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NA – 1 (Schwanthaler)

Ω

Büste mit Sockelinschrift

LUD. v. SCHWANTHALER.

Hier ruht
in der von Sr. Majestät Ludwig I.
König von Bayern durch Schänkung
verliehenen Familien Begräbniß-Stätte.
Ludwig v. Schwanthaler
Bildhauer und Professor an der
königl. Akademie der bildenden Künste
Ritter mehrerer hohen Orden &
geboren den 26ten August 1802.
gestorben den 14ten Novemb. 1848
Sein Vetter treuer Freund und Gehilfe
der dieses Denkmal erichtete
Franz Xaver Schwanthaler
Bildhauer u. Lehrer der Gewerbsschule in München;
geb. zu Ried im Inviertel am 16. Novbr. 1799
folgte ihm am 24. Septbr. 1854.

Linke Seite

Ihnen folgte
unser innigstgeliebtes Kind
Johanna Schwanthaler
geb. den 21. Dez. 1868
gest. den 19. Apr. 1873.
Frau Josepha Schwanthaler
Bildhauers-Wittwe.
geb. den 26. Feb. 1810
gest. den 1. ¿. 1890

Rechte Seite

Rudolph Schwanthaler,
Bildhauer.
geb. den 4. April 1842.
gest. den 27. April 1879.

Ω

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Franz Xaver Schwanthaler

* 16.11.1799 (Ried im Innkreis)
† 24.9.1854 (München)
Bildhauer

Allgemeine Deutsche Biographie (1891)

Schwanthaler: (Franz) Xaver S., Bildhauer, geb. am 16. Novbr. 1799 zu Ried, lernte bei seinem Vater Peter S., kam dann zu seinem Oheim Franz S. nach München und nach dessen Ableben in das frisch aufblühende Atelier seines alsbald berühmt gewordenen Neffen Ludwig S., wo er sein Talent bei der Ausführung der diesem gewordenen großartigen Aufträge in fleißiger Weise bethätigte. Ebenso bewährt als tüchtiger und unermüdlicher Techniker wie begabt mit einer unverwüstlich heiteren Laune stand er seinem jüngeren Meister als ausführende Hand, als Modelleur und Bildhauer in steter Treue bei, wie er auch nach der Mühe und Arbeit des Tages als fröhlicher Becherschwinger mit allzeit bereitwilligem Humor auf die tapferen Intentionen der Humpenburg-Ritter einging und die allgemeine Freude niemals beeinträchtigte oder verdarb.

Mit dem unschätzbaren Talent, jede, auch die leiseste Andeutung seines Neffen artistisch aufzufassen und verständnißinnigst zu gestalten, leistete er fast bei allen, aus dessen Atelier kommenden Arbeiten die treueste Beihülfe. Er that, was er konnte und wie er die Dinge sah, ohne auf tiefere und classische Formgebung größeres Gewicht zu legen; er dirigirte alle die Mitarbeitenden und hielt sie in Athem, Zucht und fliegender Thätigkeit. So hat er an den von Meister Ludwig S. errungenen Ehren seinerseits nicht geringen Antheil, ebenso aber auch an allen gegen Schwanthaler erhobenen Vorwürfen. Ludwig S. nannte ihn stets seine »rechte Hand« und versagte ihm nie die Anerkennung, welche er ihm schuldig zu sein voll überzeugt war.

König Ludwig wußte den Namen »Schwanthaler« auch in dem Zurückgebliebenen zu schätzen. Merkwürdigerweise fand Xaver S. trotz der im Atelier seines Neffen verbrachten Wirksamkeit immer noch Zeit, zweiundzwanzig Jahre hindurch als Lehrer des Modellirens an der städtischen Feiertagsschule thätig zu sein und außerdem selbst eigene Werke zu schaffen. Dazu gehören außer vielen ornamentalen und figürlichen Arbeiten in den Räumlichkeiten der k. Residenz (Plafonds, Camin-Schmuck u. s. w.) und verschiedenen Statuetten (Jörg Ganghofer als Baumeister der Münchener Frauenkirche; König Ludwig, General Waldstein, Ludwig Schwanthaler) auch die colossalen Büsten der Kaiser Friedrich II., Karl V. und des Tondichters Mozart für die Walhalla. Ferner lieferte er eine colossale Christus-Statue für das Kloster Weingarten und als weiteres Erbe von seinem Neffen, die Ausführung der beiden Giebelfelder an den Propyläen: König Otto thronend inmitten der wieder beruhigten Hellas (14 Figuren, Ostseite); der Freiheitskampf Griechenlands, mit dem glücklichen Siegeserfolge (17 Figuren, Westseite); dazu kommen noch vier Flachreliefs an den beiden Pylonen, darstellend die Kämpfe der Griechen gegen die Türken. Indessen überraschte ihn vor Vollendung der zum zweiten Giebel bestimmten letzten Gruppe, schon am 24. September 1854 der Tod (vgl. Raczynski II, 507. Nagler 1846. XVI, 114. Nekrolog in Beilage 234 zur »Münchener Zeitung« vom 2. October 1854 und im Kunstvereins-Bericht für 1854 S. 52. Wurzbach 1876. XXXII, 282 ff.).

Er hinterließ einen Sohn Rudolf Schwanthaler, geboren am 4. April 1842, welcher sich erst auf der Münchener Akademie unter Professor Max Widnmann zum Künstler bildete, dann bei Johann Halbig und später zu Dresden unter Ernst Rietschel hospitirte. Zurückgekehrt 1866 von einer italienischen Reise, übernahm er die Führung des von Fremden häufig besuchten Schwanthaler-Ateliers, wo die Erzeugnisse seines großen Vorfahren in sogen. Biskuit-Abgüssen (aber auch viele Arbeiten Thorwaldsen’s, wie die Reliefs »Tag« und »Nacht«), immer bereitwillige Abnehmer und Käufer fanden. Auch in eigenen Arbeiten versuchte sich der letzte Träger dieses illustren Namens, entwarf Darstellungen zu Vergil’s Aeneide, auch einige biblischen und allegorischen Figuren (Korb mit Kindern, allerlei Mädchen- und Frauengestalten, ferner die treffliche Portraitbüste des Komponisten Max Kunz für dessen Denkmal am südlichen Friedhof und ebendaselbst das allegorische Monument für den berühmten Japan-Forscher v. Siebold). Weitere Pläne vereitelte sein früher, am 27. April 1879 erfolgter Tod. Aus seinem Nachlasse wurde die von Ludwig Schwanthaler gesammelte kleine Gallerie von Oelgemälden alter und neuerer Meister (darunter zwei interessante Jugendarbeiten von Moritz v. Schwind, welche Graf Schack erwarb) am 25. September 1879 durch Maillinger (Montmorillon) versteigert, ebenso das ganze Inventar der ehemaligen »Humpenburg«. Das frühere, berühmte Atelier wurde in zwei große Zinshäuser umgewandelt, an welchen jedoch die Büsten von Ludwig und Xaver S. eine Stelle fanden. Gegenüber liegt das heute noch interessante und vielbesuchte »Schwanthaler-Museum«. (Einen kurzen Nekrolog auf den letzten Träger dieses ehedem vielgefeierten Namens erhält der Kunstvereins-Bericht für 1879, S. 69.)

Hyac. Holland.

Dr. phil. Hyazinth Holland: Allgemeine Deutsche Biographie. Leipzig, 1891.

Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München (1983)

Schwanthaler Franz Xaver, 1799 (Ried/Oberösterreich) – 1854, Bildhauer und Professor; er lernte bei seinem Vater Peter Sch., kam dann zu seinem Onkel Franz Sch. nach München und nach dessen Tod in das bald berühmte Atelier seines Vetters Ludwig Michael von Sch., wo er sein Talent bei der Ausführung der diesem übertragenen Aufträge fleißig betätigte; ebenso bewährt als Techniker wie begabt als Künstler stand er seinem jüngeren Meister als ausführende Hand, als Modelleur und Bildhauer zur Seite; daneben war Sch. 22 Jahre lang Lehrer des Modellierens an der städtischen Feiertagsschule und an der Polytechnischen Schule in München.

Hauptwerke: ornamentale und figürliche Arbeiten in der neuen Residenz (Plafonds, Kamin-Schmuck), Statuen (Jörg Ganghofer als Erbauer der Münchner Frauenkirche, Ludwig I., Wallenstein, Schwanthaler) und kolossale Büsten (Kaiser Friedrich II., Karl V. und Mozart für die Walhalla) sowie eine Christus-Statue für das Kloster Weingarten in Württemberg; Ludwig Michael von Sch. nannte ihn stets seine »rechte Hand« und war ihm zeit seines Lebens zu Dank verpflichtet.

© Dr. phil. Max Joseph Hufnagel: Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München. Zeke Verlag; 4. Auflage. Würzburg, 1983.

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Dr. phil. Ludwig von Schwanthaler

* 26.8.1802 (München)
† 14.11.1848 (München)
Akademieprofessor und Bildhauer

Artistisches München im Jahre 1835 (1836)

Schwanthaler, Ludwig, geb. zu München 1802, früher zu den Studien bestimmt, bildete sich zur Kunst bei seinem Vater und dann auf der königl. Akademie. Seine ersten Bestellungen bestanden in Grabmonumenten und Bauarbeiten, dann wurde ihm von Sr. Maj. dem Allerhöchstseligen Könige Max ein Cyclus von Reliefen nach eigener Komposition zu einem Tafel-Service übertragen. Bald hierauf, im Jahre 1826, kam er, von Sr. Maj. dem Könige Ludwig großartig unterstützt, das erstemal nach Italien, und 1832, mit Aufträgen von Allerhöchstdemselben beehrt, noch einmal, so, daß er im Ganzen gegen drei Jahre dortselbst verweilte, und jetzt erst seit Kurzem zurückgekehrt ist.

Seine meisten Arbeiten befinden sich in den königl. Bauten dahier ausgeführt, so z. B. im neuen Königsbaue die Reliefs zu Pindar im Thronsaale, so wie ein noch nicht ganz beendigter Fries; ein Cyclus der Mythen der Aphrodite, und die Caryatiden auf der großen Treppe, so wie die im etrurischen Style nach seinen Cartons ausgeführten Säle der Argonautik, dann die Kompositionen zu den Fresken aus Aeschylus, Sophokles und Aristophanes, und zu den Reliefs im Treppenhause. Ferner fertigte Sch. viele Reliefs und eine Statue von Gyps, so auch eine von Marmor zur Glyptothek; die Skizzen zu den Malerstatuen der Pinakothek und zu den Darstellungen aus der bayerischen Geschichte; Shakespears Statue im Theater; ferner die erst begonnenen Bildergruppen für den einen Walhalla-Giebel, zum Theile noch nach der früher entworfenen Idee des Professors Rauch in Berlin, gleichfalls die Statue des Salvators, der Evangelisten und der Apostel Peter und Paul in Stein für die Ludwigskirche; endlich mehrere kolossale Modelle zu den Bronzestatuen der Ahnen des königlichen Hauses für den neuen Festsaal am Hofgarten.

Unter seinen Privatarbeiten sind die bedeutendsten: ein langer Fries von Gyps im neuerbauten Palais Sr. Hoheit des Herrn Herzog Max, und ein gleicher von Marmor für Se. k. H. den Prinzen Karl von Bayern, viele Reiter und Heroen in die neuerbaute Reitbahn Sr Durchlaucht des Hrn. Fürsten von Thurn und Taxis zu Regensburg; einige Arbeiten für Se. Exzellenz den Herrn Grafen von Schönborn; Reliefs für Hrn. v. Boisseree und Bertram, Büsten, Monumente und Anderes.

Erst jüngsthin wurde Schwanthaler auch zum Professor der Sculptur an der hiesigen königl. Akademie ernannt.

Adolph von Schaden: Artistisches München im Jahre 1835 oder Verzeichniß gegenwärtig in Bayerns Hauptstadt lebender Architekten, Bildhauer, Tondichter, Maler, Kupferstecher, Lithographen, Mechaniker etc. Aus den von ihm selbst entworfenen oder revidirten Artikeln zusammengestellt und als Seitenstück zum gelehrten München im Jahre 1834 herausgegeben durch Adolph von Schaden. München, 1836.

Die bildende Kunst in München (1842)

Viertes Buch.
Die Bildhauerkunst

Ludwig Schwanthaler,

geboren im Jahre 1802 in München. Seine Vorältern waren, so weit zurück das Gedächtniß reicht, Bildhauer in Bayern, der Oberpfalz, auch in Oberösterreich. Die Kunst pflanzte sich vom Vater auf die Söhne fort in steter Veredlung, bis sie jetzt in Ludwig Schwanthaler eine solche Kraft, Anmuth und Vielseitigkeit entwickelte, welche Wenigen zu erreichen möglich ist. Sein Vater, Hofbildhauer in München, wollte ihm zuerst eine gelehrte Bildung geben und dann freie Berufswahl gewähren; er besuchte das damals in neuer Gestaltung aufblühende Gymnasium seiner Vaterstadt, wurde mit der Sprache der Griechen und Römer, ihren Sitten und Einrichtungen, ihren religiösen Anschauungsweisen, so wie mit den herrlichen Schriftstellern und bald noch inniger mit ihren Kunstwerken, den Mustern der Plastik, bekannt, und entschied sich, der Kunst zu leben, ihr allein sich zu widmen. Anfangs war er Willens, Maler zu werden; größere Gegenstände voll Handlung und Leben, Schlachtengemälde darzustellen schien sein Zielstreben; aber endlich kehrte er zur väterlichen Kunst, zur Bildhauerei, zurück, deren ganzes Gebiet er mit energischer Kraft und Fertigkeit wahrhaft beherrscht.

Durch den Unterricht des Vaters mehr als hinlänglich vorbereitet, besuchte er die Akademie der bildenden Künste. Das erste größere Werk, welches seine schöpferische Fantasie, so wie die Gediegenheit feiner Zeichnung und Ausführung zeigte, war die Einfassung eines Aufsatzes (Plateau) auf die königliche Tafel im Jahre 1825. Sie besteht ans einer Reihe von Reliefen, größtenteils nur zur Hälfte gezeichnet und hätte über 100 Fuß lang werden sollen. Durch den Tod des Königs Max wurde die Arbeit unterbrochen, so daß nur eine Abtheilung von ohngefähr 20 Fuß modellirt ist. Sie war ein Cyclus der älteren und späteren Heroenzeit und vieler olympischer Gebilde, mit großer Fertigkeit der Modelliruug menschlicher und Thier-Gestalten.

Im Jahre 1826 reisete der Künstler, großartig vom Könige Ludwig unterstützt, nach Italien, wo seine Seele mächtig durch die Antiken, jene Göttergestalten voll ewiger Jugend, Würde und Hoheit ergriffen und seine Fantasie entzündet wurde. Aber er war und blieb zugleich ein Deutscher, und die ersten Eindrücke, der Anblick der naiven Gebilde des Mittelalters, die aus den Tempelhallen der deutschen Heimat sprachen, konnten durch den Anblick der schönen Gestalten der Antiken nicht verwischt werden, und so bewahrte und übte Schwanthaler mit Meisterschaft eine ungemeine Vielseitigkeit in der Bildhauerei, daß er mit gleicher Lebendigkeit und Innigkeit, wie kein Anderer, jetzt im Gebiete der Antike, jetzt im Reiche der Romantik sich ergeht, und so begreift man, wie die große Zahl seiner Schöpfungen, jede in eigentümlicher Gestalt eine ganze und vollendete, entsteht. Er zeigt sich wahrhaft unerschöpflich in der Mannichfaltigkeit und Wahrheit seiner Werke.

Während seines ersten Aufenthaltes in Rom, wo er sehr Vieles zeichnete, war er erkrankt und durch ungeschickte Behandlung dem Tode nahe. König Ludwig erschien als sein Netter, indem er ihn nach München zurückschickte. Im Jahre 1832 ging er jedoch im königlichen Aufträge aufs Neue nach Rom, die Modelle zum Giebel für die Walhalla zu fertigen. Er modellirte dort mehrere Statuen, zeichnete Vieles, was in München sollte ausgeführt werden, und studirte ausser der alten Plastik besonders die alten Gemälde Pompejis und die Auffassungs- und Darstellungsweise der älteren italienischen Maler. Thorwaldsen nahm sich seiner sehr freundlich an mit Rath und That, obwohl Schwanthaler eigentlich nie bei ihm arbeitete. Erst am Ende des Jahres 1834 verließ er Rom und kehrte nach München zurück, worauf ihn der König zum Professor an der Akademie ernannte.

