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Hier ruhen in Gott:
Christian Kaiser,
Buchhändler,
geb. 23. Mai 1814, gest. 17. März 1866.
Christian Kaiser,
geb. 16. Juni 1854, gest. 4. Januar 1862.
Caroline Kaiser,
geb. 9. April 1852, gest. 30. Mai 1895.
Ihren vorangegangenen Lieben folgte
Albertine Kaiser, geb. Gabler,
geb. 16. Febr. 1829, gest. 30. Jan. 1900.
Psalm 37, 5.
Linke Seite
J. Lallinger.
Ω
Kaiser, Christian; 16.6.1854 – 4.1.1862 (München); Buchhändlers-Sohn
Kaiser, Karoline; 9.4.1852 – 30.5.1895
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* 23.5.1814 (Ansbach/Mfr.)
† 17.3.1866 (München)
Buchhändler und Verleger
Todes-Anzeige.
Gott dem Allmächtigen hat es in seinem unerforschlichen Rathschluß gefallen unsern innigstgeliebten Gatten, Vater, Bruder und Onkel
Herrn Christian Kaiser, Buchhändler,
52 Jahre alt, nach 18tägigem schweren Leiden heute Morgens 9 Uhr zu sich zu nehmen. Um stille Theilnahme bitten
München, den 17 März 1866.
Albertine Kaiser, geb. Gabler, Karoline Kaiser,
sowie die übrigen Hinterbliebenen.
Allgemeine Zeitung Nr. 79. Augsburg; Dienstag, den 20. März 1866.
Familiennachrichten.
Heute Morgens 9 Uhr starb nach 18tägigem schweren Leiden mein unvergeßlicher theurer Gatte
Christian Kaiser
im Alter von 52 Jahren, was ich hiermit seinen zahlreichen Freunden und Collegen im Buchhandel zur Kenntniß bringe, mit der Bitte um stille Theilnahme.
München, am 17. März 1866.
Albertine Kaiser,
geb. Gabler.
Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel und die mit ihm verwandten Geschäftszweige No. 34. Leipzig; Mittwoch, den 21. März 1866.
Gelobet sei Gott und der Vater unseres Herrn Jesu Christi, der uns nach Seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Todten, zu einem unvergänglichen und unbefleckten und unverwelklichen Erbe, das behalten wird im Himmel! Amen.
Eine außergewöhnlich zahlreiche Versammlung ist an dieses Grab getreten. Wir haben einen edlen Mann von wahrhaft christlicher Gesinnung begraben, demüthig und bescheiden, treu und gehorsam gegen Gott, treu und gewissenhaft in allen Verhältnissen seines Lebens, wohlwollend und liebevoll gegen Jedermann, einen großen Freund und Wohlthäter der Armen. Die Kunde von seiner schweren Erkrankung hat bei seinen vielen Freunden die innigste Theilnahme geweckt; es haben sich mit seinen und der Seinigen Gebeten Vieler Gebete vereinigt, es hat wiederholt im Gotteshause die Gemeinde, welche dem theuern Manne so grossen Dank schuldet, herzliche Fürbitte geopfert, der Herr wolle sich erbarmen und gnädige Hilfe schenken. Und als man vernahm, daß die Hände der Aerzte ihr Werk glücklich vollbracht haben und daß Hoffnung auf Genesung gegeben sei, war die Freude und der Dank gegen Gott groß. Aber ach die Freude währte nur kurze Zeit; eine neue gefährliche Krankheit trat zu der ersten hinzu und weckte neue Besorgnisse und neue Gebete. Nun der Herr die Gebete nach Seinem Willen erhört und die geängstete Seele aus allen Nöthen erlöset und zu sich gerufen hat, erkennen wir wohl auch hier die Friedensgedanken Gottes und rühmen und preisen sie, im Glauben und in Ergebung, wie sich's gebühret, aber doch mit tiefgebeugten Herzen.
