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JOHANN HALBIG
PROFESSOR – BILDHAUER
1814 – 1882
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Halbig, Johann von; 13.7.1814 (Donnersdorf, Lkr. Gerolzhofen/Ufr.) – 29.8.1882 (München); Akademieprofessor und Bildhauer
Halbig, Katharina (vh); – 19.12.1877 (München), 67 Jahre alt; Bildhauers-Gattin
Halbig, Kunigunde (vh); – 28.6.1858 (München), 82 Jahre alt; Bildhauers-Gattin
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* 13.7.1814 (Donnersdorf, Lkr. Gerolzhofen/Ufr.)
† 29.8.1882 (München)
Akademieprofessor und Bildhauer
Halbig, Johann,
Bildhauer, geboren zu Würzburg, befindet sich seit 14 Jahren in München, wo er sich in seinem Fache ausbildete. Bisher hat er schon viele, sehr gelungene Modelle geliefert; gegenwärtig ist er bei der kgl. polytechnischen Schule verwendet. In der Festung Ingolstadt sind die 2 Reiter-Statuen der Baumeister der alten Festung, Graf Solms, Münzenberg und Speckle von ihm modellirt; sowie auch die 2 stehenden Ritter-Figuren dortselbst: General Streiter und General Becker. Am Eingänge des Hofgartens in München von Seite des englischen Gartens her sind ebenfalls die beiden Figuren Roma und Minerva nach seinen Modellen. Zu seinen neueren Arbeiten gehört das sehr schöne, lebensgroße Standbild des verlebten Oberststallmeisters Frhrn. von Keßling, welches in der kgl. Erzgießerei in Lebensgröße gegossen und in neuester Zeit auf dem hiesigen Gottesacker aufgestellt ist. Diese Statue findet den allgemeinsten Beifall aller Kunstkenner. Keßling ist in Uniform und mit einem Mantel sehr schön umhüllt; auf der Vorderseite am Sockel befindet sich das freiherrliche Wappen und die Ordens-Verzierungen. Auf den Nebenseiten stehen einige Strophen von dem Dichter Dr. Ringler, lautend:
Steh‘ hier, ehernes Bild – Bis die Gräber gebähren, – Und Gott den Schlafenden weckt, – Daß er heim selig zu Seligen ziehe. Dann ist noch darauf angebracht: Den Manen des besten Oheims, von dem kgl. bayer. Kammerjunker Carl Frhrn. von Keßling, dem der hier Ruhende ein zweiter Vater war.
Ferner vollendete er noch folgende schöne Modelle: ein Hoch-Relief – der Kampf mit dem Drachen nach Schiller, für Bronceguß; am Eisenbahn-Tunel bei Erlangen sind die Löwen und Sphynx, Kandelaber, nach Angabe des Hrn. von Klenze, von ihm. Zu seinen vorzüglichsten Meisterwerken aus der neuesten Zeit gehören die beiden Modell-Standbilder: 1) die fromme Kaiserin Felizitas, verstossene Gemahlin des Kaisers Oktavian mit ihrem wieder gefundenen Söhnlein, das ihr eine Löwin geraubt und gesäugt hatte; 2) der heil. Gerasimus, Abt, mit dem dankbaren Löwen, welchem Gerasimus furchtlos den Dorn aus dem Fuße gezogen und der nun dem Heiligen folgt. Auch bei der Kaiserin ist die Löwin in ihrer Begleitung angebracht. Noch nicht gänzlich vollendet ist die Reiterstatue des Ritter St. Georgs.
Universal-Handbuch von München. München, 1845.
Bayern. München, 8. März. Hr. Professor Halbig ist gegenwärtig mit der Modellirung eines riesigen Löwen beschäftigt, der in einer Höhe von 20 Fuß auf einem 36 Fuß hohen Postament, als Monument für den Ausbau der bayerischen Süd-Nordbahn, bei Lindau hart am See aufgestellt werden soll. Hr. Prof. Halbig benutzte die Anwesenheit der Kreuzberg’schen Menagerie, welche Löwen von seltener Größe und Schönheit besitzt, indem er sich den größten dieser Löwen in sein Atelier bringen ließ, um sein Modell nach diesem lebendigen Muster zu arbeiten. Ihre M. M. König Max und Königin Marie, König Ludwig und Königin Therese, sowie I. I. k. k. H. H. die Prinzen, Adalbert und Karl haben während der Anwesenheit dieses seltenen lebendigen Modells im Atelier des Hrn. Prof. Halbig, diesen mit allerhöchsten und höchsten Besuchen beehrt und dem Künstler die schmeichelhaftesten Aeußerungen über dessen bereits sehr vorgeschrittenes, vortrefflich gelungener Thonmodell gemacht. Außerdem erfreute sich das Atelier des Besuches einer großen Anzahl der hervorragendsten Persönlichkeiten unserer Residenzstadt; wir nennen darunter Se. Exc. den kgl. Staatsminister des Innern Hrn. Grafen v. Reigersberg, Se. Exc. den General der Kavallerie und Kommandanten des ersten Armeekorps Hrn. Fürst v. Thurn und Taxis und dessen Bruder den Generalmajor à la suite Hrn. Fürsten Joseph v. Thurn und Taxis u. s. w.
Neue Münchener Zeitung Nr. 58. Donnerstag, den 9. März 1854.
Ein interessantes Löwenpaar in München.