Die seit dem Jahre 1826 dem Künstler, seit seinem ersten gediegenen Hervortretcn, gewordenen Aufträge theiten wir am besten in die früheren, und in die zum Theile noch nicht beendigten größeren und umfassenderen Arbeiten und Bestellungen, die eine tiefe großartige Kunstausführung erforderten. In fünfzehnjähriger rastloser Thätigkeit und Hingebung entstanden und entstehen zum Theile erst noch nach Jahren folgende Hauptarbeiten, die theils die Großartigkeit seiner Auffassung monumentaler Aufträge und strenge harmonische Vollendung bis in das Einzelnste, theils die Vielseitigkeit seiner Gebilde beurkunden.

Die Beschützer der Künste: zwölf Ahnenstatuen des königlichen Hauses Wittelsbach, jede zehn Fuß hoch, in den Thronsaal des Saalbaues, für Erzguß und Vergoldung bestimmt. Es sind sämmtlich Porträtstatuen im reichsten Kostüme; die Modelle derselben sind noch nicht alle vollendet. Unter denselben sind zwei Schwedenkönige Karl XI. und Karl XII., der abenteuerliche Held; Ludwig der Bayer als Kaiser; Maximilian I., der Vorkämpfer im dreißigjährigen Kriege; Albrecht IV. der Weise von Bayern, Friedrich II. der Weise von der Pfalz.

Zu den schönsten Aufgaben, welche die Plastik in der neueren Zeit ausgeführt, gehören vier Giedelgruppen, die von dem Könige für seine prachtvollen Gebäude: die Walhalla bei Regensburg, die Glyptothek in München und das diesem gegenüberstehende Gebäude für Kunstausstellung bestimmt wurden.

Der Entwurf des südlichen Walhalla Giebels fällt noch in die Epoche der Heranbildung Schwanthalers, und ist zum Theile noch nach der Anordnung Rauch's; doch gestaltete Schwanthaler in Folge der Angaben Se. Maj. des Königs den Giebel um, daß mit Ausnahme dreier Statuen alle übrigen neu komponirt wurden. Er enthält fünfzehn Statuen, eine Anspielung auf die Wiederherstellung Deutschlands. In der Mitte sitzt Germania in würdevoller Ruhe mit dem Schwerte in der einen Hand; ihr zur Rechten und Linken reihen sich die deutschen Krieger zum Theil mit den Bundesfestungen, welche sie derselben darbringen, jeder seinen Staat allegorisch bezeichnend; in den Ecken des Giebels sind die Gränzflüsse, der Rhein und die Mosel. Die Figuren sind bereits seit zwei Jahren aufgestellt.

Der nördliche Giebel, eine der schönsten Erfindungen Schwanthalers, an dessen Ausführung er bereits seit sieben Jahren arbeitet und ihn noch nicht ganz vollenden konnte, indem ein Theil der Statuen vorgearbeitet, der andere überarbeitet wird, stellt die Hermannsschlacht vor und es versinnlichen die fünfzehn Statuen in klarer und deutlicher Allegorie den ganzen welthistorischen Kampf mit seinen verschiedenen Elementen. In der Mitte steht Hermann in übermenschlicher Größe als Heros, mit zurückgeworfenem Mantel, mit Schild und Schwert, Arm- und Beinringen, wie von Tacitus die alten Deutschen geschildert werden und man die Todten in altdeutschen Gräbern jetzt noch findet. Mit dem linken Fuße stützt er sich auf Adler, Beile und Manipeln, die römischen Heereszeichen, welche er gebrochen; Blick und Haltung ist links gegen den Feind gerichtet. Zu seiner Rechten sind die Elemente des deutschen Schlachten- und Nationallebens versinnlicht: ihm zunächst deutsche Häuptlinge, voran Melo, der Sigambrer, der nach Strabo den Aufstand schon früher siegreich begann, daneben noch zwei der ersten Heroen Namen des alten Deutschlands, Kattumer und Segimer; dann ein Barde, zur Schlacht mit Saiten und Stimme begeisternd; darauf eine Seherin, eine der wahrsagenden deutschen Frauen durch die Sümpfe heranschleichend; ihr zunächst eine weibliche Gestalt, wie sie den Helm eines gefallenen Greises bekränzt, der eine Manipel erobert hat, wobei sie das Haupt des Sterbenden unterstützt, daß die Leser und Verehrer Klopstocks wohl leicht an Thusnelda und Sigmar denken. Wie hier zur rechten Seite des Helden der Kampf und das Leben der Deutschen geschildert ist, die für Haus und Altar kämpfen; so zeigt sich dagegen zur Linken das heimatlose Soldatenleben der römischen Legionen. Dem Herrman zunächst ein Triarier; darauf ein Leichtbewaffneter, Willens, den Varus zu schützen, der sich eben das Schwert in die Brust stößt; hinter diesem hält ein knieender halb entwaffneter Legionist den Adlerträger, der sterbend noch seinen Adler in den (durch Schilf angedeuteten) Sumpf zu versenken bemüht ist. Hinter ihm hebt sich ein im Sumpfe versinkender Römer noch zu Jupiter flehend empor; ein sterbender Manipelträger beschließt die Szene. Die beiden Giebelgruppen stehen auch in so ferne im schönen Verhältnisse zu einander, als in dem Einen die Ruhe, oder der Augenblick nach dem Siege, im andern aber der noch obschwebende oder zum Ende sich neigende Kampf abgebildet ist. Alle diese Figuren werden über lebensgroß in köstlichem weißen Tirolermarmor ausgeführt und nach allen Seiten gearbeitet und geschliffen mit einer Vollendung, als wären sie auch von allen Seiten und in der Nähe zugänglich und schließen sich würdig an die schönen Statuen des Alterthumes an.

Die Giebelgruppe des Gebäudes für Kunstausstellungen besteht aus eilf Figuren. In der Mitte steht Bavaria vor ihrem von Löwen bewachten Throne, Kränze in ihren Händen, um sie an die Künstler zu spenden, welche sich rechts und links um sie reihen und ihre Werke herbeibringen. Die Statuen sind bis auf die Ueberarbeitung an Ort und Stelle bereits vollendet. Schwanthaler suchte hier eine eigenthümliche Composition in bewegten Gruppen, zum Unterschiede der anderen Giebel, was ihm auch glücklich gelang. Durch diese Giebelgruppen wurde wahrhaft ein Zweig der Kunst wieder ins Leben gerufen, der seit den ältesten Zeiten schlummerte. Die früheste derselben an der Glyptothek ist nach Wagners Entwürfe von verschiedenen Bildhauern in München (Haller, Meyer, Bandel, Sanguinetti und Leeb) ausgeführt und Schwanthaler arbeitete nur eine einzige Statue hiezu.

An der kolossalen Statue der Bavaria wird seit zwei Jahren gearbeitet und sie wahrscheinlich erst nach einem Jahre vollendet. Sie soll in Bronze gegossen mit dem Fußgestelle über achtzig Fuß hoch und auf der Sendlinger Anhöhe oberhalb der Theresienwiese aufgestellt werden. Sie hält den Kranz wie auffordernd in der einen Hand empor, das Schwert in der Scheide ruht in der anderen, der Löwe ist zu ihren Füßen; sie ist, als zu einem Gebäude dorischer Ordnung gehörig, ebenfalls antik gehalten, jedoch geben ihr eine Wildhaut und die langen germanischen Haare einen höchst eigenthümlichen Charakter. Allgemein bewundert man den deutschen vollendeten Kopf an dieser Statue, welcher bei seiner kolossalen Größe eine ungemeine Lieblichkeit zeigt.

Zu den trefflichsten Porträtstatuen, die je ausgeführt wurden, gehören: Mozart und Jean Paul, jede über zehn Fuß hoch, die eine für Salzburg, die andere für Bayreuth bestimmt. Mozart ist dargestcllt, wie er mit emporgerichtetem Haupte und ganz eigenthümlicher Bewegung der rechten Hand wie plötzlich überrascht durch neue himmlische Töne, diesen zu lauschen scheint, während die Linke sich mit dem Notenpapier, auf welches er so eben neue Melodien eingetragen, an der Hüfte niedersenkt, und den oberen Theil der schönen Gestalt im Oberrock erscheinen läßt. Auch Jean Paul ist glücklich in seiner Eigentümlichkeit aufgefaßt, wie er von einem hohen Gedanken bewegt nach Oben schauend, den Griffel in der vor die Brust gehaltenen Rechten, in der Linken sein Schreibbüchlein an einem vom zurückgeschlagenen Mantel halbbedeckten Baumstamm lehnt, um den sich Ephen schlingt. Wer immer den Verewigten gekannt, findet dessen ganze Individualität in der Statue ausgedrückt.

In ähnlicher charakteristischer Weise ist die Statue des berühmten bayerischen Rechtsgelehrten Frhrn. von Kreitmayr, Verfassers der Gesetzbücher, für den Promenadeplatz in München bestimmt, aber erst in Gyps gegossen.

Erst angefangen ist die kolossale Statue des Großherzogs von Baden, Carl Friedrich, welche nebst dem Piedestal noch gegen 2 Jahre zur Vollendung braucht. Der Großherzog Ludwig von Hessen hingegen, auf eine Art Vendomesäule nach Darmstadt bestimmt, steht schon in der Grube im Gußhause und ist 18 Fuß hoch.

Das Modell der Statue Rudolfs von Habsburg für den Dom in Speier ist in Gyps gegossen. Alle diese Statuen mit großer Vielseitigkeit und strenger Vollendung ausgeführt, werden nach ihrer Aufstellung eine imposante Wirkung erzeugen.

Einfach, großartig und lieblich erscheint das Hoch-Relief, die Mythe der Aphrodite, mit rothem Grunde. Der Künstler hat hier, im Conversationssaale des Königsbaues, den mit großer Liebe und Zeitaufwand in Rom komponirten Gegenstand ausgeführt. Er nahm dabei Gelegenheit, die lieblichsten Scenen der erwachenden, seligen und beseligenden so wie der unglücklichen Liebe zu schildern:

Wie die Göttin dem Meere entstiegen von reizenden Nereiden auf einer Muschel ans Land getragen wird; wie die Sterblichen die Liebliche empfangen, wie sie auf dem Felsblocke knieend den Körper ihres schönen hinsterbenden Lieblings Adonis (auf der Jagd vom Eber tödtlich verwundet) mit zarten Armen unterstützt, Amor daneben trauert. – Die List des betrogenen Hephästos, wie er die Göttin und Ares mit unlösbarem Netze umstrickt, schon kommen die Götter alle, das Schauspiel zu sehen. An diese Scene reiht sich die Hochzeit des Peleus und der Thetis: die Himmlischen sind beim Mahle versammelt, da hebt Eris mit dem Eumenidenhaupte den verhängnißvollen Apfel empor; gleich darauf empfängt ihn Aphrodite aus der Hand des Paris, während Here und besonders Pallas verschmäht drohend mit der gewichtigen Lanze sich abwärts wendet, und eine neben umgestürzten Säulen und Schiffsschnäbeln sitzende Gestalt das Schicksal Ilions bezeichnet. Endlich die Aufnahme der Göttin der Liebe in den Olymp: Zeus empfängt seine liebe Tochter, umher die Götter und Göttinen nach ihrer Individualität mehr oder weniger Theilnahme am Feste zeigend; Helios entsteigt dem Meere, das schöne Fest zu schauen, diesmal von den Musen begleitet; die Grazien tanzen, Blumengewinde um sie schlingend, den Festreigen. In ähnlicher Weise schildert ein 150' langer Fries im Pallaste des Herzogs Max von Bayern die Mythe des Bacchus, den Triumpfzug, die Freuden und Feste des weinspendenden Gottes mit eigenthümlichem Humor sinnig durchdacht, schnell verständlich und trefflich ausgeführt.

In allen Reliefen Schwanthalers offenbart sich eine ungemeine Lebendigkeit und Wahrheit, sowohl in den einzelnen Gestalten als in den Gruppen und die sinnige Verknüpfung des Einzelnen zu einer ganzen Reihenfolge. Dieses zeigt sich besonders im Schilde des Herakles nach Hesiod, welcher auf dem durch Jakobi in Petersburg erfundenen Wege durch Stiglmaier galvanoplastisch in Kupfer ausgeführt wird. Den Knopf in der Mitte des Schildes bildet der große Drache; im ersten Ringe sind Kämpfe zwischen Löwen und Ebern, im zweiten Szenen aus der Götter- und Heroengeschichte, im dritten aus dem Menschenleben: Hochzeit, Ackerbau, Aerntefest, Kampfspiele und Krieg geschildert, im vierten Kreise der Okeanos dargestellt. Die Figuren sind klein, ihrer aber über Hundert. Diese drei Reliefe sprechen ebensowohl für die entschiedenen Vorzüge Schwanthalers im Reliefe überhaupt, als auch für die Reinheit des antiken Styles mit Behauptung eigner Originalität insbesondere im Gegensatze zu seinen eben so gediegenen Reliefen aus dem Gebiete der Romantik und der neueren Zeit.

Zu den Gegenständen zarter Anmuth sowohl in Statuen und Reliefen, welche getrennt von den großartigen monumentalen Bestellungen für sich einen eigenen Kabinetsstyl bilden, gehören: die erst vor Kurzem in seinem Atelier zusammengestellten Modelle zu den zwei Nixen nach Hohenschwangau und eine für den Grafen Arco Stepperg, zwei Tänzerinnen im Schlosse zu Wiesbaden und eine Gruppe der Ceres und Proserpina nach Berlin, Werke von äusserster Vollendung, die im Laufe der Jahre neben jenen größeren entstanden. Dahin gehören die Reliefe für die Herren Boisserée aus der Legende, das Denkmal für die (Herzen der) beiden Herzoge von Leuchtenberg im Style der älteren italienischen Skulptur von weißem Marmor mit Gold, das Denkmal für den Dichter Frauenlob im ähnlichen Style, von den rheinischen Frauen für den Dom zu Mainz bestimmt; ein liebliches Marmorbild einer trauernden Frau, Hochrelief 5 Schuh hoch in reicher Architektur, und ein Relief in Marmor nach Zürich. Im Besitze des Herrn von Klenze sind noch zwei Reliefe von hoher Vollendung in Medaillonform: Bellerophon mit Hülfe der neben ihm stehenden Athene den sich bäumenden Pegasus bändigend, und Theseus die Amazonenkönigin Hippolytha angreifend, die von ihrem schnaubenden Rosse herab das Schlachtbeil schwingt. Für den Prinzen Karl K. H. von Bayern führte der Künstler eine kleine Statue aus: Philoktet auf Lemnos. Unter den vielen Büsten bemerken wir hier bloß die S. M. des Königs, des Großherzogs und der Großherzogin von Baden, des Dichters Schenk.

In so vielfacher Weise zeigt sich Schwanthaler thätig, unerschöpflich in der Zahl, wie in der Wahrheit und Eigentümlichkeit seiner Werke und in der gewissenhaften Ausführung derselben. Kaum würde man begreifen, wie die Menge der verschiedenartigsten Arbeiten aus seiner Werkstätte hervorgehen konnte, wenn man nicht wüßte, daß der Künstler mit ganzer Hingebung seiner Kunst lebt, ihr allein vom Morgen bis zum Abend lebt, darin seine Thätigkeit und Ruhe sucht und findet, und daß sich bereits zur Ausführung seiner Entwürfe ein schöner Kreis von Jüngern herangebildet hat, deren Thätigkeit er beaufsichtigt und leitet, mit Wink, Wort und That lenkt und verbessert; daß er die geübtetsten Marmorbildner um sich zur Ausführung seiner Modelle versammelt hat, welche sich in den großen Werkstätten zu Rom, Paris und Berlin gebildet haben. In gerechter Würdigung seiner, auch vom Auslande durch würdige Bestellungen anerkannten, Verdienste verlieh ihm der König den Verdienstorden des heiligen Michael; auswärtige Akademien ernannten ihn zu ihrem Mitgliede.

Durch seinen ununterbrochenen Eifer litt aber seine Gesundheit seit mehreren Jahren. Das rauhe Klima seiner Vaterstadt, die sorgsamen Wanderungen in den feuchten Sälen seiner Werkstätte verursachten ihm gichtische Leiden im hohen Grade, daß er einige Zeit unfähig zur Ausführung seiner Entwürfe war. Mitten in seinem Leiden erhielt er jedoch seine philosophische Ruhe und energische Schöpfungskraft; in seiner Einsamkeit entsproßten stets wie zu seiner Erholung und Freude die schönsten Bildungen seiner Phantasie in kühnen geistreichen Entwürfen. Nach vielen vergeblichen Heilversuchen ging er endlich nach Gräfenberg zu dem berühmten Prießnitz, von wo er nach einem Aufenthalte von mehreren Monaten beinahe ganz geheilt und gestärkt zur Ausführung seiner Schöpfungen nach München zurückkehrte und darauf im Oktober 1839 eine Geschäftsreise an den Rhein machte, wo ihm überall die ehrenvollste Auszeichnung zu Theil wurde.

