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23 – 2 – 6 (Spieß)

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Die Grabinschrift ist nicht erhalten

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August Spieß

* 18.1.1841 (München)
† 16.7.1923 (München)
Freskenmaler und Historienmaler

Münchner Neueste Nachrichten (16.7.1923)

Professor August Spieß, der bekannte Münchner Historien- und Genremaler, ist im 83. Lebensjahre gestorben. 1841 in München als der Sohn des Kupferstechers A. Spieß geboren, empfing er seine Ausbildung unter Foltz auf der hiesigen Akademie. Ganz im Sinne der Historienmalerei des Meisters schuf er für die Albrechtsburg zu Meißen, für Neuschwanstein, vor allem aber in den bekannten Wandbildern der Hochzeit Georgs des Reichen im Rathaus zu Landshut und in den kulturgeschichtlichen Alt-Münchner Bildern im hiesigen Rathaussaal lebendige, farbenprächtige historische Schilderungen. Aehnlich war er auch auf dem Gebiete der kirchlichen Kunst in den erneuerten Zwickelgemälden der Deckenfresken der hiesigen Ludwigskirche und mit Bildern in der Votivkapelle zu Berg am Starnbergersee tätig.

Münchner Neueste Nachrichten Nr. 190. Montag, den 16. Juli 1923.

Münchner Neueste Nachrichten (17.7.1923)

Münchner Teil

Professor August Spieß †. Unter Beteiligung von Künstlern, Gelehrten und anderen Trauernden wurde im alten Südfriedhof Kunstmaler Professor August Spieß zu Grabe getragen. Der Stadtpfarrer von St. Paul gab in der Gedächtnisrede ein Lebensbild des Künstlers, den er als Menschen von hohem sittlichem Werte schilderte. Professor Geheimrat v. Marr, der im Namen der Münchner Künstler-Genossenschaft einen Kranz niederlegte, führte aus: »Spieß sah nicht nur die große Zeit der Künstler-Genossenschaft, er sah auch die goldene Zeit Münchner Kunstschaffens. Spieß schuf, arbeitete und war glücklich; er brauchte nicht den lauten Beifall der breiten Massen. Wer ihn kannte, schätzte ihn. In den Annalen der Künstler-Genossenschaft wird sein Name unvergessen bleiben, wie er auch unvergessen sein wird in den Annalen des Werdens der Münchner Kunst.« Kunstmaler Rögge erinnerte an das Wirken Spieß', der Ludwig II. und andere Fürstlichkeiten als Freunde und Gönner hatte. Die Kunst war für Spieß etwas Heiliges. Die Gesellige Vereinigung bildender Künstler, der er als Gründungsmitglied angehörte, weihte dem Freunde und Kollegen durch Rögge einen letzten Blumengruß. Der Sekretär des Künstler-Unterstützungsvereins rief Worte der Liebe und Freundschaft ins Grab.

Münchner Neueste Nachrichten Nr. 191. Dienstag, den 17. Juli 1923.

Coburger Zeitung (18.7.1923)

Vermischtes.

Kunst, Wissenschaft, Literatur.

Professor August Spieß, der Münchener Genre- und Historienmaler, Schöpfer der Wandgemälde für König Ludwigs Schloß Neuschwanstein, für den neuen Rathaussaal in München und für die Albrechtsburg in Meißen, ist, 82 Jahre alt, in München gestorben.

Coburger Zeitung Nummer 166. Mittwoch, den 18. Juli 1923.

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Heinrich Spieß

* 10.5.1832 (München)
† 8.8.1875 (München)
Freskenmaler und Historienmaler

Kunstvereinsbericht für 1876 (1877)

