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21 – 12 – 1 (Ermarth)

Ω

Linke Spalte

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Rechte Spalte

Melanie Ermarth
geb. Häckl
Hofopernsängerin
geboren den ¿ Dezember ¿
gestorben den 30. ¿

Ω

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Albert Ermarth

Puls (ps)
* 19.7.1846 (München)
† 26.4.1901 (Hof)
Schauspieler

Neueste Nachrichten (3.5.1887)

Herzlichen Dank

dem hochverehrten Publikum wie der gesammten Presse Münchens für die Güte und Nachsicht, die uns im Laufe unseres Wirkens an den hiesigen Bühnen zu Theil wurde, innigsten Dank ferner für die überwältigenden Beweise von Sympathie bei unserem Scheiden. Mit bewegtem Herzen sagen wir »Lebewohl«.

München, den 2. Mai 1887.

Albert & Melanie Ermarth.

Neueste Nachrichten und Münchener Anzeiger No. 123. München; Dienstag, den 3. Mai 1887.

Münchner Neueste Nachrichten (1.5.1901)

Albert Ermarth
München, 30. April.

Von der alten Garde des Theaters am Gärtnerplatz ist wieder Einer dahingegangen. 20 Jahre lang wirkte Ermarth da draußen, eine feste Stütze des Hauses. Er gehörte dem Ensemble schon an, als es auf seinem Höhepunkt stand, als Kräfte wie Brummer, Dreher, Hofpaur, Albert, Neuert, Skitt, Flerx, Puley, Amalie Schönchen, Hartl-Mitius u. A. sich die ganze Volksgunst zu erwerben verstanden. Ermarth war kein großer Künstler, aber ein strebsamer, ein überaus fleißiger. Er war, wie man so sagt, für die Direktion eine grande utililé. Für Alles war er verwendbar, für jede Rolle setzte er seine ganze Kraft ein. Er war als Naturbursche, als Liebhaber, Charakterdarsteller, Sänger und Komiker an seinem Platze. Und wenn seine Leistungen auch nicht den Stempel der Größe trugen, so stellte er doch in allen Fächern seinen Mann. Und derartige Kräfte sind für ein Theater überaus werthvoll und schätzbar. Es können nicht Alle auf dem hohen Kothurn einherschreiten. Es wird Monate gegeben haben, in denen Ermarths Name auf keinem Zettel fehlte. Und wenn gerade Feiertage mit Nachmittagsvorstellungen waren, so mag er wohl in manchem Monat mehr als dreißigmal gespielt haben. Im Volksstück, im Schwank, in der Posse und in der Operette war er zu finden und manche beachtenswerthe Leistung steht den Theaterbesuchern dieser langen Zeit mit der Person Ermarths noch in freundlicher Erinnerung. Weniger lag ihm die Komik, in deren Fach er sich mehr und mehr hinüberdrängen ließ, es ist ja eine häufige Erscheinung, daß es Künstler gelüstet, Fächer zu spielen, die nicht in ihrer Sphäre liegen.