Unter den ausländischen Thieren, welche in dieser Hauptstadt die große Kreutzbergische Menagerie im Winter 1853–1854 zur Schau stellte, nahm ein Löwen-Paar den ersten Rang ein. Es waren Löwen des Atlas in Nordafrika (Felis Leo, var. barbarus) von der stärksten Race, die vorkommt. Dieser Löwe wurde ein Jahr alt gefangen, war damals 23 Jahre alt, und zeichnete sich besonders durch seinen außerordentlich schönen Kopf und die über die Brust hinziehende, dunkelgelbe Mähne aus; ebenso durch seinen Ernst, seine Stärke, seine herrlichen Bewegungen und durch die Harmonie des ganzen Körpers; sein Ganzes hatte etwas wahrhaft Majestätisches, Alles schien zu sagen: »das ist ein König der Thiere.«
[…]
Ein lebendiges Exemplar eines solchen edlen Thieres war in München zu sehen, das besonderes Aufsehen machte und uns durch seine Handlungsweise bewies, daß mit dem Thierkönigthum auch noch andere, nemlich die herrlichsten Gemüthseigenschaften, verbunden sind.
Besonderes Interesse erregte dieser Löwe bei den Münchener Künstlern, vor Allem bei den Plastikern. Bisher hat die Kunst bei manchen ihrer Produkte geglaubt, die Natur umgehen, gleichsam verschmähen zu können; besonders die Löwen wurden immer mehr idealisirt, oder eigentlich nach dem in München lang herrschenden Kunstbegriff und Ausdruck »stylisirt.« Aber gerade dieser Kreuzbergische Löwe zeigte wieder augenfällig, daß die Natur nie übertroffen werden kann, und viele bisher dargstellte Löwen Fratzenbilder waren. Herrn Professor Halbig gebührt vor Allem das Verdienst, von jener naturfeindlichen Idee abgegangen zu sein und eigentliche Löwen darzustellen. Ein schöneres Muster hatte sich freilich nie gezeigt, als gerade jener Leu des Atlas in der angekommenen Menagerie, der, selbst eingeschlossen, seine königliche Würde nie verleugnete.
Herr Kreutzberg wurde deßhalb ersucht seinen Löwen genannt »Simson,« Modell stehen zu lassen, was er mit aller kunstfreundlichen Gefälligkeit zugab. Der Löwe mußte also die Löwin, sein Weib, mit welcher er seit langer Zeit in einem Behälter war, auf einige Tage verlassen und wurde, da es Winter war, auf einem Schlitten in das Atelier des Herrn Halbig transportirt. Die Löwin fügte sich in der auf einmal eingetretenen Einsamkeit ziemlich gefaßt in ihr Schicksal; Geduld und Entsagung ist ja gar oft des Weibes Loos; doch ein stummer Schmerz über die Abwesenheit ihres Gatten war nicht zu verkennen, denn die Natur gibt oft gerade den stärksten Thieren die zartesten Gefühle.
Fürchterlich war aber unterdessen der Seelenzustand des Löwen. Als im Atelier sein Käfig geöffnet wurde, er fremde Gegenstände sah und seine Gefährtin vermißte, stieß er ein schauerliches Gebrüll aus, schüttelte die Mähne, rüttelte an den Eisenstangen und sah mit glühenden Augen auf die fremdartige Umgebung heraus, von welcher ihn besonders die weißen Gypsfiguren zu geniren schienen. Ungeheuer schwierig war es daher, ihn aus dem mitgefahrenen Käfig in einen größeren zu bringen, wo er sich eigentlich zeigen sollte. Unglücklicher Weise war auch ein Wärter dabei, der ihn einmal schwer beleidigt hatte, und seine leidenschaftliche Aufgeregtheit, seinen Zorn vermehrte. Denn der Löwe vergißt nie, und ist ebenso des Hasses als der Liebe fähig. Man warf ihm brennende Heubüschel hinein, um ihn in den andern Käfig zu bringen; er zertrat diese feuerigen Knäuel und wurde nur noch furchtbarer, und nur der freundlichen Zusprache seines Herrn und der Manipulation von diesem gelang es endlich nach 2 Stunden, das aufgeregte Thier in den Modellkäfig zu bringen.
Herr Halbig hatte aber einen sehr schwierigen Stand, diesem Modell etwas abzulauern; denn der Löwe war stets unruhig und schien es auch nicht gerne zu haben, wenn man ihn scharf ansah. Doch gelang es dem sehr gewandten Künstler, dem mißgelaunten Modell die Hauptsachen, besonders seinen herrlichen Kopf, abzugewinnen und eine angemessene Form des Körpers in Lehm herzustellen, nach welcher die kolossale Löwenstatue gefertigt wurde, die nun in Lindau steht und wohl eines der schönsten und wahrsten Löwenbilder in ganz Europa sein wird. Schon die Ansicht der Lehmmodelle bestätigte mir wieder, daß die Natur immer das schönste und erhabenste für künstlerische Nachahmung schafft; der Künstler muß es nur immer, wie hier der Fall war, von der rechten Seite aufzufassen wissen.