Es stehen viele, viele Leidtragende im vollen Sinne des Wortes an diesem Grabe. Für Leidtragende thut ein Wort des Trostes Noth. Das Wort, mit welchem ich trösten will, ist das Wort, mit welchem der Vollendete selbst in den schweren Leidenstagen, mit welchem seine Gattin sich getröstet hat, das Gebet des Herrn in Gethsemane. In Gethsemane begann das schwere letzte Leiden des Erlösers. Er fühlte hier zum erstenmal die große Last der Sünde, die auh ihn gelegt ward, und die Schrecken des Todes drangen auf seine Seele ein. Die Evangelien erzählen uns: »Er fing an zu trauern und zu zagen und sprach zu seinen Jüngern: »Meine Seele ist betrübt bis an den Tod!« Und ging hin ein wenig und fiel auf sein Angesicht und betete: »Mein Vater, ist es möglich, so gehe dieser Kelch von mir, doch nicht, wie ich will, sondern wie Du willst«, und zum andern Male ging er hin und betete: »Mein Vater ist es nicht möglich, daß dieser Kelch von mir gehe, ich trinke ihn denn, so geschehe Dein Wille!« Und ging abermals hin und betete zum dritten Mal dieselbigen Worte. Das Trauern und Zagen des Herrn, Sein Ringen und Kämpfen kommt uns zu Gute. Er hat unsere Sünde getragen. Er hat gezagt, damit wir nicht verzagen müssen; wenn uns am allerbängsten wird um das Herz sein, reißt er uns aus den Aengsten Kraft Seiner Angst und Pein. Er hat gebetet für Sich und für uns, Sein Gebet schafft Trost und Friede und hilft uns zu sicherem Sieg. Wir dürfen beten und sollen beten, wenn es uns bange wird, wie Er gebetet hat, und das Gebet in Seinem Namen gebetet wird von unserem Herrn als Sein Gebet vor dem Vater vertreten und gewinnt uns des Vaters Erbarmen. Es ist aber nicht leicht, dieses Gebet zu beten. Wenn Trübsal da ist, erschrecken wir, und wenn der bittere Leidenskelch uns gereicht wird, so zagen wir, und die bangende Seele möchte sofort des Kelches enthoben sein. Es hält schwer, das Verlangen und Sehnen der Seele zurückzudrängen und Alles in die Hand Gottes zu legen, hiezu bedarf man kindlichen Glaubens an Gottes Herz und Gottes Liebes- und Friedens-Gedanken, hiezu thut Noth, stille sein und hoffen. Aber wenn man es aufrichtig meint, und ob man auch anfänglich die Worte des Herrn nur unter Bangen und Zagen sprechen kann und dabei innerlich seufzt um Kraft zu solchem Gebet, so wächst und erstarkt unter dem Beten der Glaube und endlich wird die Seele ganz stille.
Unser theurer Bruder hat das Gebet der Ergebung zu beten vermocht, er hat nicht umsonst sein Leben lang Gott gesucht und Gott gedient und mit Seinem Lebensbrote fleißig sich gestärkt; so fand er auch in schwerer Zeit die Kraft, sich unter Gottes gewaltige Hand zu beugen und zu hoffen. Er hat sogleich beim Beginn seiner Leiden dieß Gebet gebetet, er hat es gebetet so oft sein Geist frei war, er hat es noch zuletzt gebetet, als es ihm bereits zur Gewißheit geworden war, daß Gottes Gedanken seien, ihn heimzuführen, und hat mit diesem Gebete gesiegt. Wir stehen am Grabe eines Christen, der seinem Herrn gelebt hat und seinem Herrn gestorben ist, und ob wir auch tiefe Trauer fühlen, so trauern wir doch in Hoffnung, in der guten Zuversicht, daß er das Ende des Glaubens davon gebracht hat, der Seele Seligkeit. Unsere ganze herzliche Theilnahme aber wendet sich der treuen, tiefgebeugten Gattin und der weinenden Tochter zu. Gottes Gnade hat sich an ihnen in der schweren Leidenszeit nicht unbezeugt gelassen, vielmehr in ihrer Schwachheit mächtig erwiesen. Gottes Gnade ist unwandelbar und wird sie nicht verlassen. Ihm sei der gebeugten Herzen Schmerz empfohlen, Gott sei und bleibe ihres Herzens Trost und ihr Theil!
Der Vollendete, Herr Buchhändler Christian Kaiser, jüngster Sohn des vor 10 Jahren dahier verstorbenen Herrn Oberkonsistorialraths Dr. von Kaiser, wurde im Jahre 1814 in Ansbach geboren. Von seinen frommen Aeltern hat er das Beste empfangen, was Aeltern ihren Kindern geben können, eine fromme Erziehung in der Zucht und Vermahnung zum Herrn; frühzeitig an Gehorsam gewöhnt, hat er in dem Gehorsam gegen die Aeltern den Gehorsam gegen Gott gelernt. Ich erinnere mich einmal aus dem Munde seines Vaters die Rede gehört zu haben: »Mein Sohn Christian war jederzeit ein gehorsamer Sohn, ihn wird Gottes und seiner Aeltern Segen durch sein ganzes Leben begleiten.« Ja reicher Segen hat ihn begleitet. Seine Jugendjahre verlebte er in Bayreuth, woselbst er die Studienanstalt bis in die zweite Gymnasialklasse besuchte. Im Jahre 1829 kam er mit seinen Aeltern hierher und trat in die v. Cotta'sche Buchhandlung als Lehrling ein. Nach Vollendung der Lehrzeit leistete er 3 Jahre in einer Buchhandlung zu Stuttgart als Commis Dienste und kehrte dann wieder in das Cotta'sche Haus zurück. Einige Jahre darnach begründete er ein eigenes Geschäft, das unter Gottes Segen durch umsichtige und fleißige Leitung sich von Jahr zu Jahr weiter ausbreitete und zu großer Blüthe und Ansehen gelangte. Im Jahre 1849 trat er mit seiner nun tief gebeugten Gattin in die Ehe. Es ward eine reich gesegnete, in jeder Beziehung glückliche Ehe. Er fand in der Gattin eine treue Gehülfin, wie für sein äußeres, so sein inneres Leben, die mit ihm sich freute und Gott dankte am guten Tag, die mit ihm weinte und ihn tröstete und stärkte am bösen Tag. Es haben Gatte und Gattin wiederholt das Vorhaben gegeneinander ausgesprochen und es auch treulich erfüllt, daß sie sich des reichen Segens ihres Gottes in Demuth freuen wollten. Zwei Kinder entsproßten der Ehe, ein Sohn und eine Tochter, beide der Aeltern Lust und Freude und Hoffnung. Zu den schwersten Heimsuchungen, die sie erfuhren, gehörte der Verlust des geliebten Sohnes; die Wunde, die dadurch den Aelternherzen geschlagen wurde, hat sich nicht mehr völlig geschlossen.
