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17 – 10 – 8* (Schnezler)

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Das Grab ist nicht erhalten

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August Schnezler

August Palmer (ps)
* 4.8.1809 (Freiburg im Breisgau)
† 11.4.1853 (München)
Stadtdirektors-Sohn / Schriftsteller

Die Deutschen Dichter der Neuzeit (1852)

August Schnezler

wurde den 4. August 1809 zu Freiburg im Breisgau geboren, wo sein Vater Stadtdirektor und Kreisrath war. Er genoß eine sorgfältige Erziehung und verdankt, neben seinem vortrefflichen Vater, die erste Anleitung zur Poesie dem ausgezeichneten Henne, zur Zeit Universitätsprofessor in Bern, der 1821 als sein Informator im väterlichen Hause wohnte.

Seine höhere wissenschaftliche Bildung erwarb sich Schnezler auf den Hochschulen zu Freiburg und München, wo 1833 die erste Sammlung seiner Gedichte erschien. Der Aufenthalt im »deutschen Athen« gab seinem Geiste reiche künstlerische Nahrung, sowie der Einfluß Oken’s, dessen Haus er fleißig besuchte, ihn zum eifrigen Studium der Naturphilosophie hinlenkte. Seither hielt er sich als Mitarbeiter an mehreren Zeitschriften, als Mitherausgeber des »rheinischen Odeon« (mit Ignaz Hub und Ferd. Freiligrath, 1837–40) und Redaktor des belletristischen Blattes »Gutenberg« (von 1842 bis Mitte 1844) nach einander in Heidelberg, Mainz, Frankfurt und Darmstadt auf, wandte sich dann nach Stuttgart und Karlsruhe, wo er sein dem Großherzoge von Baden gewidmetes »Badisches Sagenbuch« (2 Bde. 1846), die neue vermehrte Ausgabe seiner »Gedichte« (1846) und die »Badische Kammer, Auswahl der gediegensten Kammerreden etc.« (1847) dem Druck übergab. Im Jahre 1650 redigirte er die »Pfälzer Zeitung« und lebt nun in München.

Schnezler hat vornehmlich am Studium Goethe’s und Platen’s, dessen vollendet rythmischen Formen und feinem Tongefüge er sich äußerst gewandt anzuschmiegen versteht, sein schönes Talent gezeitigt. Das eigentliche Element seines poetischen Lebens bildet ein inniges, wahres Gefühl für die Natur, eine von aller falschen Sentimentalität unberührte Zartheit der Empfindung, naive Lebensanschauung und ein heiterer idyllischer Humor, der besonders aus seinen märchenhaften Darstellungen spricht. Er belauscht gerne das Lächeln seiner waldromantischen Muse, das er höchst anmuthig aufzufassen und zu veranschaulichen weiß.

Der Ernst des Erhabenen gelingt ihm weniger; hohe Begeisterung und Kühnheit der Gedanken eignen seiner milden Natur nicht, wohl aber mehr das Sinnige, Beschauliche; die Phantasie, das malerische Talent, bei ihm der Empfindung untergeordnet, ist nicht sehr farbenreich, aber doch frisch und blühend; die Sprache wohlklingend, die Behandlung des Stoffes nicht selten geistreich.

In seinen seit 1842 geschriebenen Zeitgedichten offenbart sich eine kräftig-gemüthliche Theilnahme an allen höheren Menschheitszwecken. Manche seiner melodiösen Lieder sind von anerkannten Tonmeistern, wie Vinzenz Lachner, Kalliwoda, Lindpaintner u. A., in Musik gesetzt.

Seine in verschiedenen Unterhaltungsblättern und Feuilletons mitgetheilten Novellen und Humoresken, seine kleinen Dramen und Lustspiele (darunter: »Quintin Messys,« – »der Riß zum Kölner Dom,« – das Lustspiel: 1999, u.s.w.) sind noch nicht gesammelt erschienen.

Ignaz Hub: Die Deutschen Dichter der Neuzeit. München, 1852.

