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16 – 2 – 3 (Aiblinger · Gablonsky)

Ω

Grabstätte
der Familie
Gablonsky.

Fern von den Seinen
ruht in St. Laurent bei Arras,
Hans Gablonsky
geboren: 5. Nov. 1883,
gefallen: 25. Okt. 1914.

R. I. P.

Rückseite

Ruhestätte
des berühmten Komponisten
und Hofkapellmeisters
Johann Kaspar Aiblinger
geb. 23. Aug. 1779
gest. 6. Mai 1876

Ω

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Johann Kaspar Aiblinger

* 23.8.1779 (Wasserburg)
† 6.5.1867 (München)
Komponist und Hofkapellmeister

Universal-Lexikon der Tonkunst (1849)

Aiblinger, J. Kaspar, Königl. Bayerischer Capellmeister in München, von Geburt ein Bayer, insbesonderheit ein vortrefflicher und geschmackvoller Kirchenkomponist, der die bei unsern neueren Tonsetzern seltene Gabe besitzt, mit einer vollkommenen Reinheit und qewissen Freiheit des Satzes zugleich doch auch eine einfache Würde und nicht selten großartige Erhabenheit des Styls zu verbinden. Von seinen zahlreichen, freilich meistens ungedruckt gebliebenen, hierher gehörenden Werken, nennen wir nur sein zu Mailand erschienenes »Pastorale«; das Offertoire (Jubilate Deo) à 4 voix sans accompagnement, Mainz, bei Schott, und das eben daselbst erschienene Offertoire (Deus, noster Deus) p. 2 Sopr. 2 Alt., 2 Tenor. et 2 Bass.

Als Operncomponist scheint A. weniger Glück machen zu wollen, so erfahren er sich auch in der Behandlung der menschlichen Stimme durch fast alle seine Gesänge zeigt. Diese sind zart, überbieten und übertreiben nie, und zeugen von einem woblgebildeten ästhetischen Gefühle; dennoch aber konnte die Oper »Rodrigo und Ximene« keinen weiter verbreiteten Eingang in die Bühnenrepertoire finden. Uebrigens müssen wir gestehen, daß, so weit wir wissen, es auch gar nicht das Streben dieses Mannes ist, Aufsehen zu erregen; geziert mit dem seltenen Schmucke jener dem Künstler so wohlstehenden Bescheidenheit beschränkt er alle seine Kräfte fast nur allein auf seine nächsten Umgebungen, und suchte er auf den mehrfach unternommenen größern Reisen (auch nach Italien) nur sich zu bilden und auf sich selbst der Tonkunst segensreiches Wirken gerichtet seyn zu lassen. So hat er sich derselben aber schon als ächter Musensohn gezeigt, und im Stillen, im engen Kreise schon manches große Verdienst sich erworben.

Erkennend den verderblichen Einfluß des neuen Italianismus auf den edleren deutschen Geschmack bietet er in seiner jetzigen Stellung alle seine Kräfte auf, durch Aufführung guter und ächt deutscher Musikwerke dem weiter um sich greifenden Eindringen italienischer Produkte aufs nachdrücklichste zu wehren. Und mit Dank und Bewunderung müssen wir es anerkennen, daß er es vor einigen Jahren, in Gemeinschaft mit der verehrten Sängerin Nanette Waagen, geb. Schechner, sogar dahin brachte, daß Glucks Iphigenia von Neuem in die Scene gesetzt wurde. Um vollständiger seinen eigentlichen Zweck dabei zu erreichen, instrumentirte er selbst mehrere Parthien daraus ganz neu. Von welch‘ segensreichem Erfolge müßte es seyn, wenn noch mehrere andere deutsche Operndirectoren in dieser Hinsicht an A. sich anschlössen!

Von den Gesangscompositionen A.’s verdienen, außer den bereits genannten, wohl die meiste Aufmerksamkeit noch die großen Bravour-Arien, welche derselbe für die oben genannte Sängerin besonders componirte. Er machte 1833 auf Veranlassung seines Hofes eine neue Reise nach Italien und hielt sich diesmal auch lange bei seinem Freunde Simon Mayer in Bergamo auf.

Universal-Lexikon der Tonkunst. Stuttgart, 1849.