Zu jeder Zeit bewies sich unser theurer Bruder als einen treuen Sohn seiner Kirche und als ein eifriges Glied der hiesigen evangelischen Gemeinde. Solches anerkennend hat die Gemeinde ihn vor einigen Jahren zum Mitglied wie des Kirchenvorstands so der Kirchenverwaltung gewählt. Er hat sich dieses Vertrauens von Herzen gefreut und wiederholt geäußert: „Wenn doch mein Vater diese Wahl erlebt hätte! Wie würde er sich gefreut haben, daß sein Sohn zum Dienst an der Kirche berufen ist, in der er selbst einst das Wort Gottes so eifrig gepredigt hat.« Die Dankbarkeit verlangt es, seine seltene Hingebung, mit der er keine Mühe, kein Opfer scheuend seiner Kirche die größten Dienste geleistet hat, an seinem Grabe zu rühmen. In das Bestreben der Gemeinde, eine zweite Kirche zu gewinnen, ist er mit ganzer Seele eingegangen, so daß man wohl sagen kann, er habe dieses Streben sich zu einer Hauptaufgabe für sein Leben gemacht, wie dies auch eine Aeußerung auf seinem Krankenlager kund gibt: »Das gehörte unter die höchsten Wünsche meines Lebens, die Vollendung und die Einweihung der Kirche zu schauen und mit der Gemeinde in der neuen Kirche Gott anzubeten und zu danken, doch, fügte er hinzu, Gott will es anders, Sein Wille geschehe!«
Noch ein Wunsch bewegte in den letzten Tagen sein Herz, daß es ihm vergönnt sein möchte, am Palmsonntage, da die geliebte Tochter eingesegnet werden soll, Zeuge ihres Bekenntnisses und Gelöbnisses zu werden, »aber, sprach er, ich erkenne wohl, daß mein Wunsch keine Hoffnung mehr hat, der Herr segne mein Kind und lasse die Mutter Freude an ihr schauen!« Am vorletzten Tage vor seinem Abscheiden war sein Geist, welcher einige Tage durch heftiges Fieber getrübt gewesen war, wieder frei. Er benützte die Zeit, um sein Haus zu bestellen im Leiblichen und im Geistlichen. Es wird mir diese Feier des heiligen Abendmahls mein Leben lang unvergeßlich bleiben; über seiner Heilsbegierde und Freudigkeit, welche aus jedem seiner Worte sprach, wurde in mir der Gedanke rege, das ist ein wahrhaft frommer Mensch, und der Wunsch, daß Gott mir auch einmal für meine letzte Abendmahlsfeier gleiche Kraft und Freudigkeit des Glaubens schenken möge. Nach dem heiligen Mahle dankte er Gott mit lauter gehobener Stimme für alle Gnade und Barmherzigkeit, sprach Liebes- und Segensworte über Gattin und Kind und betete: »Mein Vater, Dein Wille geschehe, in Deine Hände befehle ich meinen Geist!« Das Gedächtniß des Gerechten bleibet im Segen, verheißet Gottes Wort; das Gedächtniß dieses Gerechten wird in Segen bleiben, bei den Seinigen und in der Gemeinde. Wir beugen uns unter Gottes Willen in der Glaubens-Zuversicht, daß er allzeit ein guter und gnädiger ist, wir beten an und rühmen: »Der Name des Herrn sei gelobet!« Amen.
Dekan Dr. Joh. Math. Meyer: Worte am Grabe des selig vollendeten Herrn Buchhändlers Christian Kaiser gesprochen auf dem Friedhofe zu München am 19. März 1866 von Dekan Dr. Meyer.