Ω
Hier ruhet
mein lieber, unvergesslicher Gatte,
unser theurer Vater,
Herr J. B. Obernetter
Kunst-Anstalt-Besitzer,
geb. d. 31. Mai 1840, gest. d. 1¿. April 1887.
Auch unser lieber Hermann,
geb. d. 28. Septb. 1870, gest. d. 23. April 1876.
Ihnen folgte
unsere liebe, gute Mutter
Frau
Josefine Obernetter
Kunstanstaltbesitzers-Witwe,
geb. d. 2. Okt. 1844, gest. d. 10. Aug. 1914.
Sockel
Familien-Grab Obernetter.
Herr Emil Obernetter
Kunstanstaltsbesitzer,
geb. 27. Dez. 1866, gest. 2. Jan. 1932.
21.3.24. Babenstuber
Rechte Seite
Anastasia
Obernetter
gest. d. 5.April 1859.
Johann
Obernetter
kgl. Inspektor,
gest. d. 26. März 1866
im 66. Jahre.
Ω
Obernetter, Hermann Maria; 28.9.1870 – 23.4.1876 (München); Chemikers-Sohn
Obernetter, Johann Baptist; – 26.3.1866 (München), 65 Jahre alt; Inspektor der lithographischen Anstalt
Obernetter, Johann Baptist; 31.5.1840 (München) – 12.4.1887 (München); Chemiker und Kunstanstaltsbesitzer
Obernetter, Josefine (vw) / Spagl (gb); 2.10.1844 – 10.8.1914 (München); Kunstanstaltsbesitzers-Witwe
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* 27.12.1866
† 2.1.1932
Kunstanstaltsbesitzer
Lokales.
München, 18. Februar.
Auszeichnung. Dem Photochemiker und Techniker der J. B. Obernetter'schen Kunstanstalt dahier, Herrn Emil Obernetter, wurde von dem Herog von Anhalt der Verdienstorden für Wissenschaft und Kunst als Anerkennung für besondere Leistungen in der vervielfältigenden Kunst verliehen.
Münchner Neueste Nachrichten No. 82. Montag, den 20. Februar 1893.
STATT BESONDERER ANZEIGE
Mein geliebter Vater, unser treuer Bruder, Schwager und Onkel
Herr Emil Obernetter
Kunstanstaltsbesitzer
entschlief heute sanft nach längerem Leiden.
München, Schillerstr. 20, am 2. Januar 1932
Hans Obernetter
zugleich im Namen der Verwandten
Beerdigung: Dienstag, den 5. Januar, 11½ Uhr im südlichen Friedhof
Gottesdienst: Donnerstag um 9½ Uhr in der St. Peterspfarrkirche
Münchner Neueste Nachrichten Nr. 3. Montag, den 4. Januar 1932.
STATT KARTEN
Allen, die unserem lieben Verstorbenen
Herrn Emil Obernetter
die letzte Ehre erwiesen, allen, die uns so herzliche und aufrichtige Teilnahme durch Kranz- und Blumenpenden und durch tröstende Worte bezeigten, sei auf diesem Wege von Herzen gedankt.
München, den 7. Januar 1932.
In tiefer Trauer:
Hans Obernetter
Münchner Neueste Nachrichten Nr. 6. Freitag, den 8. Januar 1932.