Allgemeine Realencyclopädie (1850)

Aiblinger, Johann Kaspar, Kapellmeister in München, ein geborener Bayer, hatte in früher Jugend nicht Gelegenheit, bei einem tüchtigen Meister Studien zu machen, wofür er jedoch in seinem eigenen Studium und in Reisen, die er, um sich als Komponist auszubilden, unternahm, den reichsten Ersatz fand. Während eines längern Aufenthaltes in Italien lernte er dort erst die Inhaltslosigkeit und Geschmacklosigkeit der italienischen Musik recht kennen und wandte sich daher mit desto grösserem Eifer und desto entschiedenerer Neigung der deutschen Musik zu. Nach seiner Rückkehr brachte er mit Hilfe der berühmten Sängerin, Nannette Waagen, Gluck’s Iphigenia in Tauris auf die Bühne und mehre Partien derselben wurden von ihm neu instrumentirt. Noch weniger kann A.s Verdienst um die Kirchenmusik verkannt werden, denn unter seinen verschiedenen Compositionen stehen seine Kirchenmusiken oben an. Er weiß mit der Freiheit des neuern Satzes die Erhabenheit des alten Styls auf das Trefflichste zu verbinden; so namentlich in seinem Pastorale (Mailand) und in seinem Offertoire a six voix sans accompagnement (Mainz). Weniger Beifall schien seine Oper Rodrigo und Ximene zu finden.

Allgemeine Realencyclopädie oder Conversationslexicon für das katholische Deutschland. Regensburg, 1850.

Sion (1867)

† Aiblinger.

Am 6. Mai starb zu München der auf dem Gebiete der katholischen Kirchenmusik verdienstvolle Hofkapellmeister Aiblinger, dessen wir hiemit (nach einer Mittheilung der Augsb. Postzt. Nr. 110) gedenken wollen.

Johann Caspar Aiblinger war in Wasserburg geboren, dem bayerischen Venedig i. J. 1779, machte seine Studien in den Klöstern Tegernsee und Polling, wo er auch bereits für die Tonkunst Vorliebe gewann, und ging dann an die Universität Landshut.

Er wollte und sollte sich dem geistlichen Stande widmen und erhielt auch bereits die niederen Weihen. Aber die Liebe zur Musik obsiegte, er ging, seinem bisherigen Plane entsagend, nach Italien, mit wenigen Zwanzigern in der Tasche. Dort, in dem classischen Lande der Musik, machte Aiblinger erst seine ernsteren Musikstudien, besonders in Bergamo unter Simon Mayer, kam dann nach Vicenza und Venedig i. J. 1810, wo er ein Conservatorium errichtete, Unterricht gab und zu componiren begann, besonders Ballete, Hymnen und Psalmen von ergreifender Wirkung. Nach ungeheurer Tätigkeit und vielen Reisen durch ganz Italien kehrte er nach Bayern i. J. 1819 zurück, wurde Kapellmeister an der italienischen Oper zu München, für welche er eine Oper »Rodrigo und Ximene« componirte und später Gluck’s Iphigenia wieder in Scene setzte. Seit dem Jahre 1825 wurde er Capellmeister an der Hofkirche, sowie Freund und Schüler Ett’s, dessen Hackbrettchen er auch erbte. In dieser Stellung hat er mit Segen bis vor 3 Jahren gewirkt. Nur eine Reise nach Spanien, um die alten spanischen Musikschätze zu studiren, unterbrach diesen langen Münchner Aufenthalt.

Aiblinger war einer der begabtesten und fruchtbarsten Compositeurs der Neuzeit, indem er die Vorzüge der allen Musik mit den Errungenschaften der modernen Technik am Besten zu verbinden verstand. Man hat von ihm über 30 Messen, mehrere mit Harfen, 3 Serien-Vespern, 5 Requiems, Miserere’s, Psalmen, Passionslieder, die weitbekannten Marienlieder und zahllose andere religiöse Lieder. Denn er ging keinen Tag zu Bett, ohne etwas componirt zu haben zu Mariens Ehren in den letzten 20 Jahren.

Die Klöster der Servitinen und Schulschwestern in München, wo er den Unterricht in der Musik und den Chor leitete, sowie früher in Dietramszell, verdanken ihm viel, sie haben auch noch viele ungedruckte Compositionen des Meisters!

Er war unvermählt, mit einer Schwester brüderlich lebend, feingebildet, bescheiden, aufrichtig, fromm und kindlich katholisch. Er starb, reif für den Himmel, im Alter von 88 Jahren, gerade im Mai, wo er so viel gethan, für das Lob der Marienkönigin.

