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HIER RUHT IN GOTT
UNSER HEISSGELIEBTER GATTE & SCHWIEGERSOHN
HERR
EDUARD BRUMMER,
SCHAUSPIELER,
GEB. DEN 9. DEZ. 1850, GEST. DEN 10. NOV. 1888.
Linke Spalte
XAV. SCHRATZENSTALLER
MALER,
GEST. 17. JUNI 1861 IM 58. LEBENSJAHRE.
BARB. SCHRATZENSTALLER,
MALERSWITTWE,
GEST. 1. JULI 1880 IM 80. LEBENSJAHRE.
Rechte Spalte
HERR GEORG SEIDENADER
RENTNER,
GEB. 27. MÄRZ 1827, GEST. 17. DEZ. 1898.
FRAU BABETTE SEIDENADER
RENTNERSWITTWE,
GEB. 24. APRIL 1830, GEST. 7. MÄRZ 1917.
FRAU PAULA STREBEL
GEB. 12. JULI 1867, GEST. 11. JAN. 1926.
IHNEN FOLGTE
MEIN HEISSGELIEBTER
UNVERGESSLICH EDLER GATTE
HERR GUSTAV SEIDENADER
GEB. 19. DEZ. 1863, GEST. 3. AUG. 1929.
FRAU ZENTA SEIDENADER
GEB. 22. NOV. 1866, GEST. 22. NOV. 1933.
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Schratzenstaller, Barbara (vw); – 1.7.1880; Malers-Witwe
Schratzenstaller, Xaver; – 17.1.1861; Maler
Seidenader, Babette (vw); 24.4.1830 – 7.3.1917; Renters-Witwe
Seidenader, Georg; 27.3.1827 – 17.12.1898; Rentner
Seidenader, Gustav; 19.12.1863 – 3.8.1929
Seidenader, Zenta (vw); 22.11.1866 – 22.11.1933
Strebel, Paula; 12.7.1867 – 11.1.1926
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* 9.12.1850 (München)
† 10.11.1888 (München)
Schauspieler
Die Todten sind bald vergessen.
Am Gott’sacker bin ich am Sonntag g’wesen. Wie das so meine Gewohnheit ist, b’such ich so die Gräber von die guten Bekannten. Da bin ich auch an das Grab von mein‘ alten Freund‘ dem Schauspieler Brummer kommen. – Ich waß net, wie mir da worden ist! Wie lang ist’s denn her, daß wir den guten Brummer begrab’n hab’n? Und jetzt schaut das Grab aus, als wenn’s schon ein halb’s Jahrhundert her wär‘ und von der ganzen Freundschaft kein Mensch mehr existiert, der ihm ein‘ frischen Kranz oder ein Blümel auf’s kalte Erdreich stecket. No freilich, wird man sagen, was hatt‘ man denn den ganzen Winter thun soll’n? – No, der Winter ist jetzt schon lang vorbei und Alles grünt und blüht; nur auf dem Grab des lustigen Brummer, der so viel heitere G’sichter und so viel Lust und Freud‘ g’schaffen hat – auf dem Grab des todten Komikers schaut’s so öd‘ und düster aus, daß man weinen könnt‘. Haben’s Dich denn so bald vergessen, die so fürchterlich um Dich ′than haben? Na, ja! Es ist halt, wie’s oft geht: »aus dem G’sicht, aus dem Sinn!« Die Hinterbliebenen sind doch reiche Leut‘, und die Frau, moanet ma, wird von ihrem grenzenlosen Schmerz doch noch so viel Andenken bewahrt haben, daß sie das Grab herrichten lasset. Außerdem sind da noch wirklich treue Freunde des edlen Todten und Verehrer seiner Kunst g’nug in München. Ein Jeder tragt mit Freud’n ein Kleines bei, daß dem »unvergeßlichen« Brummer, der scheint’s so schnell vergessen ist, sein Grab doch würdig ausg’schmückt ist.
Münchener Ratsch-Kathl. Samstag, den 25. Mai 1889.
Zweiter Nachtrag zur Todtenschau.
(Vergl. künftige Jahres-Chronik.) 1888. November.
10. Eduard Brummer (Genoss.-Mitgl. 7016), hervorragender Künstler des Theaters am Gärtnerplatz-Th. in München, über dessen jähen Hingang uns folgende Zeilen zugehen:
Wenn die Blätter fallen
In des Jahres Kreise,
Wenn zum Grabe wallen
Entnervte Greise,
Da gehorcht die Natur
Ruhig nur
Ihrem alten Gesetze,
Ihrem ewigen Brauch,
Da ist nichts, was den Menschen entsetze!
Aber das Ungeheure auch
Lerne erwarten im irdischen Leben
Ach! Wir lernen es nimmer, es ist ein Theil der menschlichen Natur, dem Ungeheuren fassungslos gegenüber zu stehn. – Eduard Brummer ist nicht mehr! – Mitten in seinem künstlerischen Wirken, ein Bild von Jugendkraft und Gesundheit, überfiel ihn der Tod, wie der Blitz die Eiche und streckte ihn zu unseren Füßen nieder. Wortlos standen die Kollegen, sie verspürten gleichsam den Flügelschlag des Todesengels und erschauerten unter dem Banner seiner geheimnisvollen Macht. Aber die Zeit, die Alles lindere, entfesselt auch die wohlthuende Thräne und das Entsetzen löst sich in schmerzliches Klagen um den Verblichenen.
