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Erich Correns
Kunstmaler
* 1821 † 1877
Emilie Correns
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* 3.3.1821 (Köln)
† 14.6.1877 (München)
Lithograph, Historienmaler und Portraitmaler
Correns, Erich, Maler und Lythograph, geboren um 1820 zu Köln, wo sein Vater Rath beim Appellationsgerichtshofe war. Erich genoß eine sorgfältige wissenschaftliche Bildung und hatte bereits die Universität Bonn zum Studium der Jurisprudenz bezogen – da siegte die Neigung zu künstlerischem Wirken, die er bis dahin nur in seinen Nebenstunden hatte befriedigen können, und, Bonn verlassend, begab er sich zur Malerakademie nach München, wo er noch gegenwärtig verweilt. Wir dürfen von dem viel versprechenden jungen Manne zu behaupten wagen, daß er in dem Künstlerberufe seinen wahren Beruf erwählt habe und seiner Vaterstadt Ehre machen werde. Schon in Köln hatte er während einer mehrjährigen Anleitung des Malers und Gymnasial-Zeichnenlehrers Everh. Bourel sowohl im Zeichnen als in der Miniaturmalerei die glücklichsten Gaben an Tag gelegt und manche wohlgelungene Bildnisse gefertigt. In Bonn führte er einige große Blätter mit Studentengelagen auf Stein aus, deren figurenreiche Gruppen nur Bildnisse enthalten. Andere von ihm lythographirte Bildnisse sind:
Richard von Hontheim. Advokat-Anwalt zu Köln, ohne dessen Namen; Brustbild, der Kopf fast ganz von vorne genommen, wenig nach rechts gewendet, die linke Hand hält er unter dem halb zugeknöpften Rocke; links am Arme steht: Fecit Erich Correns, rechts: Coeln 1843. Kl. fol.
F. E. Frhr. von Mering, Doctor der Philosophie. Brustbild, Fecit Erich Corrnes stud. jur. Bonn 1843. 8. Gehört zum siebenten Hefte der Geschichte der Burgen u. s. w. in den Rheinlanden, von F. E. von Mering. Köln, 1844.
Franz Raveaux, Kniestück; Erich Correns 1844. Gr. fol. Spätere Abdrücke haben bei Raveaux’ Namen den Zusatz: Abgeordneter für die Stadt Köln bei der Deutschen National Versammlung in Frankfurt. Erwählt am 10. Mai 1848.
Bernard Steinbüchel, Ehrendomherr, gest. 1845, Brustbild. Gez. nach einem Bilde v. Gottf. Weisenahl, v. E. Correns. rechts die Adresse des Druckers: Lith. v. C. W. Meissner in Bonn. Fol.
Everhard Bourel, Maler, (siehe Diesen.)
Sein eigenes Bildniß, ohne seinen Namen, wurde 1844 von E. Jenichen lythographirt; er sitzt nach rechts gewendet, das Zeichnenheft auf dem Schooße und die Reißfeder in der Linken der übereinander gelegten Hände haltend; links steht: E. Jenichen fec. 44. Fol.
Johann Jakob Merlo: Nachrichten von dem Leben und den Werken Kölnischer Künstler. Köln, 1850.
Erich Correns,
Porträt- und Historienmaler.
Nicht jeder Lebensweg liegt vom Anfang an klar und eben vor dem Wanderer. Oft geht es seitwärts auf weitverschlungenen, mehr steinigen als blumenreichen Pfaden, und nur das Sonntagskind, welchem die Musen ihr Gnadengeschenk in die Wiege legten, findet sicher aus dem Irrgarten des Lebens die schmale Bahn zu dem meist abseits der staubigen Heerstraße geborgenen Tempel des Ruhmes.
