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19 – 1 – 10 (Schöninger)

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LEO
SCHÖNINGER
* 1811
† 1879
GENREMALER UND
GALVANOGRAPH

Ω

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Leo Schöninger

* 21.1.1811 (Weil der Stadt/Wttbg.)
† 20.12.1879 (München)
Galvanograph und Genremaler

Neues allgemeines Künstler-Lexicon (1845)

Schoeninger, Leo, Maler und Galvanograph, wurde 1811 zu Weilderstadt in Würtemberg geboren, und an der Kunstschule in Stuttgart unterrichtet, bis er 1828 nach München sich begab, um an der Akademie daselbst seine Studien fortzusetzen. Er widmete sich da der Bildniss- und Genremalerei, musste aber auch die Lithographie in sein Bereich ziehen, was ihn hinderte, in der Malertechnik frühe zum erwünschten Resultate zu gelangen. Schoeninger ist aber ein Mann von Talent, und namentlich in der Zeichnung wohl geübt; aber seit einiger Zeit gelingt es ihm auch vorzüglich ein Bild in Oel zu malen. Im Lokale des Kunstvereines in München, und bei Gelegenheit der Kunstausstellungen in Stuttgart sah man mehrere Gemälde von der Hand dieses Künstlers, der im Portraitfache sich der Anweisung des berühmten Stieler erfreute.

Noch zahlreicher sind aber bisher seine Portraitzeichnungen und die Lithographien, welche ebenfalls in trefflich ausgeführten Bildnissen bestehen. Diese Blätter zeichnen sich durch Aehnlichkeit der dargestellten Person und durch meisterhafte Behandlung aus.

Dann müssen wir auch einer chemischen Erfindung gedenken, welche in neuester Zeit der Kunst eine höchst merkwürdige Anwendung verlieh.

Durch Schöninger und Freymann machte die von Professor und Akademiker v. Kobell erfundene galvanographische Methode einen sehr merklichen Fortschritt, und bald ward ihre Bedeutung für die zeichnenden Künste klar. Als erstes Blatt dieser neuen Erfindung ist jenes mit dem Bildnisse Titian's zu betrachten, welches auf den ersten Augenblick einem Aquatintablatte ähnlich ist, aber mit der flüssigen Manier zugleich eine körnige verbindet, wodurch eine grössere Kraft und Klarheit erzielt wird, als bei der Aquatinta. Die Tonleiter geht vom höchsten Lichte bis zum tiefsten Schatten, und die zartesten Uebergänge erscheinen mit Leichtigkeit bewirkt. [Arbeiten nach Professer von Kobell's galvanographischer Manier liefert auch Rottmann jun. in München. Es sind diess Ansichten von Gebäuden und Plätzen in München, braun gedruckt, nach Art der Aquatinta, ein Verfahren, welches sich für Architektur und Landschaft besonders eignet.] Das genannte Bildniss Titian's ist schwarz gedruckt, auf rein galvanischem Wege durch den Pinsel erzeugt, im Verlaufe der Fortbildung dieser Methode suchten die genannten Künstler aber auch jedes andern Vortheils sich zu bemächtigen, und daher scheint nach Maassgabe die Roulette, der Stichel und die Nadel, so wie die Aquatinta angewendet zu seyn. Mit ausserordentlicher Zartheit sind aber die durch das rein galvanographische Verfahren erzeugten Blätter, wozu ausser dem Bildnisse Titian's, den Brustbildern des leidenden Heilandes und der betenden Maria, besonders die neuesten Arbeiten dieser Künstler gehören, die unten genannten Bildnisse hoher Fürstenspersonen u. a.

Lithographien.

1) Bildniss der höchstseiigen Königin Carolina von Bayern, von Stieler kurz nach ihrem Tode gezeichnet, fol.
2) Maximilian Kronprinz von Bayern, nach Stieler, 1857, fol.
3) Prinz Carl von Bayern als Cuirassier-Oberst, nach Stieler, fol.
4) Der Herzog von Leuchtenberg, in ganzer Figur für das herz. Leuchtenb. Galleriewerk lithographirt, gr. fol.
5) Köpfe nach Cornelius, J. Schnorr, H. Hess u. a., als Anhang zu G. Sipmann's allgem. Zeichnungsschule. München, 1842, gr. fol.
6) Der heil. Johannes in einer Landschaft, nach Hemling's berühmtem Gemälde in der Pinakothek zu München, lith. von Strixner und Schöninger 1836. Mit Ton gedruckt. Schmal roy. fol.

Galvanographische Arbeiten.