Nach drei Tagen, eigentlich früher als es bestimmt war, wurde Anstalt gemacht, den Löwen wieder nach Hause zu schaffen, und wiederholt war es sehr schwierig, ihn in den alten Käfig zu bringen. Er kam aufs Neue in heftigen Zorn; aber auch in diesem Zustande war er immer majestätisch schön, und ließ dabei die ganze Furchtbarkeit im wilden, freien Zustande erkennen. Sehr interessant war seine Heimkehr zu seiner Gattin, der Löwin, die sich unterdessen immer mehr gelangweilt hatte. Als daher der Löwe in die Hütte hineingefahren wurde, schien sie seine Ankunft schon von Weitem zu wittern und gab ihre Freude durch Sprünge und Bewegungen des Schweifes zu erkennen. Sehr rührend war es dann, als das Paar wieder zusammengelassen wurde in einen Käfig; denn das Umhalsen und Belecken der beiden Gatten wollte kein Ende nehmen! Endlich als sich der Löwe legte, schmiegte sich die Löwin zärtlich an, und man sah nun an beiden Thieren das Gepräge befriedigenden Glückes. Dieses Bewillkommnen ließ einen ebenso tiefen Blick in das Gefühlsleben des merkwürdigen Thieres thun, als früher die Beobachtung des Zornes. Der Löwe ist so erhaben in seinem stolzen Grimm, als mild und edel in seinen Neigungen, und darum ist er mit allem Rechte das Sinnbild der Macht und des Edelmuthes. Sagt ja doch schon der weise König Salomon: »Der Gerechte (Rechte) ist wie ein Löwe.«
Oft habe ich diesen Löwen besucht, beobachtet und bewundert; jetzt weilt er in weiter Ferne, darum ruf’ ich auch noch dahin nach: »Lebe wohl, wackerer, muthiger Simson, erhabenstes Modell des Schönen und Großen!«
Geschichten aus dem Thier-Leben, gesammelt und verfaßt von einem Tierfreunde. Herausgegeben vom Münchener Tierschutz-Verein in 10,000 Exemplaren. München, 1860.
Johann Halbig,
Bildhauer und königl. Professor in München.
Schon in alten Zeiten bewegte sich in den heute zum Königreiche Bayern vereinigten Ländern die Kunst frei und lebendig. Namentlich wurde die Plastik mit Erfolg geübt und bereits im Jahre 1240 finden wir ein von einem Kanonikus des Klosters Bayerdießen am Ammersee gefertigtes Bildniß der heiligen Maria. Später lebten und schufen der Bildhauer Leb, von dessen Hand das schöne Denkmal Otto’s von Pienzenau in der Klosterkirche zu Ebersberg, und Meister Hanns der Steinmetz, der das weltberühmte Grabmal Ludwig’s des Bayern in der Frauenkirche herstellte; Tillmann Riemenschneider, der Meister des großen Grabmals Heinrich’s des Heiligen und seiner Gemahlin Kunigunde im bamberger Dom; Peter Vischer in Nürnberg, dessen Name das Sebaldusgrab dortselbst unsterblich machte; Veit Stoß, Adam Kraft und Andere, der den Uebergang vom achtzehnten zum neunzehnten Jahrhundert bildenden wackeren Künstler Roman Boos und Franz Schwanthaler gar nicht zu gedenken.
Dann beginnt mit Ludwig Schwanthaler, des Letzteren Sohne, die lange Reihe der neueren Künstler: Konrad Eberhard, Friedr. Schoenlaub, Max Widnmann, Friedrich Brugger, Ludwig Schaller, Arnold Lossow, Joh. Leeb, Martin Wagner, Joh. Halbig, Konrad Knoll, Kaspar Zumbusch und wie sie Alle heißen mögen, die zum Ruhme der Münchener Schule beitrugen und noch beitragen.
Joh. Halbig, dessen Porträt wir nach einer Photographie von J. Albert bringen, ist, wie so mancher seiner Kunstgenossen, der Erbe künstlerischer Befähigung seiner Voreltern.
Sein Großvater Christian Halbig, ein schlichter Bauer im Dorfe Heinert bei Haßfurt, baute, ohne der Musik kundig zu sein, vortreffliche Geigen, Klaviere und Stahlharmonikas und lieferte nebenher die feinsten Tischlerarbeiten.
Ja selbst als Bildhauer war er thätig, wie ein paar Altäre in der Pfarrkirche seiner Heimat und ein sechs Fuß hohes Grabmal einer Frau von Zurwesten in der Kirche zu Haßfurt darthun.
Von seinen drei Söhnen widmeten sich Johann Adam und Joseph der Kunst und arbeiteten nicht ohne Anerkennung an den Kunststätten Bamberg und Ebrach.
Johann Halbig nun ist der Sohn des eben genannten Joseph Halbig und am 13. Juli 1814 in Dannersdorf, k. Bezirksamts Gerolzhofen, geboren, erhielt von seinem Vater den ersten Unterricht im Zeichnen, besuchte in seinem siebenzehnten Jahre die polytechnische Schule zu München, trat später an die Akademie der bildenden Künste über und wußte bald durch seine künstlerischen Leistungen die Aufmerksamkeit des Königs Ludwig auf sich zu lenken, der ihn 1845 zum Professor der Bildhauerkunst an der polytechnischen Schule ernannte. Eine andere Auszeichnung ward ihm durch König Maximilian II. zu Theil, der ihm 1851 das Ritterkreuz erster Klasse des Verdienstordens vom heiligen Michael verlieh.
Halbig war der erste bedeutende Münchener Bildhauer, der sich zur realistischen Auffassung der Natur hinneigte und sie schließlich mit Entschiedenheit auf sein Banner schrieb. Daß es, wenigstens in früherer Zeit, an Angriffen auf den Künstler nicht fehlte, kann Diejenigen nicht wundern, welche die Geschichte der Münchener Kunst kennen und sohin wissen, daß daselbst erst in den letzteren Jahren der Idealismus entthront wurde.