Sion Nr. 38. Eine Stimme in der Kirche für unsere Zeit. Augsburg; Samstag, den 12. Mai 1867.

Allgemeine Deutsche Biographie (1875)

Aiblinger: Johann Caspar A., Capellmeister und Componist. geb. zu Wasserburg in Baiern 23. Febr. 1779, † 6. Mai 1867. Als elfjähriger Knabe kam er nach Tegernsee zu den Benedictinern auf die lateinische Schule, wo auch seine schon früher zu Tage getretenen musikalischen Anlagen Pflege und Nahrung fanden. Eigentliche musikalische Ausbildung erhielt er aber erst auf dem darauf bezogenen Gymnasium zu München, durch den Professor Jos. Schlett, damaligen Organisten an der St. Michaelshofkirche, welcher die Zöglinge des Seminars in Generalbaß und Composition zu unterrichten hatte. Es war nämlich dies Seminar 1473 von Herzog Albert V. blos für Studirende, welche zu Musikern erzogen werden sollten, gestiftet worden.

1800 ging A. auf die Universität Landshut um Theologie zu studiren und dann als Ordenspriester in die Abtei Polling einzutreten. Die 1803 erfolgte Säcularisation der Klöster veranlaßte ihn jedoch, ganz zur Musik überzugehen. Er zog nach Italien, lebte 8 Jahre zu Vicenza und siedelte 1811 nach Venedig über, wo er 1817 in Verbindung mit dem Abbate Gregorio Trentino den Verein »Odeon« gründete. Derselbe sollte für Musikliebhaber einen Vereinigungspunkt bilden, um durch Ausführung der classischen Werke eines Marcello, Leo, Pergolese, Jomelli, Valotti, Gluck, Mozart und anderer großen Meister ihre Ideen über die Kunst zu bereichern, ihren Geschmack zu bilden und ihre Technik zu fördern (s. Leipziger allgem. Musikzeitung XIX. 865). Doch hielt das verdienstliche Unternehmen nicht lange Stand gegen den verwahrlosten Geschmack der Italiener. Im Carneval 1819 wurde A. vom Balletmeister Vigano nach Mailand berufen, um die Musik zu fünf neuen Balleten zu componiren; doch setzte er nur die Musik zum ersten, »Bianca«, und zum zweiten Acte von »I Titani«, löste dann seinen Contract mit Vigano und kehrte alsbald wieder nach Deutschland und in seine Vaterstadt zurück.

Als hier Königin Karoline den Entschluß gefaßt hatte, eine italienische Oper an ihrem Hofe zu gründen, wurde 1819 A. mit dem Balletmeister Friedrich Horschelt nach Italien geschickt, um namentlich Sängerinnen dafür zu gewinnen; in der That bewog er die meisten der damals bewunderten italienischen Sängerinnen zum Auftreten in München, deren Einfluß dort auch z. B. in der Schechner fortwirkte. A. wurde nun Maestro bei dieser neuen italienischen Oper; allein er gerieth bald in Zwistigkeiten mit dem Sängerpersonale, welche ihm seine Stellung vollständig verleideten. Der König ernannte ihn deshalb 1825 zum Vicecapellmeister und 9. Nov. 1826 zum wirklichen Capellmeister seiner deutschen Hofmusik.

Seit 1816 hatte der damalige Organist an der St. Michaelshofkirche Casp. Ett in Verbindung mit seinem Freunde dem Hofcapellmeister Schmid die classische Musik des 16. Jahrhunderts in seiner Kirche dem erstaunten Publikum wieder vorzuführen angefangen; Publikum und Hof nahmen an dieser Erscheinung gleich freudigen Antheil, namentlich auch der Kronprinz, später König Max II. Dieser wollte seinen ehemaligen Musiklehrer und Ett nach Italien senden, um von den Schätzen jener längstvergangenen Zeit so viel als möglich wieder aufzusuchen. Ett aber, der von seinen musikalischen Lectionen nur spärlich lebte, konnte sich von seinen Schülern nicht trennen, und schlug deshalb dem Kronprinzen A. vor, der in Italien ausgebreitete Bekanntschaft besaß. A. ging also 1833 wieder nach Italien und brachte von da manches Interessante zurück, das in der Münchener Staatsbibliothek bewahrt wird.

