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27 – 1 – 17 (Piloty)

Ω

PROFESSOR
KARL VON
PILOTY
HISTORIENMALER
1826 1886
BRUDER DES
HISTORIENMALERS
FERDINAND VON
PILOTY

Ω

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Karl Theodor von Piloty

* 1.10.1826 (München)
† 21.7.1886 (Ambach am Starnberger See)
Akademieprofessor und Historienmaler

Über Land und Meer (11.1869)

Karl Piloty.
(Hierzu das Porträt S. 121 und Bild S. 133.)

Ein charakteristisches Merkmal der Grundrichtung unserer durch und durch realistischen Zeit ist nebst der nivellirenden noch die entschieden zerstörende Tendenz derselben. Allüberall, sowohl auf dem sozialen wie auf dem wissenschaftlichen Felde, begegnen wir einem rastlosen Kampfe gegen jene Schranken, welche sich der freien Entwicklung und Entfaltung des Einzelnen, dem unbedingten Geltendmachen der Individualität entgegenstellen. Selbst auf das sonst neutrale Gebiet der bildenden Künste ist diese Zeitströmung nicht ohne Einfluß geblieben. Der feste Verband der Schulen ist gelockert, die Gemeinsamkeit der Anschauungen ist verschwunden. Wir besitzen heutzutage keine »Schulen« im engeren Sinne des Wortes mehr, dafür aber desto mehr Individualitäten. Noch vor wenigen Lustren gab es in Deutschland in der Malerei zwei ganz bestimmt ausgesprochene Richtungen, als deren Repräsentanten München und Düsseldorf galten. Heute existiren dieselben nicht mehr. Den Anstoß hiezu gab theilweise der veränderte Geschmack des Publikums, welches kein Verständniß für die Bestrebungen unserer deutschen Romantiker mehr besaß, theils die extreme Richtung, in welche beide Schulen verfielen. – Als die düsseldorfer »Lyriker« immer schwächer, sentimentaler und »stimmungsseliger«, – die münchener »Epiker« aber immer kühner und überschwänglicher wurden, als die Letzteren mit dem Pinsel nur noch schrieben und uns zumutheten, aus einer Reihe mehr oder weniger gelungener symbolischer Aktfiguren die Geschichte ganzer Völker, ja philosophischer Lehrsätze herauszulesen, da machte sich bald allenthalben eine gesunde Reaktion geltend und man kehrte zum wirklichen Leben, zu einem edeln, inhaltreichen Realismus zurück. – Einer der bedeutendsten Vertreter dieser Richtung in Deutschland ist Karl Piloty in München, welcher im selbstständigen Verlaufe seiner eigenen Entwicklung auf denselben Standpunkt gelangte, welchen die Schüler Delaroche's in Frankreich und die Niederländer Gallait, Wappers, Keyzer u. s. w. gegenwärtig einnehmen.

Karl Piloty wurde am 1. Oktober 1826 zu München geboren. – Sein Talent entwickelte sich schon frühzeitig, und kaum 15 Jahre alt wurde er von seinem Vater, dem Lithographen Ferd. Piloty, in die Akademie gebracht, welcher damals der mit Ferd. Piloty persönlich befreundete Cornelius vorstand. – Durch den plötzlichen Tod seines Vaters in seinen Studien unterbrochen, war Karl Piloty gezwungen, um ein von seinem Vater begonnenes Werk (die Herausgabe der in der Pinakothek befindlichen Gemälde in lithographischer Nachbildung) nicht unbeendet zu lassen, 6 Jahre lang zu lithographiren. Das unausgesetzte Kopiren der alten Meister machte ihn mit dem Geiste derselben vertraut, wozu dann noch später der befruchtende Einfluß des ihm verwandten Schorn's kam.

Eines seiner ersten Bilder, »die Amme«, lenkte die Blicke König Max I., sowie des kunstsinnigen Königs Ludwig I. auf ihn. – »Kurfürst Maximilian« als Oberhaupt der »Liga« ist der erste Versuch auf geschichtlichem Felde, welches von Piloty von nun an beinahe ausschließlich kultivirt wurde. – Hieran reihte sich der von König Ludwig I. für die neue Pinakothek erworbene »Seni vor der Leiche Wallenstein's«, ein Bild, in welchem das Charakteristische der Schöpfungen Piloty's, das Vorwalten des eigentlich malerischen Elements, der koloristischen Erscheinung und des Tons schon merklich hervortritt. – Seine Berufung als Professor an die Akademie der bildenden Künste zu München fällt in das Jahr 1854. – Von da an beginnt seine eigentliche fruchtbringende Thätigkeit als Lehrer.

Mag man über Piloty, der als Künstler auch seine Schwächen, – wozu die oft zu weit gehende Sucht nach neuen Ausdrucksmitteln, den Schein der Natur noch unmittelbarer festzuhalten, zu rechnen ist – denken wie man will, seine segensreiche Thätigkeit als Lehrer haben selbst seine entschiedensten Widersacher nicht zu bestreiten gewagt.

Piloty hat, und das kann man ihm gar nie hoch genug anrechnen, jederzeit der Eigenart seiner Schüler freiesten Spielraum gelassen, er hat nie die Individualität in das Prokrustesbett eines akademischen Schematismus, einer traditionellen Typik gezwängt. – So kam es, daß viele seiner Schüler (wir weisen hier nur auf den in neuester Zeit viel genannten Makart hin) später ihren eigenen Weg gingen, und in ihrer Darstellungsweise wenig oder gar nicht die Schule verriethen, die sie einst genossen.

Mit dem Eintritte Piloty's in die Akademie begann, dieß ist nicht zu leugnen, ein freierer, frischerer Geist in den Räumen des ehemaligen Jesuitenklosters zu wehen. – Ein glänzender Kreis von Schülern, von denen sich nicht Wenige heute einen klangvollen Namen in der Kunstwelt zu erringen gewußt haben, – wir greifen unter den Vielen nur die Namen Schüz, Lenbach, Wagner, Liezenmaier, Max heraus – sammelte sich um den Meister. In dieser Epoche entstanden in rascher Aufeinanderfolge:

»Nero auf den Brandruinen Roms«, »Wallenstein's Ermordung«, »Friedrich der Winterkönig«, »Die Schlacht am weißen Berge«, »Der Zug Wallenstein's nach Eger«, »Die Ermordung Julius Cäsar's« u. s. w. Letzteres Bild wurde auf der pariser Ausstellung mit dem ersten Preise gekrönt.

Theilweise entworfen, theilweise bereits in der Ausführung begriffen sind: »Der Triumphzug des Germanicus«, »Maria Stuart, die Verkündigung ihres Todesurtheils anhörend«, sowie ein größeres historisches Gemälde, welches den neuen Rathhaussaal zu schmücken bestimmt ist. – Welchen Werth man Piloty auch außerhalb Bayerns beimißt, beweist der in jüngster Zeit an ihn ergangene Ruf als Direktor der Akademie der bildenden Künste nach Berlin.

