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HOFRAT
Dr. hc.
FRANZ TRAUTMANN
SCHRIFTSTELLER
1815 – 1887
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Trautmann, Franz, Dr. phil. h. c.; 28.3.1813 (München) – 2.11.1887 (München); Hofrat und Schriftsteller
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* 28.3.1813 (München)
† 2.11.1887 (München)
Hofrat und Schriftsteller
Dr. Franz Trautmann
wurde geboren am 28. März 1815 zu München, studierte daselbst, machte dann in Begleitung eines Engländers große Reisen, prakticierte hierauf einige Zeit als Jurist, dazwischen der Malerei huldigend und sie übend, entsagte dann diesen Beschäftigungen und ergab sich ganz der Schriftstellerei.
Tr. ist ein Volksschriftsteller. Ihm ist im Jahr 1868 vom König von Bayern in Anerkennung seiner aus der Geschichte Bayerns geschöpften belletristischen Schriften und seiner Mitwirkung bei Gründung des bayrischen National-Museums das Ritterkreuz I. Kl. des Verdienstordens vom heil. Michael verliehen worden. »In seinen Schriften waltet herzliche Naivetät und ein gewisser Zauber wohlthuenden Humors; es tritt in religiöser Beziehung nach keiner Seite hin Verletzendes auf, während fromme Wärme für Sitte und Katholicität sichtbar ist.« Heindl 2, 553. – « Fr. Trautmann, der später bei der Prosadichtung ausführlicher zu besprechen ist, hat auch eine Reihe von dramatischen Dichtungen veröffentlicht, die seinen Romanen jedoch nicht ebenbürtig, sind. Aus der römischen Geschichte bearbeitete er den »Jugurtha, Trauerspiel in 5 Akten« (München), in welchem sich die Handlung in so große Breite verirrt, daß die Uebersichtlichkeit ganz verloren geht. In den übrigen Stücken hat er sich schon in den Stoffen vergriffen, die eher zur novellistischen als zur dramatischen Behandlung geeignet sind, daher die Entwickelung unklar ist, wie im »Schloß Latour, Original-Lustspiel in 4 Akten« (München 1846), dessen Handlung oft stehen bleibt, und wie in »Frauenhuld tilgt jede Schuld, historisches Charakter-Lustspiel in 5 Akten« (Eb. 1853). Gelungener als diese sind: »Das Debüt wider Willen, dramatischer Scherz in 1 Akt« (Eb. 1851) und »Blemers Leiden oder Ein Gedicht, Original-Lustspiel in 1 Akt« (Eb.), welches nach Anlage und heiterer Ausführung als sein bestes Drama zu bezeichnen ist.« Kurz 4, 49l. – Lindemann 697. Litz. 1856, 84. 1861, 208.
Proteus. Zwei Dichtungen. München 1843. – Eppele von Gailingen. Frankfurt 1852. – Die Abenteuer des Herzogs Christoph von Bayern. Frankfurt 1852–53. 2 Bde. 2. A. 1857. – Die gute alte Zeit. Frankfurt 1855. – Chronika des Herrn Petrus Röckerlein. Frankfurt 1856 2 Thle. – Das Plauderstüblein. Für Alt und Jung erzählt. München 1855. – Münchener Stadtbüchlein. München 1856. – Münchener Geister. München 1858. – Ludw. Schwanthalers Reliquien. München 1858. – Heitere Stadtgeschichten aus alter Zeit. Kühn und munter, fromm mitunter. Frankfurt 1861. – Die Alt-Münchener Wahr- und Denkzeichen. München 1864. – Das Gleichen-Denkmal im Mariendom zu Erfurt und Ernst III., der Zweibeweibte, Graf von Gleichen. 3 kritisch-historische Betrachtungen. Erfurt 1866. – Kunst und Kunstgewerbe vom frühesten Mittelalter bis Ende des 18. Jahrh. Nördlingen 1869. – Beiträge in verschied. Zeitschr.
