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FAMILIE PERRON
Philipp Perron
kgl. Professor und Bildhauer
geb. d. 2. August 1840 ¿
gest. d. 16. Juli 1907 ¿
Mathilde Perron
geb. ¿
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Perron, Mathilde (vw); – 23.6.1916 (München), 68 Jahre alt; Bildhauers-Witwe
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* 2.8.1840 (Frankenthal)
† 16.7.1907 (Rottach)
Bildhauer
Perron, Philipp, Bildhauer, Kgl. Professor, * 2. August 1840 zu Frankenthal, † 16. Juli 1907 zu Rottach (am Tegernsee). – P. kam, mit guten Vorkenntnissen durch den Zeichner und Maler Franz Schmitt ausgestattet, schon 1857 nach München, wo er sich im Aktzeichnen in einer Bildhauerschule und angewiesen auf eigenen Verdienst, im Schneiden von Edelsteinen, Medaillen und Modelieren kleiner Büsten übte. Ahnungsvoll drängte es ihn im Kunsthandwerk das goldene Vließ zu suchen. Mit geringen schwerverdienten Mitteln wagte P. den Weg nach Paris, trat dort bei verschiedenen Gewerken in Praxis, den angeborenen Schönheitssinn in jeglicher Kunsttechnik fördernd und erweiternd. Mit den nützlichsten Erfahrungen bereichert kehrte der einundzwanzigjährige Jüngling nach München zurück, um an der Akademie die klassische Formgebung zu studieren, was ihm auch unter Professor Max Widnmanns (vgl. Bettelheim »Biographische Blätter« 1896 S. 226 ff.) Leitung gründlich gelang. Mit zahlreichen statuarischen Figuren und Gruppen bwährte P. seine originelle, vielseitige Begabung. Indessen drängte es ihn zur weiteren Ausbildung und Verwertung seiner Kenntnisse abermals nach Paris, ebenso aber auch zu einer Wanderung nach Italien. Ausgerüstet mit einer Fülle neuer Eindrücke und Studien ließ sich P. um 1868 dauernd zu München nieder, begründete sein eigenes Atelier, in welches bald vielerlei Aufträge einliefen. Durch Graf Pocci an Baurat von Dollmann empfohlen, fand P. zuerst Verwendung bei der ornamentalen Ausschmückung der Kirche zu Giesing, insbesondere aber bei dem für König Ludwig II. begonnen Bau des Linderhofschlosses. Durch die mit Bechler ausgeführten Figuren (Wissenschaft, Handel, Nähr- und Wehrstand) erwarb P. die Gunst des hohen Maecen, welcher ihm die Plafondornamentik eines Kabinetts (wobei der durch P.s waghalsige Kletterei entsetzte König dem Künstler beim Herabsteigen selbst die Leiter hielt), die Ausschmückung des Musikzimmers und die artistische Zier der Einrichtungsgegenstände übertrug. Durch die geniale Lösung seiner Aufträge gewann der Künstler den so schwer erreichbaren Beifall des königlichen Bauherrn und dadurch die volle Leitung und Ausführung aller Bildhauerarbeiten für Schloß Herrenchiemsee, wobei P. nun mit begeistertem Aufwand seiner ganzen Erfindungskraft den endlosen Wünschen des Auftraggebers vollauf zu genügen wußte, ja sogar dessen kühnste Probleme zu verwirklichen verstand. Seine immer frische, unermüdliche Erfindungsgabe zauberte den Schmuck für die Decke und Wände der Spiegelgalerie, die mit den Reliefstatuen aller Regententugenden prangende Ballustrade des Schlafgemachs, das berückende Toilettenzimmer, dazu sämtliche Möbel und Einrichtungsgegenstände, in Stukkatur, Holz, Stein, Ebenholz, Elfenbein, Glas und Metall, mit Einschluß einer prächtigen Reiterstatuette (dabei hatte, wie Luise von Kobell berichtet, auch die Darstellung des Pferdes eine besondere Geschichte), die Lüster, Kandelaber, Vasen, die unzähligen Zier- und Prinkgeräte: diesen, in der Folge alljährlich durch tausende von Besuchern angestaunten, alle Schilderungen übertreffenden, bei aller Pracht doch unerquicklichen Königstraum, verwirklichte die Schöpferkraft P.s. Mit dem innigsten Verständnis den Intentionen des Architekten und des königlichen Herrschers entgegenkommend, schuf P.s glänzende Phantasie in reizenden figürlichen Kompositionen, im ergänzenden Einklang der stilgerechten Ornamentik seine schönfließenden Darstellungen. Er hatte sich eine Reihe von Ateliers angelegt, in welchem – wie ehedem bei Meister Joachim Dietrich, als er für den Kurfürsten und Kaiser Karl Albert die Dekoration der »reichen Zimmer« in der Residenz inszenierte – zeitweise an 60–80 Gehilfen in voller Tätigkeit wetteifernd pinselten und hämmerten, ziselirten, meißelten und schnitzten. Seine feinfühlige Hand betätigte sich auch als Bildner, insbesondere mit Werken der zierlichsten Kleinkunst, womit Neuschwanstein so reichlich bedacht wurde. Trotz dieser vielseitigen, aufreibenden von 1871–1886 dauernden Tätigkeit erübrigte P. noch Zeit für weitere Werke, darunter ein treffliches Ehrengedächtnis König Ludwig I. in Edenkoben und das Kriegerdenkmal in Frankenthal. Auszeichnungen folgten von allerhöchster Seite, weitere Anerkennungen vom Aus- und Inlande, darunter auch das Ehrenbürgerrecht von seiner Vaterstadt, welche P. mit einem ansehnlichen Legat bedachte. Der wohlverdiente Segen der Arbeit war bei ihm eingekehrt. P. besaß ein hübsches Haus mit zahlreichen Malerateliers, ein friedliches ländliches Heim an den Geländen des schönen Tegernsee, wo der bescheidene, liebenswürdige Mann von umfassendem Wissen und regem Interesse im Kreis seiner Familie der ersehnten Ruhe genoß, die ihm nach Erfüllung aller kühnen Jugendhoffnungen eine schleichende Krankheit nur zu frühe entriß.
Eine Auswahl von P.s Leistungen erschien in den beiden Prachtwerken »Die dekorative Plastik des königlichen Schlosses Herrenchiemsee« in 60 Tafeln (München bei Jos. Albert) und »Die figurale Plastik des königlichen Schlosses Herrenchiemsee« in 20 Tafeln (ebendaselbst).
Vgl. Luise v. Kobell »König Ludwig II. und die Kunst«. München 1898. «Bericht des Münchener Kunstvereins« für 1908 (Nachtrag).
Hyac. Holland.
Dr. phil. Hyazinth Holland: Biographisches Jahrbuch und Deutscher Nekrolog. Berlin, 1909.