Heinrich Spieß,
Historienmaler,

wurde zu München als der älteste Sohn des geachteten Kupferstechers August Spieß am 10. Mai 1832 geboren. Die Eltern gaben den anfänglichen Plan, ihn studiren zu lassen, willig auf, als sie seine Neigung zur Kunst und ein nicht zu unterschätzendes Talent für dieselbe an ihm entdeckt hatten, und ließen ihn zunächst bei Professor A. Rhomberg auf den Besuch der Akademie seiner Vaterstadt sich vorbereiten. Im Jahre 1849 fand er Aufnahme an derselben und es gelang ihm bald die Aufmerksamkeit Kaulbach's, der bekanntlich damals die Leitung der Akademie übernommen hatte, in einer Weise auf sich zu ziehen, daß dieser ihn gerne zur Uebernahme von Hilfsarbeiten veranlaßte und auch als Zeichnungslehrer in seine Familie einführte. Nebenbei setzte Spieß seine Studien in der Malschule des Professors Anschütz eifrig fort. Im Jahre 1855, als Schwind die Ausführung der berühmten Wartburgfresken in Angriff nahm, ward ihm der ehrenvolle Auftrag zu Theil, hiebei mitzuwirken. Er hatte die ihm übertragenen Arbeiten fast zum Abschlusse gebracht und zwar, was nicht unerwähnt bleiben darf, zur vollsten Zufriedenheit Schwind's, als ihn die Nachricht von dem Tode des Vaters nach Hause rief. Es galt nun, seiner Familie den verlorenen Ernährer zu ersetzen, eine um so schwerere Pflicht für den immerhin noch nicht ganz selbstständigen Künstler, als bereits die Anfänge eines Brustleidens sich fühlbar machten. Sein reges Streben fand indessen bald wieder eine lohnende Anerkennung in dem Auftrage, an der Ausschmückung des bayerischen Nationalmuseums mit Frescogcmälden sich zu betheiligen. Zwei Darstellungen aus dem Leben Heinrich des Löwen, welche von Spieß für das genannte Museum entworfen und ausgeführt wurden, zählen zu den besten Arbeiten, denen wir dort begegnen. Nicht lange darauf — es war im Jahre 1865 — folgte er einem Rufe des damaligen Erbprinzen Georg von Sachsen-Meiningen, für dessen Villa zu Liebenstein Ludwig Richter eine Reihe von Idyllen entworfen hatte, um diese gemeinschaftlich mit seinem nicht minder talentvollen Bruder August in Fresco auszuführen. Nach München zurückgekehrt lieferte er eine Anzahl allegorischer Darstellungen von Wissenschaften für die Arkaden des Maximilianeums, wobei dem Bruder wieder ein Theil der Aufgabe zufiel. Auch im Aquarellmalen hat Spieß mit Glück sich versucht, wie mehrere größere Blätter zu Richard Wagners »Tristan und Isolde« und »Fliegendem Holländer« in des Königs Ludwig II. Privatsammlung bekunden. Mancher Carton, für Zwecke der Glasmalerei entworfen, sowie Illustrationen zu Dramen Schillers gaben außerdem beredtes Zeugniß von des Künstlers hervorragender Begabung.

Leider machte die schon erwähnte Krankheit immer raschere Fortschritte und zwang ihn in den letzten Jahren zu häufigen Pausen in seiner Thätigkeit und zur Meidung fast allen gesellschaftlichen Verkehrs. Am 8. August 1875 schied Spieß in Folge eines Anfalles von Bluthusten aus einem Leben, in welchem die Freude über manchen schönen Erfolg mit Sorgen und Qualen nur zu theuer hat erkauft werden müßen.

Bericht über den Bestand und das Wirken des Kunst-Vereins in München während des Jahres 1876. Nachtrag zum Rechenschaftsberichte des Jahres 1875. München, 1877.

Allgemeine Deutsche Biographie (1893)