Joseph Kehrein: Biographisch-literarisches Lexikon der katholischen deutschen Dichter, Volks- und Jugendschriftsteller im 19. Jahrhundert. Zürich, Stuttgart und Würzburg, 1868.
Trautmann, Franz, wurde am 28. März 1813 zu München geboren, wo sein hochgeachteter Vater, ein Kunstkenner und bedeutender Sammler, als Juwelier des königl. Hofes lebte. Seine ersten poetisch-historischen »Anwandlungen« hatte Trautmann als kleiner Knabe in schönen Herbstzeiten zu Wessobrunn, dem alten Kloster unweit des Ammersee’s. Noch ist dort der Stein am Wegrain, an dem er, wie in der Gegend erzählt wird, im üppigen Grase lag und von der Vergangenheit träumte, von Mönchen und Chorgesängen, gelegentlich auch von den wilden Ungarn und ihren Ueberfällen. Auch in München, wo er seine Gymnasialstudien machte, fehlte es ihm an poetisch anregenden Eindrücken nicht. Wie viele Baulichkeiten, Sitten, sinnreiche Gewohnheiten gemahnten dort nicht an die alte Zeit; wie viele alte Männer und Frauen lebten damals noch, welche die Sagen der Vorzeit, ob auch mehr oder weniger stückweise, fortpflanzten, und mit solchen Leuten zusammenzukommen, hatte der Knabe und Jüngling hinreichende Gelegenheit.
Durch dies alles und durch früh begonnene Lektüre von Schriften, welche sich auf frühere Jahrhunderte bezogen, wurde das Verlangen Trautmanns, die Vorzeit zu schildern, immer mehr wach, während andrerseits die Fülle des mannigfach Schönen, welches ihn in Hinsicht auf Kunst und Kunstgewerbliches von der Wiege an umgeben hatte, das Verlangen erregte, auch in dieser Richtung tiefere Kenntnisse zu erringen. Aus diesem Verlangen und dem treuen Folgegeben desselben erwuchs ihm in späteren Jahren die Möglichkeit, sein bahnbrechendes Werk »Kunst und Kunstgewerbe vom frühesten Mittelalter bis Ende des 18. Jahrh. Ein Hand- und Nachschlagebuch zur leichteren Orientierung….« (Nördlingen 1869) herzustellen. Abgesehen von spezifisch literarischen und archivalischen Studien kamen ihm bei der Abfassung des Werkes seine ausgedehnten Reisen auf dem Kontinente, wie auch nach England und Schottland, und die Erfahrungen zustatten, welche er durch unausgesetzte Mitthätigkeit vom Beginn des bayerischen Nationalmuseums bis zu dessen Vollendung zu sammeln und auch geltend zu machen reiche Gelegenheit hatte.
Alle diese Bestrebungen erklären es zur Genüge, weshalb Trautmann seinen ursprünglich gewählten Lebensberuf später aufgab. Zwar hatte er in München unter tüchtigen Lehrern die Rechte studiert und die Universitätsjahre auf das treueste ausgenutzt; zwar hatte er in der juristischen Praxis sieben volle Jahre am Stadtgericht zu München pflichttreu gearbeitet, und seine Anstellung stand bereits in nicht zu ferner Aussicht: allein es waren Jahre eines inneren schweren Kampfes, die er zu durchleben hatte, um so schwerer, als seine Erfolge auf verschiedenen Kunstgebieten, Poesie, Musik und Landschaftsmalerei, zu weiterer Entwickelung einluden. Er verließ also seinen Beruf, um sich hinfort schriftstellerischer Thätigkeit und Kunstbestrebungen zu widmen. In der Hoffnung, dieser inneren Bestimmung mindestens nebenbei Rechnung tragen zu können, nahm er einen Ruf des Prinzen Karl von Bayern an, in dessen Dienst sich der sprachenkundige Trautmann allmählich zum ersten Sekretär heranbilden sollte. Die gehegten Hoffnungen, irgend produktiv sein zu können, wurden durch die Menge der Arbeit enttäuscht, eine schwere Krankheit stellte sich ein, und so legte Trautmann nach seiner Genesung sein Amt dem hohen Herrn zu Füßen.