Zum Gedächtnis Emil Obernetters
Mit Emil Obernetter, der im 65. Lebensjahre verschied, ist nicht nur ein Stück guten alten Münchnertums, sondern auch ein hervorragender Fachmann auf dem Gebiete der Heliogravüre und des Kunstdruckes dahingegangen. Der Vater des Abberufenen, Johann Baptist Obernetter, der ein Lieblingsschüler von Liebig gewesen war, wendete sich ganz der Photochemie zu und machte durch eine Reihe von Erfindungen seinen Namen schon über Deutschlands Grenzen hinaus bekannt. In seinem Hause in der Schillerstraße verkehrten viele Gelehrte und Künstler, unter ihnen Schwanthaler, Adam, Holmberg u. a. Obernetter, mehr Wissenschaftler als Kaufmann, hatte die Ausnützung seiner Erfindungen anderen überlassen. Als er, 46 Jahre alt, starb, übernahm von seinen sechs unmündigen Kindern das Aelteste, der erst neunzehnjährige Sohn Emil, die Führung des Geschäftes, das er durch unermüdlichen Fleiß und Ausdauer zu großer Blüte brachte. Bald wurde der aufstrebenden, auch im Auslande hochangesehenen Firma der Raum zu eng, die an das Wohnhaus anschließenden Gärten nahmen Fabrikgebäude auf. Die Einführung des Schnellpressenbetriebes erhöhte die Leistungsfähigkeit der Kunstanstalt, die sich namentlich auch der damals noch in den Anfängen steckenden Heliogravüre annahm. Es erfolgten auf dem Gebiete der Photochemie Verbesserungen der Trockenemulsionsplatten, des Aetzverfahrens, sowie Neuerungen bei den Entwicklungspapieren (Pigmentpapier). Obernetter war einer der Pioniere des Tiefdruckes in seinen verschiedenen Gestaltungen. Die Herstellung der ersten Bildpostkarte im Lichtdruck anläßlich der Bayerischen Landes-, Industrie-, Gewerbe- und Kunst-Ausstellung Nürnberg 1882 erfolgte in der Anstalt, die auch die Naturlichtbildkunst förderte, ebenso die Stereo-Photographie und alpine Panoramas herstellte. Eine Reihe namhafter Werke ist aus der Anstalt hervorgegangen. Eine Reihe namhafter Verlage, Universitäten und wissenschaftliche Institute zählten zu den ständigen Kunden der Anstalt, die sich auf Ausstellungen des In- und Auslandes erste Preise und Anerkennungen holte. Als Persönlichkeit hatte Obernetter, ein biederer Mann, sich viele Freunde erworben, die an seinem Humor sich erfreuten; er war ein großer Naturfreund und ein ausgezeichneter Sportfischer, der nach dem frühen Ableben seiner Gattin, einer geborenen Vogl, im Jahre 1905, im Fischereisport seine einzige Erholung und Zerstreuung nach den Anstrengungen und Aufregungen seines sich immer mehr ausdehnenden Geschäftsbetriebes suchte und fand. H. R.
Münchner Neueste Nachrichten Nr. 7. Samstag, den 9. Januar 1932.
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† 26.3.1866 (München), 65 Jahre alt
Inspektor der lithographischen Anstalt
Todes-Anzeige.
Von tiefstem Schmerz gebeugt, bringen wir Verwandten und Freunden zur Kenntniß, daß es dem Herrn über Leben und Tod gefallen hat, unsern innigstgeliebten Vater, Schwiegervater und Schwager,
Herrn
Joh. Bapt. Obernetter,
kgl. Inspektor der lithographischen Anstalt des Staatsraths,
Inhaber des k. k. österr. goldenen Verdienst-Kreuzes,
gestern Nachts 10 Uhr, getröstet mit den heil. Sterbesakramenten, in seinem 66sten Lebensjahre nach längeren Leiden zu sich abzurufen.
Wer den edlen Verblichenen kannte, wird ihm ein ehrendes Andenken nicht versagen.
Um stilles Beileid bitten
München, den 27. März 1866.
Johann Baptist Obernetter, Sohn.
Josepha Obernetter, geb. Spagl, Schwiegertochter.
Katharina Friedl, Schwägerin,
und sämmtliche Verwandte.
Die Beerdigung findet Donnerstag den 29. März Nachmittags 4½ Uhr vom Leichenhause aus, der Gottesdienst Mittwoch den 4. April Vormittags 9 Uhr in der heil. Geist-Pfarrkirche statt.
Neueste Nachrichten aus dem Gebiete der Politik Nr. 87. Mittwoch, den 28. März 1866.
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* 31.5.1840 (München)
† 12.4.1887 (München)
Chemiker und Kunstanstaltsbesitzer
Deutschland.