Spieß: Heinrich S., Historienmaler, geb. am 10. Mai 1832 in München als der älteste Sohn des Kupferstechers August S. Obwol anfänglich zum Studium bestimmt, errang das frühreife Talent doch die Erlaubniß zum Uebertritt in die Gewerbeschule, wo Professor Jos. Anton Rhomberg seine Begabung erkannte und zum Eintritt in die Akademie bei Prof. Anschütz vorbereitete. Hier sollte indessen der Junge zu seinem Heile nicht lange bleiben, denn Landschaftsmaler Heinlein empfahl ihn an Wilhelm v. Kaulbach, welcher ihn nicht allein als Zeichnungslehrer für seine Kinder annahm, sondern auch mannichfaltig im eigenen Atelier beschäftigte. So vergrößerte S. unter den Augen des Meisters Kaulbach's Entwurf zum »Kreuzfahrer«-Carton, auch lieferte er eine Copie des berühmt gewordenen, ein todtes Kind aufwärtstragenden Engels, zur vollsten Zufriedenheit seines strengen Lehrers. Indessen war M. v. Schwind nach München gekommen, der mit seiner sprudelnden Phantasie und seiner prägnanten Charakteristik die jüngeren Talente mächtig anzog. Ohne zu Schwind's Schülern zu gehören, fand sich S. doch mit einer eigenen Innigkeit in die Weise desselben, so daß ihn Schwind als Gehülfen mit auf die Wartburg nahm, wo S. bei Ausführung der »Werke der Barmherzigkeit« und der »Bilder aus dem Leben der hl. Elisabeth« mitwirkte. Ebenso zeigte eine Anzahl von Holzstockzeichnungen, welche S. in der Folge für die »Fliegenden Blätter«, die »Münchener Bilderbogen« und andere Unternehmungen des xylographischen Verlags von Braun und Schneider lieferte, ein so enges Anschließen an Schwind, daß diese Illustrationen häufig mit gleichzeitigen Original-Arbeiten Schwind's verwechselt wurden. Der wohlbewußte Drang nach weiterer Ausbildung im Colorit führte den Maler in die damals florirende Schule des Professor Philipp Foltz, wo sich eine große Anzahl gleichstrebender jüngerer Kräfte zusammenfand, die unter dem seither wieder verschwundenen Namen »Jung-München« eine vielverheißende Aera gründeten. Heinrich S. gewann 1856 durch eine Concurrenz-Zeichnung »Jacob mit dem Engel ringend«, den ersten Preis, erhielt mehrere Bestellungen zu Altarbildern und malte darauf im National-Museum die großen Fresken aus dem Pilgerzuge Herzog Heinrich's des Löwen nach Jerusalem und wie derselbe Löwe den Aufruhr der Römer während der Krönung des Kaisers Friedrich I. in der Peterskirche darniederschlug. In beiden Werken war eine sehr packende, scharf accentuirte Charakteristik, welche schöne weitere Hoffnungen erweckte. In der Folge arbeitete Heinrich S. fast unzertrennlich mit seinem jüngeren, unterdessen herangebildeten und überaus begabten Bruder August S. (geb. am 18. Januar 1841). In neidloser Weise vereint, zeichneten die Brüder viele Cartons für Swertschkow's Glasmalerei-Anstalt und andere ähnliche Etablissements, schmückten nach den kleinen Skizzen Ludwig Richter's die von Ludwig Lange erbaute, dem damaligen Erbprinzen von Meiningen gehörige Villa Feodora in Liebenstein, schufen in sorgfältig ausgeführten Aquarellen den Bildercyklus für König Ludwig II. zu »Tristan und Isolde« und dem »Fliegenden Holländer«; beide Arbeiten erschienen 1869 auf der Internationalen Kunstausstellung zu München und ernteten ob ihrer trefflichen Zeichnung und Farbengebung das verdiente Lob. Ebenso sind die 22 lebensgroßen allegorischen Figuren, welche in der offenen Vorhalle des Maximilianeums in Fresco gemalt wurden, das Werk der beiden Brüder. Außer einigen Genrebildern, die in Köln und Wien angekauft wurden, schuf Heinrich S. noch Zeichnungen zu Schiller's »Räubern«, zu »Fiesco« und »Kabale und Liebe« und mehrere Blätter zur »Shakespeare-Gallerie«. Neue schöne Aufträge waren in Sicht, welche der durch wiederholten Blutsturz todkranke Mann freudig dem jüngeren Bruder überließ, als er schon am 8. August 1875 aus dem Leben schied. Ein echtes Künstlerleben mit seinen Kämpfen und Leiden, mit seinen Freuden und dem verklärenden Schluß – einer glänzenden Aussicht auf längst ersehnte Aufträge, wenn das Auge bricht und die Hand erstarrt...

Vgl. Beil. 269 »Allgemeine Zeitung« vom 26. September 1875. – Lützow's Zeitschrift f. Kunst 1875. X, 809. – Kunstvereins-Bericht für 1876. S. 84. – Maillinger's Bilderchronik 1876. III, 100.

Dr. phil. Hyazinth Holland: Allgemeine Deutsche Biographie. Leipzig, 1893.



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