– Wie bekannt, gelang es der Intervention des Königs, sowie der Künstler und Bürger Münchens, den drohenden Verlust abzuwenden. – Es ist eine eigenthümliche, paradoxe Erscheinung, daß während einerseits der realistische Grundzug unserer Zeit immer prägnanter hervortritt, andererseits das Verständniß für den Werth und die Bedeutung der schönen Künste allgemeiner und lebendiger wird, und selbst in jene Gesellschaftsklassen dringt, die sich bis nun wenig oder gar nicht um dieselben kümmerten. – Als die Kunde von der Berufung Piloty's sich verbreitete, da war es die Bürgerschaft – die Söhne derselben Bürger, welche einst Schelling und Cornelius ziehen ließen, ohne auch nur eine Hand zu rühren – die sich sofort in einer Petition an die Regierung wandte, damit der Meister dem Lande erhalten bleibe, eine um so erfreulichere Erscheinung, als sie Zeugniß ablegt von der Wandlung, die sich auch in diesen Kreisen vollzogen, und daß man zur Ueberzeugung gelangt, daß es außer einem guten Gerstensafte und was derlei Spezialitäten mehr sind, denn doch auch noch andere Dinge gebe, die einer Stadt zur Zierde gereichen können.

*

Wir haben es hier speziell mit einem der berühmtesten Gemälde Piloty's zu thun, – mit dem: »Zug Wallenstein's nach Eger«.

Die erste Hälfte der großen Tragödie, welcke man den dreißigjährigen Krieg nennt, war zu Ende gespielt. – Als blutiger Markstein sieht am Schlusse dieses Zeitabschnittes das gewaltsame Ende des merkwürdigsten Mannes, den nach dem großen Schwedenkönige diese unheilvolle Epoche erzeugt, Albrecht's v. Wallenstein. – Wohl können wir dem Herzoge von Friedland nicht dieselbe Sympathie entgegenbringen, die wir seinem großen Gegner Gustav Adolph, dem er an Feldherrntalent wohl gewachsen, an sittlicher Größe jedoch weit nachstand, zollen, aber staunend und bewundernd stehen wir vor den riesenhaften Entwürfen dieses kühnen Soldaten, vor der eisernen Energie, womit er dieselben verfolgte, und sein tragisches Ende versöhnt uns mit den ethischen Mängeln, die ihm anhafteten. – Es war um's Jahr 1632. – Je klarer die Absicht des wiener Hofes, den gefährlichen Heerführer zu opfern, sich offenbarte, um so dringender trat an diesen die Aufforderung heran, zu handeln, und Wallenstein war nicht der Mann zaghaften Zauderns, der vor einem Va banque zurückschreckte. – Was bis dahin vielleicht nur als Phantom eines brennenden Ehrgeizes, dieser Causa movens aller Pläne und Entschließungen Wallenstein's, seiner Seele vorschwebte, wurde durch die Rücksichtslosigkeit seiner Gegner, die ihm keine Wahl ließ, absolute, dringende Nothwendigkeit. Die in allen Lagern publizirte Absetzung, die Übertragung der Würde eines Generalissimus an den Grafen Gallas, ließ keinen Zweifel mehr über die Absicht seiner Widersacher, und zwang ihn zu raschem, energischem Handeln. – Mit den wenigen ihm treu gebliebenen Truppen wandte sich Wallenstein entschlossen nach Eger, um der vereinigten schwedisch-sächsischen Armee näher zu sein. Diesen Moment hat der Künstler zur Darstellung seines Bildes gewählt. Der letzte Akt eines Dramas ist immer der fesselndste, in ihm konzentrirt sich unser ganzes Interesse, und der Held selbst tritt aus dem Schatten, welchen die Katastrophe vorauswirft, um so bedeutsamer hervor. – Es ist Herbst. Raschelnd fällt das welke Blatt vom Baum, und der Wandervögel dichte Schaaren ziehen dem sonnigeren Süden zu. Durch die Luft weht es wie Todesschauer. Wohl mag etwas Derartiges dem trotzigen Friedländer, der krankheitshalber das gewohnte Roß mit der Sänfte vertauschte, durch die Seele ziehen, da sich der Zug an einem Friedhofe vorüberbewegt. Die eingestürzte Mauer gewährt ihm den Blick auf ein Grab, welches gerade zwei Todtengräber bereiten. Daß letztere Beigabe nicht den Eindruck des Gesuchten, des Haschens nach Effekt macht, ist ein Beweis sür die maßvolle, feinfühlige, virtuose Behandlung des Bildes von Seite des Künstlers. Charakteristisch sind die Köpfe Butler's, seines Mörders, und des treuen Seni, welche Beide neben der Sänfte herreiten. L. Sch.

Über Land und Meer No. 7. Allgemeine Illistrirte Zeitung. Suttgart, November 1869.

Münchener Künstlerbilder (1871)

Carl von Piloty,
Historienmaler.

Es war am 1. October des Jahres 1826, als Carl Theodor Piloty in München geboren wurde. Allem Anschein nach stammt seine Familie aus Italien, wenigstens kam noch zu Ende des verflossenen Jahrhunderts ihr Name im Venetianischen vor. Sein Großvater war Schauspieler am Münchener Hof-und National-Theater, sein Vater der bekannte Lithograf Ferdinand Piloty, welcher, am 28. August 1786 in Homburg vor der Höhe in der bayerischen Rheinfalz geboren, früh nach München übersiedelte und sich dort zuerst unter des trefflichen M. Kellerhoven Leitung in noch sehr jugendlichen Jahren der Kunst widmete. Später besuchte er die Akademie und erfreute sich der Unterstützung des Galerie-Directors von Männlich. Die neuerfundene Kunst der Lithografie zog ihn lebhaft an und er widmete sich mit ausschließlicher Vorliebe der weiteren Vervollkommnung und Weiterbildung derselben.

In einem Hause, wie das Ferdinand Piloty’s, dessen ganze Lebensthätigkeit der Kunst zugewendet war, konnte ein Talent, das sich schon in frühester Jugend unzweifelhaft darlegte, nicht unbeachtet bleiben, und der kleine Carl ward schon im zartesten Kindesalter, umgeben von Werken der Kunst und künstlerischen Bestrebungen, auf seinen künftigen Beruf hingelenkt. Er war beweglichen Sinnes, begabt mit einer leicht erregbaren und immer vielseitig angeregten Fantasie, nahm ebenso leicht äußere Eindrücke in sich auf wie er sie dauernd festhielt.

Das Leben von Kindern, welche in der Stadt erzogen werden, ist im Verhältniß zu den Landkindern ein nur wenig bewegtes und ohne den Reiz des Wechsels, der im Umhertreiben in Wald und Feld, über Berg und Thal immer gegeben ist. So war denn auch Carl’s Jugend ziemlich eintönig, aber bereits verklärt durch das Licht der Kunst, welches sein väterliches Haus durchstrahlte. Wahre Festtage waren ihm die Zeit des Aufenthalts bei einem als Forstmann in der Nähe von München lebenden Oheim, der ihm die Freuden der Jagd erschloß.

Sein Vater ward auch sein erster Lehrer in der Kunst und gab sich dem Unterricht mit einem Eifer und einer Ausdauer hin, welche um so ungewöhnlicher erscheinen, als er selbst mit Arbeit überhäuft war. Der Sohn aber dankte ihm durch einen für sein Alter vielleicht unerhörten Fleiß und die raschesten Fortschritte, die es bald erlaubten, zum Zeichnen nach dem Runden überzugehen, wobei der Vater immer wieder mit erprobtem Rathe zur Seite stand. Nebenbei übte der lernbegierige Schüler durch Anschauung der vorzüglichsten Werke der Pinakothek sein Auge. In einem Alter von 14 Jahren besuchte er schon die Akademie, ohne durch das, was er dort sah und lernte, in hohem Grade befriedigt zu werden. Dadurch erklärte sich auch, daß er nach ziemlich kurzer Zeit austrat, um jedoch nachträglich wieder dahin zurückzukehren.

