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HERR, UNTER DEINEM KREUZE
WILL ICH IN DEMUT STEHN
JOSEF
ANTON
FISCHER
1814 – 1859
HISTORIEN-
UND
KIRCHEN-
MALER
Rechte Seite
14.2.28
Ω
Fischer, Josef Anton; 28.2.1814 (Oberstdorf/Allgäu) – 20.3.1859 (München); Historienmaler und Kirchenmaler
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* 28.2.1814 (Oberstdorf/Allgäu)
† 20.3.1859 (München)
Historienmaler und Kirchenmaler
Joseph Anton Fischer, von Oberstorf, einer der vorzüglichsten Schüler des Heinrich Heß, hat mehrere Cartone zu den Glasgemälden für die Kirche in der Au mit religiösem Sinne entworfen. Seine Gestalten sind würdig, ernst, voll himmlischer Ruhe gehalten; in demselben Geiste hat er in jüngster Zeit ein schönes Oelgemälde: »die hl. Familie auf der Flucht nach Aegypten« ausgeführt.
Dr. Johann Michael von Söltl: Die bildende Kunst in München. München, 1842.
Josef Anton Fischer,
Historienmaler.
Josef Anton Fischer wurde am 28. Februar 1814 in Oberstorf, Landgericht Sonthofen im bayerischen Regierungsbezirke Schwaben und Neuburg, geboren, sohin im nemlichen Orte, in dem Schlotthauer und die beiden Schraudolph das Licht der Welt erblickten, nur einige Stunden von Hindelang, dem Geburtsorte Conrad und Franz Eberhard’s.
Im Algäu nimmt die Viehzucht die oberste Stufe der Landwirthschaft ein, und wenn auch die Cultur alle Welt beleckt, so ist es doch glücklicher Weise noch nicht so weit gekommen, daß sich der Bauer seines Berufes schämt. Am wenigsten thut dies aber gewiß der Algäuer, bei dem das Althergebrachte um seiner selbst willen in höchsten Ehren steht. Fischer’s Eltern, wenn auch nicht übermäßig mit Glücksgütern gesegnet, hatten doch einen recht anständigen Besitz, sonach, den dortigen Verhältnissen entsprechend, auch manches schöne Stück Milchvieh. Als der Knabe soweit herangewachsen war, daß man ihm die Aufsicht auf die Heerde auf dem gebirgigen Terrain anvertrauen konnte, ohne Schaden für beide Theile fürchten zu müssen, da war er gar manchen lieben Tag draußen auf der Trift und sich selbst überlassen.
Schon ungewöhnlich früh zeigte sich in ihm unwiderstehliche Neigung zum Zeichnen. Er versuchte es erst ohne fremde Anleitung, was ihm von Zeichnungen irgendwie in die Hand kam, nachzubilden und erreichte es endlich, daß ihn seine Eltern zur Zeichnungsschule schickten. Das machte jedoch nicht nöthig, daß Fischer das elterliche Haus verließ, denn Oberstorf, obwohl nur ein kleiner Flecken, besaß eine recht tüchtige Zeichnungsschule, welche der Vater der Brüder Schraudolph dort gegründet hatte. Den Eltern müßte die Beschäftigung ihres Kindes natürlich als nicht viel mehr denn eine Liebhaberei erscheinen, sie konnten daher auch von ihrem Standpunkte aus kein größeres Gewicht darauf legen. Weil nun aber im Hause des Landmanns alle Arbeit und zwar, den Kräften jedes Einzelnen entsprechend, auf Alle, die zum Hause gehören, vertheilt zu sein pflegt, so blieb dem Knaben an Werktagen nur jene Zeit übrig, um über dem Zeichnen zu sitzen, welche dem Beginn der häuslichen Arbeit vorausging. Er stand deshalb an Sommertagen schon vor der Sonne auf, um sich seinem Drange hinzugeben und ging dann mit den Andern gleichmäßig auf die Arbeit. Dagegen gehörten denn auch die Sonn- und Feiertage ihm ungestört, wenn er, was er in seinem frommen Gemüthe gar gern that, dem Gottesdienste beigewohnt hatte. An Claudius Schraudolph aber fand er einen lieben Freund und treuen Genossen seiner Bestrebungen, der sie mit ihm in und außer der von beiden gemeinschaftlich besuchten Schule theilte.