München, 25. Aug. Gestatten Sie mir, die Aufmerksamkeit Ihrer Leser auf die von dem hiesigen Chemiker Hrn. Obernetter gefertigten Photographien auf Porzellan zu lenken, nachdem das neue Verfahren dieses in wissenschaftlicher Richtung viel bestrebten Mannes soeben vom Zentral-Ausschuß des polytechnischen Vereins nach eingehender strenger Prüfung die vollste Anerkennung erhalten und die höchst erfreulichen Resultate des größten Lobes würdig befunden wurden. Das Verfahren des Hrn. Obernetter unterscheidet sich wesentlich von den bisherigen Versuchen. (Bekanntlich wurden schon in Wien und Paris, sowie 1862 in der Weltausstellung zu London verschiedene Versuche in diesem Genre der Oeffentlichkeit übergeben.) Die bisherigen Manipulationen suchten das Bild durch Ueberzug von Wasserglas, oder Einschmelzung eines Metalloxyds ohne Fluß auf Porzellan-Glas oder Email zu befestigen, während Obernetter seine Photographien auf vorbezeichneten Materien vollständig mit höchstem Glanze einzuschmelzen im Stande ist. Es identifizirt sich hiedurch das Bild selbst mit den genannten Materien und die Dauerhaftigkeit desselben bleibt gegen irgendwelche schädliche Einflüsse gesichert. Es dürfte eine so wichtige Verbesserung in der Presse schon deshalb zur Sprache kommen, weil nicht selten Unberufene die Früchte des gelehrten Forschers sich zu vindiziren suchen, welche auch nicht das leiseste Verdienst an derartigen Verbesserungen zu beanspruchen haben.
Passauer Zeitung No. 239. Dienstag, den 30. August 1864.
Geschäfts-Eröffnung.
Hiemit erlaube ich mir, die ergebene Mittheilung zu machen, daß ich hier ein
photographisches Geschäft
eröffne, welches sich außer mit Portraitirung und Reproduktion von Bildern jeder Art auch mit
Porzellan-Photographie
befaßt. Durch Vertrag mit dem Erfinder Herrn J. B. Obernetter in München, habe ich für hier das alleinige Fabrikationsrecht für diese Porzellanphotographien erworben und garantire für Unzerstörbarkeit derselben.
Zur Portrait-Aufnahme sind die Stunden von 10-12 und von 2-3 Uhr täglich bestimmt, mit Ausnahme der Sonntags Nachmittage und des ganzen Donnerstags.
Die M. Rieger'sche Buch- & Kunsthandlung hier hält ein Lager meiner Artikel und nimmt auch Aufträge für mich entgegen.
Ich empfehle mein Unternehmen freundlichem Woglwollen.
Ferd. Brauer jun., Maximilianstraße A. 8.
Der Schwäbische Stadt- und Land-Vetter Nr. 21. Augsburg; Samstag, den 26. Mai 1866.
J. B. Obernetter.
In der vergangenen Woche, am 12. April, starb zu München in Folge einer Herzlähmung einer der bedeutendsten und scharfsinnigsten Forscher auf dem Gebiete der photographischen Chemie, J. B. Obernettcr, ein Mann von jener glücklichen Combinationsgabe, welche aus dem Vorhandenen stets durch neuartige Verbindungen auch neue Dinge entstehen läßt und selten darin Täuschungen erlebt. Obernetters Name ist mit der Geschichte der Photographie ebenso verwachsen wie der eines Niepce, Daguerre, Fox Talbot, Legray, Russel etc. Weil aber gerade die Photochemie nicht in weiteren Kreisen jene Würdigung findet, die sie unbedingt verdient, denn heutzutage ist ja der Gebrauch der Photographie in alle Wissenschaften eingedrungen, und ihr hat man mehr denn eine Entdeckung zu verdanken, so erscheint es thunlich, den Tod eines Mannes wie Obernettcr nicht unbeachtet vorübergehen zu lassen, um so mehr, als gerade in seinem engeren Vaterlande wohl Wenige wußten, was der Verstorbene war, und in wie hohem Grade er sich Verdienste um sein Specialstudium nicht allein erwarb, sondern speciell auch dadurch, daß er mit unter den Ersten begann, die reichen Kunstschätze unserer Museen einem weiteren Publicum zugänglich zu machen. Wohl prangte auf seiner Brust kein einheimischer Orden, dafür aber widerfuhr ihm die Genugthuung, daß aus dem fernen Westen Amerika's Leute zu ihm kamen, um sich Rath zu erholen, daß