Seine erste Composition behandelte »Saul’s Tod« und ward dem geliebten Vater zu Weihnachten 1839 gewidmet. So viel Mangelhaftes sie auch enthalten mochte, gab sie doch Berechtigung zu den schönsten Hoffnungen. Schon damals fühlte sich Piloty besonders lebhaft zu den energischen Werken eines von Dyck und Velasquez hingezogen und konnte sich halbe Tage lang nicht von ihrer Anschauung trennen. So nahte das Jahr 1844, ohne daß irgend Jemand ahnte, wie verhängnißvoll dasselbe für die Familie werden sollte. Piloty’s Vater arbeitete wie gewöhnlich im Copirsaal der Pinakothek und war eben mit der Steinzeichnung nach Rubens‘ großer »Dreieinigkeit« beschäftigt, als ihn, am 8. Januar 1844, vor seiner Arbeit ein plötzlicher Schlagfluß tödtete. Er starb, wie König Ludwig I., der dem trefflichen Manne besonders gewogen, bemerkte, auf dem Schlachtfelde, ein Vorfechter seiner Kunst.

Seit dem Jahre 1836 erschien das Galerie-Werk Ferdinand Piloty’s unter der Firma: Piloty und Löhle, und als der Vater plötzlich mit Tod abging, trat Carl Piloty mit seiner nur zwei Jahre älteren Schwester Rosalie an seiner Stelle als Mitarbeiter und Theilhaber ein, und damit begann auch der volle Emst des Lebens auf den jungen Mann einzuwirken. Man irrt kaum, wenn man annimmt, daß vom Tode des geliebten Vaters an jene tiefernste, ja melancholische Anschauung, welche sich in allen seinen Arbeiten bemerkbar macht, mehr und mehr Raum in seiner Seele gewann.

Diese Richtung ward durch seine Beziehungen zu Carl Schorn aus Düsseldorf noch mehr befestigt, der im Jahre 1826 zum erstenmale nach München kam, und zu Anfang des Jahres 1847 zum Professor der Historienmalerei an der dortigen Akademie der bildenden Künste ernannt wurde. Schorn hatte sich bereits zwei Jahre früher in München einen eigenen häuslichen Heerd gegründet und Piloty’s einzige Schwester zur Frau genommen. Er war ein Mann von ernstem Charakter, voll edler Freiheitsliebe und unversöhnlichem Hasse gegen Unrecht und Unterdrückung jeder Art, und der lebhafte Verkehr mit ihm mußte um so lebhafter auf Carl Piloty einwirken, als der Schwager auch seine Studien leitete.

Frau Schorn befindet sich im Besitze drei schätzbarer Arbeiten ihres Bruders aus jener ersten Zeit seiner selbständigen künstlerischen Thätigkeit. Die größte derselben zeigt ein junges reizendes Mädchen in fantastischem Gewande, ein eigenthümlich geformtes Saitenspiel in der Hand. Die junge Schönheit lächelt dem Beschauer verführerisch aus grüner Waldesnacht entgegen und entfaltet einen wahren Zauber mädchenhafter Anmuth. Die zweite, kleinste, stellt eine überaus liebliche Gruppe dar, gebildet von einer jugendlichen Mutter und ihrem Kinde. In dem der Größe nach zwischen Beiden stehenden Bilde versetzt uns der Künstler in das Kloster St. Just, in dem der des Regiments überdrüssige Karl V. sein Asyl gesucht. Er sitzt, in sich versunken, allein in seiner Zelle. Im Hintergründe naht, von einem Mönche geführt, ein Cavalier. Es weht durch dieses Bild bereits jener tiefe schmerzliche Geist, der fast alle Arbeiten Piloty’s charakterisirt und nur durch die Frische seines Colorits in etwas gemildert zu werden pflegt. Der Kunsthändler Payne in Leipzig besitzt ebenfalls ein paar Gemälde Piloty’s aus jener Zeit, von denen das eine »Badende Mädchen«, das andere »Eine sterbende Mutter« zum Gegenstande hat. Das letztere, im Jahre 1849 gemalt, ist besonders deshalb interessant, weil es durch ein in seine eigene Familie drohend hereinragendes Unglück veranlaßt ward; ein Beweis, daß die Vorliebe, welche der Künstler gewissermaßen für das Düstere, Schwermuthsvolle, ja für die Schatten- und Nachtseite des menschlichen Lebens in seinen Arbeiten an den Tag legt, nichts weniger als eine gesuchte oder künstlich hervorgerufene genannt werden darf. Ein Künstler von andrer, mehr der heiteren Seite des Lebens zugewendeter Gemüthsrichtung hätte vielleicht unter gleichen Umständen die Genesung der geliebten Schwester in einem Bilde gefeiert; ihn trieb es mit unwiderstehlicher Gewalt jene Tage des Kummers zu einem Gemälde zu gestalten, in welchem er uns die dem Tode nahe Mutter in dem Augenblicke zeigt, in dem die Kindsfrau ihr das Neugeborne zum letztenmale in die Arme legt, während ihr Gatte in namenlosem Schmerze neben ihr auf den Stuhl gesunken ist.

Einen noch lebhafteren Ausdruck fand Piloty’s Richtung in seiner »Amme«, welche er im Jahre 1853 in München ausstellte und welche die Aufmerksamkeit des kunstsinnigen Publicums im höchsten Maße auf sich zog. Ein schönes Mädchen in halb bäuerlichem Costüme hat sich als Amme in die Stadt verdungen. Heut ist sie mit dem Kinde, das sie an ihrer Brust zum blühendsten Leben aufnährt und einem fünf bis sechsjährigen Brüderchen desselben in die Hütte eingekehrt, in der ihr eigenes über Alles geliebtes Kind unter fremder Leute Hand sein kümmerliches Dasein fristet. Der Contrast des armen, vor den Augen der Mutter hinsterbenden Kindes und des frischen kräftigen Sprößlings der reichen Eltern, denen sie ihren Leib verkaufen mußte, ist mit einer Wahrheit geschildert, welche tief in unsere Seele einschneidet. Ungemein bezeichnend ist die gleichgiltige Ruhe des Weibes, bei dem das Mädchen ihr Kind untergebracht, neben dem tiefen Seelenschmerze der Mutter, welche weiß, wie der Quell des Lebens, den sie dem fremden Kinde reicht, ihr Kind vom sicheren Tode retten könnte, dem es bei dem Mangel an liebevoller Pflege und bei der ärmlichen Kost unaufhaltsam entgegen geht. Und doch ist, was Piloty gab, nicht die nackte Wahrheit der Hörsäle der Klinik; die Poesie hat ihren mild verklärenden Schein darüber gegossen und die Natur zum Kunstwerke erhoben.