Seiner Freundschaft mit dem jüngern Schraudolph verdankte Fischer auch den nächsten Anlaß zur Uebersiedelung nach München und zum förmlichen Uebergange zum Künstlerleben, welche im Jahre 1830 erfolgten. Professor Schlotthauer hatte einige Jahre vorher den längere Zeit in sich getragenen Gedanken einer künstlerischen Reproduktion des Todtentanzes von Holbein in’s Werk zu setzen begonnen. Hofrath Gotthelf Heinrich von Schubert hatte die Vorrede und charakteristischen Reime dazu geschrieben und in dem jungen talentvollen Hoecherl war eine Kraft gewonnen worden, ganz geeignet, Holbein’s kostbare Arbeit trefflich wiederzugeben. Da war Hoecherl nach kurzer Krankheit seinem plötzlich bemerkbar gewordenen Lungenleiden erlegen und so sah sich Schlotthauer genöthigt um die Subscribenten zufrieden zu stellen und das unternommene Werk zu Ende zu führen, seinen Freund Johann Schraudolph um die Fortsetzung der Arbeit anzugehen. Dieser unterzog sich zwar derselben gerne, aber als er kurz darauf berufen war, unter Heinrich Heß die für die Allerheiligen-Hof-Kapelle bestimmten großen Cartons zu zeichnen und hierauf auch noch in Fresko auszuführen, mußte er jene Arbeit wieder aufgeben Auf seine Empfehlung hin ging der Auftrag an seinen Bruder Claudius über, der seinerseits wieder seinen Freund Fischer dabei in Thätigkeit setzte. Die dem Herausgeber von ihnen gemeinschaftlich vorgelegten Proben gefielen in so hohem Grade, daß beide sofort mit der Fortsetzung betraut wurden. Diese war aber wohl nur in München thunlich, und so wanderten denn die Freunde nach der neuen Kunst-Metropole. Dem vereinten Fleiße gelang es bald, die Aufgabe zu bewältigen. Nach vollendeter Arbeit kehrte Fischer nicht mehr in seine Heimath in den Bergen zurück, sondern blieb als Schüler der Akademie unter Schlotthauer’s besonderer Leitung in München. Seine Fortschritte waren so ungewöhnlich rasch, daß er schon zu Anfang des Jahres 1832 mit Dr. Ernst Förster und Claudius Schraudolph in’s gelobte Land der Kunst zu gehen unternehmen durfte. Die Freunde arbeiteten dort als Gehilfen Förster’s, dem der damalige Kronprinz Maximilian von Bayern den Auftrag ertheilt hatte, die bedeutendsten Werke altitalienischer Kunst in getreuen Copien zu sammeln. Claudius Schraudolph kehrte früher zurück, Fischer aber verblieb bis zum Jahre 1833 bei Förster und durchwanderte mit ihm Ober- und Mittelitalien, immer seiner bisweilen sehr schwierigen Aufgabe obliegend und immer mit feinstem Gefühle in den Geist seiner Originale eingehend.
Aus Italien zurückgekehrt, arbeitete Fischer einige Zeit bei Schlotthauer. Dieser Periode seiner künstlerischen Thätigkeit gehören die nebst zwei Zeichnungen von seiner Hand im Besitze des Hof-Vergolders Radspieler in München befindliche »Heimsuchung Mariä« und zwei in Relief ausgeführte Engel in der Kirche bei Erfding in der Nähe von Landsberg in Oberbayern an.