Biographisch-literarisches Lexikon der katholischen deutschen Dichter, Volks- und Jugendschriftsteller im 19. Jahrhundert (1868)

Ferdinand Alexander August Schnezler
(pseud. August Palmer).

»Der vortreffliche Lyriker, Novellist und verdiente Sagensammler wurde den 4. August 1809 zu Freiburg im Breisgau geboren, wo sein mit Jacobi, Pfeffel und Hebel befreundeter Vater das Amt eines Stadtdirektors und Kreisraths bekleidete und 28 Jahre lang die mit einem Unterhaltungsblatte verbundene Freiburger Zeitung redigierte. Durch ihn und seine feingebildete Mutter, eine geborne von Picot-Puyssac, die Tochter einer französischen Emigrantenfamilie, erhielt der Knabe eine tüchtige, freilich aber etwas vornehme, mehr nach Seiten der Phantasie und des ästhetischen Genusses als des Charakters und der Pflicht gerichtete Erziehung; die Mutter führte ihn in die französische, sein Vetter und Informator J. A. Henne von Sargans in die Vorhallen der Poesie und Aesthetik ein.

Seine wissenschaftliche Bildung erlangte Schnezler auf dasiger Hochschule und zu München, hier vornehmlich durch L. Oken, in dessen Familienkreis er eingeführt war und dessen Vorträge ihn zum eifrigen Studium der Naturphilosophie hinlenkten. Statt der früher knabenhaft idealen, nebligen Naturvorstellung gewann er jetzt die sonnenhelle Anschauung durch dessen Naturgebäude. Was Goethe ihm als Lebensphilosoph und Dichter, das galt ihm Oken als Naturphilosoph. Ihm allein glaubte er später seine innere Ruhe und Harmonie, seine Seelenbefriedigung hinsichtlich des Zustandes nach dem Tode, fern von aller persönlichen Unsterblichkeitssucht, verdanken zu müssen.

Von 1833 – 38 arbeitete er zu Heidelberg, Mannheim und Karlsruhe als Postbeamter im badischen Staatsdienste. Aber Kunstbegeisterung, Wissensdrang, glühende Leidenschaft und Dienstzwang im »Kanzleiwüstensande«, der Druck eines heterogenen Standes, sie spalteten sein Wesen; unmächtig, seine eigene Flamme zu dämpfen, unfrei in Wille und Bewußtsein, von einer geheimnißvollen Macht umstrickt, betäubt und besinnungslos strenges Pflichtgefühl opfernd, ereilte ihn die Katastrophe, deren Vollwucht zwar der Beamte, nicht aber der Dichter erlag.

Er siedelte im Sommer 1840 nach Wiesbaden und (nach einigen Monaten) nach Mainz über, betheiligte sich als Mitarbeiter an verschiedenen Zeitschriften und legte durch seine komischen Beiträge den Hauptgrund zur Mainzer Faschingszeitung »Narhalla«. Von 1842 bis Mitte 1844 gab er in Darmstadt das Unterhaltungsblatt »Gutenberg« heraus. Er lebte hierauf abwechselnd in Stuttgart, Mannheim, Karlsruhe. Nach dem im März 1847 erfolgten Ableben seiner von ihm als »zärtlichste Muse« gefeierten Mutter, »mit der er den besten Leitstern für sein poetisches Streben verlor,« begab er sich nach Heidelberg, wo er viel mit Herm. Marggraff verkehrte. Seit Ende Dezember in Frankfurt, nahm er bald dichtend an der großen politischen Bewegung Theil, verfaßte einen humoristischen Wegweiser für die Mitglieder des Parlaments, lieferte Uebersetzungen ausländischer Journalartikel u. dergl.