Es war übrigens kein Unglück für Correns daß er (geboren am 3 März 1821 zu Köln) nach dem Vorbilde seiner Vaters, eines geachteten Appellationsgerichtsraths, zum Juristen bestimmt wurde und deßhalb eine gründliche Schul- und Jugendbildung erhielt, welche ihm später noch trefflich zu statten kam. Doch fand ebenmäßig seine künstlerische Begabung frühzeitig die gehörige Pflege, insbesondere durch den Maler Everhard Bourel, welcher am Gymnasium als tüchtiger Zeichnungslehrer fungirte. Vorerst kam Correns als Studiosus der Rechtsgelehrsamkeit auf die hohe Schule nach Bonn, wo im lustigen Studentenleben die ersten Freundesporträte gezeichnet und allerlei Compositionen entworfen wurden. Letztere kamen dem durchreisenden Cornelius unter die Augen, welcher dem Glücklichen den entscheidenden Rath gab getrost die Künstlerlaufbahn zu beginnen.
So fuhr Correns – der Abschied von der Themis mochte ihm kaum schwer geworden sein – nach dem hochbelobten München. Als er seinen Geleitsbrief bei Director Zimmermann überbrachte, erregte der neue Kunstjünger bald gerechtes Aufsehen, einerseits durch seine Begabung, womit das scharf beobachtende Auge und seine sichere Hand den Strich mit eben so großer Wahrheit wie mit gestaltendem Schönheitstrieb fühlte und führte, dann aber auch durch seine originelle Erscheinung. Auf dem beinahe schmächtigen Körper saß ein von langen goldgelben Haaren und einem gleich rothen stacheligen Bart umrahmtes mächtiges Haupt, mit breiter, gewaltiger, eckiger Stirn, unter welcher die hellblauen Augen seelenvergnügt und morgenfröhlich in die Welt lachten, ein sprechendes Bild jugendfrischer Kraft und geistiger Gesundheit. Das reine Blut der Usipeter und Tenchterer rollte in seinen Adern mit dem speciellen Kölner Typus der Mittelalters, welchen schon die Meister Wilhelm und Stephan bei ihren Apostelköpfen unsterblich dargestellt haben; dazu kam eine glückliche Mischung von echtem Selbstbewußtsein und wahrer Schüchternheit, welche dem Mann jene reizende Bescheidenheit verlieh die ihn zeitlebens nicht verließ.
Und wieder war es schwerlich ein Unglück daß der fleißige Kunstschüler, seit dem Tode des Vaters ganz auf sich angewiesen, gleich auf die praktische Verwerthung des Erlernten bedacht sein mußte. So hielt er sich an der Akademie nicht zu lang auf, sondern eilte 1846 auf die Einladung einiger Freunde nach Heidelberg, der schönen und wunderbaren Musenstadt, wo sein Stift reiche Beschäftigung fand. Correns durchkostete das lustige Studentenleben noch einmal, und brachte dasselbe als Maler in so origineller Weise auf das Papier, wie es Jos. Victor v. Scheffel in seinem »Gaudeamus igitur!« unsterblich gestaltete. Ich traf ihn daselbst (erzählt uns ein Augenzeuge) in seinem Zimmer beim »Falkner,« jener bekannten Wirthschaft neben dem Schloß. Vor ihm lag eine mächtige Lithographie-Platte auf dem Tisch; eine Studentenmütze auf den Flachsen, eine riesige Pfeife im Munde saß der Maler vom Morgen bis zum Abend, von einem Schwarm lustiger Studenten umringt, die unter Liederklang und Knasterdampf auf Stühlen, Tischen und Kasten Platz suchten. Einer derselben mußte immer zum Porträt halten, und so schuf Correns, bisweilen selbst in den jauchzenden Chorus einstimmend und einen Schluck Rebensaft nippend, jene prächtigen Kneipen- und Gesellschaftsbilder welche damals rheinauf und rheinab gingen, und die man heute noch als Illustrationen zu Redwitz' »Hermann Stark« betrachten könnte. Unter den Arbeiten aus seiner frühesten Zeit erwähnen wir noch nachträglich die Porträte des Kölner Anwaltes Richard v. Hontheim und F. E. Frhrn. v. Mering (1843), dann des Pädagogen Fr. Christ. Kapp und des nachmals im Frankfurter Parlament vielgenannten Franz Raveau (1844), auch sein eigenes von Jenichen lithographirtes Bildniß zeichnete er in dieser Zeit, dann in dankbarer Erinnerung die Figur seines ersten Lehrers Everhard Bourel (1847 gedruckt von C. Meißner in Bonn) und Anderes, was der wißbegierige Leser etwa in Merlo's »Kunst und Künstler in Köln« (1850) vergeblich nachsuchen mag.
