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MORITZ VON SCHWIND
1804 – 1871
Sockel
HERMANN VON SCHWIND
1843 – 1906
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Schwind, Hermann von; 6.7.1843 (Karlsruhe) – 20.7.1906 (Hals/Passau); Ingenieur, Eisenbahningenieur und Offizier
Schwind, Moritz von; 21.1.1804 (Wien) – 8.2.1871 (München); Akademieprofessor, Historienmaler und Zeichner
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* 21.1.1804 (Wien)
† 8.2.1871 (München)
Akademieprofessor, Historienmaler und Zeichner
Moritz von Schwind,
geb. 1804 zu Wien, wo er auch den ersten Unterricht in der Kunst von Ludwig Schnorr erhielt, dann die dortige Akademie besuchte, zeigte schon früh ein reiches Talent zur Erfindung besonders in heiteren und satyrischen Darstellungen. Seine ersten Arbeiten waren Zeichnungen für Stammbücher, Taschenbücher; vor allen wurden bekannt die höchst gelungenen lebendigen Schilderungen zu Tausend und Einer Nacht, welche Göthe beifällig öffentlich besprach und dadurch die Aufmerksamkeit auf den jungen Künstler wendete, der sich im Jahre 1828 nach München begab, wo er bis zum Jahre 1834 weilte und hier Gelegenheit fand, seine sinnigen Phantasiegebilde in Zeichnungen und Freskobildern auszuführen. Ueberall zeigt sich in denselben eine heitere gefällige Auffassung und Gruppirung; davon zeugen die Bilder im Bibliothekzimmer I. M. der Königin nach Tieck’s Dichtungen, davon die schönen und mannigfaltigen Aquarellzeichnungen, ihrer über fünfzig, in sechs Zimmern des Schlosses Hohenschwangau.
Schon in München begann er in Oel zu malen, setzte dieses mit großem Eifer und Erfolg während seines Aufenthaltes in Italien – 1834 und 1835 – fort, und wußte mit kräftigem Pinsel Leben und Bewegung in seinen Gemälden auszudrücken; dabei scheint er mit Vorliebe in der Auffassungsweise der älteren deutschen Meister seine reichen Gebilde zu geben, wie dieses geschah im Lebenslauf zweier Brüder, da er einen kleinen Noman in drei Feldern schilderte und die Brüder am Ende ihrer Laufbahn als Einsiedler auftreten läßt; noch mehr zeigte es sich in Ritter Kurt’s Brautfahrt nach Göthe, einem höchst lebendigen gruppenreichen Gemälde, ganz im kräftigen Geiste der Aelteren angeordnet und auögeführt: im Hintergrunde, entfernt, das Schloß des Helden; im Vordergrunde die der Hochzeit harrende Braut mit ihren Verwandten, aber zugleich der Ritter im Gedränge von ungestümmen Gläubigern auf offenem bewegten Marktplatze.
Von seinen anmuthigen zarten Darstellungen nennen wir den Gefangenen, der im Gefängnisse auf einem Strohlager ruht, indem Zwerge, kleine wundersame Wesen, einer über dem andern zum vergitterten Fenster hereinsteigend und so eine Leiter bildend, ihn befreien wollen; dann die vier Fresken aus Amor und Psyche, welche der Künstler in Sachsen auf dem Gute des Hrn. v. Crusius ausführte, und die drei Figuren: Friede, Kunst und Natur im Landhause des Hrn. v. Arthaber bei Wien.
Zu seinen größeren Entwürfen, die wir in München von ihm sahen, gehört die Gründung des Freiburger-Domes durch die erlauchten Zähringer. Das Gebäude erhebt sich, bis über das große Eingangsthor hinauf vollendet, in der Mitte des Bildes aus einer waldbewachsenen Gegend; die feierliche Einweihung soll geschehen, und zu dem Portale heran kommen von rechts und links die in schönen Gruppen vertheilten Anwohner der Gegend: Landbebauer, Jäger und Hirten; eine Hochzeit; die Geistlichkeit und der Stifter, dem der Plan der Kirche mit dem durchbrochenen Thurme vorgetragen wird, wie er künftig sich erheben soll; schöne kräftige Gestalten, zum Theil in dem jetzt noch üblichen Kostüme des nahen Schwarzwaldes, zu dem die ritterliche und geistliche Kleidung einen wirksamen Gegensatz bildet. Verwundert und ärgerlich höhnisch schaut ein Teufel durch die Bäume nach dem Feste. Das Bild führt der Künstler jetzt im Stiegenhause der neuen Gallerie in Carlsruhe aus, wo er auch schon im Sitzungssaale der ersten Kammer acht allegorische Figuren vollendete.
Dr. Johann Michael von Söltl: Die bildende Kunst in München. München, 1842.