Von August bis Oktober 1849 besorgte er zu Mannheim die Leitung des »Badischen Merkur«, wurde wegen eines der Köln. Zeitung entnommenen Artikels, eines im Badischen damals nicht kriegsrechtlich verbotenen Blattes, zu zweiwöchentlicher Haft verurtheilt, wovon er jedoch nur drei Tage in einer Zelle auf der Hauptwache verbüßte, und sah sich überdies von dem Verleger des Blattes um den größten Theil des Honorars betrogen. Um bittere Erfahrungen und Enttäuschungen reicher, übernahm er im Mai 1850 die Redaktion des »Vogesenboten« in Landau, den er bald nachher in die »Pfälzer Zeitung« umtaufte; von Neujahr bis Mai 1851 ließ er sich als Expeditor und Korrektor bei der Kasseler Zeitung verwenden, worauf er, aller Politik und journalistischen Plackereien überdrüssig, mit den besten Hoffnungen von der Fulda an die Pleiße sich wandte, um für seine gesammelten Novellen und Humoresken, sowie für eine gnomische Anthologie einen Verleger zu finden. Der Erfolg war jedoch kein tröstlicher; ein rauher Windstoß des Schicksals führte ihn nach Frankfurt zurück, wo nunmehr, wie er selbst schreibt, der düstere Abschnitt, »eine wahre Sonnenfinsterniß seines Lebens« begann.

Bei seinem beschaulichen und bequemen Naturell fehlte ihm die rechte Willensstärke sich irgendwie geltend zu machen; Sorgen und Noth erschlafften seinen Geist, statt ihn zu stählen. Durch Noth und Klippen sich windend, verließ der Dichter im Herbst 1851 die Stadt der Geldaristokratie. Angenehme Jugenderinnerungen zogen ihn nach München, wo er im September eintraf. Es gelang ihm mit Beihilfe der Freunde, die Redaktion des »Münchener Tagblattes« zu erhalten, wozu er ein »Sonntagsblatt für Ernst und heitere Laune« gründete; allein der Zustände und Verhältnisse unkundig, mußte er dieselbe schon zu Ostern 1852 andern Händen überlassen. Die beabsichtigte Herausgabe eines humoristischen Blattes (Münchhausener Zeitung) mißlang; für seine Schriften fand sich kein Verleger. Er hoffte Rettung aus seiner Zerfallenheit in Franken, vielleicht in den rebengoldumkränzten Thälern seiner alemannischen Heimath, nach der seine Seele schmachtete, und hatte bereits Anstalten zur Abreise getroffen, als ihn eine bösartige Krankheit auf’s Lager warf, der er nach wenigen Tagen, in der Nacht auf den 11. April 1853 erlag.

Das eigentliche Element seiner poetischen Individualität bildet ein wahres, inniges Naturgefühl und, in seiner frischern Periode, eine kerngesunde Anschauung des Lebens und der Dinge. Dazu gesellt sich die Würze eines ebenso kräftigen als liebenswürdigen Humors. Daneben sind aber auch die dumpferen Saiten des Pathetischen und Schauerlichen-Ernsten angeschlagen. Ein Hauptingrediens seiner seelenvollen Poesie ist die menschlich schöne innere Bildung; der Dichter sucht die Gegensätze des Lebens im höhern Lichte seines Gemüths zu vermitteln und zu versöhnen. Am reichsten und eigenthümlichsten sprudelt, bei oft üppig reicher Phantasie, Schnezlers humoristische Ader, nur dann und wann satyrisch quellend, in den Novellen und dramatischen Spielen.« Hub, D. Balladen- und Romanzen-Dichter 3. 96.

»Schnezler ist namentlich als lyrischer Dichter bei weitem nicht so bekannt, wie seine trefflichen Leistungen es verdienen. Mit der glücklichsten Herrschaft über Sprache und Form verbindet er seltenen Wohllaut, Reichthum an schönen und treffenden Bildern, Fülle der Gedanken, tiefes warmes Gefühl, die heiterste Laune und schlagenden Witz.« Wolfs 8, 398.

»Ein reiches Talent, ausgezeichnet in der naiven Behandlung märchenhafter Stoffe.« Gödeke, Deutschlands Dichter von 1813–43. S. 80.