Zurückgekehrt nach München treffen wir Correns im regen Verkehr mit Karl Piloty, dem jetzigen Pontifex maximus jener an der Isar-Stadt so blühende und üppige Ranken treibenden Maler-Akademie, mit dem leider schon 1866 verstorbenen Landschaftsmaler Löffler, welcher gerade damals in Halbreiters riesigem »Rundgemälde von Palästina« seine Sehnsucht nach dem Orient vorerst unter den selbstgemalten Palmen kühlte; dazu kamen der vielseitige Bildhauer Hans Gasser aus Wien († 24 April 1868 zu Pest), der nachmalige Professor Ludwig Thiersch, der wackere Julius Zimmermann u. s. w. Jeder brachte seine neuesten Sachen in ein Componir-Kränzchen, und behalf sich in Ermangelung anderer Förderung mit der Kritik wahrhafter Freunde – ein Verfahren welches freilich weiter führte als das heutige Trompetengeschmetter, welches bei bevorzugten Namen schon im voraus in erhabener Tonart erschallt, bevor nur die dazu gehörige Leinwand grundirt und die Farben gerieben werden. Correns, der nicht nur ein Stab und Trost für seine alte Mutter war, sondern auch mit zärtlicher Liebe für einen jüngeren Bruder sorgte, mußte immer noch Porträte lithographiren, worunter auch ein Cyklus der Gesellschaft »Alt-England.« Bald hatte sein Name – ein Porträt mit geistreicher Bleistiftzeichnung erschien zuerst 1847 im Kunstverein – einen guten Klang auch in den für einen fremden Neuling noch schwer zugänglichen höheren Kreisen, man verlangte Miniatur-Porträte und Aquarelle von ihm, worunter dem Maler in ersterer Technik ein Bildniß I. M. Majestät der Königin Marie (1849), in letztgenannter Manier ein Porträt der Gräfin von Quadt-Isny zu neuem Ruhm gereichten.
Jetzt erst eilte Correns, wie plötzlich von einer gelinden Angst überrieselt, als sollte er etwa mit solchen »Düpfeleien« sein ganzes Leben zersplittern müssen, in die Schule des seiner Zeit coloristisch weit vorausarbeitenden Prof. Karl Schorn (1802–1850), wo er die beiden Piloty im vollen Zuge fand, dazu Feuerbach, Thiersch, Willich, Jos. Molnár u. a. m. Correns begann jetzt erst in Oel zu malen; es machte ihm Vergnügen; rasch ging es vorwärts. Als er etliche Jahre darauf von einem Ausfluge nach seiner Heimath zurückkehrte, überraschte er das Publicum durch die in kurzer Zeit zu Köln gemalten Porträte, darunter in erster Reihe das Bild der Frau La Valette und des Bankiers Stein. Nun wollte alles von ihm gemalt sein, und Correns that, trotz seiner minutiösen Ausführung und der liebevollsten Durchbildung des Details, sein möglichstes allen an ihn gerichteten Anforderungen gerecht zu werden. Er malte, um nur Einiges aufzuzählen, eine Jagdgesellschaft für Frhrn. v. Malsen, wobei Correns die Genugthuung erlebte daß ein Kritiker dieselbe für ein beliebiges Genrebild erklärte, und darüber vergaß daß alle Personen, nebst den Hunden, nur aus Porträten bestanden; dann die Erbprinzessin Helene von Taxis und ihren Gemahl, überhaupt alle Glieder der Familie des Herzogs Maximilian in Bayern, die Herzogin von Sachsen-Meiningen, das durch Ingenmay's Lithographie auch vervielfältigte Porträt der Gräfin Arco-Valley und das große Familienbild des genannten Hauses, ein Brustbild der jetzt auch als Malerin brannten Gräfin Marie Pocci, und, damals noch etwas Unerhörtes, nach einem verbleichten Daguerreotyp die verstorbene Lady Granville, die Mutter des heutigen Lords Acton. So gewann er allgemach die ganze Crême der Aristokratie unter seinen Pinsel, man stritt ordentlich um das