Nekrologe.
Moritz Ritter von Schwind,
Historienmaler und Professor an der k. Akademie der bildenden Künste,
wurde am 21. Januar 1804 zu Wien geboren, woselbst sein Vater, den er frühzeitig verlor, die Stelle eines Hofsekretärs bekleidete. Mit seiner Mutter und seinen zahlreichen Geschwistern lebte er nach dem Tode desselben in einem kleinen Häuschen am Wall, genannt »zum Mondschein«, in ziemlich gedrückten Verhältnissen. Verschiedene Umstände übten schon in früher Knabenzeit einen nachhaltigen Einfluß auf seine Phantasie und sein Seelenleben überhaupt. Katholischer Eltern Kind ward er frühzeitig zur Messe geführt und von der Feierlichkeit des Cultus so ergriffen, daß er das Amt eines Ministranten als höchstes Glück sich wünschte und erlangte, und daraus die Vorliebe für die romantische Zeit in spätere Jahre mit sich nahm.
Schwind’s große Freude an der Musik und sehr feines Gefühl für ihre wahren Schönheiten reichen gleichfalls in seine Knabenjahre und in den »Mondschein« zurück, wo die Musik mit Eifer betrieben wurde, vielleicht in Erinnerung an den Großvater väterlicherseits, der in Böhmen gelebt hatte. Er hatte die Schule und das Gymnasium hinter sich und trieb, ursprünglich dem wissenschaftlichen Berufe sich widmend, bereits im dritten Jahre philosophische Studien, als er durch die neuromantische Richtung, welche damals in der Poesie nicht minder wie in der bildenden Kunst sich geltend machte, so eingenommen wurde, daß die Neigung, sich der Kunst zu widmen, in ihm erwachte und bald zum festen Entschluß heranreifte. Mit einiger Fertigkeit im Zeichnen ausgerüstet, trat er bei Ludwig Schnorr v. Carolsfeld als Schüler ein. Schwind’s gesundem Sinne sagte jedoch ein gewisser mystischer Zug, welcher bei seinem Lehrer damals sich zeigte, nicht zu und so verließ er ihn schon nach einem Jahre wieder, um in die Akademie überzutreten. Auch hier von dem sich breitmachenden geistlosen Schematismus abgestoßen, beschloß er im Jahre 1828 nach München überzusiedeln, nachdem er sich ein Jahr vorher durch eine Reise dahin von dem mächtigen Aufschwung überzeugt hatte, welchen die Kunst unter König Ludwig zu nehmen begonnen.
Durch den Ankauf seines ersten noch ganz im Style der Schnorr’schen Schule gehaltenen Bildes seitens des Münchener-Kunstvereines wurde ihm über die erste Zeit des Aufenthaltes am neuen Domicile hinweggeholfen. Er beschäftigte sich nun eifrig mit Componiren und entwarf eine Menge von Zeichnungen, die er zum Theil auch auf Stein übertrug. Im Jahre 1832 erhielt er den ersten größeren Auftrag. Es war dies die Ausschmückung des Bibliothekzimmers der Königin mit einem Cyklus von Darstellungen aus den Tieck’schen Dichtungen. Dieser Auftrag, welcher dem Künstler Gelegenheit gab, seinen Reichthum an Geist, Phantasie und köstlichem Humor, wie sein tiefes Verständniß echt deutscher Romantik zu dokumentiren, war für ihn um so ehrenvoller, als die malerische Ausschmückung des von König Ludwig damals nahezu vollendeten Königsbaues einer wahren Elite von Künstlern übertragen worden war. Noch glücklicher löste er die ihm bald darauf ertheilte weitere Aufgabe, für den im nördlichen Flügel der Residenz befindlichen Saal des Rudolph von Habsburg einen Fries zu componiren, in welchem die Folgen des durch Kaiser Rudolph geordneten und neuaufblühenden bürgerlichen Lebens in Deutschland in einem Festzuge von Kindern dargestellt werden sollten. Auch der damalige Kronprinz Maximilian betraute ihn mit dem Auftrage, für die restaurirte Burg Hohenschwangau Entwürfe zu Wandgemälden, welche Scenen aus dem Leben Karls des Großen darstellten, anzufertigen.