Damals waren dem Prof. Heinrich von Heß die Cartons zu den großen Glasgemälden der Auerkirche übertragen worden. Die Arbeit war zu umfangreich, als daß des einen Künstlers Kraft zu ihrer Durchführung hätte hinreichen können. H. Heß trat demzufolge mit dem kunstverwandten Joh. Schraudolph in Verbindung, dem er einen Theil der Aufgabe überließ. Prof. Schraudolph, seinerseits anderwärtig in Anspruch genommen, zog nun Fischer hinzu, und dieser zeichnete darauf unter Schraudolph’s Leitung zunächst die Cartons »die Geburt Christi«, »den Tod Mariä«, die »Kreuztragung«, und »die Grablegung«. Als diese vollendet waren, übertrug H. Heß eine weitere Reihenfolge von Cartons für die nemliche Kirche Fischer zur alleinigen und selbständigen Herstellung ohne Beiziehung Schraudolph’s. Sie wurden wie die ersten in Farben ausgeführt und behandeln nachbezeichnete Gegenstände: »Die Heimkehr Joachim’s«, »die Geburt Mariä«, »die Vermählung Mariä mit Josef«, »die Verkündigung«, »die Heimsuchung«, »den Abschied Christi von seiner Mutter vor der Kreuztragung«, »die Flucht nach Egypten« und »den Tempelgang Mariä.« Letztgenannter Carton trifft bereits in das Jahr 1840.
Dabei blieb ihm noch Zeit für mehrere kleine Staffeleibilder übrig und auch in Glasmalerei führte er ein Paar Figuren aus. Um dieselbe Zeit zeichnete er für den Herzog von Leuchtenberg einen Carton der »Maria mit dem Kinde« zwischen zwei Heiligen zeigte.
Wie schon bemerkt, hatte Fischer gelegentlich auf seiner Reise mit Dr. Förster nur Ober- und Mittel-Italien kennen gelernt. Er war nicht über Florenz hinausgekommen, und was er dort gesehen, hatte nur seine Sehnsucht nach Rom gesteigert. Er machte sich daher nach Vollendung der großen Cartons und nach Ordnung anderer Angelegenheiten im Anfange des Jahres 1843 neuerdings auf den Weg über die Alpen, eilte nach der ewigen Stadt und verblieb dort bis zum Frühlinge des nächstfolgenden Jahres. Fischer pflegte diese Zeit die glücklichste seines ganzen Lebens zu nennen. Sie theilte sich zwischen dem ernstesten Studium der Alten, unter denen besonders Fiesole es war, dessen Werke voll Innigkeit das verwandte Gemüth Fischer’s lebhaft angezogen, und eigenem angestrengten Schaffen. Darin ließ er sich auch durch ein öfter eintretendes körperliches Leiden nur in beschränktem Maße beirren; es bestand in heftigem Kopfschmerz, dem in der Regel Erbrechen folgte.
Als eine Frucht seines Aufenthalts in Rom, wo er sehr zurückgezogen lebte und für seine streng kirchliche Richtung neue Anhaltpunkte gewann, erscheint seine »Heimsuchung Mariä«, die er nach seiner Heimkehr nach Deutschland in München vollendete und welche in den Besitz des Malers Schwarzmann gelangte.