Nach seiner Rückkehr entstand das große Friesrelief, darstellend den Kreuzzug Kaisers Friedrich I., zu dem Schwanthaler die Zeichnung fertigte, eine wahrhaft epische Fülle in lebendiger charakteristischer Darstellung, der erste plastische Fries romantischen Inhalts und von solcher Ausdehnung, daß er sich auf den vier Wänden eines großen Saales im Festsaalbaue hinzieht, unabhängig von aller Nachahmung der alten griechischen Auffassungs- und Darstellungsweise, da der Künstler Landschaften und Perspektive darin mit kühner Gewandtheit aufnahm.

Von ihm sind die schönen, einen Schuh hohen, Modelle zu den über lebensgroßen Standbildern der berühmtesten Maler seit der Wiederherstellung der Kunst im dreizehnten Jahrhunderte für die Attika der Pinakothek: geistreiche, flüchtige, getreue Bilder nach den Bildnissen der Künstler in der Tracht ihrer Zeit mit lebendiger Individualität dargestellt, daß nur einigermaßen Unterrichtete die Deutschen: Albrecht Dürer in seinem bekannten Ernste, den feinen Hemmling und den würdevollen Johann van Eyck im langen Pelze, so wie die Fremden: den ritterlichen, leichten Francia, den gewaltigen Künstler und Hofmann Rubens mit dem kurzen Seidenmantcl, so wie den sinnigen Titian mit Ordensketten geschmückt, den klaren jünglinghaften Raphael, den tiefsinnigen Michel Angelo u. s. w. leicht wieder erkennen werden. Diese vier und zwanzig Statuen wurden später von den anderen selbstständigen Bildhauern Münchens ausgeführt, die Modelle aber sind in Paris, Berlin und Petersburg und vielen andern Städten Europas von Stiglmaier oft in Bronze gegossen, oder in Gyps, sehr verbreitet und geschätzt.

In das Gebiet jener von Schwanthaler entworfenen, aber größtenteils nur unter seiner Leitung oder in seinen früheren Jahren ausgeführten Arbeiten sind noch zu reihen: acht Statuen von Sandstein für das neue Schloß in Wiesbaden, in der Reitbahn des Fürsten von Thurn und Taxis in Regensburg mehrere Reitergruppen und Heroen in Hochrelief, ¾ Lebensgröße, in welchen des Künstlers erprobtes Talent für die Formen und den lebendigen Ausdruck der Pferdegestaltung hervorleuchtet; die sieben Statuen der Ludwigskirche; die Statuen und Reliefe am Saalbaue. Jene stellen in leicht deutbarer Allegorie vermittelst ihrer Attribute die acht Kreise Bayerns vor in männlichen und weiblichen Figuren; die Reliefe in der Säulenvorhalle bestehen aus neun Viktorien, deren jede zwei Schilde hält, gleichsam die Siegesschilde der Nation mit Darstellungen aus der bayerischen Geschichte. Dahin gehören noch jene nach seinen Zeichnungen ausgeführten enkaustischen Gemälde im Königsbau aus dem Argonautenzuge, der Theogonie und den Lustspielen des Aristophanes; die schönen Reliefe im Thronsaale, in Gyps auf Goldgrund, aus Pindars Gesängen, und jene im Treppenhause; die Entwürfe zu einem Friese, die Freiheitskämpfe der Hellenen in jüngster Zeit schildernd, für einen Saal der neuen Residenz in Athen; so auch die erst begonnenen Zeichnungen zu großen ernsten Gemälden aus der Odyssee, mit deren Ausführung Hiltensperger beschäftigt ist. Gegenwärtig hat sich die, früher so sehr ausgedehnte Thätigkeit des Künstlers, zusammengedrängt auf die Ausführung jener bemerkten noch nicht vollständig beendeten Hauptarbeiten und einiger Privat-Aufträge.

Der neueste ehrenvolle Auftrag wurde ihm von Frankfurt zur Ausführung des Denkmales für Göthe. Dieses und Anderes, was im Werden begriffen ist, bleibt einer späteren Schilderung aufgespart.

Aus dem Kreise derjenigen Künstler, deren Beihülfe sich Schwanthaler theils bei seinen Arbeiten bediente und welche theils unter ihm gebildet wurden, erwähnen wir seinen Vetter X. Schwanthaler, geboren zu Ried in Oesterreich 1799, und seit dem Jahre 1816 in München. Er modellirte an mehreren Ahnen-und Giebelstatuen, und führte einige derselben in Marmor aus. Er unterstützt seinen Vetter überall mit seinem praktischen Blicke und nimmt seit 25 Jahren den innigsten Antheil an dessen Bestrebungen. Früher im Ornamentfache herangebildet, fertigte er fast alle Verzierungen im neuen Hoftheater, wobei er sein schönes Talent für diesen Kunstzweig entfaltete; er ist auch Lehrer der Boßir-Klasse an der Kreisgewerbs-Feiertags-Schule.

Dr. Johann Michael von Söltl: Die bildende Kunst in München. München, 1842.

Der Bayerische Landbote (19.11.1848)

Die Leiche des allgemein betrauerten Professors Schwanthaler, welche gestern unter dem Zudrange einer zahllosen Menge Menschen und auf eine, den Verdiensten des Verewigten würdige Weise zur Ruhe bestattet wurde, ist vorläufig in der Gruft des hohen Domkapitels beigesetzt worden und wird, nach dem Wunsche Sr. Maj. des Königs, seiner Zeit in den Arkaden des neuen Leichenackers ihre Ruhestätte finden. Hr. Maler Teichlein hielt am Grabe des Verblichenen eine ergreifende, durch hochpoetischen Schwung ausgezeichnete Gedächtnißrede.

Der Bayerische Landbote Nr. 325. München; Sonntag, den 19. November 1848.

Bayerische Landbötin (21.11.1848)

Schwanthalers Leichenbegängniß fand letzten Freitag in einer Weise statt, welche für die Höhe des Künstlerruhmes wie für den Werth den persönlichen Charakters des Dahingeschiedenen gleich anerkennend und ehrend war. Außer den Professoren der Akademie, dem Magistrate der Hauptstadt, außer dem endlosen Zuge von Fackelträgern (meist Zöglinge der Akademie) füllten noch Tausende von Personen aus allen Ständen den Leichenacker. Nach der vorläufigen Beisetzung der Leiche in der Gruft des hohen Domkapitels (sie wird später in dem neuen Leichenacker ruhen) und Beendigung der kirchlichen Ceremonien sprach der fungirende Priester in trefflichen Worten die übliche Leichenrede, welcher sich nach Entfernung der Geistlichkeit noch eine begeisternde Rede anschloß, die im Namen und Auftrag der Künstler Münchens Herr Maler Teichlein sprach. Wir sind in den Stand gesetzt, dieselbe wörtlich wiederzugeben.

Freunde! Kunstgenossen! Mitbürger Ludwig von Schwanthalers!

Schreitet ein Fremdling durch unsere Mitte und frägt: »sprecht, wer bevölkerte Saal und Gibel, da mit unsterblichen Mythen der Götter Griechenlands, dort mit Gestalt und That deutscher Helden? sprecht, wer half dankbaren Städten sich schmücken mit den Standbildern geliebter Dichter und Tonkünstler, berühmter Fürsten oder Feldherrn? Wer schuf das riesige eherne Weib, das den Kranz des Ruhmes hinstrecken wird über Stadt und Land und all‘ diese Werke? Da lautet die Antwort: Das alles, Fremdling, hat ein einziger starker Geist in schwachem Körper und einer Spanne Zeit geschaffen! Und frägt der Fremdling weiter: »wo ist der Mann? führt mich hin zu ihm! Da müssen wir nun sprechen mit thränenvollem Blick: O Fremdling! All seinen Odem hat er verhaucht in Stein und Erz, bis seiner eigenen Brust kein Athemzug mehr übrig blieb! Der Mann – ist todt! Doch was sein Tod ward, das eben ist sein Leben! Unsterblich rinnt sein Blut in hundert Marmoradern, in hundert ehr’nen Brüsten schlägt sein Herz für uns und für die Nachwelt. So sehen wir denn ruhig ihn scheiden; die Sendung war erfüllt, was Wunder daß der Bote heimberufen ward!

Freunde! Kunstgenossen! Eine ernste Mahnung weht aus diesem Grabe uns an. Nehme Jeder sie mit vom Sarge des Meisters; es stimmt ihr Ernst zum Ernste dieser Zeiten! Es ist der ewigwiederkehrende, verhängnißvolle und doch erhabene Gang der Menschheitsgeschichte wie des Einzellebens, daß der Geist unter unsäglichen Leiden dieses Erdenlebens sich emporringen muß; es ist der alte Kampf zwischen Geist und Materie, den auch unser Freund im frischen Grabe hier als ein ungewöhnlicher Geist im ungewöhnlichen Maße gekämpft hat. Er hat ihn siegreich vollendet! Sein Beispiel leuchte uns vor, was immer über uns kommen möge! Sein Gedächtniß ermanne uns, so wird auch uns der Friede werden, in dem da ruhet unser Meister und Freund Ludwig v. Schwanthaler. Der Himmel spreche dazu sein Amen!

Ein einfach ergreifender Trauerchor schloß die ernste Feier.

Bayerische Landbötin No. 140. München; Dienstag, den 21. November 1848.

Neueste Nachrichten aus dem Gebiete der Politik (6.3.1850)

München, 5. März. Gestern Abends 5 Uhr fand die bereits gemeldete Transferirung der Gebeine des Ritters v. Schwanthaler, Professors der Akademie der bildenden Künste etc. etc. in seine ihm vom König Ludwig bestimmte Gruft unter den Arkaden des neuen Friedhofes auf ebenso feierliche als den Verblichenen ehrende Weise statt. Tausende und Tausende aus allen Ständen waren schon um die vierte Abendstunde nach dem Friedhofe geströmt, um diesem Traueracte anzuwohnen. Gegen ½5 Uhr ward der Sarg, welcher die Gebeine des als Mensch und Künstler im Leben so hochgefeierten Mannes bewahrte, aus der Gruft des Domkapitels – unter den Arkaden des alten Friedhofes, in welcher derselbe vor. Jahr provisorisch beigesetzt wurde – gehoben und unter den Hallen Eingangs des neuen Friedhofes feierlich ausgesetzt.

Uniform-Hut und Degen, sowie ein Lorberkranz schmückten den Sarg, 18 Künstler, 12 mit brennenden Wachslichtern, von denen 6 mit weißen, 6 mit schwarzen Flören über die Schultern (letztere aus Schwanthalers Atelier) umgaben den Sarg, zu welchem sich dichte Menschenmassen drängten, dem im Leben so hoch geachteten und geliebten Manne nach religiösem Gebrauche Weihwasser spendend. Nach 5 Uhr begann der feierliche Traueract mit kirchlicher Aussegnung, den Leichenzug eröffnten über hundert Künstler der Akademie, welche sich bereits mit brennenden Fackeln im neuen Friedhofe aufgestellt hatten, denen sich die Geistlichkeit von St. Peter mit Choralbegleitung anschloß, dieser folgte der wie vor erwähnt geschmückte Sarg, getragen von 6 Künstlern der Akademie, mit weißen Florschärpen über den Schultern, zur Seite obengenannte 12 Künstler mit brennenden Wachslichtern und hinter demselben die Verwandten, Freunde und Verehrer des Verblichenen in namhafter Anzahl, dann Beamten, eine Deputation des Magistrates u. der Gem.-Bevollm., welchen sich zahlreiche Teilnehmer aus allen Ständen angeschlossen hatten. Der lange Zug bewegte sich durch den mittleren Weg bis zum Bassin, bog dann nach der linken Seite, von welcher derselbe nach der bereits mit Blumen und Kränzen und mit des Verblichenen Büste geschmückten Gruft zurück zog, worauf sich die Künstler mit ihren Fackeln in großem Kreise vor derselben aufstellten. Als der Sarg dort angelangt war, ward derselbe mit einem Lorbeerkranze geschmückt u. unter kirchlichen Ceremonien in dieselbe feierlich eingesenkt.

Dieser Handlung folgte eine Grabrede, in welcher der ehrende Character des Mannes, dessen Gebeine eben hier bestattet worden, dessen Verdienste, welche für die Nachwelt durch seine Kunstwerke fortleben, und daß und wie aber der biedere Verblichene im Leben geliebt und geehrt gewesen, die hier zahlreich versammelten Theilnehmer aus allen Ständen glänzend bethätige, mit gediegenen Worten geschildert wurden. Das hierauf gefolgte übliche Vaterunser schloß den kirchlichen Traueract. Nun ertönte zur Seite der Gruft, unter den Arkaden, ein ergreifender Trauergesang mit Instrumentalbegleitung, von der hiesigen Liedertafel ausgeführt, welchem noch weitere Grabmusik (Blechinstrumente) folgte. Die Wirkung des Gesanges, sowie der Blechmusik, beides unter den Arkaden ausgeführt, war wahrlich mächtig und tief ergreifend. Nach geschlossener kirchlichen Feier wurden die Fackeln auf demselben Platze, wo sich die Künstler aufgestellt hatten, zusammengeworfen und verbrannt.

Das herrlichste Wetter hatte die über eine Stunde gewährte Trauerfeierlichkeit begünstigt. Auch die seit v. J. unter den Arkaden des alten Friedhofes aufgestellte Büste Schwanthalers war von sinniger Hand mit Kränzen geziert. – Des Nachmittags wurden drei blutjunge Burschen von dem alten Friedhofe, woselbst sie des Taschendiebstahls auf der That erwischt wurden, zusammen gekettelt auf die Polizei gebracht. – Heute schmückt Schwanthalers Gruft: dessen Büste ein Lorbeerkranz auf dem Haupte und Kränze an dem Sockel.

Neueste Nachrichten aus dem Gebiete der Politik Nro. 65. Mittwoch, den 6. März 1850.

Münchener Künstlerbilder (1871)

Ludwig von Schwanthaler,
Bildhauer.

Meister Ludwig von Schwanthaler gehörte einer Familie an, deren Mitglieder schon etwa dreihundert Jahre die edle Bildhauerkunst ausübten. Lipowski, in seinem bayerischen Künstlerlexikon, meint sogar, die Schwanthaler'sche Familie sei schon über dreihundert Jahre in dieser Kunst berühmt gewesen. Von einem S. G. Schwandaler befinden sich in der Berliner Kunstkammer zwei Hochreliefs, außerdem sind auch noch ein Thomas und ein Bonaventura Schwanthaler in der Geschichte bekannt, Vater und Sohn, von denen der Erstere um 1680 lebte.

Ludwig Schwanthaler erzählte, seine Voreltern seien im Innviertel zu Hause gewesen, hätten dort an verschiedenen Orten gelebt und das Kriegshandwerk getrieben. Einer von ihnen, Namens Andreas, habe im Schwäbischen gelebt, als Landsknechtsführer Georg's von Frundsberg den Zug in's Salzburgische mitgemacht und sich in diesen Kämpfen gegen die Protestantischen ausgezeichnet. In der zweiten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts hätten die Schwanthaler im Markte Ried im österreichischen Innviertel gewohnt und ein Thomas Schwanthaler, derselbe, dessen eben gedacht wurde, sei in so großem Ansehen als Künstler gestanden, daß er einen eigenen Wappenbrief erhalten. Unsres Ludwig Schwanthaler Großvater hatte drei Söhne, welche sämmtlich Bildhauer waren und Franz, Peter und Anton hießen. Peter und Franz siedelten nach München über, wo sie in den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts einfache Grabdenkmäler u. d. gl. anfertigten. Dem Franz Schwanthaler nun wurde am 26. August 1802 ein Sohn geboren, den er Ludwig taufen ließ.

