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26 – 1 – 4 (Scheibmaier)

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Anton Scheibmaier
1818 – 1893
Historienmaler
Emilie Scheibmaier
1825 – 1861
Auguste Scheibmaier
1831 – 1919
Dr. Josef Scheibmaier
1850 – 1918
Geh. Hofrat

R. I. P.

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Anton Wilhelm Scheibmaier

* 22.3.1818 (München)
† 7.12.1893 (München)
Historienmaler, Zeichner und Turnlehrer

Allgemeine Zeitung (8.12.1893)

Bayerische Chronik.

München, 8. December.

Personalnachrichten. Wie bereits kurz angezeigt, ist gestern Morgen der Historienmaler und frühere Direktor der k. Turnanstalt, Anton Scheibmaier, nach mehr als dreijährigem Krankenlager verschieden. Geboren am 22. März 1818 zu München, wendete sich derselbe frühzeitig zur Kunst, fand an der hiesigen, damals unter Peter Cornelius florirenden Alademie Aufnahme und widmete sich erst unter der Leitung des edlen Joseph Schlotthauer, dann bei Julius Schnorr v. Carolsfeld der Historienmalerei. Zu Scheibmaiers besten Leistungen gehörte ein ganz im großartigen Sinne dieser Schule componirter, den »Tod Mosis« vorstellender Carton, welchen der Künstler alsbald auch als Oelbild zur Ausführung brachte. Dasselbe gelangte später in den Besitz des als Geograph und Optiker seiner Zeit rühmlichst bekannten, leider schon am 16. März 1858 verstorbenen Dr. Ludwig Merz. Frühzeitig mit Maßmann bekannt, betrat Scheibmaier mit seinem Freunde, dem nachmals als Germanisten, Bibliothekar und und Prosessor berühmt gewordenen Franz Pfeiffer (geboren 27. Februar 1815 zu Solothurn, gestorben 29. Mai 1868 zu Wien) den neu errichteten Turnplatz (1832), wo er als eifriger Vorturner und tüchtiger Mitarbeiter am turnerischen Werke bald ein Schüler und Freund des Meisters wurde. Damals ereignete es sich, daß Scheibmaier an einem Sonnentage den Schneckenlauf, das sogenannte Labyrinth, 28 Male vollendete – eine ungeheure, fast unglaubliche Prachtleistung! Als Maßmann dann 1841 nach Berlin übersiedelte, übernahm Scheibmaier die verantwortliche Leitung des Turnplatzes, wurde Turnwart, Turnlehrer und 1848 Vorstand der kgl. Turnanstalt. Mit der ihm eigenen Begeisterung lag Scheibmaier seinem neuen Berufe ob, wodurch seine künstlerischen Bestrebungen freilich nur allzusehr in den Hintergrund treten mußten. Ihm gelang es, die Theilnahme und den Beifall König Maximilians II. zu erhalten; die Folge davon war, daß das Turnen mit der Schule obligat verbunden, in ganz Bayern allgemein eingeführt und eine Central-Turnlehrer-Bildungsanstalt errichtet wurde. Ebenso brachte Scheibmaier das Männerturnen in Aufnahme und begründete den hiesigen Männer-Turnverein. Besondere Aufmerksamkeit widmete Scheibmaier dem damals noch sehr im Argen liegenden Feuerlöschwesen, wozu er auf vielfachen Reisen nach Berlin, Köln, Göttingen und Wien einen Schatz von Anschauungen sammelte. Seine Erfahrungen und Resultate legte er in vielfachen, sowohl an den Magistrat, wie an die Regierung und das Ministerium gerichteten, äußerst sorgfältig ausgearbeiteten Berichten nieder; ein ausführlicher »Entwurf von Grundlagen und Vorschriften zur Bildung militärisch organisirter freiwilliger Feuerwehren« nebst einer bibliographischen Zusammenstellung aller darauf bezüglichen Fachliteratur erschien als lehrreiches Buch (München 1860). Seine Bemühungen ernteten freilich nicht den erwünschten Lohn; doch blieb ihm das tröstliche Bewußtsein, zur Gestaltung der folgenden Verhältnisse mit besten Kräften beigetragen zu haben. Scheibmaier war seinen zahlreichen Schülern ein wahrhaft väterlicher Freund und blieb ihnen immerdar zugethan mit einer rührenden, sein ganzes Wesen, Denken und Thun adelnden Treue und Liebe. Ein ebenso unversieglicher wie reiner Born war seine immergleiche Heiterkeit Opferfähigkeit und sein vor keiner Mühe zurück schreckender heiliger Dienst- und Pflichteifer, welcher sich auch dann noch nicht zur Ruhe begeben wollte, als seine anscheinend eiserne Natur endlich sichtbar ermüdete. Schöne Tage und Feste feierten seine 50jährige Amtsthätigkeit. Dann aber brach seine Lebenskraft eine lange, hartnäckig arbeitende Zersetzung, welche ihm auch die zartsinnigste Pflege seiner Familie nicht abzuwenden vermochte. Er war ein ehrlicher, braver, prächtiger Mann und ein goldechter Charakter. Sein Gedächtniß bleibt bei Allen, die ihn kannten, in vollen Ehren!

Allgemeine Zeitung Nr. 340. München; Freitag, den 8. Dezember 1893.



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