»Seine »Gedichte« enthalten bald zartgefühlte, bald heitere Lieder in volksmäßigem Ton. Ganz vortrefflich sind die humoristischen Gedichte, welche die Lächerlichkeiten des alltäglichen Lebens mit vielem Glück verspotten, und ebenso gelungen sind seine Sagen.« Kurz 4, 31 (gibt 1844 als Todesjahr an).

Seine katholisch-kirchliche Gesinnung zu einer gewissen Zeit spricht sich in folgenden Versen aus: „So lange nicht frei die Gewissen Im Reiche der Religion; So lange wir nicht ganz uns gerissen Vom siebengehügelten Thron; So lange nicht Kirche und Staat sind Ein innig verschmolzener Bund; So streun wir die köstlichste Saat blind In einen unsicheren Grund.«

Hub, K. Lit. 3, 396. Scriba 2, 658. Hillebrand 3, 533. Bayer. Annalen München, 13. April 1833. Menzels Literaturblatt 1833, Nr. 56; 1846, Nr. 55, 61. E. Münch, Memoiren III. 1838. Der Pilot, herausgegeben von Th. Mundt. Hamburg 1842, Nr. 12. A. Nodnagel in der Frankfurt. Didaskalia 1846, Nr. 230. Augsburger Allg. Zeitg. 1846, Beil. zu Nr. 313. J. B. Goßmann, Latein., deutsche und griechische Verslehre. Regensburg 1853, S. 149, 155. H. Marggraff im Bremer Sonntagsblatt 1853, Nr. 35. Heinr. Schreiber, Geschichte der Stadt Freiburg 1857, Lief. 3, 207.

Gedichte. München 1833. 2. A. Karlsruhe 1848. N. A. Karlsruhe 1853, Freiburg 1854. – Rheinisch. Obeon. (Mit Freiligrath und Hub.) Coblenz 1836. 38. 41. – Gutenberg. Unterhaltungsblatt zur Belehrung für Stadt und Land. Darmstadt 1842–43. – Der Riß zum Cölner Dom. Dramat. Festspiel. Das. 1842. – Badisches Sagenbuch. Karlsruhe 1846–47. 2 Bde. – Aurelia’s Zauberkeis. Die schönsten Sagen nnd Geschichten der Stadt Baden und ihrer Umgegend. Karlsruhe 1846. – Die badische Kammer. Eine Auswahl der gediegensten Redeen etc. Karlsruhe 1846. – Des Lebens Dämonen. Novellenkranz. Karlsruhe 1847. – Vergißmeinnicht. Illustr. Wegweiser durch Frankfurt mit lyrisch. Texte. Frankfurt 1848. – Novellen, Gedichte, kleine Dramen in Zeischriften und Almanachen. – Starker literar. Nachlaß.

Joseph Kehrein: Biographisch-literarisches Lexikon der katholischen deutschen Dichter, Volks- und Jugendschriftsteller im 19. Jahrhundert. Zürich, Stuttgart und Würzburg, 1868.

Deutsches Dichter-Lexikon (1876/1877)