Obwohl derselbe namentlich in König Ludwig, der mit den Antiken wohlvertraut war, eine kräftige Stütze fand, so dachte der Fürst doch viel zu edel, um einen Künstler, der andere Wege wandelte, unbeachtet und unbeschäftigt zu lassen, sobald er einmal sein bedeutendes Talent erkannt und schätzen gelernt hatte. So beehrte er Halbig denn vom Jahre 1835 an mit einer Reihe mehr oder minder umfangreicher Aufträge, von denen hier nur einige ausdrücklich hervorgehoben werden mögen, da ihre vollständige Aufzählung hier viel zu weit führen würde.
Dahin gehören die Roma und Athene auf dem nördlichen Thor des Hofgartens, das Viergespann kolossaler Löwen auf dem Siegesthor in München, die achtzehn allegorischen Darstellungen der Hauptprovinzen Deutschlands an der bayerischen Ruhmeshalle bei Kelheim u. A.
Auch König Maximilian beschäftigte den Künstler vielfach. Als in Lindau dem König ein großes Denkmal errichtet ward, fiel die Wahl auf Halbig, der auch den als Landeshoheitszeichen dortselbst aufgestellten zwanzig Fuß hohen Löwen ausführte, der vierzehnhundert Centner schwer ist. Um möglichste Naturwahrheit zu erzielen, ließ der Künstler aus der Kreuzberg’schen Menagerie einen Löwen in sein Atelier schaffen und machte an demselben drei Wochen lang Studien. Für das Maximilianeum lieferte Halbig zwölf Kolossalbüsten in Marmor.
Büsten lieferte Halbig theils für die Sammlungen der genannten Könige, insbesondere für König Ludwig’s Ruhmeshalle und Zeitgenossen mehr als Hunderte, und man kann wohl sagen, daß seine Stärke besonders darin besteht, wie das sich aus seiner scharf ausgesprochenen realistischen Richtung leicht erklärt.
Aber auch die Zahl der von ihm geschaffenen Standbilder ist eine außerordentlich große, wobei die Maßverhältnisse von der Statuette bis zur Kolossalstatue wechseln. Dahin gehören unter anderen: mehrere über zwanzig Fuß hohe Bildsäulen für die Vorhalle des kaiserlichen Museums in St. Petersburg, in Porphyr ausgeführt, zwölf Standbilder berühmter Maler für dasselbe Museum, eine Reiterstatue des Erzherzogs Karl von Oesterreich, das Denkmal des Königs Maximilian II. in Lindau, den König im Kostüm des Hubertusordens, am Sockel von vier sitzenden Figuren umgeben, darstellend, die Statue des Dichters Grafen August von Platen-Hallermund in Ansbach, das Denkmal des Erzherzogs Joseph Palatin von Ungarn, das Denkmal des Generals v. Deroy und jenes des Optikers Joseph v. Fraunhofer in der Maximiliansstraße, der kolossale gekreuzigte Christus in den südlichen Kirchhöfen zu München, von dem Rietschel und Rauch erklärten, sie hätten nie einen schöneren gesehen, eine Religio für Bahia, die Grabmäler des Generals Leistner, des Oberststallmeisters Freiherrn v. Keßling, der Fürstin Narischkin. des Staatsrathes v. Fischer, der Geheimräthe Dr. v. Walther und Dr. v. Breslau, des Staatsrathes v. Hermann, des Glasmalereiinspektors v. Ainmiller, der Familien Brey, Neresheimer, Gradinger, v. Schauß-Kempfenhausen, des Generals Grafen Vieregg, des Freiherrn v. Eichthal; ferner zwei allegorische Figuren: Glaube und Hoffnung und ein kolossaler Christus im nördlichen Kirchhof zu München.
Großes Aufsehen machte eine lebensgroße Bacchantin auf einem Panther in Carraramarmor für die Großfürstin Helene von Rußland, deßgleichen die große Gruppe: die Emanzipation der Sklaven für St. Lewis in Nordamerika und die Standbilder der Könige Ludwig I. und Maximilian II. für Kelheim.
Der bedeutendste Auftrag jüngsten Datums, den Halbig erhielt, ist der ihm vom König Ludwig II. ertheilte der Passionsgruppe für Oberammergau. Das Ganze wird einschließlich des architektonischen Unterbaues gegen vierzig Fuß hoch, im Unterbau zweiundzwanzig Fuß breit. Der Heiland erhält mit dem Kreuze eine Höhe von siebenzehn Fuß. Der Steinblock, aus dem derselbe gemeißelt wird, wiegt neunhundert Centner, während jede der beiden unter dem Kreuze stehenden Figuren: Maria und Johannes, zweihundertvierzig Centner schwer werden. Das Denkmal, dessen Figuren aus Marmor und dessen architektonischer Theil aus Granit bestehen wird, kommt auf die Höhe eines Hügels nächst Oberammergau zu stehen.
Auch als Bildschnitzer hat Halbig Bedeutendes geleistet: sein kolossales Kruzifix im Chor der Frauenkirche zu München wird von allen Kennern bewundert.
Halbig ist Ritter des bayerischen Verdienstordens vom heiligen Michael und des österreichischen Franz-Joseph-Ordens.
Über Land und Meer Nr. 47. Allgemeine Illustrirte Zeitung. Stuttgart, 1872.