Von nun an begann seine literarische Thätigkeit, hier und da begleitet von solcher auf dem Gebiete der Malerei, gelegentlich auch der Musik, sich mehr zu entfalten. Bereits als siebzehnjähriger Jüngling hatte er ein Bändchen Gedichte ediert, dann 1830–31 wesentlich an Saphirs »Deutschem Horizont« mitgewirkt, 1840 mit Fr. Lentner die »Lesefrüchte« redigiert, während eines Aufenthaltes in Franken 1849–50 den »Nürnberger Trichter«, ein reich illustriertes Blatt heiteren politischen Charakters, herausgegeben und zwischendurch fleißig an den »Fliegenden Blättern« und der »Hauschronik« mitgearbeltet, bis er nach einigen Versuchen im Dramatischen sich schließlich dem Gebiete zuwandte, auf dem er die meisten Lorbeeren geerntet hat: nämlich der Erzählung, deren Stoffe dem früben Mittelalter angehören. Trautmanns Leistungen nach dieser Seite hin gehören zu den besten, welche unsere Literatur aufzuweisen hat und haben ihm mancherlei Anerkennung, wie z. B. von der Münchener Universität das Diplom eines Doktors der Philosophie, eingetragen. Trautmann lebt seit 1851 in München in angenehmen Verhältnissen und ist mit Elise, einer Schwester des Dichters Julius Grosse, verheiratet.
Dichtungen: Gedichte. München 1830. – Jugurtha. Trsp. in 5 A. (Bühnenmanuscr. Ebd 1837.) – Die Verstoßene. Drama (Manuscr. Ebd 1838) – Kaiser Maximilians Urständ. Lyrischer Cyklus bei Gelegenheit des großen Künstler-Maskenfestes. München 1840 (Inhalt: Das Erwachen. – Der Page. – Narrenlied. – Der Landsknecht. – Die deutschen Frauen. – Raubritter. – Reichsbürger. – Künstlenwappen.) – Proteus Dichtungen; II Ebd. 1843. (Inhalt: I. Ein Abend auf dem Helicon. – II. Das Welt-Ende.) – Schloß Latour. Orig.-Lustsp. in 4 A. (Manuscript. Ebd. 1846.) – Eagliostro. Drama. (Manuscr. Ebd 1846.) – Das Debüt wider Willen. Dramat. Scherz in 1 A (Manuscr. Ebd. 1851.) – Eppelein von Geilingen und was sich seiner Zeit mit diesem ritterlichen Eulenspiegel und seinen Spießgesellen im Fränkischen zugetragen. Frankf. 1832. 2. Aufl. 1856. – Die Abenteuer des Herzogs Christoph von Bayern, genannt der Kämpfer; II. Ebd 1852–53. 2 Aufl. 1857. 3. Aufl. in Vorbereitung. (Inhalt: I. Die Gruft. – Der schwarze Christoph. – Hörst’s Gras wachsen. – Zwei Finger. – Die Jungfrau von Pavia. – Lindwurmeck. – Der Löffelwirt am Rathhaus. – Der Brüder Zwist. – Der Degenberg und Rußberg. – Der Baumeister von U. L. Frau – Der alte Bonifaz. – Ein Stück aus H. Christophs und Albertus Ausgaben. – Der Schulmeister von St. Peter. – Margreth von Sigenheim. – Sidonia von Cleve. – H. Christophs Gefangenschaft und Befreiung. – Engels Tod. – II. Ab vom Land Bayern. – Das Turnier zu Landshut. – Der Klosterschreiber von Seldenthal. – Sieg ohne Kampf. – Der letzte Abensberger. – Kunegunde. – König, Narr und Herzog. – Die zwei letzten Steine zu U. l. Frauen. – Des Kaisers Zorn, neuer Bruderzwist. – Unweit München. – Allerlei frumm froh und frei. – Der Achenthaler Ur. – H. Christophs Wurf und Sprung. – Zum heil. Grab. – Ein Brief von München nach Wien und der heil. Onuphrius auf dem Eiermarkt zu München. – Aus H. Christophs