Schnezler, Ferdinand Alexander August, wurde am 4. August 1809 zu Freiburg im Breisgau geboren, wo sein Vater Stadtdirektor und Kreisrath war. Durch ihn und durch seine feingebildete Mutter erhielt der Knabe eine tüchtige, freilich etwas vornehme, mehr nach Seiten der Phantasie und des ästhetischen Genusses als des Charakters und der Pflicht gerichtete Erziehung. Die Mutter führte ihn in die französische Sprache und Literatur, sein Vetter und Informator J. A. Henne (s. d.) in die Vorhallen der Poesie und Aesthetik ein. Seine wissenschaftliche Bildung erlangte Schnezler auf den Universitäten Freiburg und München, wo er neben Philosophie und Geschichte besonders auch unter Oken Naturphilosophie studierte. Der Aufenthalt in letzterer Stadt regte ihn auch zu dichterischer Produktion an, und bereits am Schlusse seiner akademischen Laufbahn veröffentlichte er einen Band Gedichte. Darauf trat er in den badischen Staatsdienst und arbeitete von 1833 bis 1838 als Postbeamter in Heidelberg, Mannheim und Karlsruhe. Aus demselben entlassen, suchte er sich zu einer würdigen literarischen Stellung Bahn zu brechen und siedelte im Sommer 1840 nach Wiesbaden und Mainz über, sich an verschiedenen Zeitschriften betheiligend. Von 1842 bis Mitte 1844 gab er in Darmstadt das UnterhaltungSblatt »Gutenberg« heraus, lebte dann abwechselnd in Stuttgart, Mannheim und Karlsruhe, wo er den »Gesellschafter« zur Karlsruher Zeitung schrieb. Nach dem im März 1847 erfolgten Ableben seiner Mutter, »mit der er den besten Leitstern für sein poetisches Streben verlor«, siedelte er im Dezember nach Frankfurt über, wo er viel mit Hermann Marggraff verkehrte, besorgte ein Vierteljahr lang 1849 in Mannheim die Leitung des »Badischen Merkur«, übernahm im Mai 1850 die Redaktion des »Vogesenboten« in Landau und ging im folgenden Jahre erst nach Kassel und dann nach Leipzig. Trotz der günstigsten Empfehlungen war es ihm nicht möglich, für seine humoristischen Schriften einen Verleger zu finden. Enttäuscht, durch Noth und Klippen sich windend, begab er sich im Herbst 1851 nach München, wo es ihm mit Hilfe seiner Freunde gelang, die Redaktion des »Münchener Tageblatts« zu erhalten, wozu er ein »Sonntagsblatt für Ernst und heitere Laune« gründete. Allein der Zustände und Verhältnisse unkundig, mußte er dieselbe schon Ostern 1852 andern Händen überlassen. Eben im Begriff, nach Franken überzusiedeln, raffte ihn der Tod am 11. April 1853 dahin.

D.: Ouintin Messis. Schausp. in 1 A. und: Der Einsiedler. Dramat. Legende. (Beide abgedruckt in Dvr. A. Henne's Schweizerblättern, r. Monatsschrift. Jahrg. l. St. Gallen 1832.) – Gedichte. München 1833. 2. stark verm. Aufl. Karlsr. 1846. – Neunzehnhundert neun und neunzig. Lustsp. in 1 A. (in der »Mitternachtszeitung für gebildete Leser«. Braunschw. 1840.) – Der Riß zum Kölner Dom. Festspiel in 1 A. Darmst. 1842. – Adam und Eva. Fastnachtsspiel in 1 A. (in den »Düsseldorfer Monatsheften« 1855.) – Ungedruckt: Vereinswuth. Lustspiel in 3 A. 1838. – Simson II. Philister- u. Studentenspiel. Bruchstück, 1839. – Die verlorne Novelle. Romant. Lustsp. in 3 A 1839. – Die Wahnsinnigen. Posse in 2 A. 1839. – Anaximander. Lustsp. n. d. Franz des Andrieur. 1839. – Des Lebens Irrlichter. Novellen und Humoresken. – Kleinodienbuch der deutschen Spruch-, Lehr- und beschaulichen Dichtung. – Gott im Feierkleide deutscher Dichtung. Sammlung.
Verm.: Badisches Sagenbuch. Eine Sammlung der schönsten Sagen, Geschichten, Märchen u. Legenden des badischen Landes; II. Karlsr. 1846. – Aurelia's Zauberkreis. Die schönsten Geschichten, Sagen und Legenden der Stadt Baden... Ebd. 1847. – Vergißmeinnicht. Illustrierter Wegweiser durch Frankfurt a. M. (Mit lyrischem Text.) Frkf. 1848.