Vorrecht von ihm gemalt zu werden, und fügte sich nur ungern in die einmal nach Tagen, Monaten und Jahren hinaus vorgesteckte Ordnung der Dinge, bis es Correns satt bekam immer nur »Gesichter« zu malen und seinen Unmuth darüber den verdutzten Originalen zu erkennen gab. Da lichtete sich endlich der Zudrang, und die Masse verdampfte. Nur mit Mühe war es ihm inzwischen gelungen eine lang herumgetragene Composition zu Heinrich Heine's »Wallfahrt nach Kevlaar« auf die Leinwand zu bringen. Bald folgten ein badendes Mädchen und einige Genrebilder, ebenso eine liebliche religiöse Scene mit der unter einem Palmenbaum rastenden Madonna. Eine Menge Ideen wogten durch sein Haupt und drängten nach Form und Gestaltung, insbesondere war es die Landschaft welche ihn mächtig anzog, darunter am liebsten Motive aus den vulcanischen, großartigen Gebilden des Eifellandes. Aber es wurde ihm nicht so wohl nach seines Herzens freiem Willen schaffen zu können. Wieder pochten Porträte an seine Thüre, und ließen sich um so weniger abweisen, als Correns mit einer hochbegabten Schülerin ein eigenes Heim begründet hatte. Inzwischen war auch im Gebiete der Porträt-Malerei ein Umschwung und Rückschlag erfolgt: es kam jene antiquarische oder archäologische Liebhaberei empor welche mit ihren Vorbildern zu den alten Meistern des 14. und 15. Jahrhunderts oder noch lieber zu denen des 17. Säculums zurückgriff, und im letzteren Falle die Bilder mit jener Patina heute schon überschleierte welche sonst nur die Unbilde der unerbittlichen Zeit verleiht. Correns, welcher das Einseitige dieser vielgepriesenen Manier bemerkte, zog sich verstimmt zurück, zumal selbst in jenen Regionen welche seither seine unbestrittene Domäne schienen ein langsam verkühlender Uebergang erfolgte. Je weiter die neue Methode zur Mode wurde, desto ängstlicher wich Correns diesem breiten angeblichen Realismus aus, und verfiel dabei, ohne es vielleicht je zu bemerken, gleichfalls einem Dämon, einer süßlichen, seinen früheren Kreisen überhaupt nahe liegenden Eleganz. Am überraschendsten trat diese zu Tage an einem Kniestück welches Correns mit zwei Kinderporträten auf die erste internationale Kunstausstellung des Jahres 1869 brachte; freilich fällt ein Theil der Schuld mit auf das Original, welches seine männliche Schönheit mit großer Selbstgefälligkeit zur Schau stellte. Aus diesem unerquicklichen Dilemma riß den Künstler endlich eine lang ersehnte Reise nach Italien, welche er mit seinem talentvollen Schüler Wilhelm Marc antrat. Dort begeisterten seinen von jeher eben so sehr auf die Farbe angelegten Sinn insbesondere die Venetianer. Das aufrichtige Streben ihnen näher zu kommen, spricht sich in seinen nachfolgenden historischen Bildern aus, unter denen wir eine Grablegung Christi, eine heilige Familie und sein letztes Werk »Kain und Abel« erwähnen. Hätte Correns noch länger gelebt, so wäre es seinem regen Geist leicht gelungen den zwischen den hadernden Parteien liegenden Mittelweg zu betreten und die beiderseitigen Vorzüge vereint zum Austrag zu führen. Allein seine anscheinend blühende Gesundheit, welche ein dauerhaftes Alter wie bei Tizian erwarten ließ, war durch ein heimtückisches Herzleiden schon unterwühlt, welches im heurigen Winter den Künstler in die Krankenstube zwang und nach kurzer friedlicher Pause plötzlich den Tod herbeiführte, welcher am 14 Juni das verglimmende Lebenslicht durch einen Schlaganfall sanft auslöschte. Sein