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17 – 2 – 23 (Habenschaden)

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Die Grabinschrift ist nicht erhalten

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Sebastian Habenschaden

* 29.3.1813 (München)
† 7.5.1868 (München)
Landschaftsmaler, Modelleur, Porzellanmaler, Radierer und Zeichner

Universal-Handbuch von München (1845)

Habenschaden, Sebastian,

geboren im Jahre 1813 zu München, lernte Anfangs die Zeichnungskunst bei dem kgl. Inspektor Adler, und besuchte sodann die Akademie. Er wählte sich das Genrefach in Landschaften und Thieren, und besuchte zu seiner Ausbildung Italien. Oelgemalde von diesem tüchtigen Künstler befinden sich in Petersburg, Schweden, Wien, Prag, Stuttgart, zwei vorzügliche kleine besitzt der Maler Stranzinger in München.

Universal-Handbuch von München. München, 1845.

Die Deutschen Maler-Radirer (1872)

Habenschaden, als Thier- und Landschaftsmaler in weiten Kreisen geachtet, erblickte in München den 29. März 1813 das Licht der Welt. Sein Lebensgang ist sehr einfach, denn seine ganze Thätigkeit war still und anspruchslos der Kunst geweiht. Er war der Sohn eines biedern und kenntnissreichen städtischen Beamten und erhielt eine streng religiöse rechtschaffene Erziehung.

In die Kunst ward er durch den Schmelzmaler Chr. Adler eingeführt, und seine weitere Ausbildung erhielt er (um 1829) auf der Akademie. Er bestimmte sich für das Thierfach. Die Natur des Waldes, das Leben unserer heimischen Thiere hatten ihn von Jugend auf zu fleissigen Beobachtungen angeregt, sein Vater, selbst ein eifriger Freund der Naturwissenschaft, scheint diese Neigung, die mit den Jahren zu einem ausgebreiteten Wissen und Kennen führte, nicht ungern gesehen und genährt zu haben.

Bereits seine ersten Arbeiten, mit welchen er in die Reihe der selbstständig wirkenden Künstler eintrat, beurkundeten eine entschiedene künstlerische Begabung und erwarben ihm den Beifall der Kunstgenossen, welcher sich in dem Maasse steigerte, als es ihm gelang, allmälig die Mängel der Technik zu beseitigen.

Dem stillen Weben der Natur in Wald, Feld und Gebirg, dem mannigfaltigen Leben der Thiere in unserer Umgebung und im Freien waren seine Studien geweiht, die er vorzugsweise in den näheren und entfernteren Umgebungen Münchens, in den bayerischen und tiroler Alpen machte.

Im Anfange der vierziger Jahre (1840–41) war Habenschaden bereits auf einer Stufe angelangt, welche ihm erlaubte zu seiner weiteren Ausbildung eine Reise nach Italien zu unternehmen. Aber der Künstler vermochte sich für die Erscheinungen, welche ihm dort entgegen traten, nicht zu erwärmen. Weder die Reste der classischen Kunst noch die landschaftlichen Schönheiten und malerischen Trachten der Bewohner konnten ihn die waldigen Hügel, die stillen Thäler des bayerischen Oberlandes vergessen lassen. Er kehrte mehr verstimmt als gehoben aus dem Lande der Farben und Töne zurück und es bedurfte längere Zeit, bis er die verwirrenden Eindrücke überwunden und zur gewohnten Thätigkeit sich wieder gesammelt hatte.

Habenschaden war ein fleissiger und strebsamer Künstler, er hat eine grosse Reihe Werke hinterlassen, nicht blos in der Malerei, sondern auch in der plastischen Thierbildnerei, die seinen Namen weit über Deutschlands Grenzen hinausgetragen haben. In allen seinen Schöpfungen spricht sich ein schlichtes und doch warm empfundenes Naturgefühl aus, er dringt stets nach der Tiefe vor, die blosse Körperlichkeit genügt ihm nicht, vielmehr ist es die Thierseele, die ihn zu adäquaten künstlerischen Bildungen reizt.

Habenschaden stand einsam im Leben, er war nicht verheirathet. In derselben Weise, wie er uns als Künstler entgegen tritt, still, anspruchslos, so gab er sich auch als Mensch, aber inniger, tiefer. Die äusseren Erscheinungen im Leben berührten ihn wenig, für seine Freunde aber hatte er ein warmes Herz und für das seinen Leistungen verwandte Schöne einen offenen begeisterten Sinn. Von seiner Herzensgüte giebt seine letzte Verfügung, durch welche er den Münchener Künstlerunterstützungsverein zum Universalerben seines bedeutenden Nachlasses einsetzte, einen rührenden Beweis.