Es war Ermarth nicht an der Wiege gesungen, daß er am Thespiskarren ziehen solle, der Dilettantismus hatte das an ihm verschuldet. Ermarth war, wie die Leser schon vernahmen, der Sohn eines bayerischen Generals und hatte als solcher eine sorgfältige Erziehung genossen, er hatte das Kadettenkorps besucht und dort war es, wo er schon bei gelegentlichen Aufführungen auf der Bühne wirkte. Als schneidiger Reiterleutnant, dem ein kecker Renommirschmiß im Gesichte saß, hatte er den Feldzug 1866 mitgemacht. Da hatte es ihm im Jahre 1869 die Liebe zur Kunst und zu seiner späteren Frau, einer Bühnenkünstlerin, angethan. Er sagte der militärischen Laufbahn Valet und ging zum Theater. Schon im Jahre 1870 wurde er von Direktor Ascher am Carltheater in Wien engagirt, nachdem er am 3. September 1869 in einer Hamlet-Vorstellung — seinem ersten öffentlichen Auftreten — eine kleine Episodenrolle mit gutem Erfolg gespielt hatte. Regisseur Benedix, ein Sohn des bekannten Lustspieldichters, gab ihm Anleitung zur Vervollständigung seiner Schauspielkunst. Im Herbst 1870 kam Ermarth als erster Held und Liebhaber an das Theater in Laibach, und von da an begann ein ruheloses Wanderleben für den aufstrebenden Künstler, der nun auch die Misere des neuen Berufes kosten mußte. In nicht weniger als zehn verschiedenen Städten spielte er bis zum Jahre 1878, u. A. in Nürnberg, hauptsächlich aber auf dem Boden der österreichisch-ungarischen Monarchie, in Salzburg, Ischl, Franzensbad, Graz, Laibach, Prag, Effeg, Preßburg und Triest. Einmal gab es eine Zeit, in der er auch durch Klavierunterricht sein Brod erwarb; er war ein ausgezeichneter Klavierspieler und gab von seiner Fertigkeit auch auf der Bühne zuweilen Proben. So hatte er sich einmal im »Bibliothekar« eine bezügliche Einlage gemacht, die allgemein überraschte. Im Jahre 1880 trat Ermarth seine Stellung als Charakterkomiker am hiesigen Gärtnerplatztheater an. Seine Bildung, seine Belesenheit halfen ihm natürlich viel in der Auffassung und Durchgeistigung seiner Rollen, von denen besonders ernste seiner Individualität entsprachen. Sein Pfarrer von Kirchfeld z. B., der Pfarrer in der »Versunkenen Glocke« waren vorzügliche Darbietungen. Sein Temperament war etwas aufbrausend, er trug leicht das Herz auf der Zunge und legte seine Worte nicht auf die Wage. Das mag ihn mit manchen Kollegen in Konflikt gebracht haben und mag auch der Grund gewesen sein, daß er nach dem langjährigen Regime Lang vom Gärtnerplatztheater scheiden und in seinen alten Tagen nochmal zum Wanderstabe greifen mußte. Nachdem er in Wien gastirt hatte, schloß er sich in den Jahren 1900 und 1901 dem Dreher'schen Lustspiel-Ensemble an. Mit dem zunehmenden Alter hatte aber die Elastizität des Unermüdlichen doch ihre Grenze erreicht. Die Anstrengungen, denen er sich unterzog, hatten Gehirnblutungen zur Folge, die das erste Mal vorübergingen, ohne scheinbar nachtheilige Wirkungen zu hinterlassen, dann aber erneut auftraten und schließlich eine Lungenentzündung im Gefolge hatten, die seinen Tod herbeiführte. War Ermarth ein fleißiger und tüchtiger Künstler, so war er auch ein seelenguter Mensch. Alle, die ihn kannten, lobten namentlich seine Fürsorglichkeit als Familienvater. Mit den Seinen lebte er in glücklichster Harmonie. Seine Gattin, Frau Melanie Ermarth, war viele Jahre hindurch erste Operettendiva am Gärtnerplatztheater, seine Schwägerin Frl. Häckl hatte als Sängerin gleichfalls schöne Erfolge. Von den beiden Töchtern Ermarths mußte die eine zum tiefsten Schmerz der Eltern in einer Heilanstalt untergebracht werden. Die andere aber, die eine sorgfältige Erziehung genoß, bestand zur Freude des Vaters vor etwa zwei Jahren als Rautendelein in der »Versunkenen Glocke« an der Stätte, der Ermarth seine ganze Lebenskraft gewidmet, am Gärtnerplatztheater, die Feuerprobe. Die jugendliche Künstlerin, die in Wien Engagement fand, wird demnächst in den Verband des Stadttheaters in Riga eintreten. Ermarth, der selbst die Bitternisse des Lebens kosten gelernt, hatte auch für Andere stets ein warmes Herz. Wo immer bei einer Wohlthätigkeitsvorstellung an seine Mitwirkung appellirt wurde, da war er sofort bereit. Das Vertrauen seiner Kollegen berief ihn zum zweiten Vorsitzenden des Pensionsvereins der Mitglieder des Gärtnerplatztheaters. Als seinerzeit debattirt wurde, ob der Pensionsverein aufgelöst werden solle, da trat Ermarth mit voller Lebhaftigkeit für die Forterhaltung des Humanitären Unternehmens ein, ja er war der letzte Redner, der für ein Weiterbestehen das Wort ergriff. Bei aller Strebsamkeit und bei allem Fleiß konnte Ermarth keine irdischen Schätze sammeln. Seine Hinterlassenschaft ist ein gutes Andenken an einen edlen Charakter und an einen schaffensfreudigen, dem Idealen zustrebenden Künstler.

H. R.

Münchner Neueste Nachrichten No. 203. Mittwoch, den 1. Mai 1901.



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