König Ludwig stiftete um jene Zeit eine Anzahl von – Fensterbildern für den Dom zu Cöln. Heinrich von Heß, der den bezüglichen Auftrag erhalten hatte, übertrug drei der dahin gehörigen Cartons Fischer. Er unterzog sich dieser Arbeit mit dem Eifer, der ihn immer beseelte und dem nur seine innerste Hingebung an den Gegenstand gleichkam, in dem er eine neue Gelegenheit fand, den Herrn, seinen Gott, zu preisen, an dessen Lehre er mit kindlich reinem Gemüthe hing. Hatte Fischer schon durch seine bisherigen Leistungen die Aufmerksamkeit der Kenner in hohem Grade auf sich gelenkt und dem Vertrauen allseitig entsprochen, das ihm zu Theil geworden, so trat er mit den neuen Cartons unzweifelhaft in die Reihe der ersten Künstler der Gegenwart ein. Er führte dieselben gleichfalls in der Größe der Gemälde und in Farben aus. Die ihm gegebenen Stoffe waren: »die Predigt Johannes des Täufers«, »die Anbetung der Könige und Hirten«, die »Kreuzabnahme«, »die Ausgießung des heiligen Geistes«, »die Steinigung des Stefanus,« wozu noch eine Anzahl kleinerer Bilder über und unter den Hauptgemälden kamen. Fischer vollendete diese Arbeiten im Jahre 1848. Neben der hohen Bedeutung des Stoffes, der einen Künstler wie Fischer ganz in Anspruch nehmen mußte, waren noch manche äußere Umstände wohl in’s Auge zu fassen und manche durch sie bedingte Schwierigkeiten zu überwinden. Vor Allen mußten nemlich die Compositionen mit dem kolossalsten Werke, das deutsche Baukunst je schuf, in Einklang gebracht werden, ohne sich andrerseits diesem Stile gar zu streng anzuschließen. Es galt, die rechte Mitte zu halten, alte und neue Kunst zu verbinden und dabei weder den Standpunkt der Gemälde, noch auch den unabweislichen Anspruch auf glanzvolle Farbengebung außer Acht zu lassen. Die architektonischen Theile der Gemälde, welche in der berühmten Glasmal-Anstalt in München von Sutner, Biller, Sonner und J. B. Müller ausgeführt wurden, sind von dem Vorstand dieser Anstalt, Aumiller gezeichnet. Fischer ward für diese ausgezeichneten Leistungen von der königlich preußischen Regierung mit der großen goldenen Medaille für bildende Kunst geschmückt.
Mit diesen Cartons schloß Fischer die Reihe derjenigen seiner Arbeiten ab, welche bestimmt waren, mittels der Glasmalerei zur Ausführung zu kommen. Er wendete sich nun mit großer Entschiedenheit der Oelmalerei zu, worin er sich schon früher, und zwar unmittelbar nach Vollendung seiner Cartons für die Maria-Hilf-Kirche in der Vorstadt Au, mit einer »Flucht nach Egypten« und einem »Engelgruß«, versucht hatte, beide nach den für die genannte Kirche gezeichneten Cartons gemalt. Er nahm die Oelmalerei um das Jahr 1848 wieder in Angriff, sich technische Studien sammelnd zu einem großen Gemälde, »die Grablegung Jesu Christi.« Aus dieser Zeit stammt eine weitere »Flucht nach Egypten« und »Simeon und Hanna im Tempel.« Als seine »Grablegung« vollendet war, wurde der Künstler durch deren Aufnahme in die neue Pinakothek in München geehrt, für welche sie König Ludwig sofort erworben hatte. Fischer ging mit Eifer unmittelbar darauf an eine »Kreuzabnahme«, welche er indeß gleichwohl erst später auszuführen vermochte. Diese Unterbrechung wurde nemlich dadurch herbeigeführt, daß ihm die Fürstin von Narischkin den Auftrag ertheilte, für ihre Hauskapelle in Odessa ein gegen 20 Fuß hohes Altarbild zu malen. Obwohl die Fürstin zuerst nur eine Copie der berühmten »Himmelfahrt Mariä« von Murillo aus der Galerie des Marschall Soult gewünscht hatte, ging sie doch bald von diesem Gedanken ab, und Fischer malte nun jenes herrliche Bild: »Maria zwischen sechs Engeln zum Himmel schwebend.« Es ist bekannt, welchen ungewöhnlichen Erfolg diese Arbeit in Kunstkreisen fand, weniger aber dürfte der Umstand bekannt geworden sein, daß die Fürstin, von Entzückung hingerissen, des Künstlers gottbegnadigte Hand küßte.