Halbig: Johann H., Bildhauer, geboren am 13. Juli 1814 in Donnersdorf (Bezirksamt Gerolzhofen in Franken), † am 29. August 1882 als Professor der Plastik an der früheren polytechnischen Schule zu München. H. stammte aus einer altfränkischen Künstlerfamilie. Sein Großvater Christian war zwar nur ein schlichter Bauer in Heinert bei Haßfurt, baute aber doch, ohne der Musik kundig zu sein, vortreffliche Geigen, Claviere und Stahlharmoniken, lieferte nebenher alle möglichen Tischlerarbeiten und bethätigte sich als Bildhauer und Architekt, wie ein Paar Altäre in der Pfarrkirche seiner Heimath und das Grabmal einer Frau v. Zurwesten in der Kirche zu Haßfurt beweisen.
Von seinen drei Söhnen widmeten sich zwei der Kunst: Johann Adam und Joseph, welche mit Erfolg in Bamberg und Ebrach arbeiteten. Des Letztgenannten Sohn war unser Johann, der frühzeitig in Erde und Teig zu kneten begann und siebenjährig im Kreise seiner Spielgenossen allerlei Figuren und Bestien in Thon formte. Der vom Vater ertheilte Unterricht im Zeichnen und Holzschneiden schlug gut bei dem Jungen an, welcher fast unbewußt alle Handgriffe der Technik sich aneignete. Damit hatte H. schon einen tüchtigen Vorsprung, als er 1831 auf die polytechnische Schule nach München kam, wo Ernst Mayer aus Ludwigsburg (1796–1844), welcher als Restaurator der Antiken in der Glyptothek, als guter Lehrer und Künstler (von seiner Hand sind z. B. die vor der Münchener Hof- und Staatsbibliothek sitzenden Statuen des Homer und Thukydides) den begeisterten Kunstjünger schulte. Von da führte der Weg in die Akademie.
Bald zog H. nach Italien, welches er im fröhlichen Wanderzug durchstürmte, mit gleichem Eifer die Antike und die Werke der Cinquecentisten studirend. Das Reiterbild des Condottiere Gattamelata von Donatello zu Padua und Verrocchio’s stolz und prächtig dahintrabender Colleoni zu Venedig, nebst den ernsten Dogengräbern und den lebensprühenden Porträtbüsten des Mino da Fiesole zu Florenz müssen einen nachhaltig-mächtigen Eindruck geübt und alle verwandten Empfindungen seiner Seele wachgerufen haben.
In München conditionirte H. als Gehülfe bei seinem vorgenannten Lehrer Ernst Mayer und wagte sich mit dem kühnen Muthe der Jugend an große Aufgaben. So machte er die Gypsmodelle zu den Reiterstatuen des Grafen Solms und des Ingenieurs Daniel Speckle, welche ehedem die Festungsbauten zu Ingolstadt leiteten und deshalb im Auftrage König Ludwig I. eine ehrende Stelle über dem Haupteingang eines dortigen Thores fanden; zwei weitere Reiterbilder der Generäle Becker und Streiter folgten. Ebenso entstanden die Figuren der »Roma« und »Athene« über dem Ausgangsthore des Münchener Hofgartens, die kaum bemerkbaren Karyatiden am Thurm des benachbarten Brunnenhauses, mehrere Heiligenstatuen für die Kirche zu Eltmann und viele kleinere decorative Arbeiten. Halbig’s Name erhielt bald guten Klang.
Leo v. Klenze bestellte das Modell eines Atlanten, nach welchem mehrere sechs Meter hohe Träger für die Vorhalle des kaiserlichen Museums in St. Petersburg ausgeführt wurden (1841); da Halbig’s Project dort außerordentlich befriedigte, so erfolgte 1843 eine Bestellung von zwölf Modellskizzen für die colossalen Figuren von Raphael, Tizian, Rubens u. s. w. für dasselbe Gebäude.
Nun kamen Aufträge von dem Herzog von Leuchtenberg: zwei Gruppen mit der Kaiserin Felicitas und ihrem wiedergefundenen, inzwischen von einer Löwin genährten Söhnlein, dazu eine Reiterstatue des hl. Georg (1846) und die Porträtbüste des hohen Auftraggebers.
Dann lieferte H. das colossale Viergespann von Löwen zu der nach Martin v. Wagner’s Entwurf für das Siegesthor in München bestimmten »Victoria« (letztere modellirt von Brugger). Es war damals immer ein Aufsehen erregender Transport, wenn einer dieser Gypslöwen, 90–100 Centner schwer, auf einem massiven, eigens dazu erbauten Wagen mit vier Pferden, nach der kgl. Erzgießerei gefuhrwerkt wurde. Einer derselben, in Ferdinand v. Miller’s Erzguß, erschien sogar auf der ersten Weltausstellung 1851 zu London. Die Modelle sind in der Vorhalle der Neuen Pinakothek untergebracht und erschienen noch 1882 auf der Nürnberger Kunstausstellung. Damit war das Programm von Halbig’s Thätigkeit der größeren Hälfte nach vorgezeichnet: Gruppen, Reiterstatuen, Thierbilder, Porträtbüsten und Werke der religiösen Kunst schuf der erfindungsreiche, nimmer rastende Mann, wozu später noch antike Stoffe, Bacchanten und Grabdenkmale kamen – eine fast unübersehbare Menge von Arbeiten, worüber hier nur eine kurze Charakteristik und Zusammenstellung genügen mag.