seine Präparate nicht nur überall in Europa Eingang fanden, sondern auch nach allen möglichen transatlantischen Orten verschickt wurden. Ihn trug nicht die Gunst irgendwelcher Verhältnisse empor; die Rührigkeit seiner Hände, die rastlose Energie, welche ihm innewohnte und ein jeglich begonnen Ding mit Conseguenz zu Ende führte, vor allem aber sein klarer Blick, der auf streng wissenschaftlicher Basis beruhte, haben ihn zu einer Capacität ersten Ranges gemacht, welche von Niemandem angezweifelt worden ist. Abgesehen davon, hat er ganz directe Verdienste um München selbst, welches er, wie andere unserer großen Kunstanstalten hier zu einem Stapelplatze der vervielfältigenden Kunst machte, wie es deren in Deutschland nicht viele gibt. Aber die alte Geschichte von dem Propheten und seinem Vaterlande traf auch bei Obernetter vollständig zu, nur machte er sich nichts daraus, sintemalen er vom Auslande derart mit Aufträgen überschüttet wurde, daß er gar nicht allen Anforderungen genügen konnte. Er selbst bekümmerte sich um die geschäftliche Seite der Ausbeutung seiner Erfindungen gar nicht weiter. Das überließ er seinen Specialarbeitern. Einmal bei einem positiven Resultat in irgendwelcher Untersuchung angekommen, präcisirte er dieß, wußte ihm die richtige Verwendbarkeit zu geben und schritt dann sofort zur Lösung eines anderen wissenschaftlichen Problems.
Obernetter ist am 31. Mai 1840 zu München geboren. Sein Vater war Inspector der königlichen Staatsdruckerei, und an ihm hatte allerdings der zum Studenten gewordene Sohn ein Exempel festester Willenskraft. Unter Professor Erdmanns Leitung begann er seine chemischen Studien. Das Doppelverhältniß physikalischen und chemischen Inhalts, welches der Boden ist, auf dem die Photographie steht, nahm sein Interesse vor allem anderen in Anspruch, und so wandte er sich nach Heidelberg zu Bunsen, der damals den Grund zu der Thatsache feststellte, daß photographische Vorgänge nicht lediglich vom Sonnenlichte abhängig seien (Verbrennung von Magnesium). Die jüngsten Tage bringen die Bestätigung dieses Lehrsatzes in glänzendster Weise. Kein Wunder, daß es den jungen Obernetter mit einer wahren Begeisterung zu eigenen photochemischen Untersuchungen trieb, als Bunsen und Kirchhoff zusammen die bedeutsame Entdeckung der Spectralanalyse machten. Obernetter hat mir persönlich des öfteren mitgetheilt, wie diese Entdeckung geradezu elektrisirend auf ihn gewirkt und in ihm die Ueberzeugung wachgerufen habe, daß hier ein Feld mit unabsehbarer Perspective sich dem eröffne, der nach streng wissenschaftlichen Grundsätzen daran gehe, seine Schätze zu heben. Seine Thätigkeit ward ihm eine um so liebere, als er, nach München zurückgekehrt, nunmehr Assistent bei Pettenkofer und Liebig wurde. In welchem wissenschaftlich angelegten Menschen hätte nicht der directe Einfluß solcher Männer ein mächtiger Hebel werden müssen! Liebig selbst bestimmte Obernetter, sich ganz nur der Photochemie zu widmen, und fürwahr, der Schüler machte seinen Lehrern keine Schande. München hatte damals in Albert den bedeutendsten Photographen, und bei ihm trat der Verstorbene ein, um praktisch zu arbeiten. Bald war er auch mit einer bedeutsamen Neuerung fertig. Es war die erste Vergrößerungsmethode mittelst Entwicklung. Mit Molke vorpräparirtes Papier, welches man nach dem Sensibilisiren ancopirte, wurde dabei verwendet. Die Entwicklung selbst geschah mittelst Pyrogallus-Säure. Das Verfahren wird hie und da noch heute angewendet. Von großer Bedeutsamkeit war dann aber seine Erfindung, Photographien auf Porzellan oder Glas einzubrennen, und als er sah, wie dieses neue Verfahren glückte, da machte er sich selbständig. Viele Porzellanfabriken kauften ihm das Verfahren ab und arbeiten noch heute danach. Für die Photographie auf Glas fand sich eine treffliche Verwendung beim