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Hr. Aurelio Buddens
gest. den 1. April 1880.
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* 1819 (Altenburg)
† 1.4.1880 (München)
Schriftsteller
Geographische Nekrologie. Todesfälle.
Dr. Aurelio Buddens.
Ohne im mindesten vorbereitet zu sein, überraschte uns zu Anfang des gegenwärtigen Monats die Trauerbotschaft von dem Ableben eines unserer bewährtesten Mitarbeiters und persönlichen Freundes, mit dem wir kurze Zeit vorher noch einige Abendstunden im Kreise der Münchener Geographischen Gesellschaft zugebracht hatten. Dr. Aurelio Buddens verschied zu München am 1. April l. J. Abends 6½ Uhr sanft nach viertägigem schmerzhaften Krankenlager.
Aus hochangesehener Familie stammend, die unter Ludwig XIV. um ihres Glaubens willen aus Frankreich vertrieben wurde, und eine Reihe namhafter Gelehrten, besonders Theologen und Juristen, hervorbracht, ward A. Buddens im Jahre 1819 in Altenburg geboren. Sein Vater lebte dort als Advocat, kam aber 1822 nach Gera, wo er später die Stelle eines Consistorialrathes einnahm. Die Mutter Aurelio's, eine echt deutsche Hausfrau, mit jeder Bildung des Herzens und Geistes versehen, wirkte segensvoll auf die Erziehung des Knaben ein. Nachdem Buddens an den Gymnasien zu Gera und Leipzig und dann an der Universität in Leipzig und Wien studiert hatte, widmete er sich der Medicin, promovirte als Doctor medicinae und ging dann als Privatarzt mit einer kurländischen adeligen Familie nach Rußland. Schon damals kam der Drang nach schriftstellerischer Thätigkeit bei ihm zum Durchbruch. Besonderes Aufsehen erregten seine, theils in jener Zeit, theils später erschienenen, auf die russischen Zustände bezüglichen Schriften: »Petersburg im kranken Leben« (Stuttg. 1846), worin die socialen Zustände der russischen Hauptstadt gegeißelt werden; »Halbrussisches« (Leipz. 1847), das die traurigen Zustände in den Ostseeprovinzen aufdeckt; dann »Rußland und die Gegenwart« (ebd. 1851), »Rußland unter Alexander II. Nicolajewitsch« (ebd. 1860) und »Rußlands sociale Gegenwart und der Aufstand in Polen« (ebd. 1863).
1846 nach Leipzig zurückgekehrt, übernahm Buddens neben seiner Publicistik auch die Mitarbeiterschaft an hervorragenden Zeitungen Deutschlands, besonders an der »Augsburger Allgemeinen Zeitung«, deren Redaction er bis zum Jahre 1849 angehörte. Diesem hochangesehenen Blatte wendete Buddens, ohne es zu ahnen, seine letzte Arbeit zu, indem er demselben eine Woche vor seinem Tode die geistreiche Abhandlung »Unter dem Aequator« (Siege Beilage zur »Allg. Ztg.« Nr. 98 vom 7. April 1880) übersandte. Außer den oben verzeichneten Werken veröffentlichte Buddens u. A. noch: »Europäische Chronik 1853« (Frankf. 1855–56), ferner vortreffliche Reiseschilderungen und Aufsätze, darunter »Das Schweizerland« (Leipz. 1853) und »Von Frankfurt a. M. bis Basel« (Leipz. 1856).
Infolge seiner schriftstellerischen Thätigkeit gestaltete sich des Verblichenen äußeres Leben sehr wechselvoll und unruhig. Wir finden ihn bald in Carlsruhe, bald in der Schweiz, besonders in St. Gallen, bald in Gotha u. s. w. Zur Ruhe gelangte er erst durch seine Verheiratung mit einer liebenswürdigen Wittwe, mit der er sich 1858 ein Heim in Fankfurt a. M. schuf, wo er die glücklichsten Jahre seines Lebens verbrachte. Eigener Kinder hatte er sich nicht zu erfreuen, doch brachte seine Gattin Stieftöchter aus erster Ehe mit. Im Jahre 1869 entriß ihm der Tod die theuere Lebensgefährtin, deren Verlust er bis zu seinem Lebensende betrauerte.
Von jener Zeit an in München lebend, gab sich Buddens wieder ausschließlich seiner wissenschaftlichen Thätigkeit hin, er schrieb sowol für die »Wissenschaftliche Beilage der Leipziger Zeitung«, als auch für die »Allgemeine Zeitung«, der er stets ergeben blieb; die Geographische Gesellschaft in München erfreute er mit mehreren anziehenden Vorträgen und unsere »Geogr. Rundschau« verdankt ihm das nationalökonomische Essay »Bosnien und sein Leben«, sowie manch andere werthvolle Beiträge aus seiner Feder.
Buddens nahm den Ruf eines begabten, ehrenvoll bekannten Schriftstellers mit ins Grab; er stund aber auch in dem Ansehen eines begabten, feingebildeten und liebenswürdigen Mannes von weltmännischer Erscheinung. Ein guter Mensch durch und durch, besonders aber ein anhänglicher Verwandter, der die Pflichten gegen seine Stiefkinder in strengster Gewissenhaftigkeit erfüllte, war er wohlthätig, hülfreich und milden Herzens, wo es seine Kräfte gestatteten. Die in den letzten Jahren ihm auferlegten körperlichen Leiden ertrug er mit Energie und seltener Geduld. Vom Tode wurde er fast bei völligem Bewußtsein ergriffen.
Es war ein Weg der Trauer und Schmerzen, der eine große Anzahl von Leidtragenden am Abend des 4. April nach dem Grabe des geliebten Todten geführt hat. Außer den Deputationen der Logen in Frankfurt a. M. und München, der Redaction der Allgemeinen Zeitung in Augsburg, der hiesigen Geogr. Gesellschaft, ferner außer zahlreichen Leidtragenden der vornehmsten Civilstände und der Officierskreise u. s. w. hatten sich am Grabe des Verstorbenen von den Verwandten eingefunden: Artilleriehauptmann Schöninger, Gatte der Stieftochter Caroline, und Dr. Albert Hänel aus Kiel, der Sohn der geliebten, vielbetrauerten Schwester Iduna Laube (verwittweten Hänel), die ihm im vorigen Sommer in die Ewigkeit vorausgegangen ist.
C. Arendts.
Prof. Dr. Carl Arendts: Dr. Aurelio Buddens. Deutsche Rundschau für Geographie und Statistik Heft 8. Mai 1880.