Mittlerweile war Schwind’s Bedeutung auch anderwärts erkannt worden und so kam es, daß er durch die nun folgenden Arbeiten eine Reihe von Jahren von der Stätte ferngehalten wurde, an welcher sein Genius zuerst in Epoche machender Weise sich entfaltet hatte. Wir finden ihn zunächst (1838) auf Schloß Rödingsdorf bei Leipzig, der Besitzung des Dr. Crusius, mit der Ausführung einer Reihe von Wandgemälden aus der antiken Mythe von »Amor und Psyche« beschäftigt, worauf er nach Wien gieng, um hier das bekannte Bild »die Brautfahrt des Ritter Kurt«, eine von Humor und geistvollen Bezügen übersprudelnde Composition, zu malen. In Wien erhielt er einen Ruf nach Carlsruhe und den Auftrag, das Stiegenhaus und sonstige Räume der neuen Kunsthalle mit Wand, und Deckengemälden auszuschmücken. Im Jahre 1845 siedelte er dann nach Frankfurt a. M. über, woselbst er für das Städel’sche Institut ein Gemälde »Der Sängerkrieg auf der Wartburg« malte. Diese und andere Arbeiten Schwind’s, insbesondere die zahlreichen kleineren und größeren Zeichnungen, welche er für Holzschnitt, Radirung oder Kupferstich ausführte, können hier nur angedeutet werden, da durch diese Zeilen ein umfassendes Bild der künstlerischen Thätigkeit Schwind’s nicht gegeben werden soll.
Im Jahre 1847 wurde der Meister durch seine Ernennung zum Professor der neuorganisirten bayerischen Akademie München wieder gewonnen. Aus den nun folgenden Werken sei nur eines hervorgehoben, das »Märchen von den sieben Raben«, mit welchem der Künstler alle Welt entzückte und auf der allgemeinen deutschen Kunstausstellung zu München im Jahre 1858 den Preis davontrug. Er hatte sich hiemit, wie auch schon früher, auf einem Gebiete gezeigt, dessen Reichthum und Anmuth zu verwerthen sein Genius vorzugsweise berufen war. Ja man kann sagen, daß erst von Schwind an für die bildende Kunst die Wiedergeburt des deutschen Märchens datirt.
Nur um seine Vielseitigkeit anzudeuten, sollen hier auch die Arbeiten religiösen Inhaltes erwähnt werden, welche Schwind unternahm. Es sind dies eilf für die Ausschmückung des Hauptaltars der Münchener-Frauenkirche bestimmte Gemälde und Entwürfe zu den Glasgemälden im Dome zu Glasgow, deren Entstehung in das Jahr 1860 fällt. Die glänzendste und fruchtbarste Periode seines Schaffens ist jene, in welcher er die herrlichen Compositionen für das Wiener-Opernhaus und die »Schöne Melusine« schuf. Die Idee zu der letzteren hatte ihn hinsichtlich ihrer Gestaltung schon Jahrzehnte hindurch vorher beschäftigt. An seinem 66. Geburtstage legte er die letzte Hand an dieses seine künstlerische Thätigkeit abschließende, unübertroffene Werk, dessen Schönheiten alle mit einem Blicke zu erfassen selbst dem Eingeweihteren unmöglich ist.
Schon vor dem eben erwähnten Zeitpunkte traten bei Schwind Krankheitserscheinungen auf, welche im Laufe der Zeit keinen Zweifel darüber ließen, daß das kostbare Leben des Meisters durch eine Verfettung des Herzens ernstlich bedroht sei. Gegen Weihnachten des Jahres 1870 nahm die Krankheit in schmerzlichster Weise zu und Schwind litt unter den Beklemmungen seines Herzens unsäglich. Am 8. Februar 1871 entriß ihn der Tod seiner Familie. Die Nachricht hievon erfüllte Alle mit der tiefsten Trauer, welche ein Verständniß für die schöpferische Kraft seines Genius und die Reinheit und ächt nationale Bedeutsamkeit seines von dichterischem Geiste erfüllten Strebens hatten.
Der lohnenden Aufgabe, Schwinds Verdienste um die Kunst, sein Leben, seine Beziehungen zu vielen großen Männern seiner Zeit, die ihm überall entgegengetragene Bewunderung und zu Theil gewordenen Ehren in einem umfassenden Bilde zu schildern, haben sich manche seiner Verehrer unterzogen, und es ist auf diese Weise eine Reihe von Schriften entstanden, auf welche zu verweisen um so mehr Pflicht sein dürfte, als durch eine biographische Skizze, wie sie der hier zugemessene Raum zu geben gestattet, die Leistungen eines großen und fruchtbaren Geistes unmöglich in der wünschenswerthen Weise dargestellt werden können.
Bericht über den Bestand und das Wirken des Kunst-Vereins in München während des Jahres 1872. München, 1873.