Copiren alter oder der Herstellung neuer gemalter Fenster. Neben dieser bedeutsamen Entdeckung machte er gleichzeitig verschiedene andere, die ebenfalls zu einer Verfeinerung und Verbesserung der Technik führten, so z. B. das Collodiumpapier. Während seiner dreijährigen Thätigkeit bei Albert hatte dieser sich mit den Principien des Lichtdruckes beschäftigt, war aber zu keinem positiven Resultat gekommen und ließ deßhalb die ganze Geschichte wieder liegen. Obernetter nahm die Untersuchungen auf, und es glückte ihm binnen kurzer Zeit die Einwirkung des Lichtes auf Chromgelatine zu eruiren und der gefundenen Thatsache praktisch Hand und Fuß zu geben. Albert kaufte das Geheimniß von Obernetter, und kurze Zeit nachher kannte ja die ganze Welt das neue, Albertotypie genannte Verfahren, d. h. die auf mechanischem Wege vervielfältigte Photographie, also ein ganz wesentlicher Fortschritt gegenüber dem mühsamen Copiren jedes einzelnen Blattes unter dem Negativ. Zu den ersten größeren Arbeiten, die Obernetter mittelst des Lichtdruckes herstellte, gehörte die Vervielfältigung von Aufnahmen des photographischen Détachements des preußischen Generalstabes im französischen Kriege. Die Wiener Weltausstellung gab ihm dann Gelegenheit, seiner Arbeit den richtigen Nachdruck zu verleihen. Sämmtliche Aufnahmen der 1873er Weltausstellung machte und vervielfältigte er. Wohl war die Feinheit des gewöhnlichen Silberabzuges vorerst noch eine größere, und Lichtdruck sowohl als Woodburydruck erreichten die Zartheit der Halbtöne, die Tiefe und Klarheit der Schatten bei den ersteren nicht, weßhalb auch bei der Portraitphotographie das Druckverfahren noch nicht recht viel Eingang gefunden hat. Doch auch diesem Nachtheile half Obernetter ab, und seine Aufnahmen aus dem Nationalmuseum zu München, aus der 1876er Kunst- und Kunstgewerbe-Ausstellung ebendaselbst (Werk über die alte Abtheilung) und vieles Andere haben in der Klarheit und Schärfe der Modellirung sowohl als der Zeichnung fabelhafte Leistungen aufzuweisen. Vor allem war er auch bestrebt, die ziemlich bedeutenden Complicationen, welche anfänglich mit dem Lichtdrucke verknüpft waren, beiseite zu schaffen, die ganze Manipulation zu vereinfachen, und dieß erreichte er durch das Einstäubungsverfahren mittelst Graphit, welche Erfindung ihm alsbald die große goldene Voigtländer Medaille eintrug. Nachdem die Sache reliefirt auf Glas ging, war es eine nahe liegende Consequenz, dieselbe auch auf Metall zu übertragen und so begann Obernetter eingehende Studien über alle möglichen Methoden der Metallätzung zu machen. Gleichzeitig mit Albert ging er der Idee des Farbenlichtdruckes lange Zeit nach. Der Umstand, daß die materielle Seite der Sache sich nicht so gestaltete, wie er gedacht hatte, bewegten ihn, die Aufgabe vorerst wieder fallen zu lassen. Damals begann der Engländer N. L. Maddox damit, dem nassen Verfahren (Collodiumplatten) ein neues Präparat entgegenzustellen. Es sind dieß Platten, welche in Verbindung mit Silbersalzen einen Leimsubstanzüberzug bekommen, also fix und fertig präparirt in den Handel kommen können. Obernetter erfaßte den Gedanken und im Verlauf der Jahre 1880 bis 1882 gelang es ihm, dergleichen Platten zu machen. Sein Bestreben, die Trockenplatten so sicher als nur immer möglich arbeitend herzustellcn, gelang aufs glänzendste und hatte alsbald den Erfolg, daß sie in sehr vielen großen Ateliers Deutschlands und auch auswärts eingeführt wurden. Uebertroffen sind sie bis zur Stunde nicht. Gleichzeitig mit dieser Neuerung führte er eine weitere ein, die nämlich, von einem Negativ in der Camera selbst ein beliebig großes zweites Negativ direct mittelst Entwicklung herzustellen. Angaben über das äußerst sinnreiche Verfahren finden sich in allen Zeitschriften und Jahrbüchern, welche über photochemische Themata handeln.