Auf der Münchener Ausstellung des Jahres l853 sah man von Piloty ein sehr umfangreiches historisches Bild, das Eigenthum des Königs Maximilian von Bayern und bestimmt, einen Platz in dem Cyclus von Gemälden einzunehmen, welche hervorragende Momente der Weltgeschichte festhalten und in einem eigens hierfür erbauten Gebäude, dem Maximilianeum, aufgestellt werden sollen. Das bezeichnete Bild hat die »Gründung der katholischen Liga« zum Gegenstand und reiht sich dadurch unter die Zahl der Cermoniebilder, welche ihrer Natur nach jede lebhaftere Bewegung ausschließen. Der Vorwurf ist sonach kein glücklicher, die Schuld trifft aber nicht den Künstler, dem nichts übrig blieb, um wenigstens den Schein der Handlung zu retten, als die Verbündeten in einer Kirche eine Art Fahnenweihe vornehmen zu lassen, wobei Tilly einen hervorragenden Platz einnimmt. Die »Gründung der Liga« machte bei ihrem Erscheinen insbesondere wegen ihrer ausgezeichneten Technik ungewöhnliches Aufsehen. Die Münchener Historienmalerei ruht auf dem Boden der Wandmalerei, welche König Ludwig durch seine großartigen Schöpfungen zu neuem Leben rief. Es konnte billiger Weise hiernach nicht so auffallen, wenn jene sich in gewisser Beziehung allzusehr an ihr Vorbild hielt und dabei in der Farbe nicht weiter zu gehen wagte, als diese ihrer Natur nach konnte. Daraus erklärt es sich denn, wie der früheren Münchener Historienmalerei im Allgemeinen, auch wenn sie Staffeleibilder schafft, der Vorwurf gemacht werden kann, sie sei in der Färbung kalt und kalkartig. Piloty brach mit der Ueberlieferung, sein Streben ging nach größerer Kraft und Farbe, verbunden mit einer kühneren durchgreifenden Technik. Dasselbe äußerte sich zum erstenmale in größerem Maße gerade in seiner »Gründung der Liga«, wiewohl es damals noch nicht so entschieden zum Durchbruch kam und ein gewisser röthlich violetter Ton sich darin zu sehr geltend macht.

Das Bedürfniß, daß die von Piloty angestrebte Richtung auch an der höchsten Kunstanstalt des Königreichs vertreten werden müsse, wenn der Grundsatz der Freiheit des Strebens in der Kunst eine Wahrheit sein sollte, konnte nicht geleugnet werden, so sehr man sich auch von gewisser Seite den Anschein gab, als glaubte man an ein solches Bedürfniß überhaupt nicht. Die Regierung verkannte die Sachlage nicht und durch Entschließung vom 25. März 1856 wurden Piloty Titel, Rang und Rechte eines königlichen Professors der Akademie der bildenden Künste verliehen.

Damit war nicht blos seinem rastlos strebenden Geiste ein neuer angemessener Spielraum gegeben, sondem Piloty auch zugleich auf jenen Platz gestellt, auf dem er vor Allem zu wirken berufen ist.

Es ist eine alte, so ziemlich auf allen Akademien wiederholte Klage, daß die Schüler durch die herrschende Lehrmethode, welche verlangt, daß sich dieselben der Individualität des Lehrers so viel als möglich anschließen, ihre eigene verlieren. Dieser Mißstand ist Piloty’s Schule vollkommen ferne. Er stellte sich geradezu auf den entgegengesetzten Standpunkt, indem er aus sich selber herausgeht, um sich der Anschauungs- und Empfindungsweise seiner Schüler anzuschließen, in Folge dessen jeder derselben seine ganze Eigenthümlichkeit zu wahren im Stande ist.

Doch läßt sich nicht leugnen, daß der Lichtseite des Verhältnisses, welches Piloty als einen nahezu unübertrefflichen Lehrer erscheinen läßt, auch die Schattenseite nicht fehlt. Wie ergeben ihm auch seine Schüler sein mögen, auf die Erfindung derselben einzuwirken, ihre Fantasie fruchtbar anzuregen, ihnen den Ernst der Kunst und die Höhe ihrer Aufgabe vor Augen zu führen, gelingt nicht immer. Ueber der Bedeutung, welche man der Technik beilegt, wird die innerliche und bedeutsame Seite der Kunst nicht beachtet und so das Mittel zum Zweck erhoben. Innerlich geht jeder Schüler seinen eigenen Weg und beweist dadurch, daß das Band, welches Meister und Schüler umschlingt, kein geistiges ist. Man denke nur, daß Hanns Mackart und Theodor Schütz beide Schüler Piloty’s sind!

Durch seine Vorstudien für die »Gründung der Liga« wurde Piloty zum Studium der Geschichte des dreißigjährigen Krieges hingeführt. Unter allen hervorragenden Gestalten mußte seiner Natur nach Wallenstein einen tieferen Eindruck auf ihn machen, der noch mehr durch das geheimnißvolle Dunkel gesteigert ward, welches über seiner Schuld und Unschuld liegt. Wallenstein ward ihm zu wiederholten Malen Gegenstand eines Bildes. Als im Jahre 1855 sein »Seni vor der Leiche des ermordeten Wallenstein« zur Ausstellung kam, war der Erfolg desselben ein ganz außerordentlicher, und die bedeutendsten Blätter Deutschlands, selbst solche, welche sonst mit der Kunst und ihren Erzeugnissen sich nicht zu befassen pflegen, brachten mehr oder minder eingehende Berichte darüber; denn es war unleugbar, daß die Münchener Kunst damit eine ganz neue Bahn betreten habe. Der Astrolog steht an der kaum erkalteten Leiche seines Herrn und Freundes, der, lang hingestreckt, die rechte Hand auf der vom tödtlichen Eisen durchbohrten Brust, neben seinem Lager auf dem Boden liegt. Im Gewühl des nächtlichen Ueberfalls ward der Teppich halb von dem Tische herabgerissen und nur der massive silberne Armleuchter mit der sich abwendenden Glücksgöttin, der große Himmelsglobus und die mit Urkunden und Briefen angefüllte Kassette haben ihn noch festgehalten. Der jäh hereinbrechende gewaltsame Tod hat von den eisernen Zügen des Friedländers den starren Trotz nicht verscheucht, der ihn im Leben zum Schrecken seiner Feinde gemacht. Die Blässe des Todes hat diese hohe Stirn überzogen, die Wiege so gewaltiger und gefährlicher Gedanken, und sterbend haben sich die Lippen noch fest geschlossen, als gälte es ein großes Geheimniß zu bewahren. Der Herzog trägt ein seidenes Nachtkleid, in dem er sein Bett verlassen, als die Mörder hereinbrachen; eine mitleidige Hand, vielleicht die eines seiner Mörder, hat eine Decke halb über ihn geworfen. Die That geschah eben erst; die Kerzen auf dem silbernen Leuchter sind bis auf eine herabgebrannt, auch diese ist im Verglimmen, der Rauch davon ist wie ein Faden in die Höhe gestiegen und hat sich dort in der unbewegten Luft als eine dünne Schichte durch das Zimmer hingezogen. Seni steht regungslos in starrem Schmerze vor der Leiche, seine abgemagerten Hände fassen krampfhaft die Krempe seines mit Diamanten geschmückten Hutes. Er ist der einzige Freund, den der Ermordete im Tode noch hat; alle übrigen jagte Furcht und Entsetzen aus dem Hause der Unthat. Die markerschütternde Scene wird noch grauenvoller durch das bleiche unbestimmte Dämmerlicht, das über Alles hingegossen ist.