letztes Werk (die Kinder seines Freundes, des Prof. Dr. Karl Cornelius, in dessen Haus ihn auch der Tod ereilte) erschien auf der vorjährigen Kunst-Industrie-Ausstellung; ein sarkastischer in seinen Aussprüchen oft mehr als schwankender Kritiker, beliebte das Bild freilich mit einem bitteren Epitheton zu ignoriren. Hoffentlich veranstalten die Freunde des Verstorbenen zu seinen Ehren eine eigene Ausstellung, wobei dann der Meister mit seinen Schöpfungen im Gebiete der Historie und Landschaft, wovon er zeitlebens nie dem größeren Publicum etwas bieten wollte, erst zur weiteren Kenntniß gelangen wird. Von den religiösen Werken rühmt Franz Reber (»Geschichte der neueren Kunst,« 1876, S. 641), dem wir aufs Wort glauben, daß Correns »eine glückliche Verbindung von niederländischen und italienischen Studien, von Modell und Styl, wie von seinem Form- und Farbe-Gefühl zeigte.«
Unter seinen zahlreichen Schülern standen ihm I. M. Ingenmay, Julius Jury und Wilhelm Marc am nächsten. Unter seinen älteren noch durch Steindruck vervielfältigen Werken erinnern wir in beiläufig historischer Reihenfolge an die Porträte des herzoglich Leuchtenberg'schen Administrationtrathes Xaver Karl Berüff, des Reichsraths B. v. Niethammer (1847), Dr. Rottmund und Forstmeister Schenk (1848), Se. k. Hoheit Herzog Maximilian, erst in Civilkleidung und Brustbild, dann an einem Baumstamm sitzend und Cither spielend (ersteres lithographirt von Hanfstängl, letzteres als Kniestück galvanographirt von L. Schöninger), ebenso den Meister des Citherspieles Joh. Petzmayer, den Botaniker Fr. v. Ledebour, Ministerialrath G. v. Bezold, Frhrn. v. Gumppenberg, Medicinalrath Dr. v. Schrettinger, sodann Se. Maj. König Maximilian II in Leibregiment-Uniform (lithographirt von Piloty und Löhle), dann denselben auf dem weit verbreiteten Familienbilde mit der Königin Marie, dem Kronprinzen Ludwig und dem Prinzen Otto im Schloßgarten zu Hohenschwangau (lithographirt Von J. Wölffle), ferner Hofrath v. Martius (1850), den Dichter O. v. Redwitz (gestochen von Schultheiß 1851), Generalmajor v. Kretschmann (1852), General Graf Wilhelm v. Isenburg (1853), Frhrn. v. Schlettheim, Staatsrath v. Zenetti (1854) u. s. w.
Als Mensch und Charakter blieb Correns geachtet von allen welche Gelegenheit hatten ihn näher kennen zu lernen, selbst von seinen künstlerischen Antipoden, die an dem Todten jetzt manches zu sühnen hätten, obwohl er selbst nie mit dem leisesten Worte des Tadels die ihm feindselig gegenüberstehende Richtung verletzte, und ihrem Geist, ihrem Geschick und ihrer virtuosen Technik die gebührende Achtung zutheil werden ließ.
Blickt man ruhig auf den ganzen Entwicklungsgang der neueren Zeit zurück, so ergeben sich ungesucht einige Sätze welche vielleicht zur Klärung der Parteien, wenigstens für unbefangene Mitglieder, von Nutzen sein dürften, z. B. daß eine jede Schule ihr Keimen, Sprossen und Blühen, ihre Sonnenhöhe und ihren Untergang habe; daß jeder Eklekticimus erst mit dem Sinken der wahren Kunst eingetreten sei; daß aber alles Schöne und Wahre über dem Parteigetriebe sich bleibend erhalte und zur Geltung komme, und daß die Meisterregel doch ewig unumstößlich bleibe welche Goethe in der Osternacht dem Faust in jener Scene in den Mund legt wo er den Famulus zu belehren sucht – eine Stelle welche vielleicht nie gräulicher interpretirt wurde als von jenen Herren die den Namen des großen Dichters am liebsten im Munde führen.