Der Junge modellirte sich schon frühzeitig Ritter und Landsknechte, Engel und Heilige u. A. aus Wachs, ohne daß der Vater viel darauf gab. Er bestimmte ihn vielmehr zu den Studien und schickte ihn auf das Gymnasium, auf welchem sich Ludwig gut hielt, während er jede freie Zeit sich auf's Zeichnen und Modelliren verlegte. Dem Vater widerstrebte namentlich die deutsch-mittelalterliche Richtung des Knaben, da er selbst dem griechischen Geiste huldigte. In wenigen Jahren war eine ganze Reihe von plastischen Versuchen, Bleistift- und Kohlenzeichnungen entstanden, von denen sich einzelne erhalten haben. Alles daran ist sagenhaft, abenteuerlich, mittelalterlich.

Dieselbe Richtung verfolgte Ludwig in seiner Lectüre, welcher er jeden Sparpfennig opferte. Da saß er noch in später Nacht bei einem Oellämpchen über den Haymonskindern, dem Fortunat mit seinem Wünschhütlein, über dem gehörnten Siegfried und der schönen Melusina.

Daneben erbaute er sich an den Ritterromanen des vorigen Jahrhunderts und erinnerte sich noch in späteren Jahren zweier Producte dieser Art, der »Wanderungen Eckberts«" und des »Raubgrafen Daßl«; noch werthvoller aber waren ihm Chroniken, in denen er neben der Geschichte naiv und gläubig erzählte Sagen fand. In solcher Gemüthsstimmung lag es nahe, dem Wirklichen selbst eine romantische Färbung zu geben.

Denselben Charakter des »Hellfreudigen, Frohabenteuerlichen« trugen auch seine Spiele, welche sich manchmal zu förmlichen Dramen gestalteten, in denen Burgfräulein, Ritter, Knappen und Narren nicht fehlten.

Nicht ohne Einfluß auf ihn war sein Altersgenosse Franz Graf Pocci, der wie Ludwig zeichnete, Geschichte und Sage liebte und daneben musicirte. Die Knaben wurden indeß bald getrennt, fanden sich jedoch später wieder und wie des jungen Grafen höhere Bildung damals wohlthuend auf Ludwig eingewirkt, so blieb später seine Aufnahme im gräflichen Hause nicht ohne günstige Folgen.

Endlich gestattete Franz Schwanthaler, daß sich sein Sohn ganz der Kunst widmete und dieser schuf dem Vater zu Liebe gar manches Stück Arbeit in dessen Sinne, um dann wieder nach eigenem zu schaffen. Schon damals hielt ein leichtes Erfassen mit ebenso leichter und sicherer Darstellung gleichen Schritt. Das war aber immer nur die Arbeit der Abend-Freistunden, denn des Tages war er mit dem Vater in der Werkstätte thätig, wo es sich meist nur um gewöhnliche Arbeit handelte, welche zwischen dem Handwerk des Steinmetzen und der eigentlichen Kunst die Mitte hielt, obwohl der Vater, wie zahlreiche Werke desselben zeigen, ein tüchtiger Künstler war.

Nun trat Ludwig auf die Akademie über und damit begann eine wahrhaft trostlose Zeit, denn Johann von Langer, damals Akademiedirector, wurde nicht müde, ihm alle Begabung und folgerichtig alle Hoffnung für die Zukunft abzusprechen. Wirklich gelang es Langer, auch Schwanthaler an sich selbst irre zu machen. Er wollte Schlachtenmaler werden und fand bei Albrecht Adam freundliche Aufnahme. Aber schon nach einem Jahre kehrte er zu seiner geliebten Sculptur zurück mit dem festen Vorsatze, nun seinen eigenen Weg zu gehen.

Um diese Zeit, 1821, starb Ludwig's Vater, nach des Sohnes Zeugniß »ein rechter Ehrenmann, der voll bester Absicht in Sachen der Kunst war und eine gar geschickte Hand zur Sculptur hatte.« Von nun an trug Ludwig des Hauses Last, denn es war Mutter und Schwester zu ernähren, wobei ihm nur sein Vetter Xaver Schwanthaler mit Rath und That wacker zur Seite stand.

Durch die Vermittlung des Hofmarschalls Montpergny, der im Hause des Grafen Pocci Entwürfe Ludwig's gesehen, wurde König Maximilian Josef auf den jungen Künstler aufmerksam und bestellte bei ihm einen Tafelaufsatz, der in halb erhabener Arbeit in Silber ausgeführt werden sollte. Als Stoff ward ihm die Mythe des Prometheus und der Titanen gegeben und er löste die Aufgabe so glücklich, daß König Max, der sich trefflich auf die Kunst verstand, ihm in seiner freundlichen Weise sagte: »Es sei Alles so schön erdacht und anmuthsreich ausgebildet, daß ihm kein Meister in der Stadt zu größerer Zufriedenheit hätte arbeiten können.«

Bald darauf starb König Max und Schwanthaler's Tafelaufsatz blieb unvollendet. König Ludwig aber machte es dem jungen Künstler möglich, nach Italien zu gehen, von wo aus er bald schrieb:

»Ich trat mit heiliger Ehrfurcht in die unerschöpfliche Schatzkammer der Kunst, bei deren Besuch und bei der Ueberlegung dessen, was schon alles Vollkommenes geschaffen wurde, sich auch das beste Talent zuerst niedergeschmettert glaubt, aber sich dann beim näheren Bedenken, daß die neue Welt auch ihre Ansprüche an jetzige Meister macht, schon wieder aufraffen kann und erkräftigt. Wozu dann bald die weitere Folge kommt, daß der Bildhauer oder Maler durch den sichtbaren Beweis der langen Dauer der künstlerischen Productivität mit einem wahren Fanatismus erfüllt wird, auch etwas Schönes zu hinterlassen, wenn er auch sein Leben daran zu setzen hätte, und in eigener Person unbekannt und unbelohnt bliebe.«

Schwanthaler verweilte fast ein Jahr in Rom, beinahe nur der Betrachtung dessen hingegeben, was Rom zum Magnet der Künstler macht und verkehrte viel mit Thorwaldsen, der ihn hoch ehrte. Gegen Ende seines dortigen Aufenthalts aber erkrankte Schwanthaler gefährlich. König Ludwig, der eben dortselbst anwesend war, schickte ihm seinen Leibarzt und es gelang diesem, den Künstler vom Tode zu retten, worauf derselbe eiligst nach Deutschland zurückkehrte.

Der Tafelaufsatz hatte ungewöhnliches Aussehen erregt und als Cornelius von König Ludwig nach München berufen wurde, zog Schwanthaler bald dessen Aufmerksamkeit auf sich und der Meister vertraute ihm einen Theil der plastischen Arbeiten in der Glyptothek. Dieselben bestanden in Reliefs aus der Mythe der Götter und Halbgötter und sind in unmittelbarem Zusammenhange mit den Wand- und Deckengemälden des Cornelius; an sie reihten sich dann andere in den von Klenze ausgeschmückten Sälen.

Einen Theil dieser Arbeiten hatte er schon vor seiner Abreise nach Rom hergestellt, die übrigen vollendete er nach seiner Rückkehr.

Ueber der Eingangsthür sieht man die Isis, den Leichnam ihres Gemahls Osiris entdeckend, über dem Reiche des Poseidon die Geburt der Venus, die von Tritonen und Najaden jubelnd begrüßt wird. Im trojanischen Saal stellte Schwanthaler um das Rundgemälde der Hochzeit des Peleus und der Thetis die bei der Feier anwesenden zwölf Götter in ebensovielen kleinen Reliefs dar; dann über dem Bilde des Kampfes um den Leichnam des Patroclus den Kampf des Achilleus mit den Flußgöttern und oberhalb bei dem Fensterbogen den Kampf bei den Schiffen mit dem Sturm auf das Lager der Griechen. Für den Römersaal modellirte Schwanthaler die Mittelreliefs der Kuppel und vierundzwanzig Figuren außer den zwölf Obergöttern.

Aelteren Datums noch sind der hundertfünfzig Fuß lange und drei Fuß hohe Fries mit der Mythe des Bacchus und die großen Reiterreliefs für die Reitschule des Fürsten von Thurn und Taxis in Regensburg.

Im Jahre 1832 ging Schwanthaler zum zweiten Male über die Alpen und hielt sich nun, von Thorwaldsen wieder herzlich aufgenommen, nahezu zwei Jahre in Rom auf. Während dieser Zeit beschäftigte er sich mit dem Modelliren mehrerer Gruppen für das erste (südliche) Giebelfeld der Walhalla, neben denen viele Entwürfe für den Königsbau und mehrere kleine Modelle zu den Malerstatüen auf der Pinakothek entstanden.

Im Jahre 1835 ward er zum Professor der Plastik an der Münchener Akademie ernannt und so eröffnete sich seiner Fruchtbarkeit des Geistes und Vielseitigkeit des Talentes ein neuer Spielraum.

Zunächst wurde seine Thätigkeit für den Königsbau in Anspruch genommen; so fertigte er eine Reihe von Compositionen aus Hesiod in dem strengen Style der Fresken von Tarquinii und Corneto in einfachen Conturen; wieder andere in freierer malerischer Durchbildung. Für die Gemächer des Königs erhielt er die Götter- und Heroenwelt der Griechen zum Vorwurfe, wobei er sich an Orfeus und Hesiod, Homer und Pindar, Aeschylos und Sofokles zu halten hatte und ein Werk schuf, das bei besonders strenger Auffassung an Reichhaltigkeit von keinem andern erreicht wird, wobei übrigens zu bemerken kommt, daß diese Compositionen nicht plastisch, sondern als Gemälde ausgeführt wurden.

Im ersten Vorzimmer des Königs sehen wir den Argonautenzug in überaus lebendigen, einfarbig auf braunem Grunde in der Weise althellenischer Vasengemälde ausgeführten Bildern. Von besonderer Schwierigkeit waren die Compositionen zur Theogonie des Hesiod in einem hundertzwanzig Fuß langen und dreieinhalb Fuß hohen Fries, den Hiltensperger einfarbig ausführte, indem er die Formen lediglich mit Umrissen angab. Schwanthaler hatte sich so in die seiner innersten Neigung ferne liegende hellenische Welt hineingelebt, daß man vor einem Werke der ältesten hellenischen Zeit zu stehen glaubt, dem doch die volle Eigenart nirgends fehlt. Darunter sind Darstellungen aus anderen Gedichten des Hesiod gleich der Theogonie enkaustisch ausgeführt.

Für den Thronsaal hatte Schwanthaler seinen Stoff aus Pindar zu nehmen und löste die doppelt schwierige Aufgabe, indem er die vier Haupthelden dem Throne zunächst stellte und von da aus auf die einschlägigen Mythen überging, wobei er den Kampfspielen und der Preisevertheilung ihren Platz in dem Friese anwies.

Den Reliefs im Thronsaal folgen im Empfangzimmer einundzwanzig Scenen aus den Tragödien des Sofokles in farbigen Bildern und im Schreibzimmer des Königs vierundzwanzig Gemälde aus den Tragödien des Aeschylos, alle in derselben Strenge der Auffassung.

Dagegen durfte er von dieser in seinen siebenundzwanzig Bildern aus den Lustspielen des Aristofanes im Ankleidezimmer des Königs abgehen. Hier erschloß sich seiner unerschöpflichen Laune ein weites Feld, wo sogar Uebertreibungen erlaubt waren, sofern sie nur nicht der echten künstlerischen Weihe entbehrten.

Das zweite Stockwerk des Königsbaues schmückte Schwanthaler mit Compositionen aus dem Mythos der Afrodite, weiß auf rothem Grunde, wobei die pompejanischen Reliefs im damaligen bourbonischen jetzt National-Museum in Neapel als Vorbilder dienten.

Hier mag es, des inneren Zusammenhanges wegen, gestattet sein, der Arbeiten Schwanthaler's für den Festsaalbau zu gedenken, wenn sie auch einer späteren Zeit angehören. Es sind die vierundzwanzig Darstellungen aus der Odyssee des Homer, welche die ebensovielen Wandseiten von sechs Festgemächern des Erdgeschosses einnehmen. Schwanthaler war die Wahl der Compositionen überlassen, die er nicht in leichten Umrissen, wie behauptet worden, sondern in ziemlich vollendeten Zeichnungen ausführte, während Hiltensperger die Zeichnung der Cartons in voller Lebensgröße und die Ausführung mittelst Enkaustik übertragen ward. Für den hohen Werth dieser Arbeiten in echt hellenischer Form und Gestaltung spricht das Lob, das ihnen Leo von Klenze mittelst streng wissenschaftlicher Würdigung in einem eigenen Aufsatze (Kunstblatt 41) zollte. Diese Gemälde wurden in der ersten Hälfte des Jahres 1839 begonnen.

Als ein Hauptwerk des Meisters stellt sich sein 266 Fuß langer und 4 Fuß 6 Zoll hoher Gypsfries in eben diesem Saalbau dar, welcher den Kreuzzug Friedrich Barbarossa's zum Gegenstande hat. Schwanthaler führte diesen Fries ganz in seiner Werkstätte aus, wobei er von seinen besten Schülern unterstützt ward.

Als König Ludwig den Kolossalbau der Walhalla begann, beschloß er, den beiden Giebelfeldern reichen Bilderschmuck zu geben. Im südlichen sollte nach seiner unmittelbaren Angabe der Friede von 1816 in fünfzehn allegorischen Figuren dargestellt werden. Der König übertrug die Arbeit zunächst Rauch in Berlin, ließ jedoch dessen Composition später durch Schwanthaler fast gänzlich umgestalten.

Wir sehen Germania, der deutsche Krieger die wiedereroberten deutschen Bundesfestungen zuführen. Oesterreich die Festung Mainz, Bayern die Festung Landau, Preußen mit Köln an der Hand. Rhein und Mosel schließen zu beiden Seiten die reichbewegte, großartige Composition ab.

Das nördliche Giebelfeld, an dessen Schmuck Schwanthaler von 1835–42 arbeitete, zeigt in ebenfalls fünfzehn Kolossalfiguren in der Mitte Hermann, rechts den Kampf für's Vaterland, einen Barden, eine Seherin, den für das Vaterland sterbenden Siegmar von Thusnelda für Walhalla vorbereitet, und links von Hermann, der in nackter Schöne vom fliegenden Mantel halb verhüllt alle weit überragt, die reiche Gruppe der Römer in der Hermannsschlacht, wie sie vergebens gegen die Deutschen ankämpfen und Varus sich in's Schwert stürzt. So ist auch hier der Sieg deutscher Kraft über Fremdherrschaft in bedeutender Weise zum Ausdruck gekommen.

Für das Innere der Walhalla modellirte Schwanthaler die als Karyatiden dienenden Walküren.

Und noch drei kolossale Giebelgruppen schuf Schwanthaler: die erste am Kunstausstellungsgebäude in München. In der Mitte theilt Bavaria Kränze aus, zur Rechten steht der Architekt mit dem Modell einer Kirche und ihm folgen Historien-, Genre-, Porzellan- und Glasmaler. Ihr zur Linken bringt der Bildhauer mit seinen Gehilfen die Kolossalbüste des Königs Ludwig, während ein Erzgießer und Münzer den Schluß bilden. Bekannt ist, daß diese in eigenthümlicher Weise an den Geist der pompejanischen Wandmalerei erinnernde Giebelgruppe eine lebhafte Polemik in der Allgemeinen Zeitung hervorrief, an welcher sich auch König Ludwig persönlich betheiligte. Die zweite und dritte Gruppe sind in den beiden Giebeln der Propyläen am Königsplatze in München und behandeln die Erhebung Griechenlands in dem zweiten Jahrzehent dieses Jahrhunderts. Nach Schwanthaler's Zeichnungen wurden auch die prächtigen Reliefs an den beiden Thürmen dieses herrlichen Baues ausgeführt.

Für den von König Ludwig restaurirten Dom in Speyer schuf Schwanthaler 1843 die Marmorstatue Rudolf's von Habsburg und benutzte für den Kopf ein Steinbild aus dem vierzehnten Jahrhunderte.

Ein Jahr vorher hatte er das Denkmal des Sängers Frauenlob vollendet, das eine junge Frau in reicher architektonischer Umrahmung darstellt und sich im Kreuzgange des Mainzer Domes befindet. Rühmend anerkannt muß werden, daß Schwanthaler fast kein Honorar dafür nahm.

Hieran reihen sich 12 zehn Fuß hohe Statuen aus dem Hause Wittelsbach für den Thronsaal des Festsaalbaues in München. Schwanthaler begann das große Werk im Jahre 1836 und vollendete es sechs Jahre später. Sie wurden in Erzguß ausgeführt und stark im Feuer vergoldet. Auch hiefür benutzte der Künstler durchweg Originalporträts, die kolossalen Gypsmodelle aber machte er seiner Vaterstadt zum Geschenke und sind dieselben nunmehr trefflich bronzirt im großen Rathhaussaale aufgestellt, dessen größte Zierde sie bilden.