So geistreich wie seine Figuren hat Piloty das Local mit allen seinen Details aufgefaßt. Ueberall zeigt sich die Verwirrung und Verwüstung: die von Axthieben eingebrochene Thür liegt in Trümmern, ein Theil derselben hält, noch in der Angel hangend, den schwerseidenen Vorhang zurück, der sonst darüber herabwallte. Die Diele ist stellenweise von den Teppichen entblößt, die im Anprall der Mörder sich verschoben und zusammengestampft wurden. Das Bild ist tief und dunkel gehalten und zeugt von der hohen Meisterschaft des Künstlers in Bezug auf Technik.

König Ludwig erwarb es für die Neue Pinakothek, zu deren größten Zierden es gehört. Durch den Hoffotografen Albert wurde es in ausgezeichneter Weise vervielfältigt. Im August 1858 stellte Piloty sein zweites Bild aus der Geschichte des großen Friedländers im Kunstvereine aus, das jedoch nicht denselben Beifall fand wie sein »Seni«. Diesem gegenüber erweiterte der Künstler seine Composition durch Hinzufügung mehrerer Personen, nemlich Buttler’s und der Mörder, deren einer die im Herzblut seines Feldherrn geröthete Partisane an dem seidenen Bettvorhänge reinigt. Dem Beschauer tritt hier nicht sowohl das gewaltige, unabwendbare Fatum entgegen, als das brutale Verbrechen, dessen es sich als Mittel bediente. Das Verbrechen als solches aber kann nie Gegenstand künstlerischer Behandlung sein, weil es der sittlichen Schönheit nicht blos vollkommen entbehrt, sondern ihr gerade gegenüber steht. Das Bild gelangte nach Amerika, wo es sich noch befindet.

Derselben Zeit gehört »Der Morgen vor der Schlacht am weißen Berge« an, welcher Eigenthum des Freiherrn von Frankenstein wurde und sich neben Schwind’s »Aschenbrödel« und »Symfonie« in dessen Gemäldesammlung auf dem Schlosse Uhlstadt in Franken befindet.

Piloty besuchte in der Zeit vom Jahre 1856–1858 Paris und zweimal Italien, jedesmal mit den werthvollsten Studien heimkehrend. Die zweite Romfahrt ward zunächst durch die Vorstudien veranlaßt, welche er zu seinem »Nero auf den Trümmern Roms« dort zu gewinnen beabsichtigte. Der Kaiser schreitet im weißen, faltenreichen Gewände, das Haupt mit Rosen bekränzt, über die rauchenden Trümmer eines Prachtgebäudes. Unter dem Schutte ragt das Stück eines Frieses hervor, das die Wölfin Roms mit den Brüdern Romulus und Remus zeigt. Dem Kaiser voraus gehen Bewaffnete und Sklaven mit Fackeln, hinter ihm drein mehrere Große des Reiches. Auf ihren Gesichtern kämpft Grauen mit Furcht vor dem Gewaltigen. Er selbst wendet scheu sein Angesicht von einer markerschütternden Gruppe von Kindern ab, welche, furchtsam an einander geschmiegt, neben der Leiche ihrer gemordeten Mutter stehen. Aber auch auf der andern Seite begegnet sein Auge gemordeten Christen, gemordet, weil er sie der Brandstiftung beschuldigte. Es zuckt etwas wie Grauen durch das fahle Antlitz des in Mord und Laster verhärteten Tyrannen. Neben dem schreckenvollen Wege, den er eingeschlagen, haben sich Gruppen von Leuten aus dem Volke aufgestellt und schauen mit banger Scheu und in knechtischer Furcht auf ihren Herrscher hinüber und im Hintergrunde kämpft das eben anbrechende Dämmerlicht des Morgens mit den Flammen der brennenden Stadt und erhöht das Grauen der Scene.

Daß übrigens über den »Nero« sehr verschieden geurtheilt worden, ist bekannt genug. Hier mag nur das Eine bemerkt sein, daß der stark heraustretende Vordergrund rechts, sowie die Christengruppe links mit dem den Mittelgrund bildenden Kaiser und seinem Gefolge nicht »zusammengehen« will. Daß es dem Künstler nicht gelang, die weltgeschichtliche Bedeutung Nero’s in demselben Maße zu charakterisiren, wie dies Kaulbach gethan, wird bei der genrehaften Auffassung des Gegenstandes kaum bestritten werden können.

Piloty entwickelte schon früh eine Thätigkeit, welche seine Familie und Freunde mit Recht um seine Gesundheit besorgt machte. Davon geben seine bereits veröffentlichten Arbeiten Zeugniß und eine große Menge der geistvollsten Entwürfe, welche zur Zeit noch in seinen Mappen verschlossen sind, weil der strebsame, nach Vollendung ringende Künstler sie noch nicht für reif hält.

Piloty ist ein sehr schätzbarer Zeichner und betheiligte sich in früheren Jahren auch lebhaft mit eigenen Arbeiten an dem von seinem Vater begonnenen Galerie-Werke. Wie gewissenhaft er dabei zu Werke ging, mag daraus entnommen werden, daß er zum Beispiel das kolossale »Jüngste Gericht« von Rubens, welches er auf Stein zeichnete, auf einer vor dem Gemälde aufgestellten Staffelei gruppenweise im Großen copirte, um es dann in die für die Lithografie bestimmten Größenverhältniffe zu übertragen.

Um das Jahr 1859 lieferte er zu einer von Cotta beabsichtigten Illustration Schiller’s, an welcher sich auch M. von Schwind, Emil Kirchner, v. Rhomberg und Andere betheiligten, mehrere Blätter von hohem künstlerischen Werthe. Die Wahl der Gedichte, welche er künstlerisch zu reproduciren unternahm, ist charakteristisch genug: es finden sich darunter »Des Mädchens Klage«, »Die Kraniche des Ibikus«, »Die Schlacht« und »Die Kindesmörderin«. Sie bestätigt wohl das oben Gesagte, daß Piloty wie von einer unsichtbaren Macht zu der Schatten- und Nachtseite des menschlichen Lebens hingezogen wird. Der Künstler ist viel zu gebildet, um dies nicht selbst zu fühlen, aber wie man auch über eine derartige, in der Kunst sich aussprechende Lebensanschauung und Empfindungsweise urtheilen mag: das steht fest, daß das Verlangen, er solle eine andere Richtung einschlagen, dem, seine ganze Natur aufzugeben, gleichkäme.

Dem 1861 vollendeten Nero folgte ein weiteres Bild aus dem Wallensteincyclus: »Wallenstein’s Einzug in Eger«. Wallenstein sitzt in reich vergoldeter Sänfte, links Seni, rechts Buttler, über Mordgedanken brütend. Der Zug ist eben an dem Weichbilde der Stadt angelangt und die Ersten, die den Feldherrn hier empfangen, es sind zwei Todtengräber, die im Leichenacker eben ein neues Grab bereiten. Das Bild kam nach Petersburg.

Noch weit verschiedener als über den »Nero« ward Piloty’s »Galilei im Kerker« beurtheilt; es ist eine fast überlebensgroße Einzelfigur, die in der Ecke des ungemein engen Kerkers steht, den ein armseliges Strohlager fast ganz einnimmt. Galilei betrachtet sinnend die auf den Fußboden hereinfallenden Sonnenstrahlen, in deren Bewegung von West nach Ost er eine Bestätigung seiner großen Lehre erblickt, während am Gitterfenster des Hintergrundes zwei Mönche sichtbar werden. Sind auch die Anforderungen an ein historisches Bild nicht erfüllt, als historisches Genrebild ist es immerhin bedeutend. Dasselbe ward vom Cölner Museum erworben.