Nun kehrte Fischer zu seiner »Kreuzabnahme« zurück, der sich eine »Grablegung« und eine »Geburt Christi« anschloß. Zur nemlichen Zeit erhielt einer seiner Freunde die ehrenvolle Bestellung zweier Fresko-Gemälde für die Kirche Stony-Heart in Breston. Er theilte sich mit seinem Freunde Fischer in die Aufgabe und dieser zeichnete auch sofort einen Carton aus dem Leben des heil. Ignatius. Im nächsten Frühjahre, als Beide zur Ausführung ihrer Arbeit nach England abreisen wollten, erkrankte Fischer plötzlich so schwer, ja lebensgefährlich, daß an seiner Stelle ein anderer Künstler das Werk vollenden mußte.
Fischer hatte die letztbezeichneten drei großen Bilder ohne Bestellung gemalt und sie blieben sein Eigenthum. Es war eine schwere Zeit für den Künstler. Seit er die »Himmelfahrt Mariä« für die Fürstin Narischkin gemalt, waren nicht weniger als fünf Jahre und darüber verflossen. Man rühmte seine Arbeiten, aber Niemand kaufte sie, Niemand gab ihm neue Aufträge; dazu kam, daß er fast fortwährend körperlich litt. So groß Fischer’s Gottvertrauen und Ergebenheit war, manchmal war er nahe daran an seiner Zukunft zu zweifeln und nur die Liebe zur Kunst, die ihm Alles war, brachte ihn von dem Gedanken ab, seinem Berufe ganz zu entsagen. Da in der Stunde der höchsten Noth war die Hilfe am nächsten. Der kunstsinnige Bischof Heinrich von Passau, der, als er noch der juristischen Laufbahn folgte, mit ihm ein und dasselbe Haus bewohnt hatte, erinnerte sich seiner und erkundigte sich bei dessen Freund, dem Bildhauer Knabel, den er eben mit Aufträgen betraut hatte, nach seiner Lage. Knabel nahm daraus Veranlassung, dem Bischöfe auseinanderzusetzen, wie Fischer’s rastloses Streben weit weniger Beachtung fände, als es verdiente, und wie das Publicum überhaupt sich der Richtung der Kunst, der Fischer folgte, mehr und mehr entfremde, wie der Künstler seinen körperlichen Leiden und tiefem Seelenschmerze zu erliegen drohe, und wie wenig Hoffnung gegeben sei, daß die Verhältnisse sich zum Besseren wenden würden. Die Folge dieser Unterredung war, daß der Bischof nicht blos die bezeichneten drei Bilder sofort erwarb, sondern auch noch die Bestellung zweier neuer hinzufügte.
Fischer, mit einem Male aus so großer Trübsal erlöst, schien neugeboren und ging, trotz zerstörter Gesundheit, ohne Saumsal an die neue Arbeit. In kurzer Frist ward die »Kreuzschleppung Christi« vollendet; auch den Carton zur »Anbetung der Könige« vermochte er noch herzustellen. Aber nun brachen seine mühsam zusammengehaltenen Kräfte unaufhaltsam zusammen.
Der talentvolle Baumeister Berger, der Restaurator der Frauenkirche zu München, fand ihn auf dem Krankenlager, als er zu ihm kam, um ihn zur Uebernahme der Bilder für den neuen Hochaltar der genannten Kirche aufzufordern. Berger hätte gewiß keine bessere Wahl treffen können, doch Fischer war sich bewußt, daß er seinem Ende nahe. Hocherfreut durch den ruhmvollen Auftrag mußte er ihn doch ablehnen, und derselbe ging in Folge dessen an M. v. Schwind über. Zu Anfang des Jahres 1859 schien es, als ob in seinem Befinden einige Besserung eintreten wollte. Er zeichnete in dieser Zeit, mit einer wahrhaft rührenden Hingebung an seinen Stoff, eine »Geburt Mariä«, einen »englischen Gruß« und eine »Anbetung der Weisen.« Diese Federzeichnungen waren das Letzte, was der Künstler schuf. Er starb am 20. März 1859, sohin im kaum begonnenen 45. Lebensjahre, ruhig bei vollem Bewußtsein.