Von seiner Hand porträtirt zu werden, galt für eine Ehre, nachdem König Ludwig I. begonnen hatte, die berühmtesten Künstler, Gelehrte, Staatsmänner und andere Zeitgenossen in Büstenform modelliren zu lassen. Ein großer Theil wurde in Marmor ausgeführt, der bairischen Ruhmeshalle und der Walhalla einverleibt. Man bestaunte damals außer der selbstverständlichen Aehnlichkeit die »realistische« Behandlung, die frische, flotte Mache, Vorzüge, die auch an den Oelbildern von Bernhardt und Gräfle bewundert, in der Folgezeit aber durch Bildhauer, wie A. v. Wahl, Chr. Roth u. A., oder die jüngsten Malervirtuosen weit überboten wurden.
Die Originalmodelle dazu und viele andere, welche nicht bestimmt waren, in Stein übersetzt zu werden, sammelte nach König Ludwig’s I. Ableben Hofrath Hüther für einen eigenen Saal der Neuen Pinakothek.
Außer den Gliedern der kgl. Familie modellirte H., nach Wien berufen, auch die Büsten des österreichischen Kaiserpaares sammt allen Erzherzogen und deren Damen und Prinzen; sie wurden insgesammt in Carraramarmor ausgeführt. In St. Petersburg fertigte H. die Büsten des Kaisers Alexander und der schönen Großfürstin Helene; in Monza die des greisen Helden Radetzky (1849), in Berlin das Bildniß des Philosophen Schelling. H. stand allen Koryphäen der Macht, des Geistes und der Schönheit gegenüber, studirte mit sicherem Auge verständnißvoll ihre Züge und überlieferte dieselben der Nachwelt. Man bewunderte die Treue und Naturwahrheit der Wiedergabe und das Erfassen des ganzen Menschen; kluge Kritiker schüttelten das Haupt über diesen »gefährlichen Realismus« und erhoben die warnende Stimme, glücklicherweise vergeblich und ohne den Meister zu beirren, welcher indessen doch erleben mußte, weit überflügelt zu werden von der jüngeren Generation, welche jenes die damalige Welt in Feuer und Flammen bringende Princip jetzt als »haubenstöckerne Langeweile« belächelt. Ebenso mußten Kaulbach’s Porträtgemälde und Bildnißzeichnungen dasselbe Urtheil theilen. Beide Meister werden jedoch immer zur Charakteristik dieser Kunstepoche dienen.
Die Büsten führten zur Wiedergabe der ganzen Gestalt. So entstanden jene Ehrendenkmale an öffentlichen Plätzen, z. B. das über den vier allegorischen Figuren (Landwirthschaft, Handel, Kunst und Wissenschaft) wohlaufgebaute Standbild König Max II. zu Lindau; das durch freiwillige Beiträge (König Ludwig I. schenkte das dazu nöthige Bronze) aufgebrachte Denkmal für den Grafen Platen zu Ansbach; jenes des Erzherzog Josef Palatinus von Ungarn zu Pest (1869); die Statuen des Optikers Fraunhofer und des Generals Graf Deroy zu München; ebenso die Standbilder der Könige Ludwig I. im Krönungsornat und Max II. in der Tracht des Hubertusordens, welche die Stadt Kelheim aus Dankbarkeit diesen Herrschern errichtete.
Den eingangs erwähnten Reiterbildern folgten noch mehrere: für Don Pedro (1846), Radetzky (Prag 1849) und der colossale »König Wilhelm« für Canstatt (Abbildung in Nr. 5 »Ueber Land und Meer«. 35. Bd. 1875).
Weiteren Anlaß, seine schöpferische Phantasie spielen zu lassen, boten die Bestellungen von Thierstücken. Dazu gehören die Löwen und geflügelten Sphinxe an der Ein- und Ausfahrt des Erlanger Tunnels (1844), die beiden Löwen vor dem Wittelsbacher Palais (1848), der 20 Fuß hohe Riesenlöwe am Molo zu Lindau (1855), welcher sitzend, als Symbol wachsamer Landeshoheit, von seinem hohen Sockel in den See hinauslugt. Das Modell dazu lieferte dem Meister ein prächtiges Exemplar der damals gerade in München anwesenden Kreuzberg-Menagerie; das königliche Thier herbergte deshalb in seinem wohlvergitterten Wagen vierzehn Tage lang im Atelier Halbig’s, welcher daran seine Studien zu machen nicht ermüdete. Der Kelheimer Marmorblock hielt 2200 Cubikfuß und das daraus gewonnene Bild wog noch 1400 Centner.
Aehnliche Massen waren auch bei den allegorischen Figuren zu bewältigen, welche, 18 deutsche Provinzen repräsentirend, die Streben am Frontispiz der Kelheimer Befreiungshalle krönen. Jeder dieser, in ihrer Höhe von 80 Fuß freilich sehr verjüngten, übrigens ganz uniformen Colosse benöthigte 800 Cubikfuß Marmor. Es ist nützlich, dergleichen Ziffern und Verhältnisse bisweilen in Betracht zu ziehen, um ähnliche Leistungen antiker Vorbilder näher zu würdigen. Diesen monumentalen Decorationsstücken gegenüber erfreute sich der Künstler auch an anderen Aufträgen, welche, in das Gebiet der Cabinetsbildnerei gehörig, seinem Meißel zur virtuosen Durchbildung willkommenen Stoff boten. Dazu gehören die classischen Schöpfungen einer sich »das goldene Band umschlingenden Venus« (1865), die »im Bade überraschten Mädchen« (1867) und die Gruppe auf die »Emancipation der Sklaven« (1868), welche ein reicher Kunstfreund für New-York bestellte. Seinen höchsten Triumph aber feierte H. (1869) mit der »auf einem Tiger zum Feste ziehenden Bacchantin« (im Auftrage der Großfürstin Helene Paulowna in St. Petersburg): ein wahrer Hochgesang der Frauenschönheit.
