Andere in heiteren Gesprächen sich unterhalten, beschäftigt sich der Eine mit den Hunden, Jener ladet sein Gewehr, und hier kommt noch ein Nachzügler, der den Ruf überhört hatte. In Entfernung von ihnen haben sich die Treibjäger gelagert, und es wandert der Krug fleißig bei ihnen umher, indeß die Jungen sich am Boden balgen. – Wieder ein anderes Mal schildert er mit heiterer Laune das Treiben in einer italienischen Landschenke, oder ländliche und militärische Scenen von den verschiedensten Ländern und Völkern, wie die polnischen Pferdehändler, Reiter in einer Scheune Schutz suchend vor dem Gewitter; oder er zeichnet als Kenner die verschiedensten Pferderacen, wie in seiner Heerde wallachischer Pferde, polnische Pferde auf der Weide, Griechen mit Pferden an einem Brunnen. Einige seiner kleineren Gemälde sind von tiefem lyrischen Hauche durchdrungen.
Dr. Johann Michael von Söltl: Die bildende Kunst in München. München, 1842.
Ich gehe nun zu einigen Bildern der neueren Epoche meiner eigenen Sammlung über, von denen ich namentlich heraushebe:
11. Peter Hess, in München; er gehört zu den besten Genre- und Schlachtenmalern; man kann ihn wohl den Horace Vernet Süddeutschlands nennen. Mein Bild stellt Lützschena mit der Umgegend zu der Zeit dar, wo die Völkerschlacht 1813 vorfiel, und den Bauern durch die Kosaken eben das Rindvieh vom Pflug weggetrieben wird. Pferde und Kühe, Ackerwerkzeuge und Pflanzen, Alles ist vortrefflich gemalt und gezeichnet, Alles voll Leben, Bewegung und Ausdruck.
Freiherr Max von Speck-Sternburg: Ansichten und Bemerkungen über Malerei und plastische Kunstwerke. Leipzig, 1846.
Hess Peter, von, 1792 (Düsseldorf) – 1871, Schlachten- und Genremaler; Sohn des Karl Ernst Christoph H., bildete er sich in Düsseldorf und München bei seinem Vater und dem Pferdemaler Albrecht Adam künstlerisch aus, machte im bayerischen Generalstab des Fürsten von Wrede die Kriege von 1813–1815 mit, besuchte 1818 Italien, 1833 im Gefolge König Ottos Griechenland und 1839 im Auftrag des Zaren Nikolaus I. die russischen Kampffelder von 1812; stark von den Niederländern beeinflußt, war H. der bedeutendste Realist der sogenannten Münchner Schule; verschiedene seiner Gemälde befinden sich in hervorragenden Galerien und Museen, z. B. »Marketender« in der Berliner Nationalgalerie, Fresken aus dem griechischen Freiheitskampf besaß die Neue Pinakothek in München, Darstellungen von 1812 waren im Winter-Palais von St. Petersburg (= Leningrad), die Schlacht bei Leipzig im Münchner Maximilianeum; H. zeichnete sich auch durch großartige Genrebilder aus (Vor einer italienischen Locanda, St. Leonhards-Fest in Bayern).
© Dr. Max Joseph Hufnagel: Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München. Zeke Verlag; 4. Auflage. Würzburg, 1983.