Von Schwanthaler's Meisterhand rühren auch die Denkmäler Mozart's in Salzburg, des Großherzogs Karl Friedrich von Baden in Karlsruhe, umgeben von allegorischen Darstellungen der damaligen vier Provinzen Badens, und die 16 Fuß hohe Statue des Großherzogs Ludwig von Hessen in Darmstadt her.

Zu den besten monumentalen Schöpfungen Schwanthaler's in Bezug auf Charakteristik zählt sein Goethemonument in Frankfurt mit den schönen Reliefs auf dem Sockel. Als Jean Paul in Bayreuth ein Denkmal aus Privatmitteln errichtet werden sollte, trat alsbald König Ludwig in die Sache ein und übertrug die Ausführung Schwanthaler. Ebenso fertigte der Künstler die Statue des Markgrafen Friedrich Alexander von Brandenburg in Erlangen, welche aus Anlaß des Jubiläums der dortigen Universität im Jahre 1843 aufgestellt wurde.

München besitzt die Kolossalstatuen Tilly's und Wrede's in der Feldherrnhalle und die des bayerischen Gesetzgebers Baron Kreithmayer auf dem Promenadeplatz. Norrköping in Schweden besitzt eine Erzstatue Karl Johann XIV. (Bernadotte's), Wien den schönen Brunnen auf der Freiung mit den vier Hauptflüssen Oesterreichs, der Donau, Weichsel, Elbe und des Po, welche die auf einem Capitäl stehende, mit Lanze und Schild bewaffnete Austria umgeben. Nicht minder modellirte er, wenn auch nur im Kleinen, das Denkmal auf die Ausführung des Donau-Mainkanales mit den allegorischen Figuren der Donau und des Maines, die sich die Hände zum großen Unternehmen reichen, während Handel und Schifffahrt sich ihnen beigesellen. Dasselbe wurde von Brugger, Hänle, Herwegh und Horchler in kolossalen Verhältnissen ausgeführt. Für Herrn Veith auf Lieboch modellirte er die Erzstatuen für dessen bekannte böhmische Nationalhalle.

Das größte monumentale Werk Europa's aber ist Schwanthaler's 54 Fuß hohe Bavaria vor der bayerischen Ruhmeshalle bei München, mit dem neben ihr sitzenden 27 Fuß hohen Löwen. Sockel und Statue erreichen zusammen die Höhe von 127 Fuß. Im Inneren des Hauptes der Bavaria haben 20 Personen Raum. Der Künstler vollendete das Modell zu diesem Koloß im Jahre 1837, 1845 wurde das Bruststück gegossen und 1848 das Denkmal in Gegenwart des Königs Ludwig feierlich enthüllt. Für die Ruhmeshalle fertigte Schwanthaler die Metopenreliefs und für die Giebelfelder die vier Provinzen des Königreichs.

Es versteht sich wohl von selbst, daß der Meister an Werke von so kolossalen Maßverhältnissen nicht allein Hand anlegte, sondern theils nur die Modelle im Kleinen dafür herstellte, theils bei der Ausführung im Großen sich tüchtiger Gehilfen bediente. Zu den Arbeiten nun, welche der Künstler fast ausschließend mit eigener Hand durchbildete, gehören außer den Friesen im Königsbau und Saalbau, sowie im Palaste des Herzogs Maximilian in Bayern noch eine lange Reihe von runden Figuren und Reliefs, von denen hier nur der leidende Filoktet auf Lemnos im Besitze des Prinzen Karl von Bayern, die Ceres- und Proserpinagruppe im gräflich Redern'schen Palaste zu Berlin, die ausgezeichneten Statuen der Venus, Diana, Vesta und Ceres, des Apollo, Bacchus und Pan, sowie zwei Tänzerinnenstatuen im herzoglichen Schlosse zu Wiesbaden, seine liebliche Nymfe im Besitze des Grafen Arco zu München, die Donaunymfe in der Sammlung des Fürsten Schwarzenberg und die Reiterkämpfe im Besitz des Herrn von Klenze in München, sowie sein berühmter Herculesschild mit mehr als 140 Figuren zu nennen sind. Von seinen zahlreichen Büsten mögen die Wilhelm's von Kaulbach und Eduard's von Schenk hier genannt werden.

So groß die Anzahl der genannten und anderweiter Arbeiten des Meisters ist, so giebt es doch noch eine Menge von Werken, die nach den kleinen Modellen, Zeichnungen und Skizzen durch fremde Hand ausgeführt wurden. Die Ausführung mancher machte es zur Pflicht, daß man sich dabei theilweise selbst Aenderungen erlaubte, welche weit abführten. Dahin gehören insbesondere die Reliefs aus der bayerischen Geschichte im Saalbau, die Statuen an der Ludwigskirche in München, die vier Evangelisten und die Madonna für die Auerkirche daselbst, der Tafelaufsatz für den damaligen Kronprinzen Maximilian von Bayern, die Malerstatuen auf der Pinakothek und die acht Kreise auf der Attika der Säulenhalle des Saalbaues, sowie die vier Statuen an der Freitreppe der Staatsbibliothek in München.

Es lag durchaus nicht im freien Willen des Künstlers, sich so vielfach fremder Kräfte zur Ausführung seiner Arbeiten zu bedienen; es zwang ihn hiezu lediglich die Ueberfülle von Bestellungen. Dieses Verhältniß darf namentlich bei der Würdigung der Arbeiten Schwanthaler's nicht außer Acht gelassen werden. Uebrigens besaß Schwanthaler die Gabe, rasch zu schaffen, in ungewöhnlich hohem Grade.

Doctor Sulpice Boisserée hatte für seinen Freund Bertram einst bei Schwanthaler ein Relief bestellt, welches die Jagdscene aus der Legende des hl. Egidius darstellen sollte. Bertram besuchte den Künstler wiederholt, um die Zeichnung zu sehen; dieser aber hatte noch immer nicht Muße gefunden, sie zu entwerfen. Um Bertram nicht zu verletzen, setzte sich Schwanthaler, bei einem späteren Besuche Bertram's, sobald er diesen eintreten sah, rasch an seinen Arbeitstisch und vollendete in weniger als einer Viertelstunde, während er mit dem Besuche plauderte, den Entwurf mit der Feder, der so wohl gelungen war, daß er ohne Abänderung ausgeführt wurde.

Schwanthaler sammelte eine sehr bedeutende Anzahl von Schülern um sich, welche mit treuer Freundschaft zu ihm standen und sich namentlich bewährten, wenn einer der wiederholten Krankheitsfälle des Künstlers eintrat. Vornehmlich sind es Balbach, Gröbner, Hautmann, Heer, Kaiser, Leeb, E. Mayer, Riedmüller u. A. Aber auch schon erfahrene Praktiker arbeiteten im Atelier unseres Meisters, so Gebhard, Granzow, die beiden Lazzarini, Lossow u. A. Als diejenigen seiner Schüler aber, welche seither selbst zu namhaften Künstlern herangereift sind, müssen vor Allen Brugger und Wiednmann genannt werden.

Als Unicum erweist sich ein von Schwanthaler radirtes Blatt: »Die den Odysseus aus dem Sturme rettende Leukothea.«

In unserer Skizze darf der Vetter unseres Künstlers Franz Xaver Schwanthaler nicht übergangen werden. Derselbe ist ein Sohn des früher erwähnten Peter Schwanthaler und ging aus der Werkstätte seines Vaters in die seines Oheims Franz Schwanthaler und aus dieser wieder in jene seines berühmten Verwandten Ludwig über, an dessen Seite er bis zu seinem Tode ordnend und liebend stand, während er auch als selbständiger Künstler Tüchtiges leistete.

Schwanthaler erwies sich eben so unerschöpflich in der Wahrheit und Eigenthümlichkeit seiner Kunstschöpfungen, als in deren Menge, und wenn selbst hervorragende Plastiker sich mehr Bestellungen wünschen mögen, als ihnen das Schicksal zuwendet, so wäre er eher in der Lage gewesen, sich über das Gegentheil zu beklagen. Aber er konnte es nicht verschmerzen, wenn Anderen Aufträge zu Theil wurden, so groß war sein Ehrgeiz. Und noch etwas war es, das ihm manchesmal ein Wort des Bedauerns entlockte. War nemlich auch sein Sinn in gleich hohem Grade durchgebildet für antike wie für christliche und historische Auffassung seiner Stoffe, wobei ihm nach beiden Richtungen hin seine auf dem Gymnasium erworbene und später noch durch Privatfleiß erweiterte wissenschaftliche Bildung trefflich zu statten kam, so war sein Wesen doch vorzugsweise der Romantik zugewendet und gab ihm Anlaß, die romantische Plastik in Deutschland wieder zu beleben und in einer Weise zu entwickeln, daß sie an Umfang und Großartigkeit ihres Gleichen nicht hat und schwerlich je haben wird. Gleichwohl aber war es ihm nur seltener gestattet, sich dieser Neigung in der Kunst hinzugeben.

Und der Romantik war er nicht blos in der Kunst, sondern auch im Leben zugethan und wo diesem der Schimmer der Romantik fehlte, da verstand er es, wie kaum ein Anderer, es mit ihrem poetischen Hauche zu umgeben, wie Franz Trautmann, einer seiner treuesten Genossen, uns in seinem trefflichen Buche »Schwanthaler's Reliquien« so anmuthend zu erzählen verstand. Vor Allem war es die Natur mit ihren tausendfach wechselnden Reizen, die ihn wunderbar fesselte und zwar nicht blos das Gewaltige, Riesenhafte, sondern auch das Heimliche, Trauliche. Er bedurfte nicht der Kolosse der Alpen, ein einsamer Bergquell am Abhang, das Flüstern der Abendlüfte im Haselbusch, der Blick auf den einsamen Weiher mit seinem schwankenden Schilfe versetzte ihn nicht minder je nach den Umständen in heitere oder wehmüthige Stimmung. Erfaßte ihn auf seinen Wanderungen, auf denen er vorzugsweise der grünen Isar entgegenging, die Stimmung des Augenblicks, so konnte er stundenlang an dem einen Punkte verweilen und mit schöpferischer Fantasie in Wald und Feld, Himmel und Erde, Sturm und Sonnenschein Dinge legen, die einem weniger poetischen Gemüthe freilich unsichtbar bleiben mußten.

Es wird später darauf zurückzukommen sein, wie Schwanthaler sich unmöglich der Romantik des Christenthums entziehen konnte. Als Dichter aber war und blieb er entschiedener Pantheist, der jedes Einzelwesen durch einen Theil der Gottheit belebte. Eine so reizbar angelegte Natur, wie die seine, mußte nothwendig in Stimmungen kommen, welche die Grenze zwischen Wahrheit und Dichtung zu unterscheiden unmöglich machten.

Mit einer wahren Leidenschaft aber ging er den Ueberresten einer längst vergangenen Zeit nach, mochten sie ihm als Kirche, Kloster oder gar als halb verfallene Burg entgegentreten. Ueber ihrem Anblick versenkte er sich in ein tiefes Träumen und Sehnen und seine lebhafte Fantasie führte alles Vergangene in solcher Lebendigkeit vor seiner Seele vorüber, daß er es wohl mit leiblichem Auge zu sehen meinte. Er war sich dieses Zustandes recht wohl bewußt und sprach sich darüber einmal in folgender Weise aus:

»Es giebt viele, viele Menschen, welchen diese meine Selbsttäuschung, dieses Sehen mit noch so vielen Auseinandersetzungen nicht glaublich würde, obwohl sie oft selbst schon vielleicht bei offenen Augen das Eindrucksreichste nicht sahen. Was wieder ein und der Andere nicht begreift. Die Sache ist also die gleiche, nur im entgegengesetzten Falle; mit der weiteren Rücksicht, daß jene Fähigkeit zu sehen und zu träumen dem vom Himmel damit Ausgestatteten sein Empfinden in Schwingungen versetzt, deren Seligkeit ein anders Beschaffener nie kennen lernt.
Sonderbar genug finden sich aber Menschen, welche sich gewissermaßen Glück wünschen, von solchen Stimmungen gar keine Kenntniß zu haben.«

Sein Lieblingsziel auf solchen Wanderungen war Grünwald im oberen Isarthal, welch letzteres später eine hervorragende Stelle in seinem Leben einnahm. Wenn er dort am steilen Isarufer einsam unter den Buchen lag, da flossen wohl »Thränen der unergründlich tiefen Sehnsucht nach einem verklärten Ritterthum des Jenseits.«

Frühzeitig drängte es ihn schon, dieser Sehnsucht Gestalt zu geben, indem er in der Werkstätte seines damals noch lebenden Vaters nächst dem Thurm der alten Frauenkirche, welche dreizehn Jahre später dem griechischen Ritus zugewiesen wurde, eine Anzahl gleich gestimmter Freunde zu einer Genossenschaft versammelte, welche die Natur eines rechten Ritterbündnisses haben sollte. Dort wurde in Ernst und Scherz Alles heraufbeschworen, was mit Hilfe zur Selbsttäuschung geneigter junger Männer von übersprudelnder Fantasie dazu dienen konnte, das Mittelalter wieder heraufzurufen. Die Werkstätte mit ihren beiden mehr als einfachen Gelassen ward zur »Humpenau« und Armbrustschießen, Toaste, schöne Pokale, Verslein, Waldeslust, Musika, Geistererscheinungen u. dgl. füllten die Zeit. Die Genossen jener von jugendlichem Muthwillen nicht selten übersprudelnden Tafelrunde waren außer Schwanthaler und seinem Vetter Xaver, der Architekt Heinrich Hartmann von Koblenz, der Bildhauer Hotz von Konstanz, der Goldschmied Peter Werner vom Rhein und der Schüler der Akademie Lang von Wurzach. Doch beschränkte man sich nicht auf den engen Raum der Humpenau, sondern trug seine mächtigen Humpen wohl auch in die Wälder an der Isar hinauf, wobei es einmal sich begab, daß sämmtliche Ritter auf einem Ausfluge nach Grünwald sich im Garten der Schenke zu Harlaching in die Aeste der beiden am Eingange stehenden Bäume setzten und dort in Laub und Lüften bankettirten.

Andrerseits war man excentrisch genug, sich wegen der absonderlichsten Dinge mit blanken Schwertern herumzuschlagen. Schwanthaler selber war einmal nahe genug daran, in die Hand der heiligen Hermandad zu fallen, als er in toller Laune nächtlicher Weile ein Paar alte Glasmalereien aus einem Fenster der griechischen Kirche lösen wollte.

Dem Ritterbunde in der Humpenau folgte fünf Jahre später ein zweiter, der seinen Namen vom Einhorn, dann vom Bären erhielt und auf ähnlichen Grundlagen fußte, wie jener der Humpenau. Ihm traten der Graf Franz Pocci, der Dichter Friedrich Beck, ein gewisser Sundal und Helldobler sammt Baron Nothhaft bei, und selbst des Grafen Franz Vater fand sich gelegentlich ein, wobei Alles im mittelalterlichen Costüme zu erscheinen hatte.

[...]

Als sich Schwanthaler in der damaligen Lerchenstraße, welche jetzt des Künstlers Namen trägt, ein Haus erworben, baute er sich darin neben den drei großen Werkstätten ein alterthümliches Gemach, das er in entsprechener Weise als Humpenburg ausstattete. Dort aber nahm der Mummenschanz einen noch größeren Umfang an, wenn auch der Uebermuth nicht mehr wie in frühern Jahren über die Schwelle trat.

Als Episode aus jenen Tagen mag erwähnt sein, daß Schwanthaler, Filipp Foltz, und Dürk die Ersten waren, welche nächtlicher Weile das Denkmal des guten Königs Max mit Kränzen schmückten und dabei von der hohen Polizei abgefaßt wurden.

Noch in späten Jahren flüchtete sich Schwanthaler aus dem Drang seiner Berufsgeschäfte in seine Humpenburg um einige Zeit an dem geliebten Ort zu ruhen.

Schwanthaler wußte seine Lebensfrische mit bewußtem christlichen Gemüthe zu vereinigen und wenn er auch in kirchlichen Dingen nicht immer den frommen Schalk verhehlte, so war ihm doch Freigeisterei im höchsten Grade zuwider. Sein Humor machte sich bisweilen auf mehr oder minder energische Weise Luft, namentlich hatte er es auf die Alterthumskenner abgesehen, denen er bisweilen Selbstgeschaffenes auf täuschende Weise als Altes in die Hand zu spielen wußte und so Gelegenheit gab ihre Kenntnisse auszubreiten, bis er dann die Wahrheit enthüllte, ohne sich selbst bloßzustellen.