Allgemeine Zeitung Nr. 192. Augsburg; Mittwoch, den 11. Juli 1877.
Correns: Erich C., Porträt- und Genremaler, geboren am 3. März 1821 zu Köln a. Rhein, war als der Sohn eines Appellationsgerichtsrathes zum Juristen bestimmt, fand aber durch den Maler Everhard Bourel, welcher am Gymnasium als tüchtiger Zeichnungslehrer fungirte, die rechtzeitige Pflege seiner Kunstbegabung. Während C. zu Bonn dem Studium der Jurisprudenz oblag, zeichnete und lithographirte er Studentenporträts und andere Compositionen, welche bei seiner Uebersiedlung nach München als offener Geleitsbrief für seinen künftigen Künstlerberuf galten. Indeß vertauschte C. die Isarstadt bald wieder mit dem fröhlichen Heidelberg, wo er das heitere Studentenleben in Bildern festhielt, welche ebenso beredt wie J. Victor v. Scheffel’s »Gaudeamus« diese sonnigen Tage abschildern, wie sie auch O. v. Redwitz in seinem »Hermann Stark« in so fesselnder Weise der Nachwelt überlieferte.
Zu Köln hatte C. schon früher die Bildnisse des dortigen Anwalts Richard v. Hontheim und F. C. Freiherrn v. Mering (1843), des Pädagogen Fr. Christ. Kapp, des nachmals im Frankfurter Parlament vielgenannten Franz Raveaux (1844) gezeichnet, auch sein eigenes Conterfait (lithographirt von Jenichen) und in dankbarer Erinnerung die Figur seines ersten Lehrers Everhard Bourel (1847, gedruckt bei C. Meißner in Bonn) und viele andere. In München verkehrte C. mit dem Landschaftsmaler Aug. Löffler, welcher sich damals schon zu seiner Orientfahrt rüstete, mit dem Bildhauer Hans Gasser aus Wien, dem Maler Ludwig Thiersch, dem wackeren Julius Zimmermann: sie schlossen ein Componirkränzchen, wohin jeder seine neuesten Sachen brachte und sich mit der Kritik wahrhafter Freunde behalf.
Correns, der nicht nur ein Stab und Trost für seine alte Mutter war, sondern auch mit zärtlicher Fürsorge an seinem jüngeren Bruder hing, lithographirte viele Porträts, darunter etliche Philhellenen und einen ganzen Cyclus aus der Gesellschaft »Alt-England«. Bald hatte sein Name – ein Bildniß in geistreicher Bleistiftzeichnung erschien 1847 zuerst im Kunstverein – einen guten Klang auch in den für einen Neuling schwer zugänglichen höheren Kreisen, man verlangte Miniaturporträts und Aquarelle von ihm, worunter dem Maler in ersterer Technik ein Bildniß der Königin Marie (1849,) in letztgenannter Manier ein Porträt der Gräfin v. Quadt-Isny und des Dichters Oskar v. Redwitz zu neuem Ruhme gereichten.