Seit dem Sommer 1867 kränkelnd, blickte er dennoch, voller Entwürfe und nicht an ein nahes Ende glaubend, ruhig in die Zukunft, aber leider verschlimmerte sich sein Leiden mehr und mehr und den 7. Mai 1868 riss ihn der Tod im 55. Lebensjahr hinweg, nachdem ihm seine hochbetagte Mutter kurz zuvor vorangegangen war.

Seine Bilder durchwanderten Deutschland auf den verschiedenen Kunstausstellungen, der grösste Theil blieb jedoch in seiner engeren Heimat; wir nennen: Kühe auf der Weide, Nürnberger Ausstellung 1838, – Sennerin über einen Steg gehend, im Bach Kühe, bekannt durch die Originalradirung (Leipziger Ausst. 1847), – Heuernte, angekauft vom Prager Kunstverein 1850, – Eine Alpe, vor der Hütte Sennerinnen mit einem Buch 1844, – Landleute auf dem Feld, – Ein Morgen auf dem Lande, – Viehheerde, angekauft vom Münchener Kunstverein 1851, 54 und 57, – Förster und Hirt mit seiner Heerde, – Eine Alpe, – Ein Morgen im Gebirg, angekauft von demselben Verein 1859, 60 und 62, – Eine Sennerin mit Kühen, – Vorbereitung zum Abzug von der Alpe, auf der allgemeinen deutschen Kunstausstellung in München 1854, – Eine Alpe an der Benedictenwand, – Flache Moosgegend mit Schnepfenjagd, – Ein von der Abendsonne beleuchteter Hohlweg, – Eisenbahnbau durch den Wald, angekauft vom Münchener Kunstverein 1864, 65, 67 und 68.

Wenn Habenschaden auf der Palette nicht die Mittel fand seinen Gedanken einen entsprechenden Ausdruck zu geben, dann griff er zum Thon oder Wachs und dem Bossierholz. So entstanden jene schönen Thierfiguren, welche seinen Namen in fast noch weiteren Kreisen bekannt machten als seine Bilder. »Bald ist es ein spitzschnautziger Fuchs der, auf einem Baumstrunck sitzend, auf ein fernes Geräusch horcht und dabei seinen schlauen Kopf mit unnachahmlicher Grazie etwas zur Seite neigt, bald ist es eine Füchsin die mit ihren Jungen sich herumbalgt, bald ein Esel der mit stoischer Ruhe seiner Bestimmung entgegen sieht, bald sind es muntere Häschen die ihre komischen Sprünge machen, bald ist es ein zierliches Reh das in rhythmischen Bewegungen einherschreitet, dann wieder ein stattlichser Hirsch, wie zum Kampf gerüstet, oder ein struppiger Eber mit scharfen Hauern – aber überall begegnen wir dem feinsten Verständniss der Natur des Thieres und seiner Formen, überall einer genialen Auffassung und einer geistreichen Behandlung, die nie zu wenig, aber auch nie zu viel giebt.« So berichtet ein Augenzeuge von Habenschaden’s plastischer Thätigkeit in den Dioskuren 1860. Es kam ihm dabei sehr zu Statten, dass er mit Pinsel und Stift umzugehen verstand, indem er mit der Ruhe der Plastik ein in den geeigneten Grenzen gehaltenes malerisches Element zu verbinden fähig war.

Habenschaden’s Radirungen sind reine Erzeugnisse des malerischen Gefühls; da er sich fast gar nicht der Hülfsmittel der Kupferstecher, des Grabstichels und der kalten Nadel bediente, so tragen sie alle vorwiegend den frischen ursprünglichen Charakter des Aetzdrucks in gefälliger Weichheit mit einer gewissen Breite, durch welche die Radiernadel des Malers sich kennzeichnet.

Dr. phil. Andreas Andresen: Die Deutschen Maler-Radirer (Peintres-Graveurs) des neunzehnten Jahrhunderts, nach ihren Leben und Werken. Leipzig, 1872.

Allgemeine Deutsche Biographie (1879)

Habenschaden: Sebastian H., Landschaft- und Thiermaler, Radirer und Modelleur, geboren 1813 zu München, lernte erst bei dem Porzellanmaler Chr. Adler, besuchte dann die Akademie, wendete sich aber, nach einem vergeblichen Anlauf zur Historienmalerei, ganz dem Genrefach in Landschaft und Thieren zu, wobei das Studium der Natur und das Beispiel seiner Zeitgenossen P. Heß und H. Bürkel ihm Lehrmeister und Vorbild blieben.