Seine früheren Versuche mit Metallätzung wieder aufnehmend, begann er nun, sich speciell mit dem Wesen der Heliogravure zu beschäftigen. Wohl existirten schon seit langer Zeit solche Blätter in ganz wunderbarer Ausführung, z. B. die im Verlage von Goupil in Paris erschienenen. Wer jedoch die Blätter genauer untersucht, wird bei einiger Sachkenntniß bald die Spuren von Nadel, Polirstahl, Roulette und Schaber finden, mit anderen Worten: Die Platten bedurften immer nach ihrer Herstellung einer sehr starken Ueberarbeitung durch den Kupferstecher. Obernetter setzte sich vor, seine Producte so herzustellen, daß jede Retouche vollständig überflüssig, das Resultat eine genaue Wiedergabe des Originals sei. Es kam ihm dabei allerdings noch ein anderer Umstand zu gute, der weiter unten zu berühren sein wird. Der Unterschied seines »Lichtkupferdruckes« gegenüber den anderen ähnlichen Reproductionsweisen besteht darin, daß nach dem Original ein Chlorsilberpositiv hergestellt wird, welches sich direct auf die Metallplatte übertragen läßt. Alle anderen Arten der Photogravure haben mannichfache Complicationen; erst wird nach dem Original ein Negativ gemacht, nach diesem dann ein Diapositiv hergestellt und dieses auf Kohlenpapier copirt. Diese Copie erst ist auf die Metallplatte übertragbar, entweder mittelst Eisenchloridätzung oder durch Anwendung des galvanischen Stromes. Das Obernetter'sche Verfahren hat demnach den Vortheil einer wirklichen Facsimilewiedergabe, die durch keine Retouche beeinträchtigt wird. Zwar ist diese Reproductionsweise noch nicht sehr nach außen hin verbreitet, doch wird sie es ohne Zweifel werden. Durch die fortwährend verbesserte Gélatine-Emulsion war er damit einer anderen Entdeckung nahe gerückt worden, die mit zu den bedeutendsten Errungenschaften der Photochemie gehört, dem Orthochromatismus nämlich. Es ist bekannt, daß die verschiedenfarbigen Lichtstrahlen auf dem präparirten Negativ verschiedene Wirkungen hervorbringen, daß blau und violett weiß erscheint, roth, gelb, braun und verwandte Töne aber schwarz. Daß dieß, zumal für die Reproduction farbiger Gegenstände, ein außerordentlicher Nachtheil war, liegt klar auf der Hand, und es handelte sich also darum, ein Verfahren zu erfinden, wo jede Farbe in ihrer richtigen Geltung zur Gesammterscheinung sich darstellt.
Professor Vogel in Berlin, der bekanntermaßen auf dem Gebiete der Photochemie eine ganz hervorragende Stellung einnimmt und mit dem Verstorbenen in lebhaftem Wechselverkehr stand, regte diesen in Bezug auf den Orthochromatismus außerordentlich an. Erst wurde versucht, durch einen Zusatz von Farbstoffen dem Ziele näher zu rücken. Es gelang nur theilweise. Erst nach Einschiebung von Strahlenfiltern (gelben Scheiben) zwischen dem Objectiv und der lichtempfindlichen Platte gelang die richtige Wiedergabe der Farbenwirkung. Vogels und Obernetters Bestrebungen gingen nach dieser Erkenntniß nun dahin, die gelbe Scheibe, welche die Exposition um ein bedeutendes verlängerte, durch ein entsprechendes Mittel zu ersetzen, und dieß war eine Farbstoffverbindung. Erythrosinsilber und Eosinsilberverbindungen entsprachen den gestellten Anforderungen im vollsten Maße, doch war immer noch der Uebelstand damit verbunden, daß die solchermaßen hergestellten Platten nicht haltbar waren. Obernetters letzte Arbeit war es, haltbare Platten mit richtiger Wiedergabe der Farben ohne Anwendung der gelben Scheibe darzustellen. Sie sind bereits ein gangbarer Handelsartikel.