Neben diesem Humor wohnte aber tiefer Ernst und unglaublicher Schaffensdrang, der ihn einmal nicht weniger als zwanzig Fuß zu einem Fries für die königliche Residenz in Athen zeichnen ließ.

Uebrigens beschränkte sich die Beweglichkeit seiner Fantasie nicht blos auf das eigentliche Kunstgebiet, wie ihn denn außer dem wackeren Sebastian Habenschaden keiner darin erreichte aus Wurzelstücken, Waldschwämmen, Rüben u. d. gl. Humpen und Kannen, Ritter und Zwerge, Gnomen und Einsiedler, Jäger und vielgestaltige Thiere zu schaffen.

Die Feder führte er mit Gewandtheit und in seinem Rücklasse fand sich manches werthvolle Blatt, das beweist, wie oft er sich damit beschäftigte, den letzten Gründen der Erscheinung auf die Spur zu kommen. Eine Bemerkung dieser Art mag hier Platz finden: »Von anspruchlosem Wesen von je, liebte ich von früher Jugend an das Mittelalter, jene Zeit, so reich an Kraft, Gemüth und Fantasie. In meiner Vorliebe ging ich so weit, lieblos gegen die Antike zu verfahren, über die griechische und römische Architektur, namentlich über die durch die Giebel-Linien so eingeengten Bildergruppen mich bitter auszulassen.«

Wer je einen Giebel componirt, möge dies selbst beurtheilen. Er wird aber auch die Freude empfunden haben, nach Beendigung der Composition die Gruppe sich dem Dreieck anschmiegen zu sehen. Denke man sich jedoch die mittelalterlichen Statuen im Gerank der Aeste heranwachsend zu einem organischen Ganzen und diese auf dem Hintergrund ohne möglichen Zugang sich hindrückenden Gruppen, so kann man sich nicht einbilden, wie sie hinauskamen, obwohl andererseits unter diesen hemmmden Umständen dem Bildhauer viele Ehre erblühe.

»Oefters nachdenkend über das eigentliche, geistige Motiv entschlief ich einmal und sah mich im Traum in eine der Gegenden des vor kurzem erst bereisten Vintschgaues versetzt.
Ich sah eine Scheune, deren Dach an der vorderen und hinteren Seite offen den Anblick des Himmels und Durchsicht gewährte, und die ganze Familie des Hauses drunter gruppirt. Der Vater saß in der Mitte, auf einen hohen Stab gestützt; an ihn rechts und links gereiht waren die Uebrigen. Die rothen Jacken und grünen Hosenträger stachen hübsch vom blauen Himmel ab. Als ich erwachte, sah ich deutlich die Absicht der Alten, durch den blauen Grund des Giebelfeldes die Durchsicht nach dem Himmel bezeichnen zu wollen, und hier auf diesem luftigen (im Süden gewiß dem köstlichsten) Standpunkte des ganzen Hauses die Bewohner (bei Tempeln Götter, Helden etc. etc.) beschauen zu lassen!«

Schwanthaler's überreiche Fantasie führte ihn auch zum Aberglauben. Er konnte in vollem Ernste behaupten, dereinst das wilde Heer nicht blos gehört, sondern ein anderes Mal mit leiblichen Augen gesehen zu haben. Das eine sollte im Oberlande gewesen sein, als er in einem einsamen Forsthause übernachtete. Das zweite sollte am Geisenfelderforft zwischen München und Ingolstadt sich zugetragen haben, in dessen Nähe er sich in finstrer Nacht verirrt. Zu diesem Aberglauben gehörte auch seine volle Ueberzeugung, jeder Sterbliche habe außer dem allgemeinen Widersacher, dem persönlichen Teufel, noch einen oder mehrere übernatürliche Feinde, welche in verschiedenen Gestalten bald näher bald entfernter ihn umkreisten, in der Absicht, ihm an Leib und Seele zu schaden. Seine eigenen Widersacher dieser Art glaubte er in Proletariergestalten zu sehen und es existirte mehr als ein Blatt, auf welche er solche fixirte, um seine Freunde und Genossen darauf aufmerksam zu machen.

Daß er an einen persönlichen Teufel glaubte, ist bereits erwähnt worden; eigenthümlich und wohl bemerkenswerth aber ist, daß er solchen im Jahre 1827 nach seiner Rückkehr aus Italien an einem Felsenabhang im Walde gesehen zu haben behauptete. Er hatte auf einem abgehauenen Stamm einen großen Buchenschwamm gesehen und glitschte, als er ihn abschnitt, einige Schritte hinunter in's feuchte Laub. Was weiter geschehen, mag am besten mit den eignen Worten Schwanthaler's erzählt sein, wie er sie eigenhändig mit beigesetzter Namensunterschrift zu Papier brachte: »Da sah ich im Rückblick auf die Höhe ein geheimes Bild – – in verwischter Form den Leibhaftigen selbst auf einer schwarzen Sauen, die sich am öden Felsen ripst; er im grünen Wamms, den abgefärbten Filzhut auf, das Waidmesser quer im Maul – grad über mir im Buschig stand er – ein Blick – weg war er wieder. Es war mir als hätt' ich ihn schon einmal, sei es gesehen, gehört, gefühlt – dunkle Bekanntschaft.«

Ein anderes Mal wollte Ludwig Schwanthaler den Teufel in Rom gesehen haben, wo er ihm zwei wilde Uhus gebraten angeboten.

Wie Schwanthaler erzählte, war er übrigens nicht der einzige in der Familie, der an solchen Sinnestäuschungen litt. Sein alter Oheim und ein Ahnherr behaupteten ihrerseits den Teufel gleichfalls geschaut zu haben.

Höchst charakteristisch für das Wesen und die romantische Richtung sind die zahlreichen Zeichnungen des Künstlers aus seiner Jugendzeit. Auch hierin spielt der Teufel eine hervorragende Rolle, im Allgemeinen aber behandeln sie in der lustigsten Weise die abenteuerlichsten Motive, welche er theils frei aus seiner Fantasie schöpfte, theils noch im Munde des Volkes lebenden Sagen entnahm. Es sind namentlich zwei Sammlungen dieser Art, die eine von Schwanthaler selbst mit »Teufelsgeschichtlein« überschrieben und aus dem Jahre 1831 stammend, die andere 1840 in Montegrotto entstanden, wo er sich damals zum Gebrauch der Bäder aufhielt. Der Künstler legte in denselben einen unglaublichen Reichthum an Poesie, Humor, Wehmuth und Ernst nieder und durcheilte alle Stufen des Empfindens von tändelnder Anmuth bis zum grassesten Entsetzen. Zum völligen Verständniß Schwanthaler's ist die Kenntniß dieser Blätter absolut nothwendig.

Es ist oben wiederholt darauf hingewiesen worden, daß in der Humpenau, wie später in der Humpenburg die Poesie hoch in Ehren gehalten wurde. Außer Franz Pocci war es zumeist Schwanthaler selbst, der manches Lied ersann und sich wohl auch bis zum Drama verstieg. Das nachstehende kurze Gedicht mag die Richtung Schwanthaler's und seiner damaligen Freunde kennzeichnen und es bedarf kaum der Erwähnung, daß es so wenig wie andere für das Publicum bestimmt war:

Alte Zeit.

Die alten Zeiten ehrenwerth
Vor meinem Herzen steh'n verklärt,
Möcht' sie ja gar so gern besingen,
Könnt' ich nach hohem Wort nur dringen.

Die Wehmuth schwirrt mir durch den Sinn,
Komm' schon zu Kirch' und Friedhof hin.

Ihr Leichensteine voll Lieb' und Schmerz,
Bei Euch erweitert sich mein Herz!
Wie schmuck sie an den Wänden stan,
Die Ritter in vollem Zeuge dran
Grad, bieder und offen schauen
In ihrem handfesten Gottsvertrauen.
Im Orient für den höchsten Hort
Da stritten sie heilig für Gottes Wort.

Wie faltenreich die Banner weh'n,
Die Stechhelme daneben steh'n,
Voll Löwen, Geweihen und Geierflügeln,
Die Rosse stattlich mit Satteln und Bügeln!

Ihr Männer und Frauen, nie satt zu loben,
Sind nun schon lange im Blauen droben.
Mag gern an den grasigen Hügeln knieen,
Ausruhen von der Erde Mühen!

Da schau' ich die hohen Altäre hinan,
Die bunten Fenster nebenan,
Der Himmel ist mir ausfgethan!

Die Kunst, sie mit dem kühnen Streben,
Mit dem Gewächs- und Pflanzenleben,
Die steigt so stämmig vom Boden auf,
In die Lüfte geht ihr kühner Lauf.
Die Maler und Bildhauer lobesan
Gar lustig in ihren Lauben stan,
An ihren Werken sie Freude han,
Die treiben als Blüthen und als Knauf
Um's Allerheiligste hinauf.

Und Städte, Dörfer und Wiesen gar,
Die ganze Natur Eure Werkstatt war
In lieblicher Schlichtheit, Gottes-klar
Und hoch im luftigen Glockenhaus
Sprechen dumpf die metallenen Reifen 'raus.

Wie herrlich war die Poesei,
Die Jura oft minder Philisterei,
Was das Wort sprach, schlug das Schwert gleich nach
Im Gottesgerichte, recht, kräftig, jach.
Reichsstädte und Dörfer, o freie Gilden
Mit semperfreien Wappenschilden,
Ihr prangtet, gleich den Rittern, schön,
Wenn sie mit Stechstang und Pannern geh'n.
etc. etc.

Ein Lieblingsgedanke Schwanthalers war der Besitz einer Burg in mittelalterlicher Bauweise. Seine künstlerische Thätigkeit hatte den Grund zu namhaftem Vermögen gelegt, welches von Jahr zu Jahr anwuchs. So kam denn eine Zeit, in welcher er daran denken durfte, diesem Gedanken Gestalt zu geben. Mit kunstsinniger Hand entwarf er sich selbst den Aufriß des mächtigen Baues und sprach mit Friedrich v. Gärtner, der denselben führen sollte. Da zeigte sich nun zu nicht geringem Schrecken des Bauherrn, daß sich die Kosten auf nicht weniger als 300,000 Gulden belaufen würden. Unter diesen Umständen blieb denn nichts übrig als dies und jenes am Entwurf zu streichen, bis zuletzt von dem projectirten Prachtbau nichts mehr übrig blieb als ein stattlicher Burgstall, ein mächtig anstrebender Thurm, an den sich ein kleiner Seitenbau anschmiegt und zu dem man durch einen traulichen Hofraum eintritt. Was aber das Ganze von ähnlichen Bauten auf das Vortheilhafteste unterscheidet, das ist, daß es wie aus einem Gusse vor uns steht, einfach und schmucklos, aber bis in die kleinste Einzelheit von echt mittelalterlichem Geiste durchweht.

Als Baustelle aber hatte sich Schwanthaler einen Punkt gewählt, an dem, etwa zwei Stunden oberhalb Münchens, die lustig von den Bergen herabkommende Isar eine Beugung nach Osten macht und ihr steil abfallendes, von mächtigen Buchen beschattetes Ufer einen wunderbar schönen Blick über den Strom und Wald, über die nahen Dörfer und die alte herzogliche Burg Grünwald bis hinauf zu den felsigen Kolossen des bayerischen Oberlandes gestattet. An dieser Stelle war Schwanthaler oft am Uferrand gelegen und hatte sich halb wachend seinen Träumen hingegeben.

Als aber der Bau begann, da war Schwanthaler einerseits derart mit Aufträgen belastet, andrerseits sein altes Uebel so weit schon vorgeschritten, daß es ihm nur selten gegönnt war, sich der fortschreitenden Arbeit zu freuen, und nur eine einzige Nacht konnte er in seinem geliebten Schwaneck zubringen.

Bei einem seiner Besuche während des Baues stand der Meister auf dem luftigen Gerüste nächst der Krönung des Thurmes und ein glücklicher Zufall rettete ihn vor dem Sturze in den Abgrund, der zu seinen Füßen gähnte. Er sprach den Dank für seine fast wunderbare Rettung in warm empfundenen Reimen aus, welche eine Steintafel an der Thurmwand aufnahm.

Eine andere Denktafel aber zeigt so recht, was Schwanthaler wollte und wie sein Herz an diesem reizenden Winkel hing. Sie trägt des Künstlers sinnige Worte:

So steh' denn hier in Gottes Hand
Der Thurm am felsigen Uferrand,
Gebauet nicht um eitle Ehr,
Zu Trutz nicht oder Waffenwehr.
Nur früher Jugend schöner Traum
Soll steigen empor im trauten Raum.
Der Blick in die Berge, die Luft so klar,
Vom Flusse das Rauschen wunderbar,
Der Freunde Wort und Sing und Sang
Erfrische das Herz im Lebensdrang!

Später ging das Schlößlein aus dem Besitz der Erben in fremde Hände über, die es durch manche unangemessene Zuthat schädigten. Die alte Einfachheit ist verschwunden und damit der Geist des Künstlers und der Kunst entflohen.

Schon zu Anfang des denkwürdigen Jahres 1848 hatte sich das Befinden des Künstlers in einer Weise verschlimmert, daß den Freunden nur mehr wenig Hoffnung auf sein Genesen blieb. Nicht wenig Schuld daran trug wohl der Aufbau seines Kolossalmodelles der Bavaria, wobei ihn Sturm und Wetter oft gar wild angeblasen. Doch trug er jederzeit sein schmerzliches Leiden mit einer Geduld, die nur selten eine Klage über seine Lippen kommen ließ. Nur selten war ihm gegönnt die Gehilfen bei der Ausführung seiner Arbeiten zu überwachen und da war es sein freudigster Genuß, das eine oder andere Werk namhafter Künstler an sein Bett bringen zu lassen. Keines aber beschaute er sich öfter als Ritter Kurt's Brautfahrt von Moriz von Schwind, welche humor- und gemüthvolle Composition chm eine wahre Seelenspeise war.

Auch der alten Zeiten und der fröhlichen Gelage in der Humpenburg gedachte er noch manches Mal und ließ eines Tages eine Anzahl der alten Freunde, darunter Pocci und Ferdinand Miller, entbieten und dieselben mußten sich schweren Herzens in der dämmerigen Halle bei einem improvisirten Banket versammeln, jeder wie vordem in alter ritterlicher Tracht. Schwanthaler aber ließ sich die wenigen Schritte bis zur Thüre tragen und schaute von einem Diener unterstützt zum letzten Mal hinunter in die geliebte Humpenburg und auf die treuen Freunde. Das war am 25. November 1848; drei Tage darauf ging er in Frieden heim.

Man hat Schwanthaler nicht ohne Grund vorgeworfen, daß er in seinen späteren Lebensjahren eine oft an's Maßlose streifende Eifersucht auf andere plastische Künstler an den Tag legte. Seine Freunde waren ehrlich genug, ihn darüber zur Rede zu stellen und ihn darauf hinzuweisen, wie diese Hast im Schaffen den Nachtheil nach sich zöge, daß viele seiner Werke der Weihe feinster Durchbildung entbehrten. Er nahm diesen Tadel von Freunden wenigstens ruhig hin, ohne sich deshalb im Ganzen zu ändern. Uebrigens entsprang jenes Verlangen, möglichst allein zu schaffen, nicht dem Drange nach Reichthümern, sondern hatte seinen Quell lediglich im Ehrgeize. Von seinem reichen Besitz aber theilte er gerne Denen mit, die es bedurften.

Schwanthaler starb unverehelicht; doch trägt nach seinen eigenen Worten das Antlitz der Bavaria die Züge einer einstigen Geliebten, deren er noch am Tage vor seinem Tode mit Zärtlichkeit gedachte.

Carl Albert Regnet: Münchener Künstlerbilder. Ein Beitrag zur Geschichte der Münchener Kunstschule in Biographien und Charakteristiken. Leipzig, 1871.

Allgemeine Zeitung (5.9.1879)

Verschiedenes.

