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DR. PHIL.
JOSEF ANTON PANGKOFER
SCHRIFTSTELLER
* 1804 RIEDENBURG
† 1854 MÜNCHEN
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Pangkofer, Josef Anton, Dr. phil.; 21.7.1804 (Riedenburg a. d. Altmühl) – 15.9.1854 (München); Schriftsteller
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* 21.7.1804 (Riedenburg a. d. Altmühl)
† 15.9.1854 (München)
Schriftsteller
Todes-Anzeige.
Allen Freunden und Bekannten diene zur Nachricht, daß es Gottes weisem Rathschlusse gefiel, den Schriftsteller, Herrn
Dr. Jos. Anselm Pangkofer,
heute halb 4 Uhr Morgens nach Empfang aller hl. Sterbsakramente nach kurzem Leiden, ruhig und ergeben, in seinem 50. Lebensjahre in die Ewigkeit abzurufen.
Die Beerdigung findet Sonntag Nachmittag 2 Uhr statt, der Gottesdienst den 19. September um halb 7 Uhr in der St. Stephans-(Leichenacker-)Kirche.
München den 15. Sept. 1854.
Der Bayerische Landbote No. 263. München; Sonntag, den 17. September 1854.
Nekrolog.
Dr. Joseph Anselm Pangkofer, ein Mann von reichem Wissen, ein begabter Dichter, ist, ein Opfer der Epidemie, dahingeschieden, im rüstigen Mannesalter plötzlich entrissen einem Leben voll unermüdlichen Schaffens, vermißt und beklagt von Allen, die ihm näher standen. Er war ein biederer, ehrenwerther Charakter, der seine Ueberzeugung auszusprechen und zu vertreten wagte; ein Mann, welchem reiche Lebenserfahrung, oft wohl theuer erkauft, zur Seite stand und der dennoch aus dem vielbewegtem Leben nicht Geld und Gut, aber einen unerschütterlichen religiösen Glauben, ein heiteres Gemüth, tiefes Gefühl für alles Schöne und ein theilnehmendes Herz sich bewahrt hatte. Der Sohn eines herrschaftlichen Beamten, geboren zu Herenagger in der Oberpfalz im Jahre 1804, wandte er sich nach seinen Universitätsstudien auch der Landwirthschaft zu, und zu einem tüchtigen Oekonomen ausgebildet, übernahm er die Verwaltung der bedeutenden herrschaftlichen Güter zu Herenagger und gründete sich da seinen häuslichen Heerd. Aber nicht zwei volle Jahre hatte er an der Seite einer heißgeliebten Gattin verlebt, als der Tod sle ihm entriß — ein Verlust, den er nie verschmerzt hat, und welcher durch den nicht lange darauf erfolgten Tod des Kindes, das sie ihm geschenkt, nur um so herber ward. Sein einziger Trost war das gläubige feste Hoffen des einstigen Wiederfindens seiner Lieben. Nach mancherlei, zum Theil trübem Geschick, wählte er sich endlich München zum Aufenthalt, wo er bis zu seinem nun erfolgten Tode rastlos und in den verschiedensten Fächern, als Dichter und Schriftsteller gewirkt hat. Schon früher war eine Sammlung seiner Gedichte im Drucke erschienen, von denen besonders die in bayerischer Mundart seinen Ruf als Volksdichter begründeten und in jüngster Zeit, bedeutend vermehrt, in neuer Auflage sich in die Volkskrelse verbreiteten und sogar in ansehnlicher Zahl nach Amerika ausgeführt wurden. Von Pangkofers Vielseitigkeit und seiner ungewöhnlichen Productivität geben außerdem eine Menge kleinere Schriften, wie z. B. seine Beschreibungen der Walhalla, Ruhmeshalle, des Siegesthores u. a. m. seine in verschiedenen gelehrten, belletristischen und politischen Journalen enthaltenen und im Laufe der Jahre fast unzählbar gewordenen selbstständigen