Damit ist freilich nur ein Theil von Halbig’s Thätigkeit angedeutet. Der rastlose Mann wurde vielseitig um Projecte zu Grabdenkmälern angegangen, welche er auch in überraschender Anzahl, meist mit Verbindung von Architektur, Büsten, allegorischen Figuren und symbolischer Ornamentik lieferte. Die beiden damaligen Friedhöfe zeigen in diesem Gebiete großartige Leistungen, darunter die Standbilder für Freiherrn v. Kesling, General Leistner, die Medicinalräthe v. Breslau und Walther, die beiden Maler Ainmiller und Vermeersch, den Nationalökonomen und Staatsrath v. Hermann (ein zu schönen Hoffnungen berechtigender, aber früh verstorbener Sohn desselben zählte zu Halbig’s Schülern), dann die Denkmale für Oberstudienrath Benedikt von Holland (errichtet im Auftrage des Herzogs Maximilian von Baiern), die Fürstin Narischkyn (große Carraramarmorgruppe mit einer »Charitas«), die Familien Schmauß, Brey, Neresheimer, Carnot und Schönlein, Fehler, Una und Troglauer, Graf Vieregg u. s. w.
Dazu gehören auch das Mausoleum des Prinzen Karl bei Starnberg und die Capelle zwischen Rottach und Tegernsee an der Stelle, wo den Prinzen auf seinem Morgenritt am 16. August 1875 der Tod ereilte. In Starnberg fand auch Generalarzt und Medicinalrath Dr. v. Haßreiter, der Leibarzt des Prinzen, sein mit einer Colossalbüste von H. auf einem Sockel von Syenit geziertes Grab (1877).
Kein Jahr verging, ohne daß an jenem, dem Andenken unserer theueren Geschiedenen gewidmeten Spätherbsttage neue Arbeiten von Halbig’s Hand in den Münchener Friedhöfen enthüllt wurden. Auch sein eigenes, in romanischem Stil gehaltenes und nicht gerade zu seinen besten Arbeiten zählendes Grabmal besorgte H. im voraus auf dem südlichen Camposanto, worauf er auch seiner Mutter Bildniß anbrachte und damit ein Zeugniß der Pietät setzte.
Aus manchen seiner allegorischen Gestalten spricht wol ein conventionell-erkältender Hauch, doch waltet in den beiden großen Crucifixen, welche 1850 und 1870 im südlichen und nördlichen Camposanto nach Halbig’s Modellen errichtet wurden, eine echt religiöse Empfindung. Ein ähnliches, durch seinen Schüler Grabichler in Holz sculpirtes Werk hängt im Chorgewölbe der 1859 restaurirten Münchener Frauenkirche; eine beiläufige Wiederholung ziert den neuen Friedhof in Starnberg. In ganz außerordentlicher Weise überboten wurden alle diese Leistungen durch die Ammergauer Gruppe.
Schon 1850 hatte H. den damals fünfjährigen Kronprinzen modellirt. Derselbe bewies nach seiner Thronbesteigung dem Meister fortwährend eine besondere Werthschätzung. Im Jahre 1869 besuchte der junge König Halbig’s Atelier, um die im Auftrage der russischen Großfürstin Helene vollendeten Arbeiten zu besichtigen. Bald darauf erfolgte die Bestellung eines colossalen Kreuzbildes mit Maria und Johannes als Seitenfiguren; Alles in Stein und von so ungewöhnlichen Verhältnissen, daß der granitene Unterbau allein eine Höhe von 40 Fuß erforderte, die auf 17 Fuß berechnete Figur des Crucifixes einen Block von 900 Centner und die beiden Seitengestalten 240 Centner Marmor beanspruchten. Die Lieferung des benöthigten Rohmateriales, der Transport der vollendeten Gruppe, insbesondere aber die Ueberbringung nach dem Ort der Bestimmung erforderte neue Straßen- und Brückenbauten und die Anwendung von Dampfmaschinen und besonderer sinnreicher Constructionen, worüber nachträglich eine eigene Schrift berichtete.
Unter Halbig’s übrigen Arbeiten sind noch hervorzuheben der »Deutsche Reichspokal« (1848), die »Franconia« im Glaspalast zu Sydenham (1851), die Figuren der »Architektur« und »Gartenbaukunst« auf der Frontseite des kgl. Münzgebäudes, welche gerade am Eingange der Maximilianstraße in sinniger Beziehung zu den Bauten König Max II. und dessen reizenden Gartenanlagen am Gasteig stehen; eine Riesenbüste des Grafen Széchényi für Pest. Ein mehr als lebensgroßes Brustbild König Ludwig II. modellirte H. für das von Heerdegen erbaute Lyceum in Freising.
Seine äußeren Verhältnisse waren sehr einfach. Im Jahre 1845 trat H. an die Stelle seines Lehrmeisters Ernst Mayer als Professor der Modellirschule und Bildhauerkunst am kgl. Polytechnikum; er behielt sein liebgewordenes Atelier im alten »Damenstiftsgebäude« bei, als die polytechnische Hochschule in verjüngter Gestalt nach dem glänzenden Neubau in der Arcisstraße übersiedelte. Im Jahre 1851 erhielt er das Ritterkreuz I. Classe des Verdienstordens vom hl. Michael, dann den österreichischen Franz-Joseforden und neben den anderen Decorationen auch den seltenen württemberger Kronorden mit der Krone. Seinem Heimathlande diente H. unter drei Königen, welche ihm unverwandt die gleiche Gnade und Gunst bewährten.