München, 2 Sept. (Schwanthaler-Reliquien.) Unter diesem Titel erschien so eben der Katalog jener höchst interessanten Kunstsammlung welche, von Ludwig Schwanthaler begründet, eine Anzahl von Oelgemälden, Antiquitäten, Kuriositäten und Sculpturen umfaßt, so am 24 September und den folgenden Tagen durch die Montmorillon'sche Kunsthandlung (Joseph Maillinger) zur Versteigerung gebracht werden. Es sind freilich nur etwa 300 Nummern, dafür aber auch ganz kostbare »Sächelchen« darunter. Zuerst achtzig Oelgemälde von älteren und neueren Meistern; erstere erwarb Ludwig Schwanthaler auf seinen Reisen, theilweise auch in Italien, zu einer Zeit wo dergleichen und oft die besten Altarschreine noch billig zu haben waren. Unter den altdeutschen Tafelbildern ist darum auch manch kostbares Stück. Die neueren Bilder sammelte Schwanthaler als Geschenke oder Tauschobjecte, vieles kaufte er auch großmüthig um jungen Zeit- und Kunstgenossen unter die Arme zu greifen. So treffen wir Oelgemälde von Ernst Kaiser, Sebastian Habenschaden, zehn Bernhard Stange (darunter auch etliche von seinen herrlichen Mondschein-Landschaften); »die Ebene von Troja« von Michael Wittmer (das Originalbild zu dessen Radirung); Architekturstücke von M. Ainmüller (Ansicht der Burg Schwanegg bei Mondlicht und das Innere von Schwanthalers »Humpenburg«) und A. Höchel; etliche Landschaften von Eduard Schleich, Heinlein, Haushofer, Zwengauer und Max Zimmermann; Genrehaftes von Joseph Petzl (dabei auch eine Akropolis 1834), H. Marr, J. B. Kirner und zwei allerliebste Bildchen von Moriz v. Schwind: die (auch als Nadirung existirende, aber nicht in den Handel gebrachte) »Einsiedelei,« wo ein Ritter ausruht, während der Einsiedler die Rosse des Gastes an der Quelle tränkt (gemalt um 1832), und dessen »Dante und Amor« (etwa 1830; der Sänger der Divina Commedia reitet auf dem weißen Dichterrosse durch eine italische von einem Fluß durchzogene Hügellandschaft, ihm voraus eilt Amor mit Bogen und Pilgerstab, einen ernsten Blick dem Dichter zuwendend). Von alten Meistern ist J. Both, Jan Breughel, David Vinkeboons, Franz Joach. Beich u. s. w. vertreten. Dann folgt Nro. 80–249 das ganze Inventar der phantastischen »Humpenburg:« Tafel-, Zecher- und Trinkgeräth in erstaunlicher Fülle und in den überraschendsten Gestalten. Voran ein silberner Becher in Birnenform, angeblich aus Tilly's Besitz; ein Nautilus auf zierlichem Silberfuß; ein Thonkrug mit den sieben Planeten, ein anderer mit den zwölf Aposteln; Pitschen, Kannen, Pocale, Humpen in Glas, Metall, Holz und Thon. Ferner eine große Anzahl merkwürdiger altdeutscher Holz-Sculpturen, darunter die Relief-Figur eines byzantinischen Christus; verschiedene Helme und Reiterhauben, allerlei Rüstzeug, Armbrust, Zweihänder und andere Schwerter, Hellebarten, ein Narvalzahn und – Richtbeil. Dazu Ludwig Schwanthalers Guitarre, ein gothisches Kästchen mit Reliefs und Schnitzwerk und etliche altdeutsche Glasfenster. Als Prunkstück ersten Ranges, aber nicht zum Meublement des unterirdischen Humpengelasses gehörig, eine große Malachit-Vase aus der Sammlung des Fürsten Demidoff in Florenz. Ferner einige Marmor-Arbeiten von Ludwig, seinem Vetter Xaver und dessen Sohn, dem jüngstverstorbenen Rudolf Schwanthaler. Von Meister Ludwig der Original-Entwurf (in Wachs) zu dessen Herakles-Schild, auch die Originalmodelle zu den großen Giebelgruppen über den Münchener Propyläen: König Otto inmitten des pacificirten Hellas (14 Figuren in Lebensgröße) und die Freiheitskämpfe der Hellenen mit dem glücklichen Siegeserfolge (17 Figuren in 9 Gruppen). Daran schließen sich eine Partie kleinerer Original-Entwürfe zu Gruppen, Statuen u. s. w. von Meister Ludwig, dann ein großes Lager von Gypsabgüsten aller Art nach Originalen von Ludwig, Xaver und Rudolf Schwanthaler. Das den besprochenen Katalog begleitende Vorwort stellt noch einen weiteren Schatz in Aussicht, eine Sammlung von zweitausend Handzeichnungen Ludwig Schwanthalers, welche gleichfalls im Auftrage der Erben in einem später erscheinenden, sorgfältig ausgeführten Katalog dem – öffentlichen Verkauf unterstellt werden sollen. Dieser Schatz, besten Zertrümmerung sehr zu beklagen wäre, repräsentirt die ganze reiche Lebensthätigkeit von der frühesten Zeit bis in die Tage seines nur zu frühe durch bittere Krankheit (Gicht und Lähmung aller Gelenke) verglimmenden Lebens. Man erhob, und wahrlich nicht mit Unrecht, neuerdings öfters Klage gegen die aus Schwanthalers Atelier vielfach fabrikmäßig hervorgegangenen Modelle; es ist hier nicht unsere Aufgabe die Factoren zu erwägen welche dazu leider ungünstig mitgewirkt haben. Dagegen bleibt es immer bewunderungswerth, und gerade diese Sammlung ist der sprechendste Beweis hiefür, welch' eine überströmende Phantasie, welch' eine seltene Unerschöpflichkeit der Erfindung und welch' eine fließende Leichtigkeit des Schaffens diesem großen Meister zu Gebote standen.

Allgemeine Zeitung Nr. 248. Augsburg; Freitag, den 5. September 1879.

Das Bayerland (1898)

Die »Ruhmeshalle« unter den Arkaden des südlichen (älteren) Friedhofes in München.
Von C. Reber.

21. Ludwig Michael v. Schwanthaler, einer der genialsten Bildhauer, geboren zu München in dem Hause Nr. 6 an der Windenmacherstraße, welches die Stadtgemeinde München mit einer entsprechenden Gedenktafel versehen ließ, am 26. August 1802.

Er verlor seinen Vater, einen ebenfalls begabten Bildhauer, frühzeitig, denn Ludwig zählte erst 18 Jahre.

Nachdem er das Gymnasium absolviert hatte, trat er im Jahre 1818 in die Akademie der bildenden Künste ein. Im Jahre 1821 übernahm er das väterliche Geschäft. Bald wurde ihm der königliche Auftrag zu teil, einen silbernen Tafelaufsatz zu modellieren. Peter Cornelius zog ihn hierauf zu den plastischen Arbeiten in der Glyptothek heran.

Im Jahre 1826 erhielt er vom König Ludwig I. die Mittel zu einer Reise nach Italien, um dort, an der Quelle der Kunst, Studien zu machen. Krankheit, richtiger Heimweh, zwang ihn, diese zu unterbrechen und im nächsten Jahre nach Hause zurückzukehren. Wiederholt arbeitete er für die Glyptothek und schmückte den Speisesaal des Herzog Max-Palais an der Ludwigsstraße mit einem Bacchusfries. Schon in den Jahren 1832–1834 finden wir ihn wieder in Italien. Er modellierte nun für die Walhalla die großartigen Giebelfelder, schuf anderes für die kgl. Residenz in München und Malerstatuen für die Attika der alten Pinakothek.

Im Jahre 1835 ernannte ihn sein König zum Professor der Akademie der bildenden Künste in München. Eine große Anzahl von Schülern umgab ihn nun, mit denen er die zahlreichen Werke in Stein, Erz und anderem Material fertigte. Die vielen Friese in der kgl. Residenz zu München sind Schöpfungen seiner Hand.

Des Meisters größere plastische Werke gehören zu den höchsten Leistungen der neueren Kunst. Dazu sind die Giebelfelder der Walhalla, die Giebelgruppe für das Ausstellungsgebäude am Königsplatz und die Arbeiten an der Ruhmeshalle auf der Theresienhöhe zu rechnen. Das größte Werk aber ist das im Jahre 1850 aufgestellte Erzbild der Bavaria. An dieses Denkmal reiht sich eine Anzahl von Statuen, die hier und auswärts aufgestellt wurden. In seiner Vaterstadt finden wir von ihm im Thronsaale der kgl. Residenz zwölf Ahnenbilder der Wittelsbacher in Erz und jede mit 500 Dukaten vergoldet, in der Feldherrnhalle die ehernen Standbilder der Feldherrn Tilly und Wrede und auf dem Promenadeplatze das Standbild des Verfassers bayerischer Gesetze, des kurfürstl. bayer. Staatskanzlers Kreittmayr; ferner im Stiegenhause der kgl. Hof- und Staatsbibliothek die Standbilder des Herzogs Albrecht V., des Gründers, und des Königs Ludwig I., des Erbauers und Vermehrers der Bibliothek. Besonders meisterhafte Werke finden wir unter seinen sogenannten »intimen«, die er meistens ohne jede Beihilfe allein fertigte.

Ein heftiges Gichtleiden fesselte ihn oft monatelang an das Bett, in den letzten Jahren ganz an den Rohrsessel, so daß er seinen Verpflichtungen als Professor an der Schule nicht mehr nachkommen konnte.

Im Jahre 1844 erbaute er nach einer Lieblingsidee die Burg Schwaneck, oberhalb Großhesselohe. Sie gewährt heute noch ein getreues Bild früherer Rittersitze. Nur noch wenige Jahre konnte er sich dieser seiner Schöpfung erfreuen, denn er starb, erst 46 Jahre alt, am 15. November 1848 als Junggeselle in dem Hause Nr. 2 an der nach ihm benannten Straße. Fast zwei Jahre war er in der Gruft des Metropolitankapitels beigesetzt. Erst nach Vollendung des neuen Teiles (Campo Santo) des südlichen Friedhofes konnte er in die von König Ludwig I. geschenkte Gruft unter den Arkaden, Grabstätte Nr. 1, überführt werden. Das Denkmal ist mit seiner Büste, aus der Hand seines Vetters Franz Schwanthaler († 1854) geschmückt.

Letztwillig vermachte der heimgegangene Künstler seine gesammelten Modelle, welche er in einem eigenen Gebäude, gegenüber seines Wohnhauses und seiner Werkstätte, aufgestellt hatte, der kgl. Akademie der bildenden Künste in München. Das Museum, welches über 200 Modelle enthält, zählt zu den bedeutenden Sehenswürdigkeiten Münchens.

Wer keine Gelegenheit hat, in Städte zu gelangen, welche Standbilder von Schwanthalers Meisterhand auf ihren Plätzen aufgestellt haben, kann wenigstens die Modelle im Museum sehen.

Das Andenken des großen Künstlers wurde mannigfach verewigt. König Ludwig I. ließ seine Büste in der Ruhmeshalle und sein Standbild mit dem Modelle der Bavaria in einer Blende auf der Ostseite der Glyptothek aufstellen. König Max II. ließ sein Bild durch Seiberths Künstlerhand im nördlichen Saale des Vorbaues des Maximilianeums unter die Versammlung von Notabilitäten der Wissenschaft und Kunst reihen. Meister Karl Piloty stellte den Meister auf seinem Gemälde im Sitzungssaals des neuen Rathauses unter jene um die Stadt verdienten Persönlichkeiten, welche von der Monachia einen Lorbeerkranz überreicht erhalten. An der Facade seines Wohn- und Sterbehauses oberhalb der Eingangsthüre ist seine Büste von Marmor angebracht. Auch die Stadtgemeinde München ließ eine solche in einer Nische unter den Arkaden links des südlichen alten Friedhofes aufstellen.

C. Reber: Die »Ruhmeshalle« unter den Arkaden des südlichen (älteren) Friedhofes in München. Das Bayerland. München, 1898.

Hannoverscher Kurier (23.2.1928)

Ein unerkannter Künstler

Schwanthaler, der Meister der »Bavaria«.
von
Wilhelm Hausenstein.

Es ist gerade für den, der München liebt, zurzeit nicht leicht, für seine Stadt zu werben. Für diese Stadt – das heißt: für das, was sie an künstlerischer Leistung gegenwärtig aufbringt. Die Krise geht tief. In solcher Situation blickt der Liebhaber dieser schönen Stadt mehr als je in ihre Vergangenheit. Sie ist nicht ausgeschöpft, diese Vergangenheit. Ja, es erweist sich, daß von gewissen Kräften dieser Vergangenheit die Reinheit unmittelbarsten geistigen Lebens ausgeht; das Gemüt, vom Tage bedrückt, erfrischt sich, erheitert sich am Bild der schönen Produktivität vergangener Zeiten, die lebendiger, die jedenfalls menschlicher anmuten und im Künstlerischen natürlicher, ursprünglicher, wesentlicher als unsere eigene Epoche, deren Bestand im Menschlichen so sehr gefährdet ist.

Ich mache meine Reisen durch München. Seit bald fünfundzwanzig Jahren werde ich nicht müde, diese Reisen fortzusetzen. Aber erst in diesen Wochen bin ich – so träg' ist auch die Beflissenheit – dazu gekommen, den Künstler gründlicher zu sichten, von dem ich hier berichten will: Ludwig Schwanthaler. Er hätte es längst verdient. Doch so treibt man es: man glaubt sich zu rühren, und man schleppt die Aufgaben, sogar Aufgaben, die der Neigung entsprechen, von einem Tag in den anderen, von einem Jahr ins andere.

Schwanlhaler. Wer ist Schwanthaler? Wer je in München war, hat vielleicht seinen ersten Begriff von dieser Stadt gerade aus einem Dokument gezogen, das aus diesem Namen gekommen ist. Denn Schwanthaler ist der Schöpfer der Bavaria: der ehernen Kolossalfigur über der Theresienwiese. Sie ist neuerdings ja wohl etwas aus der Mode gekommen; sie ist wohl nicht mehr, wie es früher war, die erste Frage des Fremden, der hierherfährt. Als wir Studenten waren, da hatten wir unsere Rendezvous zuweilen im Kopf der riesigen Göttin; man saß aus Polstern aus Erz, und durch die Luke hinterm Ohr erblickte man die lange Kette der Alpen mit der Zugspitze ... Das ist nun nicht mehr; dies Kapitel Romantik ist aus unseres Zeit getilgt wie manches andere; man braucht ihn nicht mehr, den Kopf der Bavaria, den Pavillon d'amour aus Bronze, in dem es im Sommer entsetzlich heiß war. In den Zeiten der Oktoberwiese schickt man den steinernen Bierkrug in der Linken, den Bratfisch oder Hühnerschenkel in der Rechten, vielleicht noch einen sentimentalen Blick zu ihr hinauf. An einem der ersten Novembertage des Jahres 1918 ist von den Stufen zu ihren Füßen die Revolution in die Massenmeetings hineingerufen worden und schon vorher war dort der Standort Eisners über kleineren Versammlungen gewesen. Aber damit scheint die Geschichte der Bavaria zu Ende gegangen zu sein. Sie imponiert nicht mehr; sie bedeutet nicht mehr viel; sie ist fast vergessen; und der Fremde, der Emheimische scheint ihr nicht einmal den Tribut der Ironie schulden zu wollen, den noch die vorige Generation für nötig hielt, wenn sie ihren guten Geschmack beweisen wollte. Denn dies war früher das Verhältnis des Zureifenden wie des Eingeborenen zur Bavaria, die von der Theresienhöhe den Weihekranz über Bayern hält: daß man sich im Bewußtsein eines überlegenen Urteils duldsam mokierte, wenn von ihr die Rede war.

Doch muß ich gestehen, daß ich diese Kolossalfigur trotz des spöttischen Widerspruchs der Freunde, ja dem Hohn zum Trotz nie schlecht, nie häßlich gefunden habe. Zum mindesten: war einmal die Aufgabe gegeben, eine kolossale Allegorie der Art zu schaffen, so konnte die Lösung vom bildnerischen Standpunkt schwerlich viel besser sein. Ich bleibe bis zu diesem Tage bei meiner Ketzerei: die Figur ist gut; sie ist eine gelungene plastische Leistung.

Seit den ersten Jahren meiner stillen (wiewohl, damit ich's gestehe, auch bei mir selbst ein klein wenig ironischen, ein bißchen vom Gefühl für Komik durchsäuerten) Sympathie mit dem enormen Formenwesen der Bavaria habe ich nun aber auch erfahren, daß der Bildner, der sie gemacht hat, auf vielen Wegen ein guter Künstler gewesen ist –, ein viel besserer, als die öffentliche Meinung, auch die in München, ahnt! Ich und meinesgleichen haben der Bavaria wohl ein wenig von den Gefühlen entgegengetragen, die der große französische Dichter Charles Baudelaire, ein pariserischer Dante des neunzehnten Jahrhunderts, in seinem Gedicht von der Riesin zutage bringt. Aber darüber hinaus steht die Kolossalfigur im Zusammenhang eines trefflichen Gesamtwerks und Künstlerlebens.