Arbeiten, Kunstkritiken u. s. w. ein unwiderlegbares Zeugniß. Auch der Sprachforschung wendete sein Talent sich zu und unter dem Titel: »Deutschlands Mundarten« erschienen bereits zwei Hefte einer Zeitschrift, deren Gründung er anstrebte, an deren Fortsetzung aber, wie an so vielem Andern, ihn nun der Tod hinderte und seine vielfach begonnenen Arbeiten und Pläne für immer unterbrach. War sein Hlnscheiden auch ein so unerwartetes und plötzliches, so war ihm doch schon vor Monaten und zwar in äußerst seltsamer Weise eine Mahnung geworden. Pangkofer war ein Schüler Franz v. Baaders und dessen philosophischen Systemen und mystischen Anschauungen mit Ueberzeugung ergeben. Mit der ihm vorangegangenen geliebten Gattin glaubte er noch immer in einer Art direktem geistigen Verkehr zu stehen, welcher sich ihm nach seiner Versicherung in verschiedener Weise, insbesondere aber in Träumen offenbarte. So erzählte er denn auch vor einigen Monaten im Kreise mehrerer Freunde, seine Frau sei ihm Nachts zuvor im Traume erschienen, habe ihm eine Menge Blumen gereicht und dabei die Worte gesprochen:
»Wenn die Blumen wieder blüh'n,
Bist Du nicht mehr hier;
Wird der Rasen wieder grün,
Grünt er über Dir!«
Und er ist in Erfüllung gegangen dieser Traum, das nächste Grün wird nun auch sein Grab decken, ihm aber möge geschehen, wie er geglaubt hat und ihm erfüllt werden, was er gehofft.
Der Bayerische Landbote No. 266. München; Mittwoch, den 20. September 1864.
Nekrolog.
Nach dem Verschwinden der unheimlichen Krankheit, welche so viele schmerzliche Lücken riß, ist es heilige Pflicht der Ueberlebenden, der Geschiedenen zu gedenken, und auf die Gräber, die sich so unerwartet über ihnen geschlossen, den Zoll gerechter Anerkennung und Würdigung niederzulegen.
Zu den uns Entrissenen gehört auch Joseph Anselm Pangkofer. Er war am 21. Juli 1804 in Riedenburg geboren, wo sein Vater churfürstlicher Beamter war, und vollendete die Gymnasial- und Lyceal-Studien 1825 in Amberg. Hier legte er in des vortrefflichen Rirner philosophischem Unterricht den dauernden Grund zu der umfassnden Geistesbildung und Gemüthstiefe, welche ihn so sehr kennzeichneten. Nachdem er an der Universität in Landshut und München die Rechte gehört, kehrte er in das Haus seines Vaters zurück, der inzwischen eine gutsherrliche Bedienstung im Schlosse zu Herenagger übernommen hatte. Bei der Gewandtheit seines Geistes ward er in Kürze mit dem Betriebe der Landwirtschaft in so hohem Grade vertraut, daß er im Februar 1832 die Bestallung als Rentenverwalter in Herenagger erhielt. Damit öffnete sich ihm die Aussicht in eine schöne gesicherte Existenz, und er war in den Stand gesetzt, am 2. November 1832 mit dem Ideale seiner Jugend , Agathe Loritz aus Regensburg vor den Altar zu treten. Leider wurde ihm die geliebte Gattin schon am 26. September 1834 durch den Tod wieder entrißen — ein Verlust, den ihm sein ganzes Leben nicht mehr ersetzte, und der bis ans Ende dessen elegischen Grundton bildete. Bald darnach gab er seine Stellung in dem ihm einsam gewordenen Herenagger auf, um in Regensburg ausschließend den Wissenschaften und der Dichtkunst zu leben. Im Jahre 1849 siedelte er nach München über, wo er 50 Jahre alt, am 15. Sept. 1854 unerwartet, aber mit der vollen besonnenen Ruhe des Mannes hinüberging. Pangkofers literarische Thätigkeit war eine sehr vielseitige. Schon in seinen Jugendjahren hatte er einen Band Gedichte unter dem Titel: »Krystalle,« und später ein Bändchen Gedichte in der Mundart seiner Heimat erscheinen lassen. 