Franz Brümmer: Deutsches Dichter-Lexikon. Biographische und bibliographische Mittheilungen über deutsche Dichter aller Zeiten. Unter besonderer Berücksichtigung der Gegenwart. Eichstätt & Stuttgart, 1876/1877.

Allgemeine Deutsche Biographie (1891)

Schnezler: Ferdinand Alexander August S., verdienter Lyriker, Novellist und Sagensammler, wurde am 4. August 1809 zu Freiburg im Breisgau geboren, wo sein Vater das Amt eines Stadtdirectors bekleidete und nebenher durch 28 Jahre die mit einem Unterhaltungsblatt verbundene »Freiburger Zeitung« redigirte.

Durch ihn und seine feingebildete Mutter, die einer französischen Emigrantenfamilie angehörte, erhielt S. eine tüchtige, obwohl etwas vornehme, mehr nach Seiten der Phantasie und des ästhetischen Genusses als des Charakters und der Pflicht gerichtete Erziehung; die Mutter führte ihn in die französische Sprache und Litteratur, sein Vetter und Informator J. A. Henne von Sargans, der spätere Universitätslehrer in Bern, in die Vorhallen der Poesie und Aesthetik ein. Die geselligen Zirkel des elterlichen Hauses, zu dem alle in Freiburg lebenden Litteratur- und Kunstfreunde Zutritt hatten, gaben überdies seinem Geiste die mannigfachste Anregung, wie auch der Blick auf die herrliche landschaftliche Scenerie der Vaterstadt seinem für Naturschönheit empfänglichen Sinne immer frische Nahrung entgegenbringen mußte.

Seine Studien machte S. in Freiburg und in München, hier besonders unter Oken, in dessen Familienkreis er eingeführt war, und dessen Vorträge ihn auf ein eifriges Studium der Naturphilosophie hinlenkten. Der Aufenthalt in der bairischen Hauptstadt erhöhte auch die Quellkraft seiner poetischen Ader, und als er seine Studien dort beendet, gab er bei seinem Scheiden die erste Sammlung seiner »Gedichte« (1833) daselbst heraus, wovon eine zweite, stark vermehrte Auflage 1846 in Karlsruhe erschien. S. ist als lyrischer Dichter bei weitem nicht so bekannt geworden, wie seine vortrefflichen Leistungen es verdienen. »Manche seiner seelenvollen, frühlingsfrischen und duftigen, fast alle Töne des Dichtergemüths reich und oft eigenthümlich anschlagenden Lieder, voll musikalischer Klangschöne, die sich auch durch sittlichen Ernst auszeichneten, stellen sich den Schöpfungen seiner Vorbilder Platen und Goethe nicht unwürdig zur Seite. Das eigentliche Element seiner poetischen Individualität bildet ein inniges wahres Naturgefühl und, in seiner frischeren Periode, eine kerngesunde Anschauung des Lebens. Dazu gesellt sich die Würze eines ebenso kräftigen als liebenswürdigen Humors, der sich oft in überraschender Weise geltend macht, zum Theil auch in seinen Märchenbildern, worin seine waldromantische Muse in träumerisch-reizender Naivetät uns entgegenlächelt.«

Von 1833 bis 1838 arbeitete S. zu Heidelberg, Mannheim und Karlsruhe als Postbeamter im badischen Staatsdienste. Aber Kunstbegeisterung und Wissensdrang einerseits und Dienstzwang und der Druck eines heterogenen Standes andererseits spalteten sein Wesen; ohnmächtig, seine eigene Flamme zu dämpfen, unfrei in Wille und Bewußtsein, betäubt und besinnungslos strenges Pflichtgefühl opfernd, ereilte ihn die Katastrophe, deren Vollwucht zwar der Beamte, nicht aber der Dichter erlag. Ausgerüstet mit einem Schatze vielseitiger Kenntnisse, siedelte er, um sich zu einer würdigen litterarischen Stellung Bahn zu brechen, im Sommer 1840 nach Wiesbaden und einige Monate später nach Mainz über, wo er sich als Mitarbeiter an verschiedenen Zeitschriften betheiligte und durch seine komischen Beiträge den Hauptgrund zur Mainzer Faschingszeitung »Narrhalla« legte.