7) Das Bildniss Titian's. Mit der Schrift: Nach v. Kobell's galvanographischer Methode, mit weiterer technischer Ausbildung für Figuren etc. von Schöninger und Freymann, fol.
8) Bildniss der Prinzessin Luitpold von Bayern, nach Stieler, kl. fol.
9) Bildniss der Herzogin von Leuchtenberg, nach Stieler, kl. fol.
10) Bildniss der Erzherzogin Albrecht von Oesterreich, nach Stieler, kl. fol.
11) Bildniss des Herzogs Maximilian in Bayern, als Citherspieler, von Schöninger selbst gezeichnet, kl. fol.
12) Bildniss des Dr. S. Boisseree, anscheinlich mit Anwendung der Roulette und der Aquatinta, fol.
13 ) Ecce homo. Brustbild des leidenden Heilandes nach G. Reni. Galvanographirt von Schöninger und Freymann. Oval in viereckiger Einfassung in Liniemanier, kl. 4.
14) Brustbild der betenden Maria. Salvi il Sassoferrato pinx. Schöninger et Freymann galvanogr. 8.
Diese beiden Blätter sind von grosser Zartheit, liebliche Erzeugnisse der reinen Galvanographie.
15) St. Catharina mit der Palme und dem Schwerte, nach Raphael, 1844. In diesem Blatte erreichten die Künstler bei grosser Kraft des Tons eine ausserordentliche Klarheit. In Zartheit ist es aber dem Bildnisse Titian's nicht gleichzustellen. Die Künstler strebten absichtlich nach erhöhter Wirkung. Das Vorbild war ein Stich von Desnoyers, kl. fol.
16) Die Madonna della Sedia, nach Rafael, und dem Stiche von R. Morghen, ein ausserordentlich liebliches Blatt von grösster Klarheit, 4.
17) Christus am Kreuze, nach Tintoretto's Altarbild in der Gallerie zu Schleissheim, das grösste Blatt, welches diese Künstler bisher geliefert haben. Es ist in einer Manier behandelt, wobei die Roulette und die Aquatinta in Anwendung gekommen zu seyn scheinen. Die Künstler suchten eine kräftige Wirkung zu erreichen, was ihnen gelungen ist. Als galvanographische Arbeit bezeichnet es die Unterschrift. Roy. fol.
18) Der Geldzähler, nach A. von Ostade, 4.
19) Der Tabakraucher, nach einem Gemälde von Ochterveldt in der Sammlung des Domherrn Speth, 4.
Auch diese beiden Blätter sind viel kräftiger behandelt, als das Portrait Titian's. Sie erinnern an Stiche in Roulette- und Aquatinta-Manier, während Titian gemalt zu seyn scheint. Beide sind merkwürdig in ihrer Art.
20) Ein Seestück nach van der Neer, qu. 4.
Dieses Blatt ist sehr selten, da die Platte verunglückte.

Dr. Georg Kaspar Nagler: Neues allgemeines Künstler-Lexicon oder Nachrichten von dem Leben und Werken der Maler, Bildhauer, Baumeister, Kupferstecher, Formschneider, Lithographen, Zeichner, Medailleure, Elfenbeinarbeiter etc. Bearbeitet von Dr. G. K. Nagler. München, 1845.

Allgemeine Zeitung (23.12.1879)

Verschiedenes.

(Todesfälle.) Aus München, 21 Dec., wird uns geschrieben: Gestern starb der treffliche Genremaler und Galvanograph Leo Schöninger (geb. 1811 zu Weil der Stadt); er war einer der ersten welcher die von Franz v. Kobell erfundene Vervielfältigungsart des Kupferstiches in Anwendung brachte und weiter verbesserte.

Allgemeine Zeitung Nr. 357. Augsburg; Dienstag, den 23. Dezember 1879.

Neueste Nachrichten (24.12.1879)

DANKSAGUNG.

In dem tiefen Schmerze, welcher uns durch das Hinscheiden unseres innigstgeliebten Gatten, Vaters und Schwiegervaters,

Herrn Leo Schöninger,

betroffen, hat uns die allseitige liebevolle und höchst ehrende Theilnahme mit innigem Troste erfüllt.

Wir sagen daher Allen, welche ihr Beileid sowohl durch die reiche Blumenspende und Theilnahme am Begräbnisse, als durch das Andenken christl. Liebe beim Gottesdienste oder sonst irgendwie bethätigt haben, den wärmsten, tiefgefühlten Dank.

München, den 24. Dezember 1879.

Die tieftrauernd Hinterbliebenen.

Neueste Nachrichten Nr. 358. München; Mittwoch, den 24. Dezember 1879.

Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München (1983)

Schöninger Leo, 1811 (Weil der Stadt/Wttbg.) – 1879, Genremaler und Galvanograph; er besuchte schon mit 14 Jahren das Lithographische Institut der Brüder Boisserée in Stuttgart und kam 1828 mit denselben nach München, wo er 1825 Malschüler der Kunstakademie wurde; Sch. vervollkommnete, zusammen mit J. A. Freymann, das um 1842 von Franz von Kobell erfundene Verfahren der Galvanographie, indem er die bis dahin verwendete Farbe durch chemische Kreide ersetzte; seine Genrebilder sind heute fast völlig in Vergessenheit geraten.

© Dr. phil. Max Joseph Hufnagel: Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München. Zeke Verlag; 4. Auflage. Würzburg, 1983.



© Reiner Kaltenegger · Gräber des Alten Südfriedhofs München · 2007-2025


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