Jetzt erst eilte C., wie plötzlich von einer gelinden Angst überrieselt, als sollte er etwa mit solchen »Düpfeleien« sein ganzes Leben versplittern müssen, in die Schule des seiner Zeit coloristisch weit voraus arbeitenden liebenswürdigen Professors Karl Schorn (1802–1850), wo er die beiden Piloty im vollen Zuge fand, dazu Anselm Feuerbach, Thiersch, Willich, Jos. Molnár u. a. C. begann jetzt erst in Oel zu malen; es machte ihm Vergnügen; rasch ging es vorwärts. Als er etliche Jahre darauf von einem Ausfluge nach seiner Heimath zurückkehrte, überraschte er das Publicum durch die zu Köln gemalten Porträts, darunter in erster Reihe das Bild der Frau La Valette und des Bankiers Stein. Nun wollte alles von ihm gemalt sein und C. that, trotz seiner minutiösen Ausführung und der liebevollsten Durchbildung des Details, sein möglichstes, den an ihn gerichteten Anforderungen gerecht zu werden. Er malte beispielsweise eine Jagdgesellschaft für Freiherrn v. Malsen, von ungezierter und freier Gruppirung, worüber C. die Genugthuung erfuhr, daß ein Kritiker das Ganze für ein beliebiges Genrestück, etwa nach dem Vorbild von L. Knaus »Ein Fest im Walde«, erklärte und darüber vergaß, daß alle Personen, nebst den Hunden, nur aus Porträts bestanden; dann die Erbprinzessin Helene von Taxis und ihren Gemahl, überhaupt alle Glieder der Familie des Herzog Maximilian in Baiern, die Herzogin von Sachsen-Meiningen, das durch Ingenmay’s Lithographie vervielfältigte Porträt der schönen Gräfin Arco-Valley und das große Familienbild des genannten Hauses, ein ganz à la van Dyck gehaltenes Bildniß der, als Malerin hervorragenden Gräfin Marie v. Pocci und, damals noch eine unerhörte Leistung, nach einem verblichenen Daguerrotyp die verstorbene Lady Granville, die Mutter des am 15. Juni 1902 zu Tegernsee verstorbenen Lord Acton. Nach ähnlichen Vorbildern malte C. auch das Bildniß der schönen Ada Geibel, der so frühe verstorbenen Gattin des Dichters (vgl. Nr. 36 Ueb. Land u. Meer 1884, LII, 723 und Litzmann: Emanuel Geibel 1887, S. 104). So gewann er nach dem Vorgang »König Maximilian im Kreise seiner Familie« (lithogr. v. J. Wölfle) plötzlich die ganze Crême der Aristokratie unter seinen Pinsel, man stritt ordentlich um das Vorrecht von ihm gemalt zu werden und fügte sich nur ungern in die einmal nach Tagen, Monaten und Jahren hinaus vorgesteckte Ordnung der Dinge, bis es C. satt bekam, immer nur »Gesichter« zu malen und seinen Unmuth darüber den verdutzten Originalen zu erkennen gab. Da lichtete sich endlich der Zudrang und die Masse verlor sich.
Nur mit Mühe war es ihm inzwischen gelungen, eine lang herumgetragene Composition zu Heinrich Heine’s »Wallfahrt nach Kevelaer« auf die Leinwand zu bringen. Bald folgten ein »Badendes Mädchen« und einige Genrebilder, ebenso eine liebliche religiöse Scene mit der unter einem Palmbaum rastenden »Madonna«. Eine Menge Ideen wogten durch sein Haupt und drängten nach Form und Gestaltung, insbesondere war es die Landschaft welche ihn mächtig anzog, darunter am liebsten Motive aus den vulcanischen, großartigen Gebilden des Eifellandes. Aber es wurde ihm nicht so wohl, nach seines Herzens freiem Willen schaffen zu können. Wieder pochten Porträts an seine Thür und ließen sich um so weniger abweisen, als C. mit einer hochbegabten Schülerin sein eigenes Heim begründet hatte. Inzwischen war im Gebiete der Porträtmalerei nach der früheren Periode, gegen welche C. selbst in verständige Opposition getreten war, ein neuer Umschwung und Rückschlag erfolgt: es kam jene antiquarische Liebhaberei, alles durch die Brille der späteren Niederländer zu sehen oder lieber gleich die Natur in größtmöglicher alltäglicher Nüchternheit nachzubilden. C., welcher das Einseitige dieser Manier nebst den unvermeidlichen Consequenzen fühlte, zog sich verstimmt zurück, zumal da selbst in jenen Regionen, welche seither seine unbestrittene Domäne schienen, ein langsam verkühlender Uebergang erfolgte. Je weiter die neue Methode zur Mode wurde, desto ängstlicher wich C. diesem angeblichen Realismus aus und verfiel dabei, ohne es vielleicht je zu bemerken, gleichfalls einem Dämon, einer süßlichen Eleganz. Aus diesem unerquicklichen Dilemma riß den Künstler endlich eine lang ersehnte Reise nach Italien, welche er mit seinem talentvollen Schüler Wilhelm Marc antrat; hier begeisterten seinen für die Farbe so empfänglichen Sinn aufs neue die Venetianer. Das aufrichtige Streben, ihnen näher zu kommen, trat in den historischen Bildern von C. zu Tage; darunter eine »Grablegung Christi«, eine »Heilige Familie« und »Kain und Abel«.