Zu früh, viel zu früh wurdest Du uns entrissen! Mit Dir entschwand der behagliche Humor, die gemütliche Heiterkeit! Du kanntest den Zauber, unter Thränen zu lachen und Deinen Zuhörern lächelnd Thränen zu enlocken! Deine sonnige Laune entsprang nicht dem Gehirn, sie kam aus dem Herzen und pochte deshalb nicht vergeblich an das Herz des Verbitterten. Ach, einen Künstler wie Dich werden wir nimmer in unseren Reihen sehen!
Wie als Darsteller, so fehlt uns Eduard Brummer auch als Freund und Kollege. Seine offene, gerade Manier mußte jeden für ihn einnehmen, obwohl sein seltener Pflichteifer ihn zuweilen gegen Andere, minder Eifrige rücksichtslos erscheinen ließ. Was er einmal für das Rechte erkannt hatte, das hielt er hoch, dem folgte er schnurgerade und ohne Nebengedanken.
Es war kein Falsch an ihm, diese Thatsache mußte auch seinen Feinden Achtung abzwingen.
Brummer ging in sehr jungen Jahren zu Bühne und zwar zuerst nur an kleinen Theatern, in Ingolstadt, Cham, Kehlheim u.s.w. thätig. Später sah man ihn in Ischl, Salzburg, Gastein, Meran, Brünn und Wien, vom Jahre 1878 an widmete er jedoch seine Begabung ununterbrochen dem Gärtnerplatztheater in München. Sein Ehrgeiz spornte ihn unaufhörlich, nichts dünkte ihm unerreichbar und wahrlich das Glück belohnte sein Streben auf jede Weise. Künstlerisch wie gesellschaftlich war seine Stellung gleich beneidenswerth, eine glänzende Häuslichkeit umgab ihn, ein blühend schönes Weib, um das er Jahre lang geworben, wie Jakob um Rahel, ward endlich die Seine, er schien auf dem Gipfel irdischen Glückes angekommen – da stürzte ihn der Todesengel jählings herab, ehe er Muße fand, sich des Errungenen zu erfreuen.
Eduard Brummer, den 9. Dezember 1850 in München geboren, starb am 10. November 1888 unmittelbar nach der ersten Aufführung der Operette Ali-Baba in seiner Garderobe, am Herzschlag. Ihn beweinen zwei Brüder, seine kranke Mutter und seine zwanzigjährige Gattin. Liebe und Freundschaft verwandelte seine letzte Ruhestätte in einen Blütenhain, ganz München wallfahrtete zu seinem Grabe.
Die heitere Muse aber verhüllt trauernd das sonnige Antlitz, denn von ihr schied der gefeiertste und berufenste ihrer Lieblinge. (PH. Hartl-Mitius).
Gettke’s Bühnen-Almanach. Leipzig, 1889.
Brummer Eduard, geboren am 6. Dezember 1850 in München. Seine Neigung und Begabung fürs Theater machten sich schon frühzeitig bemerkbar und überwand er mutig alle Hindernisse, die sich ihm, namentlich im Anfang seiner Laufbahn entgegenstellten, immer sein Ziel vor Augen, welches er schließlich, wenn auch auf dornenvoller Bahn, erreichte. Er begann auf kleinen bayerischen Provinzbühnen, dann kam er nach Ischl, Meran, Salzburg und Triest, wo er überall als Spaßmacher beliebt war, es jedoch zu keiner künstlerischen Stellung bringen konnte. B. wurde auch an die Komische Oper in Wien engagiert, doch führte ihn die Sehnsucht bald nach seiner Vaterstadt zurück, wo er am Thalia-Theater unterkam. E. blieb nicht lange daselbst. 1876 wurde er Mitglied des Stadttheaters in Brünn und 1877 an das Friedrich Wilhelmstädtische Theater in Berlin verpflichtet, wo sein Stern zu leuchten begann und er endlich 1878 einen Ruf an das Gärtnerplatz-Theater in München erhielt. Nun hatte er das Ziel seines künstlerischen Ehrgeizes erreicht, und bald saß er fest in der Gunst des Publikums und zählte zu den Lieblingen der Münchener. Sowohl im Volksstück, wie in der Operette und Posse, überall stellte er seinen Mann und bald war ein lustiges Stück ohne B. in der Hauptrolle am Gärtnerplatz-Theater, nicht mehr gut denkbar. 10 Jahre lang wirkte er in dieser in jeder Beziehung bevorzugten Stellung, bis er am 10. November 1888 ganz plötzlich am Herzschlag, und zwar in seiner Gaderoben, unmittelbar nach der Premiere der komischen Oper »Ali Baba«, in welcher er kurz vorher als »Cassim« auf den Brettern, die für ihn in der Tat die Welt bedeuteten, einen großen Erfolg gehabt hatte, verschied. Sein früher Tod wurde allgemein betrauert.
Ludwig Eisenberg’s Grosses Biographisches Lexikon der Deutschen Bühne im XIX. Jahrhundert. Leipzig, 1903.