Dem Jahre 1862 gehört das für das Maximilianeum bestimmte Bild an: »Gottfried von Bouillon zieht nach der Einnahme Jerusalems mit seinen Rittern im Mönchsgewande zur Kirche des heiligen Grabes«, dessen Composition als sehr reich bezeichnet wird.

Im Jahre 1863 entstand das lebensgroße Bildniß des geistreichen Kunstfreundes Frhrn. v. Schack, auf welchem nur die an ein Antiquitätencabinet erinnernde Umgebung nicht recht zum Salonkleide passen will.

Das Jahr 1865 sah dasjenige der Werke Piloty’s entstehen, das man wohl als sein bedeutendstes wird bezeichnen dürfen: den von der Verbindung für historische Kunst angekauften »Tod Cäsar’s«. Im selben Jahre mit dem Carton dieses Bildes entwarf der Künstler zwei andere: »Julius Cäsar von den Geschworenen umgeben« und »Der Triumfzug des Germanicus«. Das genannte Jahr übertraf überhaupt alle früheren an Fruchtbarkeit, denn Piloty begann im Laufe desselben auch noch mit der stereochromischen Ausführung seiner drei geschichtlichen Gemälde an der Außenseite des Maximilianeums: »Die Gründung des Klosters Ettal durch Kaiser Ludwig den Bayer«, den »Sängerstreit Wolfram’s von Eschenbach mit Klingsohr« und die »Gründung der Universität Ingolstadt«, welche sich durch ungewöhnliche Lebensfülle und treffende Charakteristik auszeichnen. Im folgenden Jahre entstand Piloty’s entschieden schwächstes Gemälde »Columbus« für die Galerie Schack in München.

Im Vorstehenden wurde »Der Tod Cäsar’s« das bedeutendste Werk genannt, denn in keinem andern erscheint die Composition so abgerundet, der Moment mit solcher Energie erfaßt, jede einzelne Person so scharf individualisirt, als hier, wenn wir auch jene ideelle Auffassung der That vermissen, welche uns die Verschworenen als die Rächer der gefährdeten Freiheit erscheinen läßt. Und wie unendlich weit bleibt sein »Columbus« dahinten! Welcher wahrhaft erschreckende Mangel an poetischer Fantasie, an innerer Wahrheit! Columbus steht in höchst theatralischer Attitüde in heller Mondnacht allein auf dem Decke seines Schiffes und starrt auf seine von einer Laterne beleuchtete Seekarte. Auch nicht eine Naht seines Kleides, kein Nagel und keine Klammer im Deck, kein Faden des aufgedröselten Tauendes ist uns erspart, Alles das spricht unendlich mehr und bedeutender als der große Seefahrer mit den wunderbar gemalten und dabei wunderlichen grünen und rothen Reflexen auf Antlitz und Händen. Nie wohl trat der Fluch des Virtuosenthums der Malerei so schrecklich zu Tage als hier.

Im Jahre 1868 vollendete Piloty sein Bild: »Die Aebtissin des Klosters Frauenchiemsee schützt im dreißigjährigen Kriege dasselbe durch ihren Muth und ihre Geistesgegenwart vor der Plünderung«. Dasselbe zeigt eine bescheidene Zurückhaltung in der technischen Behandlung, große Milde des koloristischen Vortrages und in Folge dessen eine edle Harmonie der Gesammtwirkung und macht so, wenn auch keinen ergreifenden, doch einen wohlthuenden Eindruck.

Zu Anfang des Jahres 1869 erging an Piloty der Ruf nach Berlin, wo durch Schadow’s Ableben die Stelle des Akademiedirectors erledigt war. Er schien sehr geneigt, demselben zu folgen, ward aber zum Bleiben bestimmt, als der König ein sehr schmeichelhaftes Handschreiben an ihn richtete, seine persönlichen Verhältnisse günstiger gestalten und die Ausführung des »Einzuges des Germanicus in Rom« durch das Cultusministerium bestellen ließ. Was die Wahl dieses Stoffes betrifft, so liegt in den Worten des preußischen Gesandten Baron von Werthern in München, der bei dem Festmahle zu Ehren Piloty’s den Wunsch aussprach, es möge, wenn nach Jahrtausenden wieder ein Piloty erstände, derselbe keinen Anlaß zu einem einen Sieg der Fremden über Deutschland behandelnden Gemälde finden, vom Standpunkte der nationalen Kunst eher alles Andere, denn eine Schmeichelei.

Entschiedenes Unglück hatte Piloty auch mit seiner »Verkündung des Todesurtheils an Maria Stuart«, welches auf der internationalen Ausstellung zu München 1869 war. Es ist unzweifelhaft eine glänzende technische Leistung, aber die Prachtrüstungen und glänzenden Hofkleider und die anderen Nebensachen alle treten mit einer solchen Wucht in den Vordergrund, daß das geistige Moment dadurch aufgehoben werden müßte, wenn ein solches da wäre. So wahr alles Aeußerliche, so unwahr alles Innerliche. Ueberall nur Schein und Theaterprunk, von charakteristischer Färbung keine Spur.

Zu den neuesten Arbeiten Piloty’s gehört der Winter-König Friedrich von der Pfalz in dem Augenblicke, in welchem er die Nachricht vom Verlust der Schlacht am weißen Berge erhält, die ihm auch seine Krone kostete. Das Thema ist ein ziemlich heikles und so wird dem Beschauer auch der Vorgang mehr durch die Neben- als die Hauptpersonen klar: denn der geschlagene Feldherr könnte, sowie er hereintritt, ebenso wohl einen Sieg verkünden und Friedrich nicht harmloser darein schauen, wenn er eine Freudenbotschaft empfinge. Nicht minder theatralisch als der Herzog von Anhalt aber sind die stolze Stuart und die alte männlich-energische Gräfin Terzky.

Piloty hat sich unleugbar ganz außerordentliche Verdienste um die Münchener Schule erworben, indem er die Farbe und Technik in dieselbe einführte, aber ebenso gewiß ist, daß er auch einer Richtung Thür und Thor öffnete, welche Außendinge und Zuthaten höher stellt als das Wesentliche und Hauptsächliche. Seine Darstellungsweise behandelt das Aeußerliche, Materielle mit einer Aufmerksamkeit, die es in dem gegebenen Zusammenhänge nicht verdient und die Gewandstoffe und Rüstungen, Schutt und Steine unabweisbar vor Augen führt, wo wir die Größe des Gedankens schauen möchten. Er strebt nach Naturwahrheit und kommt darüber zur Unwahrheit. Denn wenn sich vor unseren Augen ein großes oder doch innerlich bedeutendes Ereigniß abwickelt, da sehen wir nur das Wesen der Handlung und der Handelnden mit voller Genauigkeit, alles Nebensächliche, Zufällige und darum Unbedeutende tritt nicht mit derselben Genauigkeit und Klarheit vor unser körperliches und geistiges Auge und wir wären in großer Verlegenheit, wenn wir hinterher die Farbe eines Strumpfes, die Form eines Schwertgriffes genauer angeben müßten. Daher fühlen wir uns unangenehm berührt, wenn uns ein Künstler zwingt, das Unbedeutende ebenso in’s Auge zu fassen als das Bedeutende, wenn er uns das Unwesentliche ebenso nahe legt, als das Wesentliche.