Bei längerem Leben wäre es seinem regen Geiste leicht geworden, einen zwischen den hadernden Parteien liegenden Mittelweg zu betreten. Allein seine anscheinend blühende Gesundheit war durch ein tückisches Herzleiden untergraben, welches am 14. Juni 1877 sein Leben beendete. Sein letztes, unvollendetes Bild hätte einen »Versehgang« behandelt. Unter seinen zahlreichen Schülern standen ihm J. M. Ingenmay, Julius Jury und Wilhelm Marc am nächsten. Zu seinen älteren, durch Steindruck vervielfältigten Werken gehören die Bildnisse des herzoglich Leuchtenberg’schen Administrationsrathes Xaver Karl Berüff, des Reichsraths B. v. Niethammer (1847), Dr. Rottmund und Forstmeister Schenk (1848), der Herzog Maximilian von Baiern (erst in Civilkleidung und in Brustbild, dann an einem Baumstamm sitzend und Cither spielend, ersteres lithographirt von Hanfstängl, letzteres als Kniestück galvanographirt von Leo Schöninger), ebenso Joh. Petzmayer der Cithervirtuose, der Botaniker Fr. v. Ledebour, Ministerialrath G. v. Bezold, Frhr. v. Gumppenberg, Medicinalrath Dr. v. Schrettinger, König Maximilian II. (lithographirt von Piloty und Löhle), dann derselbe auf dem weitverbreiteten Familienbilde mit der Königin Marie und den Prinzen Ludwig und Otto im Schloßgarten zu Hohenschwangau (lithographirt von J. Wölfle), der Botaniker Hofrath v. Martius (1850), der Dichter Oskar v. Redwitz (gestochen 1851 von Schultheiß), Generalmajor v. Kretschmann (1852), General Graf Wilhelm v. Ysenburg (1853), Frhr. v. Schlettheim, Staatsrath v. Zenetti (1854) etc.
Vgl. Nekrolog in Beil. 192 d. Allg. Ztg., 11. Juli 1877. Nr. 40. – Lützow’s Zeitschrift, 13. Juli 1877, S. 644. – Reber Gesch. d. neueren Kunst. 1876 S. 641.
H. Holland.
Dr. phil. Hyazinth Holland: Allgemeine Deutsche Biographie. Leipzig, 1903.
Correns Erich, 1821 (Köln) – 1877, Porträt- und religiöser Historienmaler; er studierte zuerst in Bonn und München Rechte, betätigte sich aber daneben auch schon als Künstler (Mitglied und Porträtist der Münchner Gesellschaft »Alt-England«, der u. a. Graf von Pocci angehörte) und ging dann ganz zur Malerei über, indem er die politische Prominenz seinerzeit und Mitglieder der königlichen Familie porträtierte, wobei er unter dem Einfluß von K. Schorn und K. von Piloty) steht (König Maximilian im Kreise seiner Familie); eine Reise nach Italien bildete in ihm den religiösen Historienmaler aus (Grablegung Christi, Hl. Familie, Kain und Abel, Wallfahrt nach Kevelaer, sein letztes Werk »Versehgang« blieb unvollendet); Cs. Bilder sind zart aufgefaßt und sorgfältig durchgebildet.
© Dr. phil. Max Joseph Hufnagel: Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München. Zeke Verlag; 4. Auflage. Würzburg, 1983.