Von 1842 bis Mitte 1844 gab er in Darmstadt »Guttenberg. Ein Unterhaltungsblatt für Stadt und Land« heraus, veröffentlichte hier auch sein dramatisches Festspiel »Der Riß zum Kölner Dom« (1842). Hierauf lebte er abwechselnd in Stuttgart, Mannheim, Karlsruhe, veröffentlichte hier seine beiden großen, mit verdientem Beifall aufgenommenen Sagensammlungen »Badisches Sagenbuch« (1846), die das gesammte badische Land berücksichtigte, und »Aurelia’s Zauberkreis« (1847), die nur die Sagen und Legenden der Stadt Baden und ihrer nachbarlichen Thäler enthielt.

Nach dem im März 1847 erfolgten Ableben seiner Mutter, die er stets als seine »zärtlichste Muse« gefeiert hatte, begab er sich erst nach Heidelberg und im December nach Frankfurt a. M., wo er bald dichtend an der großen politischen Bewegung theilnahm, sein humoristisches »Vergißmeinnicht. Illustrirter Wegweiser durch Frankfurt a. M.« (1848; mit lyrischem Text) verfaßte, Uebersetzungen ausländischer Journalartikel lieferte und für verschiedene Zeitschriften als Novellist thätig war.

Von August bis October 1849 besorgte S. zu Mannheim die Leitung des »Badischen Merkur«; hier wurde er wegen eines der Kölnischen Zeitung entnommenen Artikels zu zweiwöchentlicher Haft verurtheilt, wovon er jedoch nur drei Tage verbüßte, und sah sich überdies von dem Verleger des Blattes um den größten Theil seines Honorars betrogen. Um bittere Erfahrungen und Enttäuschungen reicher, übernahm er im Mai 1850 die Redaction des »Vogesenboten« in Landau, den er bald nachher in die »Pfälzer Zeitung« umtaufte; von Neujahr bis zum Mai 1851 fand er als Expeditor und Corrector bei der »Kasseler Zeitung« Verwendung, dann aber wandte er sich, aller Politik und journalistischen Plackereien überdrüssig, nach Leipzig, um hier für eine Sammlung seiner Novellen und Humoresken einen Verleger zu suchen. Aber trotz der Empfehlungen eines Vilmar, Wackernagel, Düntzer u. a., trotz des poetischen Werthes, den seine Arbeiten in sich trugen, blieben seine Bemühungen erfolglos, und mißmuthig kehrte er nach Frankfurt zurück, wo nunmehr, wie er selbst berichtet, »eine wahre Sonnenfinsterniß seines Lebens« begann.

Bei seinem beschaulichen und bequemen Naturell fehlte ihm die rechte Willensstärke, sich irgendwie geltend zu machen; Sorgen und Noth erschlafften seinen Geist, anstatt ihn zu stählen. Er verließ im September 1851 die Stadt der Geldaristokratie und ging nach München, wohin ihn angenehme Jugenderinnerungen zogen. Mit Beihülfe seiner Freunde gelang es ihm, die Redaction des »Münchener Tageblatts« zu erhalten, wozu er ein »Sonntagsblatt für Ernst und heitere Laune« gründete; allein der Zustände und Verhältnisse unkundig, mußte er dieselbe schon zu Ostern 1852 andern Händen überlassen. Die nun beabsichtigte Herausgabe eines humoristischen Blattes mißlang; für seine Schriften fand sich kein Verleger; und so wollte er denn wieder in seine alemannische Heimath zurückkehren, als ihn eine bösartige Krankheit aufs Lager warf, der er nach wenigen Tagen, in der Nacht auf den 11. April 1853, erlag.

Hub, Deutschlands Balladen- u. Romanzendichter, III, S. 96.

Franz Brümmer: Allgemeine Deutsche Biographie. Leipzig, 1891.



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