So ist er mitten aus einem Leben voll erfolgreicher Thätigkeit herausgerissen worden, zu früh für Alle, die seine Verdienste und seinen dabei einfach gebliebenen Charakter kannten, der frei war von jener aufgeblähten Art und Weise, die der Erfolg leicht zum Schleppenträger hat und der man ja auf Schritt und Tritt begegnet, draußen auf der Landstraße sowohl als herinnen, auf den breiten Straßen und den schmalen Gäßchen der Stadt. Mit ihm ging nicht nur eine wissenschaftliche Größe dahin, vor allem auch ein Mann, von schlichter Weise, von echt deutschem Wesen. Eine kleine Bemerkung möge hier angeknüpft sein. Die tagtägliche Correspondenz brachte Briefe in allen Weltsprachen. Und wenn nun die Antwort auf diese wegging, dann war sie nicht etwa französisch, englisch, italienisch oder sonst was, sondern deutsch. Obernetter meinte jedesmal: Die da draußen muthen uns immer zu, daß wir alles lernen! Jetzt mögen sie halt auch einmal anfangen und deutsch lernen.
Hans v. Berlepsch.
Allgemeine Zeitung Nr. 111. München; Freitag, den 22. April 1887.
J. B. Obernetter †.
Im Jahre 1887 starb der berühmte Photochemiker und Erfinder J. B. Obernetter in München. Er war am 31. Mai 1840 geboren, studirte Chemie und trat 1860 in das Atelier Albert’s ein. Er erfand 1864 ein neues Copirverfahren ohne Silbersalze, übte das Einstaubverfahren auf hygroskopischen Chromschichten mit grosser Virtuosität und erhielt für seinen darauf basirten Process zur Herstellung umgekehrter Negative von der Wiener photographischen Gesellschaft die grosse goldene Medaille. Eine sehr bedeutsame Entdeckung war die Vervollkommnung von Collodionemulsionspapier. Eine besondere Aufmerksamkeit wandte Obernetter dem Lichtdruck zu, wobei er die Vorpräparation der Platten mit Wasserglas einführte und Drucke von hoher künstlerischer Vollendung lieferte. Er erfand einen neuen sinnreichen Emulsionsprocess durch Silbern einer Bromsalz haltigen Gallerte. In der letzten Zeit hatte er ein völlig neues Princip der Heliogravüre erdacht und mit der ihm gewohnten Sorgfalt ausgearbeitet, welche unter dem Namen Kupferlichtdruck bekannt ist. Die Methode besteht dann, dass er ein im Chlorsilber verwendetes Negativ direct in das Kupfer, in einer nicht näher bekannten Weise einätzt Diese Methode überragt an Schönheit und Schnelligkeit alle anderen heliographischen Methoden. Der Verlust, den die photographische Welt durch den Tod J. B. Obernetter’s erlitten hat, ist ein sehr grosser.
Wir bringen das Porträt des genannten Forschers in unserer Beilage; sie ist mittels des Obernetter’schen Lichtkupferdruckes in der von Obemetter gegründeten, nunmehr von seinem begabten Sohne Emil Obernetter geleiteten Anstalt hergestellt und zeigt zugleich die grosse Leistungsfähigkeit der von Obernetter erfundenen photographischen Druckmethode.
Jahrbuch für Photographie und Reproduktionstechnik für das Jahr 1888. Halle an der Saale, 1888.
Obernetter Johann Baptist, 1840 (München) – 1887, Chemiker und Kunstanstaltsbesitzer; sein Vater, Johann O. (1800 bis 1866), war Graveur bei der Steuer-Kataster-Kommission und zuletzt »2. Inspektor bei der Lithographischen Anstalt des königlichen Staatsrats«, der sich durch Herstellung von Grenzregulierungskarten auszeichnete; O. selbst war ein berühmter Photochemiker, der ein Verfahren zum Einbrennen von Photographien auf Porzellan, Email und Glas erfand und als erster Zelloidinpapier fabrikmäßig herstellte; später wandte er sich dem Lichtdruck zu, dem er die Gestalt verlieh, die unter dem Namen »Albertotypie« (wegen der Mitarbeit mit J. Albert) zur Ausführung gelangte; auch verbesserte O. die photographischen Trockenplatten und den Farbenlichtdruck; seine Reproduktionen aus der Sammlung des Bayerischen Nationalmuseums waren sehr geschätzt.
© Dr. phil. Max Joseph Hufnagel: Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München. Zeke Verlag; 4. Auflage. Würzburg, 1983.