Es ist schon oben davon Erwähnung gemacht worden, daß Fischer oft sehr leidend war. Das Uebel schien seinen Sitz im Magen zu haben und war äußerst schmerzhafter Natur. Nach einem höchst gefährlichen Anfalle, der ihn im Jahre 1848, fern der Heimat, aber im Hause seines treuen Freundes Hellwegen zu Brunnecken in Tyrol, traf, war seine Gesundheit völlig zerstört und fast jährlich warf ihn sein Leiden auf längere Zeit auf’s Krankenbett.
In Fischer’s Seele war der tiefste Friede. Seine Werke sind der Abglanz seiner Seele. Seine Stellung zwischen den Parteien der Idealisten und Realisten war eine nichts weniger als beneidenswerthe. Die Einen verleugneten ihn, weil er es in starker Selbständigkeit wagte, die Fesseln der Convenienz zu brechen, die über eine gewisse Süßlichkeit der Auffassung und eine krankhafte Mattigkeit des Colorits sich nicht aufzuschwingen vermochte. Die Andern wollten keinen Theil an ihm haben, weil sie ihm über der leuchtenden Harmonie seiner Farbe gleichwohl die Strenge seiner Composition, den heiligen Ernst und die süße Inbrunst seiner Empfindungen nicht vergessen konnten. Mit hohem Sinne für das Schöne begabt, verstand er es, seine Gestalten auf’s Feinste zu idealisiren und in ihnen den tiefen Frieden seines Gemüthes, die ungetrübte Stimmung, das unwandelbare Vertrauen seiner Seele abzuspiegeln. Es ist nichts Gemachtes an ihnen, wir leben in ihrem Anschauen der Gewißheit, daß sie so und gerade so, wie der Künstler sie schuf, lebten und webten. Sie sind immer objectiv gedacht, in der Reinheit und Schönheit ihrer Form tritt uns der reichste Wechsel, der auf’s mannigfachste abgestufte Ausdruck ihres inneren Wesens entgegen. Der strenge Ernst, der alle Arbeiten Fischer’s durchweht, wird durch die überirdische Lieblichkeit seiner Engel und Seligen verklärt und gemildert. Die Linien seiner Kompositionen sind von untadelhafter Harmonie und Klarheit, seine Farbengebung ist leuchtend und manchmal geradezu prächtig Seine warme Empfindung überschritt nie die Grenzen, welche ihr ein scharfblickender Verstand anzuweisen nöthig fand; er wird ebenso wenig sentimental als trocken.
Es gab wohl kaum je einen Künstler von so bedeutender Begabung, dem auch nur die leiseste Spur von Eitelkeit und Selbstüberhebung so ferne lag als ihn. Lob, es mochte offen oder versteckt ausgesprochen werden, glitt an ihm wirkungslos ab. Seine Bescheidenheit ging nach dem Dafürhalten seiner intimsten Freunde manchmal weiter, als ihnen zweckmäßig schien. Eine Klage kam nur höchst selten über seine Lippen, und wie viel Grund hatte er doch zu klagen, er, der jahrelang vergessen schien, während Anderen die schönsten und lohnendsten Aufträge zu Theil wurden! Und geschah es ja einmal, daß er Reue über den eingeschlagenen Lebensweg zu empfinden schien, so war es nichts weiter als eine rasche Aufwallung seines bald wieder in’s stille alte Geleis zurückkehrenden harmlosen Gemüthes. Schweigsam und ernst konnte er in der fröhlichsten Gesellschaft wohl stundenlang wenig oder gar keinen Antheil an dem Gespräch nehmen, aber in seinem innigen Auge spiegelte sich die allgemeine Heiterkeit ab, die ihn umgab. Dabei war er aufopferungsfähig und der treuste Freund. In den letzten Jahren lebte Fischer ziemlich abgeschieden, früher hatte er in ziemlich lebhaftem Verkehr mit Dichtern und Künstlern gestanden, als mit Ludwig Schwanthaler, Franz Graf Pocci, Clem. Brentano, Friedrich Beck, und Andern.