A. hatte die Direction der eigentlichen Hofcapelle übernommen, während Kapellmeister Stunz und Direktor Moralt die Oper im Hoftheater zu dirigiren hatten. Da in der neuen von Klenze 1826 erbauten Allerheiligen-Hofkirche Instrumentalmusik nicht wirkte, wurden nun dort klassische Vocalwerke eingebürgert, um deren vollendete Aufführung sich A. die größten Verdienste erwarb, und denen er auch seine ganze Thätigkeit widmete, bis die Kräfte des nahezu 80jährigen Mannes wichen.

Als Komponist hat sich A. in Italien herangebildet. Als er nach München zurückkehrte, wurde ihm der Antrag gemacht, eine Oper zu componiren. Er wählte einen heroisch romantischen Text »Roderigo e Chimene«. Die Oper erlebte aber nur eine Aufführung. Nach einem gleichzeitigen Berichte in der Allgemeinen musik. Zeitung (von seinem Lehrer Prof. Schlett verfaßt) hatten nur die Chöre Werth, im übrigen war die Oper bei großer Länge arm an Melodie und eigenen Gedanken, voll von auffälligen

Reminiscenzen an Mozart etc., in der Harmonie und Instrumentirung stark überladen u. s. f. Obwol A. die menschliche Stimme trefflich zu behandeln verstand und mehrere Bravour-Arien, z. B. für die Schechner und für Pellegrini setzte, die sehr gefielen, fehlte es ihm doch an tieferer Erfindung und dramatischem Talent.

Nach diesem unglücklichen Erfolg entsagte er jeder weiteren dramatischen Composition und widmete seine ganze Kraft von nun an der Kirchenmusik. Wenn auch seine Stärke im eigentlichen strengen Stile nicht lag, so war er doch Meister in dem freieren Stile seiner Zeit, besaß Formgewandtheit und tiefes religiöses Gefühl, so daß seine Kirchencompositionen mit ihren sangbaren und leicht faßlichen Melodien sehr beliebt wurden. Seine Werke tragen ganz seinen eigenen Charakter: obwol beim Dirigiren oft sehr aufbrausend, war A. doch im Leben höchst bescheiden, einfach, weich, mehr zurückhaltend, als sich hervordrängend. Er vertritt deshalb in der Kirchenmusik ungefähr die Stelle, die Weigl im Gebiete der Oper einnimmt.

Seine Kirchencompositionen leben in der katholischen Kirche, vorzüglich in Süddeutschland, noch immer fort, und werden sich ohne Zweifel noch lange erhalten. Sie bestehen in einer Anzahl Messen (darunter auch solche für kleine Stadt- und Landchöre), einige Todtenmessen, zahlreiche Gradualien und Offertorien, Litaneien, Psalmen, ein Ave Regina und andere Stücke, meist mit Orgel oder Orchester und Orgel begleitet. Gedruckt sind davon mehrere in München bei Falter; in Augsburg bei Böhm und bei Kollmann; in Paris bei B. Schott’s Söhnen. Auch ein Pastorale für Orgel ist bei Riccordi in Mailand herausgekommen. Schafhaeutl.

Schafhaeutl: Allgemeine Deutsche Biographie. Leipzig, 1875.

Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München (1983)

Aiblinger Johann Kaspar, 1779 (Wasserburg) – 1867, Komponist und Hofkapellmeister; Benediktinerzögling von Tegernsee, in München erzogen, studierte A. in Landshut, wurde Kandidat in Polling und zog 1803 nach Italien; befreundet mit Simon Mayr in Bergamo und vermutlich dessen Schüler, gründete er 1817 in Venedig den Verein »Odeon«, betätigte sich 1819 in Mailand als Ballettkomponist und richtete dann in München die italienische Oper ein (seit 1826 Leiter der deutschen Hofmusik zu München); 1833 begleitete A. den Kronprinzen Maximilian nach Italien; als Komponist ist er sehr von Italienern und Mozart abhängig; seine undramatische Oper Roderigo e Chimene hatte keinen Erfolg, bedeutend dagegen war seine Kirchenmusik (Messen, Stabat Mater, Marienlieder); A. gilt als ein Vorkämpfer Palestrinas und Wiedererneuerer der Kirchenmusik.

© Dr. phil. Max Joseph Hufnagel: Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München. Zeke Verlag; 4. Auflage. Würzburg, 1983.



© Reiner Kaltenegger · Gräber des Alten Südfriedhofs München · 2007-2025


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