Schwind, Moritz von, berühmter Maler und Radierer, geb. 21. Jan. 1804 in Wien, † 8. Febr. 1871 in München, Schüler von L. Schnorr an der Wiener Akademie, dann (1828) der Münchener Akademie; 1832–34 malte er schon in der Münchener Residenz, 1834–35 im Schloss Hohenschwangau und besuchte darauf 1835 Rom. 1839 siedelte er nach Karlsruhe über und malte im Treppenhaus der dortigen Kunsthalle Die Einweihung des Freiburger Münsters. 1844 kam er nach Frankfurt a. M. und malte für das Städel’sche Institut den »Sängerkrieg«. 1847 wurde er Akademie-Prof. in München. 1853–55 führte er die bekannten Cyclen zur Legende der Hl. Elisabeth u. A. in der Wartburg, 1864–67 die Bilder in der Wiener Hofoper aus. Kein anderer Maler des Jahrhunderts hat uns eine romantische Kunst so frei von allem theatralischen und sentimentalen Beigeschmack gegeben wie S., wenige eine so ächte, volksthümliche Kunst wie er, den man mit Stolz zu den grössten Meistern Deutschlands rechnen darf.
Wie Richter der Maler des schlichten deutschen Volksgemüths ist, so ist S. der Maler des deutschen poesievollen Märchens. Die beste Sammlung seiner Werke (35) befindet sich in der Schack-Gal. zu München, wenn sie auch keines der grossen Hauptwerke birgt. Ferner von ihm Vater Rhein (Berlin, Gal. Raczynski), Die Rose (Nat.-Gal., das.), Der Sängerkrieg (1846 Frankfurt a. M.), Ritter Kurts Brautfahrt u. A. (Karlsruhe), Rudolf v. Habsburg (Kiel), Ritter Falkensteins Ritt u. A. (Leipzig), Symphonie (1852 München), Die 7 Raben u. A. (Weimar), Melusine (Wien), Kaiser Max an der Martinswand u. A. (Akademie-Gal. das.), Elfentanz, Dornröschen, Die 7 Raben (1858), Anbetung der Könige (1858 Frauenkirche, München), 34 Cartons zu Glasfenstern (Dom, Glasgow), Der Rhein, etc. (Trinkhalle, Baden-Baden), etc. S. radierte eine Folge von Pfeifen und Becher, Der Eremit mit dem Ritter und Der Sänger mit der Nymphe. Ehrenmitglied der Akademien Berlin und Wien; zahlreiche Orden, etc. Sein Leben von Führich (1871 Leipzig), Holland (1873 Stuttgart), Müller (1873 Eisenach).
Allgemeines Künstler-Lexicon. Leben und Werke der berühmtesten bildenden Künstler. Herausgegeben von Hans Wolfgang Singer. Vierter Band. Frankfurt am Main, 1901.
Schwind Moritz, von, 1804 (Wien) – 1871, Historienmaler, Zeichner und Akademieprofessor; Schüler von L. F. Schnorr von Carolsfeld in Wien, kam Sch. 1828 nach München, um bei P. von Cornelius zu studieren; nachdem er an der Ausschmückung von Bauten Ludwigs I. mitgewirkt und zur Ausmalung von Hohenschwangau Entwürfe geliefert hatte, reiste er 1832 nach Rom, ohne dort nachhaltige Eindrücke zu gewinnen; nach München zurückgekehrt, malte er den Saal Rudolfs von Habsburg im Königsbau der Residenz aus, wirkte 1839/44 in Karlsruhe und dann kurz in Frankfurt; 1847 wurde Sch. Professor an der Münchner Akademie; er, der Hauptmeister der deutschen Spätromantik, ist in seinen Wandbildern (München-Residenz, Karlsruhe-Kunsthalle und Ständehaus, Wartburg, Wiener Opernhaus u. a.), die, obwohl nicht ganz frei von Schwächen (Hohenschwangau), koloristisch wie stimmungshaft individuelle Züge zeigen, den Nazarenern bedeutend überlegen; sein Bestes und Bleibendes aber gab Sch. in seinen Tafelbildern (zyklische Kompositionen und Einzelbilder, Stoffe meist aus deutschen Märchen, Dichtung und Volkslied), besonders in Ölbildern, in denen romantischer Zauber der Landschaft, Innigkeit und ungesuchte Schlichtheit mit viel Naturbeobachtung sich paaren; ein Großteil seiner Ölgemälde ging beim Brand des Münchner Glaspalastes (1931) zugrunde.
Hauptwerke: Wandbilder: Genovefa im Tiecksaal der Münchner Residenz, Leibliche Werke der Barmherzigkeit auf Wartburg, Fresken in der Pfarrkirche von Bad Reichenhall, Tafelbilder: Huldigung der Künstler an Maria, ehemaliger Hochaltar der Münchner Frauenkirche, St. Wolfgang (in der Schack-Galerie), Kartons zu Glasfenstern für Kirchen in Glasgow und London; Werke herausgegeben von O. Weigmann, 1906.
© Dr. phil. Max Joseph Hufnagel: Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München. Zeke Verlag; 4. Auflage. Würzburg, 1983.