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23 – 9 – 20 (Ruf)

Ω

Familien-Grab

Hier ruhen in Gott
Herr JaKob Ruf
¿
Frau Margareth Ruf
gest. den ¿. Mai 1871 im 83. Lebensjahre
Herr Heinrich Ruf
Bildhauer
gest. den 23. ¿ 1883 im 56. Lebensjahre
Frau Antonie Ruf
geb. Barth
Bildhauerswittwe
geb. 2. Nov. 1822 zu Rastatt
gest. 26. Okt. 1900 zu München

Ω

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Heinrich Ruf

* 10.3.1837 (München)
† 23.1.1883 (München), Tod durch Selbstmord
Bildhauer

Allgemeine Zeitung (25.2.1883)

Nekrologe Münchener Künstler.
(S. »Allg. Ztg.« Nr. 47 B.)

XXIX.

[...]

Daß die Sorge ihm [Anton Deibl] nicht nahe trat, bevor sein Leben erlosch, verhinderten wackere Freunde.

Solche scheint der Bildhauer Johann Heinrich Ruf nicht erworben zu haben, welcher in der Nacht vom 22 auf den 23 Januar dieses Jahres seinem Leben gewaltsam ein Ziel setzte. Derselbe wurde am 10 März 1827 als der Sohn eines armen Maurergesellen zu München geboren, kam frühzeitig zu einem Büchsenmacher in die Lehre, und gewann durch Schneiden von Jagdstücken auf Büchsenschäfte die erste Anregung zur plastischen Kunst. Sein Entschluß, Bildhauer zu werden, führte ihn auf die polytechnische Schule, dann 1845 auf die Akademie, wo Ruf durch Fleiß und Talent Schwanthalers Gunst errang. Um seinen alten Eltern eine Stütze zu sein, verzichtete er auf eine in Aussicht stehende Reise nach Italien. Auf der Kunstausstellung vom Jahre 1848 erregte er durch seine Leistungen schon schöne Erwartungen. Er wies keine Arbeit ab. Der Kampf ums Dasein war schwer und lang. Aber die Ausdauer siegte. Als Heinrich Ruf in dem unterdessen an der damaligen Sendlinger-Landstraße (nun Lindwurmstraße) erworbenen Häuschen sein Atelier öffnete und die Münchener Kunstwelt im December 1857 zum Besuche seiner Ausstellung einlud, überraschte er durch vierzig vollendete Originalarbeiten. Darunter waren neun lebensgroße Statuen von Aposteln, Madonnen, Heiligen und Engeln; allegorische Figuren, Portraits, darunter die Büsten von Zedlitz und Fr. Halm, Grabdenkmale und Anderes zeigte sich im bunten Wechsel. Seine Vielseitigkeit und Geschicklichkeit war rühmenswerth. Nun erinnerte man sich auch, daß die Statuetten der »vier Jahreszeiten« an dem gleichnamigen Hotel in der Maximiliansstraße und anderer plastischer Häuserschmuck in Medaillon- und Relief-Form von diesem Künstler herrührten. Allgemeine Anerkennung fand eine überlebensgroße sitzende »Loreley« 1858 auf der Kunstausstellung im Glaspalast. Nun folgten schöne Aufträge: Für König Maximilian lieferte Ruf die Statuen Karl X und Karl XII in das Wittelsbacher-Museum und die Figur des »Schmied von Kochel« an die Facade dieses Gebäudes. Ebenso beehrte ihn Se. Maj. König Ludwig II mit vielfachen Aufträgen, und der Künstler wäre mehr als geborgen gewesen, hätte sich der leicht erregbare Mann, offenbar durch übelwollende Einflüsterung verhetzt, nicht zu einer Klage gegen das kgl. Cabinet verleiten lassen. Ruf war nicht im Stande vor den ihres Diensteides entbundenen Beamten auch nur eine seiner schwer klingenden Anschuldigungen zu behaupten. Den üblen Eindruck und den vielen Staub, welchen dieser unsinnige Proceß hervorgerufen hatte, vergessen zu machen, begab sich Ruf 1868 nach Basel, wo er vielfach Arbeit und eine brave Frau fand, mit welcher derselbe 1875 in sein altes Heim zurückkehrte. Allerlei hübsche Arbeiten, wie die Statuette eines »Trompeter von Säklingen,« der Reliefkopf eines »Haideröslein,« die Büsten von Liszt, C. v. Binzer und Ferdinand Lang brachten seinen Namen wieder in Erinnerung, zwei Relief-Medaillons »Nacht und Morgen,« edel an Form und voll feiner Empfindung, (Vgl. Lützow: Zeitschrift für bildende Kunst. 1876. XI, 662.) ein »Kinderengel mit Blumenkorb,« die »Jahreszeiten in Kindern dargestellt« (1879), dazu die Statuen von Steinheil, James Watt und Stephenson in der Einsteighalle des neuen Bahnhofs, gaben Zeugniß von dem Fleiße, dem Eifer und der Geschicklichkeit des Mannes, welcher nebenbei auch vielen idealen, nicht bestellten Projecten oblag und ihre Ausführung in Marmor wagte. Darüber mag er wohl in Geldverlegenheit und Wucherhände gerathen sein. Im peinlichen Bewußtsein, sein gegebenes Wort nicht einlösen zu können, verließ er Abends unbemerkt das Schlafzimmer seiner Kinder, welche am anderen Morgen zu ihrem Entsetzen die Leiche des Vaters in einem Winkel seines Ateliers entdeckten.

Allgemeine Zeitung Nr. 56. München; Sonntag, den 25. Februar 1883.



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