Daß Piloty in Frankreich und Belgien weniger Effect machte als in Deutschland, liegt nahe genug. Der Pomp der Anordnung, der Glanz der Farbe und was sonst in Deutschland, namentlich in München neu war, war es eben nicht in Frankreich und Belgien. Piloty hatte es dort vorgefunden und über den Rhein herüber gebracht. Deshalb dort auch die geringere Wirkung.

Piloty ward übrigens vielfach ausgezeichnet und erhielt durch Verleihung des bayerischen Kronenordens im Jahre 1860 auch den persönlichen Adel.

Carl Albert Regnet: Münchener Künstlerbilder. Ein Beitrag zur Geschichte der Münchener Kunstschule in Biographien und Charakteristiken. Leipzig, 1871.

Die Gartenlaube (1886)

Das Jahr 1886 ist für München ein wahres Unglücksjahr. Schon vor dem schrecklichen Pfingstsonntag gab es harte Verluste in wissenschaftlichen und künstlerischen Kreisen, und kaum beginnen sich die Wellenkreise der Aufregung über jener entsetzlichen Katastrophe etwas zu legen, so erfüllt eine neue Trauernachricht unzählige Herzen mit herbem Schmerz. Karl von Piloty ist nicht mehr! Der warmherzige, geniale Mann, der den Mittelpunkt des künstlerischen Lebens in München bildete und an dessen anfmunternden Blicken die Schüler mit Begeisterung hingen, er ist endlich den Leiden erlegen, die er jahrelang mit so unbegreiflicher Stndhaftigkeit ertrug, daß man sich über ihre Schwere vollkommen täuschen konnte.

Man wollte die Möglichkeit seines Verlustes nicht glauben, Jeder fühlte, daß er ein zu schmerzlicher wäre, daß mit Piloty wieder einer jener Großen sterben würde, für die es nur Nachfolger, keinen Ersatz giebt! Und nun ist der Schlag plötzlich gefallen, der ganz München in Trauer versetzt.

Karl Piloty gehörte zu den Glücklichen, die vermöge ihrer innersten Eigenart mit einem Bedürfniß der Zeit zusammentreffen und deßhalb zum Ausgangspunkt einer neuen Entwickelung werden. Die klassische Schule in München hatte sich überlebt, oder vielmehr, ihre noch lebenden Vertreter vermochten nicht, Schule zu machen, weil ihre eigentliche Technik auf schwachen Füßen stand, Genie aber bekanntlich sich nicht mittheilen läßt. Da kam Anfangs der fünfziger Jahre der junge Piloty, den die Unerfreilichkeit des heimischen Kunstlebens in die Fremde getrieben, von Paris und Antwerpen zurück, und mit ihm kam eine neue Zeit für die Münchener Malerei. Der unerhörte »Realismus« seiner ersten Bilder brachte die Alten in Harnisch, die Jungen aber in Entzücken, und binnen unglaublich kurzer Zeit war der Name Piloty, bisher nur durch die väterliche lithographische Anstalt bekannt, in Aller Munde.

Damals hatte er ein bescheidenes Atelier in den Gärten der Barerstraße inne, welches im Jahre 1855 seinen »Seni vor Wallenstein's Leiche« entstehen sah.

Das Bild machte auf alle Betrachter einen mächtigen Eindruck (es giebt heute noch Leute, die es für sein bestes überhaupt erklären), man kam nicht los von den beiden ergreifenden Figuren, von der düstern Stimmung in dem Todtengemach, die mit einer bis dahin unerhörten Technik hervorgebracht war. Das lebhafteste Interesse wandte sich aber dem Künstler selbst zu, dem schlanken jungen Mann mit den merkwürdig eindringenden dunklen Augen, zwischen denen eine tiefe Furche sich zeigte, die dem Gesicht einen Ausdruck leidenschaftlicher Willensenergie verlieh. Vielleicht gerade darum hatte sein Lächeln etwas Bezauberndes, er war jedenfalls eine Persönlichkeit, die den Reiz des Ungewöhnlichen in hohem Maße besaß.

Sein rascher und glänzender Emporweg ist bekannt; ein Artikel F. Pecht's in der »Gartenlaube« (1880, Nr. 40) legt ihn ausführlich dar. Es war ein reiches Künstlerleben, das sich nun entfaltete – die Professur an der Akademie brachte ihm der Erfolg des Gemäldes »Seni vor Wallenstein's Leiche« sofort, ein Aufenthalt in Rom gab ihm dann die Liebe zu antiken Stoffen, welcher eine Anzahl seiner Bilder entstammt; Piloty war selbst eine pathetische Natur, und der große Zug der alten Geschichte begeisterte ihn. Außer ihr war es die Zeit der Reformation und des Dreißigjährigen Krieges, in die er sich mit Vorliebe versenkte, und hier ergänzt oft der frei schaffende Künstler sehr glücklich die historische Erzählung. Der »Zug Wallenstein's nach Eger« z.B. ist so aus der schicksalsschweren Atmosphäre jener Tage heraus gemalt, daß er den Eindruck vollster geschichtlicher Wirklichkeit macht.

So bedeutend nun Piloty's Erfolge sind, unbestritten blieben sie nicht, und man könnte nicht mit Wahrheit sagen, daß er als Maler sein Zeitalter beherrschte. Die ungeheure Wirkung seiner Person, die ihn vor allen Anderen auszeichnet, liegt auf einem andern Gebiet: er war ein Lehrer, wie es keinen zweiten giebt und in dem Verlauf der Kunstgeschichte nur sehr wenige gegeben hat. Die Thatsache allein, daß so ganz verschiedenartige Künstler wie Lenbach, Max, Grützner, Defregger, Makart, Hellquist, Lossow u. A. aus seiner Schule hervorgingen, spricht für seine außerordentliche Begabung, Jeden nach seiner Art zu erkennen und ihm vollste Freiheit der Entwickelung zu lassen. Der hohe Enthusiasmus, mit dem er den Künstlerberuf auffaßte, theilte sich den Schülern mit und machte sie, wenn auch ihre spätere künstlerische Ueberzeugung von der seinen abwich, auf Lebenszeit ihm eigen. Man muß berühmte Männer wie Lenbach, Defregger, Makart vor ihrem alten Lehrer in Ehrfurcht und Liebe haben stehen sehen, um das Band zu begreifen, das unzerreißbar zwischen ihnen bestand. Die Jungen aber vollends hingen enthusiastisch an ihrem Direktor und sahen zu ihm als zu einem höheren Wesen empor.

Seit dreißig Jahren war seine Persönlichkeit die bestimmende an der Münchener Akademie, erst als Professor, zu dem sich Alle drängten, dann nach Kaulbach's Tod 1874 als Direktor. Jener erkannte sehr wohl, welchen neuen Lebensstrom diese junge Kraft in die stark ausgetrocknete Anstalt leitete. Er selbst erhob zwar Bedenken gegen die Kunstrichtung der »Naturalisten«, aber seinen eigenen Sohn Hermann wußte er doch nirgends besser unterzubringen, als in Piloty's Schule, und die damit entstandene vollkommene Verständigung und Ausgleichung zwischen beiden Gegnern verschönerte Kaulbach's letzte Jahre und war eine Wohlthat für Piloty's nervös erregbare Natur.