Habenschaden’s Bilder bewegen sich in einem kleinen Kreise: es ist der sonnige Tagesanbruch auf der Alpe, wo das fröhlich brüllende Thier dem Stall entspringt, prächtige Farren, meckernde Ziegen und lustige Böcklein. Oder er schildert die zerstreute, wiederkäuende Heerde im hohen saftigen Grase bei des Mittags lastender Schwüle; dann das stämmige Sennenvolk am hochlodernden Feuer in der Almenhütte, nebst Citherklang und Singsang bei älplerischen Tanzfreuden. Gerne führt er den Beschauer auch zum abendlichen Pirschgang durch den Wald, zu Entenfall und Auerhahnfalz. Immer aber war des Malers Herz voll festlicher Freude und jubelte sichtbar der immerschönen Natur entgegen, bisweilen auch voll schalkischen Humors, wenn eigenwillige Geislein dem Hirten Aerger bereiten oder breitgehörnte Widder turniren, und ein graues Langohr mit widerspenstiger Beharrlichkeit seine Hinterlistigkeiten in Scene setzt.

Habenschaden’s Zeichnung war streng und correct, seine Farbe schlicht und wahr. Außer altbairischen Culturbildern hegte H. besondere Vorliebe für italienisches Leben, welches er auf wiederholten Reisen studirt hatte. Von da führte er gerne die langgestreckte Campagna vor Augen, mit den blauen Hügelketten und dem ganzen Zauber ihrer Linien und Farbenreize, mit Aquäducten und großgehörnten Büffelheerden. Eine andere, ganz originelle Thätigkeit entfaltete H. als Modelleur. Das sind die köstlichsten Cabinetstücke seiner kleinen Thiergruppen, Katzenfamilien oder jene lauernden Füchslein, kletternde Ziegen, seine Hirsche und Rehe, seine humoristischen Grauohre, Störche, Dachshunde und anderes Gethier, welche voll lebenathmender Wahrheit nach Habenschaden’s Wachsmodell in Gyps- oder Erzguß (erstere noch bei G. Geiler) in die Welt gingen und den Namen ihres Meisters weiter trugen als seine Oelgemälde. Außerdem schuf er köstliche Pokale und anderen Tafelschmuck für Sänger und Jäger, auch entstanden unter seinen leichtformenden Händen allerlei andere, phantastische Gebilde aus naturwüchsigem Wurzelwerk und knorrigen Aesten, welche beinahe im Style jenes wunderlichen Florentiners Piero da Cosimo, als urweltliche Tafelaufsätze, Wandleuchter und Lustres jeden Beschauer mit ihrer neckischen Genialität überraschten.

Ein hervorstechender Zug seines seelenguten Gemüthes war, daß H. für edle Zwecke großmüthig keine Opfer an Zeit und Mitteln scheute, während er für sich selbst sparsam und fast knauserig lebte. Der »Künstler-Unterstützungs-Verein« fand an ihm einen begeisterten Wohlthäter. Zu den fröhlichen Carneval- und Maifesten arbeitete H. immer wochen- und monatelang voraus, wurde nicht müde von seinen Freunden Handzeichnungen, Skizzen, Bilder, Stiche, Holzschnitte und andere Dinge zu sammeln, um eine Lotterie zu etabliren, deren reiner Ertrag jedesmal dieser Anstalt anheimfiel. Diesen Verein setzte H. auch testamentarisch ein zum Erben aller seiner Sammlungen, ebenso seines müheselig und arbeitssam erworbenen, nicht unbedeutenden Vermögens. Er starb 1868 am 7. Mai; dieser Tag wird seither alljährlich von der Künstlerschaft mit einer ehrenden Gedächtnißfeier in dem benachbarten Pullach begangen.

Vgl. Raczynski, II. 364. Kunstvereins-Bericht f. 1868, S. 51, und Andresen, Die deutschen Maler-Radirer des XIX. Jhrh., 1869, III. 193–202, wo auch das Verzeichniß von Habenschaden’s Radirungen.

H. Holland.

Dr. phil. Hyazinth Holland: Allgemeine Deutsche Biographie. Leipzig, 1879.

Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München (1983)

Habenschaden Sebastian, 1813 (München) – 1868, Landschaftsmaler und Modelleur; zuerst Porzellanmaler, besuchte H. die Münchner Kunstakademie, wo er Schüler von P. von Hess und H. Bürkel war; er malte vor allem Szenen aus dem Alpenleben, altbayerische und italienische Kulturbilder, lieferte Handzeichnungen und Radierungen und modellierte Tierfiguren, vor allem für Weihnachtskrippen, Pokale und Tafelschmuck; H. ist streng korrekt in der Zeichnung, seine Farben sind schlicht und originell; von ihm stammt die »Stiftung zum besten der Künstler«.

Hauptwerk: Tagesanbruch auf der Alpe.

© Dr. phil. Max Joseph Hufnagel: Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München. Zeke Verlag; 4. Auflage. Würzburg, 1983.



© Reiner Kaltenegger · Gräber des Alten Südfriedhofs München · 2007-2025


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