Es folgten ihm Viele zur letzten Ruhestätte, darunter auch Mancher, dem sein Inneres sagen mochte, daß es nun zu spät wäre, das gut zu machen, was er an dem einfachen, anspruchslosen und kindlich vertrauenden Gemüthe des Künstlers gesündigt hatte. Das Rührendste aber war der Anblick seiner greisen Mutter, ihm unverkennbar ähnlich an den Zügen des Antlitzes, welche auf die Nachricht von seiner gefährlichen Erkrankung nach München geeilt, gleichwohl aber zu spät gekommen war, ihrem geliebten Sohne die Augen zu schließen.
Carl Albert Regnet: Münchener Künstlerbilder. Ein Beitrag zur Geschichte der Münchener Kunstschule in Biographien und Charakteristiken. Leipzig, 1871.
Fischer, Joseph Anton, Historienmaler, geb. 28. Febr. 1814 zu Oberstdorf im Algäu, † 20. März 1859 in München, wo er Schüler der Akademie unter Schlotthauer war. Seit 1832 eignete er sich in Italien die ganze Gefühlsinnigkeit des Fiesole an und malte nur religiöse Gegenstände. Nach seiner Rückkehr arbeitete er 1834–40 unter Heinr. Hess für die Fenster der Mariahilfkirche in München an den Cartons, die sich in der Neuen Pinakothek befinden, und nach einem zweiten Besuch in Italien entwarf er 1844–48 die Farbencartons zu mehreren Glasgemälden des Kölner Domes (ebenfalls daselbst). Unter seinen übrigen religiösen Bildern sind zu nennen: eine Anbetung der Könige, Heimsuchung Mariä, Simeon und Hanna im Tempel, Grablegung Christi (1849), Maria von Engeln zum Himmel emporgetragen, Flucht nach Aegypten (1850, Rudolfinum in Prag), Thronende Madonna u. A.
Allgemeines Künstler-Lexicon. Leben und Werke der berühmtesten bildenden Künstler. Vorbereitet von Hermann Alexander Müller. Herausgegeben von Hans Wolfgang Singer. Erster Band. Frankfurt am Main, 1895.
Fischer Josef Anton, 1814 (Oberstdorf/Allgäu) – 1859, Historien- und Kirchenmaler; er war ein Hirtenbub, ehe er sich der Zeichnungsschule des alten Schraudolph in seiner Heimat zuwendete und dann bei J. Schlotthauer) in München sich zum Maler ersten Ranges ausbilden ließ; F. gehörte zur »Künstlergesellschaft zu den drei Schilden« (mit Schwanthaler, Ohlmüller, Schlotthauer, Graf von Pocci, den Brüdern Schraudolph, Brentano und Görres); 1832 war F. in Italien, um alte Meister zu kopieren, dort begeisterte er sich besonders an den Präraffaeliten und schloß sich den Nazarenern unter Overbeck an; unter P. von Hess malte F. die Maria-Hilf-Kirche in München-Au aus (Kreuztragung und Grablegung, Maria an der Goldenen Pforte, Mariae Geburt, Vermählung, Englischer Gruß, Anbetung der Weisen, Darstellung im Tempel und Flucht nach Ägypten); er malte ausschließlich religiöse Bilder, die viele heimatliche Kirchen und die Bayerische Staatsgemäldesammlung besitzen, sowie Kartons zu Glasgemälden im Kölner Dom und in der Maria-Hilf-Pfarrkirche in München-Au.
© Dr. Max Joseph Hufnagel: Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München. Zeke Verlag; 4. Auflage. Würzburg, 1983.