In Starnberg hatte er sich ein sehr einfaches Haus erbaut, nur die (heute noch erhaltenen) Statuen wiesen auf ein Künstlerheim. Sein Münchener Atelier war ebenso wie sein Hauswesen einfach, eine Werkstätte vom alten Schlag; Luxus, Comfort und den jetzt beliebten Decorationskram kannte er nicht. Die einzige Zier bildeten zwischen etlichen Bretterkisten, Papierrollen und Sesselfragmenten (von welch‘ letzteren der Künstler wegen beständigen Zeitmangels niemals Gebrauch machte) die in langen Reihen über-, durch- und hintereinander, aus allen Winkeln hervorquellenden, staubüberdeckten Gypsmodelle seiner Schöpfungen. H. kannte nichts als ehrgeizige Arbeit; sie allein machte ihm wohl; ihr gehörte sein Leben. Mit dem Wunsch nach Ruhe erlosch auch dasselbe. Der stämmige, baumstarke, wetterfeste und ganz sonnengebräunte Mann starb ohne Krankheit in der Nacht vom 28. auf den 29. August 1882. Wenige Tage vorher hatte er sein Gesuch um Versetzung in den Ruhestand abgefaßt, aber noch nicht eingereicht!
Ohne gerade eine abgeschlossene Natur genannt zu werden, verkehrte er doch wenig mit anderen Kunstgenossen. Ganz charakteristisch hatte ihn Kaulbach auf den inzwischen vom Wetter vernichteten Fresken an der Langseite der Neuen Pinakothek in ganzer Figur abconterfeit: die Büste des damaligen Ministerpräsidenten v. d. Pfordten modellirend. Seine Gattin war ihm schon 1877 nach kinderloser Ehe vorangegangen. Ein Theil seines gewiß nicht unbeträchtlichen Vermögens war durch allerlei Schickungen wieder zerflossen.
Eigentliche Schüler bildete er nicht. Doch haben der nachmals berühmt gewordene Caspar Zumbusch, welcher sich von 1848–1853 Halbig’s Unterweisung erfreute, auch Heinrich Ruf († 1883) und Peter Lutt ihn immer als ihren Lehrer bekannt. Außer diesen hielt er mehrere gute Gehülfen, unter welchen der wackere Joh. Graf dreißig Jahre lang aushielt und sich immerdar als die rechte Hand seines Meisters bewährte. Leider ist dessen Name in Halbig’s letzter Willenserklärung vergessen, wo der seltsame Herr sogar seine Lieblingskatzen bedachte.
Besondere Erwähnung verdient ein älterer Bruder des Vorgenannten: Andreas Halbig (geboren am 24. April 1807 zu Donnersdorf in Unterfranken, † am 3. Mai 1869 zu Penzing bei Wien). Er lernte bei Professor Konrad Eberhard in München, arbeitete für viele bairische Kirchen und besorgte die Restauration der Mariencapelle in Würzburg. Im Jahre 1856 übersiedelte derselbe nach Wien, fertigte im Auftrage des Erzherzogs Ferdinand Max den Hochaltar für die Votivkirche in Wien und die 60 Fuß hohe Dreifaltigkeitssäule zu Pest. Sein Grabdenkmal setzte ihm sein Bruder Johann Halbig.
Vgl. Vincenz Müller, Universalhandbuch von München 1845 S. 210. Nekrolog in Lützow’s Zeitschrift, IV. Bd. 1869 (Kunstchronik) S. 219.
Ueber Johann H. vgl. außer Vincenz Müller den Nekrolog in Beil. 260 »Allg. Ztg.« 17. Septbr. 1882. Kunstvereins-Bericht 1882, S. 69 ff. Singer, 1896. II, 120. Halbig’s Porträt (mit Biographie) in Nr. 47 »Ueber Land und Meer«, XXVIII. Bd., 1872, und in Nr. 2047. »Illustr. Ztg.«, Leipzig, 23. September 1882. Ein Verzeichniß seiner Werke erschien in München 1879 (bei Knorr u. Hirth, 21 S. kl. 4°) als Manuscript für Freunde, nicht im Handel (auch ohne den Namen des Verfassers Prof. Dr. A. Kuhn).
Dr. phil. Hyazinth Holland: Allgemeine Deutsche Biographie. Leipzig, 1904.
Halbig Johann, von, 1814 (Donnersdorf, Lkr./Gerolzhofen/Ufr) – 1882, Bildhauer, Professor an der Akademie der Bildenden Künste und an der Münchner Polytechnischen Schule; nach Studien in München und einem längeren Aufenthalt in Italien modellierte er seit 1835 eine Reihe dekorativer Bildwerke.
Hauptwerke: 18 Figuren für die Befreiungshalle in Kelheim, Bronzestatue König Maximilians II. und marmorner Kolossallöwe, beide am Hafen von Lindau, Bronzestatue Fraunhofers in München, Kreuzigungsgruppe in Oberammergau, großes Kreuz in der Mitte des neuen Teils des Südlichen Friedhofs; auch Werke in New York, Budapest und Bad Cannstatt, das Radetzky-Denkmal in Prag; H. pflegte L. M. von Schwanthalers Art, aber realistischer und teilweise handwerksmäßig.
© Dr. phil. Max Joseph Hufnagel: Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München. Zeke Verlag; 4. Auflage. Würzburg, 1983.