Pilgrambuch. – H. Christophs Tod und Begräbnis.) – Frauenhuld tilgt jede Schuld. Histor. Charakter-Lustsp. in 5 A. München 1853. – Die gute alte Zeit. Münchener Geschichten. Frkf. 1855. (Inhalt: Der Wettermacher von Frankfurt. – Türmers Töchterlein. – Sultan. – Magister Calomalus. – Der Meister von Nürnberg.) – Das Plauderstüblein. Für jung und alt erzählt. München 1855. – Die Cbronika des Herrn Petrus Nöckerlein, eines Glücksritters aus alter Zeit; II. Frkf. 1856. – Das Münchener Stadtbüchlein. (Kleinere Erzhlgn. a. d. Vorzeit.) München 1857. – Münchener Geister. (Heiteres Traumbild von altem Volkswahn und Sitten der Vergangenheit.) Ebd. 1858. – Heitere Stadtgeschichten aus alter Zeit. Frkf. 1862. (Inhalt: Herr Esselmann von Erfurt. – Der Rosenaurekrieg. – Der tapfere Springinkler. – Der Schlagbaum am Krempfer Thor. – Die Krone von Ungarn. – Brummele im Faß. – Fritze woher, Fritze wohin? – Die Klostervisitation. – Der Ragnitz und Hodenheimer. – Müller Krebs. – Kleine Nürnbergersagen. – Der Stock im Eisen. – Trau, schau, wem? – Der Student von Erfurt. – Der Franzos im Bad.) – Traum und Sage. München 1864. – Leben, Abenteuer und Tod des Dr. Theodosius Thaddäus Donner… Eine neudeutsche göttliche Komödie. Ebd. 1864. – Alt-Münchener Wahr- und Denkzeichen. Ebd. 1864. – Meine Ruh’ will ich, oder: Blemers Leiden. Original-Lustsp. in 1 A. (Manuscr. Ebd. 1864.) – Astern und Rosen, Disteln und Mimosen. Aus der Kriegszeit 1870. Gedichte. Berl. 1870. – Die Glocken von St. Alban. Stadt- und Familien-Roman aus bewegten Zeiten des 17. Jahrh.; III. Regensb. 1875. – Verschiedene Lieder nebst eigenen Kompositionen a. d. J. 1870.
Vermischte Schriften: Ludwig Schwanthalers Reliquien. Illustriert. München 1858. – Das Gleichendenkmal im Dom zu Erfurt (histor.-kritisch). Erfurt 1867.
Franz Brümmer: Deutsches Dichter-Lexikon. Biographische und bibliographische Mittheilungen über deutsche Dichter aller Zeiten. Unter besonderer Berücksichtigung der Gegenwart. Eichstätt & Stuttgart, 1876/1877.
Trautmann Franz, Dr. phil. h. c., 1815 (München) – 1887, Hofrat, Dichter und Schriftsteller; er studierte in seiner Vaterstadt und begann beim dortigen Stadtgericht die juristische Laufbahn, widmete sich aber später ganz der literarischen Betätigung; T. begründete seinen literarischen Ruf vor allem durch seinen »Eppelein von Gailingen« und die »Abenteuer des Herzogs Christoph von Bayern«; ihnen folgten viele Erzählungen, deren Stoffe meist der älteren Geschichte Bayerns, insbesondere Münchens, entnommen sind; sie tragen alle eine antiquierte mittelalterliche Färbung und sind gern in einem derb treuherzigen Chronikstil gehalten; in dem Roman »Die Glocken von St. Alban« usw. bewegt sich T. auf rheinischem Gebiet; er veröffentlichte auch mehrere Bände lyrischer Dichtungen, einige Dramen, das Werk »Kunst und Kunstgewerbe, vom frühesten Mittelalter bis Ende des 18. Jh.« und eine Schwanthaler-Biographie »Schwanthalers Reliquien«.
© Dr. phil. Max Joseph Hufnagel: Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München. Zeke Verlag; 4. Auflage. Würzburg, 1983.