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Das Grab ist nicht erhalten
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† (18).10.1890 (München), 71 Jahre alt
Historienmaler
Münchener Kunstbericht
(9. Juni.) [... ] Im Wesentlichen findet das hier Gesagte auch auf ein in technischem Betracht vorzügliches Gemälde der dieswöchentlichen Kunstvereins-Ausstellung, welches Hermann Hamm zum Schöpfer und die »Heimkehr von Golgatha« zum Gegenstande hat, seine Anwendung. Das Bild macht – wenigstens bei der etwas trüben Beleuchtung, in der wir es gesehen haben – durch die Tiefe, Intensität und Harmonie seiner Farben einen sofort überraschenden, imponirenden und auch bei dauernder Betrachtung sich nicht abschwächenden Eindruck. Man kann es in dieser Hinsicht eine brillante, jedoch nicht bloß blendende, sondern auch fesselnde und wohlthuende Leistung nennen. Und nicht minder effektvoll ist es von Seiten seiner allgemeinen Anlage, in der Gruppirung der drei Figuren, in der Behandlung des landschaftlichen Hintergrundes und der tief-ernsten, der Bedeutung des Moments entsprechenden Beleuchtung. Auch die Behandlung der Gewänder, des Faltenwurfs etc. etc. ist von ästhetischer Wirkung; es liegt in dem Allen eine nicht gewöhnliche Einfachheit und Größe, und der Künstler hat in diesen Puncten bewiesen, daß er einen nicht minder ausgebildeten Sinn für die Eurhythmie der Linien, als für die Harmonie der Farben besitzt. Aber trotz alledem gewährt das Werk doch nicht diejenige Befriedigung, welche manches in technischer Beziehung weit hinter ihm zurückbleibende Bild gewährt; und die Schuld daran trägt, daß es eben für seinen Stoff zu effectvoll, zu sehr dem reinen Farben und Formensinn schmeichelnd ist und dadurch mehr, als es sollte, über die Wahrheit und Tiefe, Naivetät und Innigkeit des Ausdrucks hinausgegangen ist. Am meisten verräth sich dies in der Haltung und dem Gesichtsausdruck der Personen. Die Attitude, in welcher die eine der beiden trauernden Frauen hingegossen am Boden ruht, der dolorose Blick, mit welchem die andere zu Boden schaut, und die schmerzvolle Geberde, mit der Johannes sein Auge zum Himmel kehrt, sind nicht solche, wie man sie an diesen heiligen Personen in dieser Lage für ganz wahr zu halten vermag. Wie sie auf dem Gemälde erscheinen, machen sie mehr den Eindruck von Personen, die sich zur Erzielung eines gesellschaftlichen Zwecks zu einem lebenden Bilde zusammengestellt und, während ihr Geist in Wahrheit vorzugsweise mit der Annahme einer möglichst graziösen Haltung und einer möglichst malerischen Drapirung der Gewänder beschäftigt ist, so gut es gehen will auch die Miene eines nicht wirklich vorhandenen, sondern nur simulirten Schmerzes angenommen haben. Gerade das also, was das Bild eigentlich sein soll, ist es nicht; und erst, wenn man sich hierüber hinwegsetzt, wenn man sich bloß an die Farben und Formen als solche hält, ohne nach ihrer Bedeutung zu fragen, vermag man sich in ungetrübtem Genuß an seinen wirklichen Vorzügen zu erfreuen.
Bayerische Zeitung Nr. 159. Freitag, den 12. Juni 1863.
TODES-ANZEIGE.
Freunden und Bekannten diene zur Nachricht, daß
Herr Historienmaler
Hermann Hamm
im 72. Lebensjahre durch einen leichten, sanften Tod von allen Leiden erlöst ist.
Die Beerdigung findet Samstag Nachmittags um 3½ Uhr auf dem südlichen (alten) Friedhofe statt.
Münchner Neueste Nachrichten No. 479. Samstag, den 18. Oktober 1890.