1840 folgte eine Sammlung religiöser Gedichte, und 1854 zwei Bändchen mundartlicher Gedichte, von denen das eine die zweite Auflage der früher erschienenen bildete. Ausserdem haben ihn seine artistischen Monographien über die Walhalla, die Bavaria, die Ruhmeshalle, die Propyläen auch in weiteren Kreisen bekannt gemacht, und auf politischem Gebiete haben seine »Beiträge zum Thema über Kirche und Staat« nicht verfehlt, ihm Anerkennung zu erwerben. Als Dichter zeichnet Pangkofer eine lebbafte Phantasie, Reichthum an überraschenden Bildern und treffenden Gedanken aus; zwar ist der Eindruck durch die zu nachlässige Handhabung der Form nicht selten beeinträchtigt, aber überall tritt dem Leser das Bild eines schönen reichdegabten Gemüths wohlthuend entgegen. In seiner wissenschaftlichen Thätigkeit, als Mitglied mehrerer historischer Vereine, der Lotos-Gesellschaft in Prag, der botanischen und naturforschenden Gesellschaften in Regensburg, so wie als Kritiker wußte er Gründlichkeit und dialektische Schärfe mit parteilosem Freimuthe glücklich zu verbinden. Als Mensch war P. einfach, anspruchslos und genügsam, ein treuer teilnehmender Freund, ein heiterer Gesellschafter. Er war zufrieden, im Umgange mit sinnesverwandten Freunden und im Kreise einiger ihm näher stehenden Familien, ein geistiges Leben leben zu dürfen. Bei seinen vielen Kenntnissen würde er sich wohl kaum vergeblich um eine entsprechende Anstellung beworben haben; allein er hatte zu viel Sinn zur Unabhängigkeit und Selbstständigkeit, als daß er sie, selbst um die Zukunft eines sorgenlosen Alters hinzugeben vermocht hätte. So mußte er daher bis zuletzt mit dem Leben um den Erwerb ringen, so blieb er in jugendlich frischer Thätigkeit bis zu dem Abend, der ihn dahin nahm — betrauert von allen, die ihn kannten, — ein bleibendes Andenken seiner Freunde, von denen einer der vertrautesten, Xaver Schwanthaler, ihm nach wenigen Tagen folgte. Sein reicher poetischer Nachlaß ist in den Händen eines andern Freundes, um in angemessener Weise zur Veröffentlichung zu gelangen. Möge der reinigende Tod seinem Andenken die Anerkennung gewähren, die ihm im Leben nicht selten verkümmert wurde.
Münchener Bote für Stadt und Land No. 262. München; Samstag, den 4. November 1854.
Pangkofer Josef Anton, Dr. phil., 1804 (Riedenburg a. d. Altmühl) – 1854, Schriftsteller und Philologe; er studierte in Landshut und München Philosophie; neben der Verwaltung seines Gutes Hexenacker bei Riedenburg an der Altmühl betätigte sich P. als Lyriker, Epiker, Dialektdichter, Kulturhistoriker und Folklorist; kurz vor seinem Tod begründete er die von G. K. Frommann fortgesetzte Zeitschrift »Die deutschen Mundarten«.
Hauptwerke: Krystalle (Gedichte), Gedichte in in hochdeutscher und altbayerischer Mundart, Walhalla und Stauf an der Donau, Jesu geheimes Leben (Epos in Legendem und Paramythien).
© Dr. phil. Max Joseph Hufnagel: Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München. Zeke Verlag; 4. Auflage. Würzburg, 1983.