Mit den Jahren wuchs die Zahl der Bilder und Schüler, wuchs auch das Familienglück in dem reizenden Hause der Briennerstraße, welches versteckt in Gärten hinter der Schack'schen Gemäldegalerie steht. Was so oft im Leben großer Männer fehlt, das ist Piloty zu Theil geworden: eine Frau, die nicht nur mit seltenen Charakter- und Herzenseigenschaften den Mann beglückte und Anmuth über sein Leben ergoß, sondern auch die treueste und teilnehmendste Gefährtin seines künstlerischen Strebens war.

Sie hatte hierin keine leichte Aufgabe, denn Piloty war eine tiefleidenschaftliche, vielfordernde Natnr, nie zufrieden mit den errungenen Standpunkten, in hohem Grade reizbar und oft genug gequält von dem Leiden, welches den einzigen Schatten in das sonst so glückliche Familienleben warf. Jedem, der einmal an diesem theilnehmen durfte, werden die Abende unvergeßlich sein, wo in dem prächtigen Saal des oberen Stockwerks ein Dilettantenquartett, darunter zwei Söhne des Hauses, Mozart und Beethoven spielte, während ein kleiner Kreis von Freunden die Wonne solcher Musik in solcher Umgebung genoß. Wohin das Auge fiel in dem dunkelgetäfelten Raum, überall traf es auf die Spuren der feinen Künstlerhand, die venetianisches Krystall, schwere einfache Möbel, Bronzen, Majoliken und alte Teppiche zu einem so behaglichen, so völlig unaufdringlichen Ganzen gestaltet hatte. Von den Wänden herunter leuchteten die von Lenbach und Makart gemalten Familienbilder, sechs schöne und kräftige Knaben und Mädchen mit blonden und braunen Köpfen die Eltern umgebend, und bis zur Decke hinauf stiegen die vielen Andenken von dankbaren Schülern; der schöne Salon war zugleich ein Erinnerungsmuseum für den Meister, der an solchen Abenden still im Lehnstuhl im Schatten saß und die Musik halbgeschlossenen Auges genoß, die seiner Seele ein tiefes Bedürfniß war.

Später ging es dann ins Speisezimmer hinunter zum Abendessen, und hier, unter vertrauten Freunden, entfaltete der seltene Mann die Heiterkeit, die bei ihm trotz seines schmerzlichen Magenleidens immer wieder hervorbrach, sobald er erträgliche Zeiten hatte. Er schien der Lebenslustigste von Allen, wenn er, die Cigarre in der Hand, lebhaft angeregt mit der Wärme sprach, welche der eigenthümlichste Zug seines Wesens war. Gleichgültig konnte ihn kaum Etwas lassen: er nahm sofort Stellung zu jeder Frage in Neigung oder Abneigung, und in Aeußerung der letzteren konnte er leidenschaftlich genug werden. Was ihm künstlerisch oder moralisch verwerflich schien, das verneinte er mit einer Rücksichtslosigkeit, vor welcher alle Diskussion sofort verstummte. Aber in dieser inneren Sicherheit lag seine Macht, da sie bei ihm mit großer Herzensgute, wahrhaft idealem Sinn und hinreißender Liebenswürdigkeit gepaart war. Er konnte begeistern, weil er begeistert war; objektiv nüchternes Urtheil durfte man bei ihm nicht suchen, aber Alles, was der bedeutende subjektive Mensch einzusetzen hat: die Gewalt und Gluth der Ueberzeugung, die starke Wirkung auf Andere, das war ihm in seltenem Maße eigen.

Er würde in Zeiten der Gefahr freudig sein Leben für das von ihm heißgeliebte Reich und seinen Kaiser hingegeben haben, denn der Patriot in ihm war eben so stark wie der Künstler.

Das Schicksal aber theilt seine Lose ohne Rücksicht auf Anlagen aus – dem kühnen kampffreudigen Manne fiel das Los des Dulders zu, und er konnte heroische Seelenstärke nur im Ertragen von Leiden bewähren, die Andere zur Verzweiflung getrieben hätten. Und dabei arbeitete er unablässig; wenn die Nacht in Schmerzen verwacht war, sah ihn der Morgen im Atelier. Die Bilder wuchsen rasch, trotz aller nothgedrunngenen Pausen; er hat im letzten Halbjahr einen »sterbenden Alexander« begonnen und das große Bild so erstaunlich weit gebracht, daß es in kurzer Frist vollendet gewesen wäre.

Da sank die unermüdliche Hand plötzlich im Tode herab. Am Vorabend des Tages, wo er mit seiner Frau, den jungverheiratheten Töchtern und ihren kleinen Kindern in das reizende Haus am Starnberger See übersiedeln wollte, in dem er seit Jahren seine besten Zeiten zubrachte, trat eine plötzliche schlimme Wendung ein, und am 21. Juli Abends endete ein sanftes Einschlafen den harten Kampf.

In dem schönen Saal, wo er so oft fröhlich unter den Freunden saß, lag er dann unter Palmen und Rosen gebettet. Das Gesicht trug den Ausdruck tiefen Friedens, der beinahe Sechzigjährige sah unbegreiflich jung aus mit den dichten braunen Haaren, die noch kein weißer Schimmer durchzog. Ueber dem stillen Todten aber erhob sich in voller Kraft und Energie mit flammenden Augen sein von Lenbach gemaltes Bildniß (Eine Holzschnittnachbildung desselben haben wir in Nummer 40 des Jahrgangs 1880 der »Gartenlaube« gebracht. D. Red.), wie ein Protest gegen die Macht des Todes und wie eine Verheißung, daß das beste Theil eines großen und guten Menschen nicht mit seinem irdischen Leben untergeht.

München. Carl Robert.

Die Gartenlaube No. 32. Illustrirtes Familienblatt. Leipzig, 1886.

Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München (1983)

Piloty Karl, von, 1826 (München) – 1886, Historienmaler und Akademieprofessor; Sohn und Schüler von Ferdinand von P., arbeitete er auf der Münchner Kunstakademie nach seines Vaters Tod 1843/49 an dem Galeriewerk von Piloty und Löhle und wurde dann Schüler seines Schwagers K. Schorn; nach Aufenthalten in Antwerpen und Paris wandte P. sich bei Bearbeitung historischer Motive ganz dem koloristischen Realismus zu; seit 1874 war er Akademieprofessor.

Hauptwerke: Die Amme, Gründung der katholischen Liga (im Maximilianeum), Seni an der Leiche Wallensteins (Bayerische Staatsgemäldesammlung), Kolossalgeschichtsbild »Monachia« (im neuen Münchner Rathaus); P. kopierte schon früh Gemälde von Rubens und neigte überhaupt einer Nachahmung klassischer Kunst zu, die ihn zu voller Beherrschung der Farben führte, sein Realismus feierte im Geschichtsbild Triumphe, namentlich in der naturgetreuen Behandlung des Stofflichen, das Pathetische steigert er nicht selten zum Theatralischen; P. ist der Begründer der neuen Münchner realistischen Schule (Makart, Lenbach, Defregger, Grützner u. a.).

© Dr. phil. Max Joseph Hufnagel: Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München. Zeke Verlag; 4. Auflage. Würzburg, 1983.



© Reiner Kaltenegger · Gräber des Alten Südfriedhofs München · 2007-2025


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