Ein Vorschlag. Der Fremde, der nach München kommt, mache die Probe. (Der Eingeborene wird es dann leichter glauben.)

Aus einer der Mitten des klassischen München, vom Odeonsplatz, führt ein breiter Weg zum »Stachus«, dem Platz, der eine Art von Antichambre des Bahnhofsplatzes bedeutet. Man kommt, kurz vor dem Justizpalast, an jenem herrlich-schlichten Empire-Tor vorüber, das d'Hérigoyen für den alten Botanischen Garten 1812 erbaut hat; und so bleibt man in der klassischen Atmosphäre, die man eigentlich immer meint, wenn man »München« sagt. Weiter südlich, schon an dem breiten Boulevard der Sonnenstraße, steht die protestantische Matthäuskirche, von der eine fable convenue behauptet, sie sei häßlich. In Wahrheit ist die von Nikolaus Pertsch zwischen 1827 und 1833, in den Zeiten Klenzes und Gärtners, erbaute Rundkirche ein gültiges Denkmal des Münchener Klassizismus; man sollte der Kirche nur ihres scheußlichen Rauhverputzes entledigen, der überhaupt die Unzierde Münchens ist. Gut. Von dieser Kirche führt die Schwanthalerstraße noch Westen. Der Fremde und die Einheimischen kennen diese Straße vom Deutschen Theater her, in dem Hans Gruß das Licht der Schönheit erstaunlicher Revue-Mädchen nicht unter den Scheffel stellt und Kostüme von phänomenalem Geschmack entfaltet. Doch ist es auch richtig, die Straße aus dem Namen zu begreifen, den ste trägt – und aus dem Schwanthaler-Museum, das nahe dem Anfang der Straße zur Rechten teht mit der Traurigkeit eines Mausoleums für Gipsgüsse Es ist ein Gebäude von der letzten Einfachheit des klassizistischen Gefühls; es ist ein melancholisches Gebäude: aber es ist schön–, und es enthält eine Anzahl von Dingen, von zwar nur gipsernen Hinweisen, die lohnen!

Dies Museum, das seit 1850 in der Welt ist, bezeichnet andeutend den Umfang und den Wert des schwanthalerischen Schaffens.

Ludwig Schwanthaler ist der Schöpfer der Figuren in Giebelfeldern der Glyptothek am Münchener Königsplatz, der Giebelfiguren des »Kunstausstellungsgebäudes« (das Wort ist nun einmal so) an der gleichen weiträumigen Stätte, der Meister des plastischen Schmucks der Propyläen ebendort, der Meister auch der Giebelfelderfiguren an der Walhalla bei Regensburg und des bildnerischen Schmuckes der Ruhmeshalle hinter der Bavaria über der Theresienwiese. Schwanthaler hat eine Reihe allegorischer Gestalten erfunden; aber es ist nicht wahr, daß sie schlecht sind; zum wenigsten sind sie anständig: und wenn man nun, im Museum, den Kopf der Bavaria aus nächster Nahe beobachten kann, so bestaunt man mit einiger Beschämung das schöne Leben, das in der Plastik dieses Hauptes versammelt ist. Aus den Händen Schwanthalers besitzen die Städte aanständige, ja gute Standbilder ihrer Heroen: Salzburg einen Mozart, Frankfurt einen Goethe, Bayreuth einen Jean Paul, Karlsruhe seinen Karl Friedrich, den Markgrafen-Großherzog auf dem Schloßplatz, München den König Ludwig den Ersten und bin Herzog Albrecht über der Monumentaltreppe droben im Innern der Staatsbibliothek und den Wrede, den Tilly (den vortrefflichen Tilly) der Feldherrnhalle am Odeonsplatz) In einem Entwurf für ein Reiterbild des Erzherzogs Joseph (Bruders des Kaisers Franz) gibt Schwanthaler einen Typus des Reiterstandbildes, der dem noblen Maß des Thorwaldsen nicht nachsteht; man kann auch an Rauch denken. Die Geschöpfe einer historischen Phantasie, allzu zahlreich, sind nicht ohne konventionelle Oede; aber keine ist widerwärtig wie etwa das was die achtziger oder neunziger Jahre auf diesem Gebiet geleistet haben. Die Büsten, die Porträtreliefs sind ausgezeichnet; und wir könnten uns glücklich preisen, viele Bildnisplastiker von solchem Rang zu unserer Verfügung zu haben; wahrscheinlich halten außer Hermann Hahn und Edwin Scharff heute bei uns nur sehr wenige dies Niveau. Ein Reliefbildnis des jungen Liszt – vorzüglich. Und freilich: welche Köpfe, welche echten Menschenköpfe waren diesem Bildner Modell!

Diese vielen, diese oft sehr guten Werke wären genug, um dem Bildhauer einen Anspruch auf Achtung und Sympathie zu geben, der sas Maß unserer Schätzung, unserer Kenntniß Schwanthalers übersteigt. Aber es kommt hinzu, daß Schwanthaler da, wo er jenseits der offiziellen Aufträge, im Eigensten, im Bezirk seiner privaten Initiative arbeitet, eine Reihe von intimeren Werken hervorbringt, die ihn dicht neben den besten Schadow rücken. Da sind kleine Göttinnen, Tänzerinnen, Nymphen, frauliche Genien mit nacktem Oberkörper: Werke von einer entzückenden Innigkeit und im Gemütlichen, wunderbar natürlich, wunderbar sauber, vollendeter Anmut der Form, verführerisch, doch wahr und klar in einer köstlichen Mitte zwischen Maß und Fülle, zwischen Romantik und Klassik – und von fernher noch mit einem Schimmer, einem Widerschein späten Rokokos gesegnet, etwa wie die Frauen des Canova, auch des Thorwaldsen, auch des Schadow: es sind Frauenfiguren zwischen dem Adel der klassischen Formidee, der Eleganz des achtzehnten Jahrhunderts und der gesunden, der liebenswsürdigen Bürgerlichkeit des Zeitalters eines Moritz Schwind. In diesen Werken, deren man unter zweihundert Arbeiten des Museums zum wenigstens sechs außerordentliche finden wird, erweist sich der eigentliche Schwanthaler — er, den das Geschick meinte, als es ihn mit der Künstlerschaft begnadete. Man wird sagen: das Verhältnis sei ungünstig — sechs gegen fast zweihundert. Wohl: aber man muß bedenken, daß das nämliche Schicksal, das diesen Meister begnadete, ihn erdrückte, nämlich mit der Gunst des Zeitalters, der Städte, des Königs Ludwig des Ersten, dem der Bildhauer zu Gebote stehen mußte! Er hat sich nicht realisieren dürfen: er hat seine schönsten Möglichkeiten nur in einigen Stichproben angeben dürfen. Das schönste Beispiel ist das Brunnenmädchen (die Loreley) für den Münchener Hofgarten.

Die Familie der Schwanthaler stammt aus dem Oesterreichischen. Franz Schwanthaler, der Vater unseres Meisters, selbst ein Sohn eines Bildhauers, kam 1785, in den Tagen Karl Theodors, nach München: 1762 geboren, starb er 1820. Unser Bildhauer, Ludwig Michael Schwanthaler, von Ludwig nobilitiert, kam 1802 in München zur Welt und starb in München 1848; die Münchener Akademie, an der ihm zunächst alles Talent abgesprochen ward, gab ihm das Handwerk; 1826 ging er als Stipendiat des Königs Ludwig nach Rom; 1832 sah er Rom wieder; 1834 wurde er Professor an der Akademie, die seine Gaben bezweifelt hatte. Er führte ein Leben der Arbeit; und man muß sich wohl denken, daß es ein Leben der leidenschaftlichen Hingebung an die Arbeit gewesen ist wenn man die Unmenge oft in großen Formaten gebildeter Werke sieht, die von ihm herrühren. man weiß auch, daß er unvermählt geblieben ist, wiewohl man sich nicht vorstellen kann, daß er ohne den lebhaften Erotismus der Biedermeierzeit gewesen wäre; seine Frauenbilder sind verliebte Werke. Es ist billig, noch zu beachten. daß Ludwig den Beistand seines Vetters Xaver Schwanthaler genoß. Dieser Bildhauer, 1798 geboren, kam 1816 ins Bayerische herüber; und er ist es, der viele der Entwürfe oder Modelle Ludwigs ausgeführt hat.

Man darf es sich zumuten, die Bavaria wieder einmal anzusehen, und wäre sie auch nichts als eine außerordentliche gußtechnische Leistung. Man darf es sich zumuten, das Gipsmuseum an der Schwanthalerstraße aufzusuchen, das mit eigentümlich entrücktem Ausdruck an der Straße steht. Man wird von dort aus die Werke Schwanthalers fortab leicht identifizieren, und aus dem Zusammenhang des ganzen Schaffens sieht man den Tilly an der Münchener Feldherrnhalle mit besser unterrichteten Augen an. Und dann, dann soll man sich in den Hofgarten setzen. Es soll Sommer sein für die Gäste und für die Einheimischen; die Kastanien sollen blühen, und zwischen den Bäumen soll der blaueste Mittelmeerhimmel stehen, den München zu bieten vermag. Da soll man sitzen und seinen Kaffee trinken, sehr nahe dem ehernen Brunnenweibchen. Ueber den Tassenrand soll man auf den Rücken des Brunnenweibchens blinzeln, auf die reizende Völligkeit der Arme, der Schulter, auf die schwindische Versonnenheit des süßen Hauptes, das geneigt ist. Der, den denn nicht die schönste Liebe ergreift, ist für die echte Welt des Menschlichen verloren.

Er wird nun nicht mehr dem Urteil beipflichten, das noch vor sechs Jahren in einem wissenschaftlich-offiziellen Führer geschrieben werden konnte: daß die Figuren Schwanthalers »heute, besonders in ihrer Anhäufung, nur noch historisch gewürdigt werden können«. Dies gilt nicht einmal für die relative Konventionalität der Figuren in den Giebelfeldern oder hoch an der alten Pinokothek; denn selbst im akademisch gestimmten Bereich dieser Gestalten findet man viel gute bildnerische Form von dauernd-unmittelbarer Gültigkeit. Es ist aber vollends falsch, wenn die bezaubernden Werke des echtesten Schwanthaler erscheinen, die Frauen vom Geschlecht des Brunnenweibchens.

Und nun das Letzte: der Wanderer in Münchens Straßen schuldet einen Zoll der Achtung und der Zuneigung auch dem schönen Denkmal der Kunst Franzens, des Vaters. Franz Schwanthaler ist es, der den nackten Knaben gemeißelt hat, den man wahrnimmt, wenn man den Hofgarten an der Galeriestraße verläßt und zum Englischen Garten hinabwandert; die weiße Figur steht, von einem Frevler in unseren Tagen der Unterlippe beraubt, dicht vor dem Hofgartentor an der Galeriestraße gegenüber dem Gartenhang, an dem im Münchener Vorfrühling jedes Jahr die ersten Krokusse von Kindern und Großen bewundert werden: gelbe und violette und weiße. Am Sockel stehen die Worte: »Harmlos wandelt hier, dann kehret neugestärkt zu jeder Pflicht zurück.« Die Münchener nennen den Marmorknaben Franz Schwanthalers, des Vaters, den »Knaben Harmlos«. Wer ihn, den populären, den reizenden, nicht kennt, der ahnt München nicht.

Hannoverscher Kurier Nr. 91. Donnerstag, den 23. Februar 1928.

Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München (1983)

Schwanthaler Ludwig Michael, von, Dr. phil., 1802 (München) – 1848, Bildhauer und Akademieprofessor; er stammt aus einer Bildhauer-Familie aus dem Innviertel (das bis 1779 zu Bayern gehörte); Sohn des Bildhauers Franz Xaver Sch., besuchte er das Gymnasium und die Kunstakademie seiner Vaterstadt und übernahm nach dem frühen Tod seines Vaters dessen Geschäft; sein erstes bedeutsames Werk waren die Modelle zu durchbrochenen Silberreliefs zu einem Tafelaufsatz, ein reicher Zyklus aus der antiken Götter- und Heroenwelt; durch diese Arbeit wurde Ludwig I. auf den Künstler aufmerksam, mit dessen Unterstützung er weite Reisen nach dem Süden machte, wo er in Rom Schüler von Thorwaldsen wurde; seine Kunst war anfangs ganz im Geist der Antike (Klassizismus), später wirkte er in der Kunstauffassung der Romantik; 1835 wurde Sch. Professor der Akademie der bildenden Künste, er war immer von einem großen Stab von Künstlern umgeben.

Hauptwerke: plastische Arbeiten und Friese an der Glyptothek und an der Neuen Residenz, Giebelfelder der Walhalla bei Regensburg, Arbeiten an der Ruhmeshalle und Modell zur Bavaria; er lieferte auch viele Statuen ins Ausland; seine Arbeiten, einst mit den größten Plastikern verglichen, werden heute nur als überdurchschnittlich empfunden.

© Dr. phil. Max Joseph Hufnagel: Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München. Zeke Verlag; 4. Auflage. Würzburg, 1983.

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Rudolf Schwanthaler

* 4.4.1841 (München)
† 27.4.1879 (München)
Bildhauer

Neueste Nachrichten (6.5.1879)

Danksagung.

Für die vielen herzlichen Beileidsbezeugungen, die überaus reichliche Blumenspende und die freundliche Theilnahme beim Leichenbegängnisse und Gottesdienste unseres innigstgeliebten Gatten, Vaters, Sohnes, Bruders, Onkels und Neffen,

Herrn Rudolf Schwanthaler,
Bildhauer und Gemeindebevollmächtigter,

erstatten wir hiemit allen Verwandten, Freunden und Bekannten, insbesonders dem hohen Magistrate und den beiden Gemeindekollegien, sowie den Mitgliedern der verehrl. »Bürgersängerzunft« für den erhebenden Grabgesang unsern herzlichsten Dank.

München, den 4. Mai 1879.

Die tieftrauernd Hinterbliebenen.

Neueste Nachrichten Nr. 126. München; Dienstag, den 6. Mai 1879.

Allgemeine Deutsche Biographie (1891)

Er [Xaver Schwanthaler] hinterließ einen Sohn Rudolf Schwanthaler, geboren am 4. April 1842, welcher sich erst auf der Münchener Akademie unter Professor Max Widnmann zum Künstler bildete, dann bei Johann Halbig und später zu Dresden unter Ernst Rietschel hospitirte. Zurückgekehrt 1866 von einer italienischen Reise, übernahm er die Führung des von Fremden häufig besuchten Schwanthaler-Ateliers, wo die Erzeugnisse seines großen Vorfahren in sogen. Biskuit-Abgüssen (aber auch viele Arbeiten Thorwaldsen’s, wie die Reliefs »Tag« und »Nacht«), immer bereitwillige Abnehmer und Käufer fanden.

Auch in eigenen Arbeiten versuchte sich der letzte Träger dieses illustren Namens, entwarf Darstellungen zu Vergil’s Aeneide, auch einige biblischen und allegorischen Figuren (Korb mit Kindern, allerlei Mädchen- und Frauengestalten, ferner die treffliche Portraitbüste des Komponisten Max Kunz für dessen Denkmal am südlichen Friedhof und ebendaselbst das allegorische Monument für den berühmten Japan-Forscher v. Siebold). Weitere Pläne vereitelte sein früher, am 27. April 1879 erfolgter Tod. Aus seinem Nachlasse wurde die von Ludwig Schwanthaler gesammelte kleine Gallerie von Oelgemälden alter und neuerer Meister (darunter zwei interessante Jugendarbeiten von Moritz v. Schwind, welche Graf Schack erwarb) am 25. September 1879 durch Maillinger (Montmorillon) versteigert, ebenso das ganze Inventar der ehemaligen »Humpenburg«. Das frühere, berühmte Atelier wurde in zwei große Zinshäuser umgewandelt, an welchen jedoch die Büsten von Ludwig und Xaver S. eine Stelle fanden. Gegenüber liegt das heute noch interessante und vielbesuchte »Schwanthaler-Museum«. (Einen kurzen Nekrolog auf den letzten Träger dieses ehedem vielgefeierten Namens erhält der Kunstvereins-Bericht für 1879, S. 69.)

Hyac. Holland.

Dr. phil. Hyazinth Holland: Allgemeine Deutsche Biographie. Leipzig, 1891.



© Reiner Kaltenegger · Gräber des Alten Südfriedhofs München · 2007-2025


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