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29 – 12 – 12 (Zimmermann)

Ω

Hier ruhen
Frau M. Hedwig
Zimmermann
geborne Spinnhirn,
geb. 13. Sept. 1827,
gest. 29. Januar 1858.
Herr Reinh. Seb.
Zimmermann
Großhzl. bad. Hofmaler,
geb. 9. Januar 1815,
gest. 16. Novemb. 1893.

Ω

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Reinhard Sebastian Zimmermann

* 9.1.1815 (Hagnau am Bodensee)
† 16.11.1893 (München)
Genremaler und Portraitmaler

Münchener Künstlerbilder (1871)

Reinhard Sebastian Zimmermann,
Genremaler.

Der Genremaler Reinhard Sebastian Zimmermann ist der Sohn eines unbemittelten mit zahlreicher Familie gesegneten Posamentiers in Hagnau am Bodensee und in diesem im badischen Seekreis gelegenen Orte am 9. Januar 1815 geboren. Bis zu seinem zwölften Lebensjahre besuchte er die Schule daselbst mit nicht besonders günstigem Erfolge. Sein Drang zum Lernen war nur gering und wurde durch das Stockregiment des alten Lehrers nicht größer. Träumerisch und zerstreut kritzelte er lieber mit Griffel, Bleistift und Feder auf Tafel, in Heft und Buch, als daß er dem Unterrichte folgte. So waren Lehrer und Schüler gleich zufrieden, als die Schulzeit abgelaufen war. Daheim oder bei der Arbeit auf dem Felde fühlte sich der Knabe behaglicher und war überall seines guten Herzens wegen gerne gesehen.

Sein Vater hatte sich für sein Geschäft einige Kenntnisse im Zeichnen aneignen müssen und benutzte sie gerne auch anderwärts. Zunächst aber zu Nutz und Frommen seiner Kinder. Ein Dorfposamentier hat namentlich zur Winterzeit, wenn auch die Feldarbeit ruht, so manche freie Stunde, oft mehr als ihm lieb ist, und da bosselte denn der Vater an einer Krippe herum, die, wie das zu geschehen pflegt, alljährlich an Umfang zunahm. Unser junger Künstler war dabei des Vaters fleißiger Gehilfe und staffirte die Landschaft mit Hirten und Schafen aus Pappe, versuchte sich auch eifrig im Copiren von mancherlei Figuren, welche ihm der Vater auf der Schiefertafel vorgezeichnet hatte, wobei ihn seine eigene Fantasie zu diesen oder jenen Abänderungen führte.

Im Jahre 1827 wurde der dreizehnjährige Knabe zu einem Verwandten in Meersburg, einem kleinen Städtchen am Bodensee, gebracht, zunächst um in der dortigen besseren Schule noch die nöthige Vorbildung zu erhalten, dann um bei diesem Vetter, der Kaufmann war, die Handlung zu erlernen. Diese Beschäftigung sagte ihm keineswegs zu; jede freie Stunde verbrachte er mit Lectüre und Zeichnen, worin er sich denn auch rasch solche Kenntnisse und Fertigkeit erwarb, daß er bereits in seinem vierzehnten Jahre Porträts nach der Natur lieferte, die bei anderweitigen Mängeln doch den Vorzug großer Aehnlichkeit besaßen. Viel Gewinn zog er um jene Zeit aus einer guten Bibliothek, welche ihm zugänglich gemacht wurde.

Nachdem Zimmermann seine Lehrzeit vollendet und noch weitere zwei und ein halbes Jahr im Hause seines Vetters als Commis verlebt hatte, kam er im Jahre 1836 nach Remiremont im Departement der Vogesen, um dort in der französischen Sprache und in den Handelswissenschaften weiter sich auszubilden. Diese Studien ließen ihm aber Zeit genug übrig, um in der geliebten Kunst Fortschritte zu machen und durch die Anfertigung von Miniatur-Porträts auf Elfenbein gelang es ihm, eine kleine Summe zu erübrigen, die er zu einer Reise durch einen Theil Frankreichs verwendete.

In der Kirche zu Plombières sah er das erste große historische Gemälde, ein Geschenk König Ludwig Philipp’s, das einen ebenso nachhaltigen wie lebhaften Eindruck auf ihn machte. Nachdem er die Sammlungen von Nancy, Metz und Straßburg gesehen, kehrte er sehr aufgeregt und mit tiefer Wehmuth im Herzen nach Deutschland zurück, um in Freiburg im Breisgau wieder als Commis in einem bekannten größeren Geschäfte einzutreten. Seine Stellung im Hause ließ nichts zu wünschen übrig, und doch fühlte sich Zimmermann dabei unglücklich. Alle Mühe, sich in den Beruf, den ihm das Schicksal einmal gegeben, so recht hineinzuleben und ihm die schönste oder auch nur eine schöne Seite abzugewinnen, blieb fruchtlos. Er hatte der Kunst für immer Ade gesagt, sich allen Ernstes vorgenommen, nie mehr Stift oder Pinsel zur Hand zu nehmen; er blieb diesem Vorsatz auch ziemlich lange treu, aber er verfiel darüber in tiefe Melancholie, und als er eine kleine Summe erspart hatte, welche zu reichen schien, ihm für einige Zeit die Existenz zu sichern, verließ er trotz der ernstesten Vorstellungen seiner Verwandten das Geschäft, um sich fortan ausschließlich der Kunst zu widmen.

Im November 1840 ward er als Zögling an der Akademie zu München aufgenommen, wo sich ein Landsmann, der bekannte Thiermaler Rob. Eberle, seiner mit uneigennützigster Freundschaft thatkräftig annahm. Drei Jahre später unternahm er eine Reise zu dem Zwecke, sich durch das Malen von Porträts die Mittel zu ausgedehnteren Studien zu verschaffen. Seine Hoffnung ward nicht getäuscht: im Frühjahr 1844 konnte er nach Paris gehen, wo er bis zum Herbst des nächstfolgenden Jahres blieb. Um leben zu können, mußte er auch dort durch Porträtmalen sich Geld verdienen, da blieb nun freilich keine Zeit zum eigentlichen Studium; er mußte sich darauf beschränken, soviel als möglich zu sehen, und er sah viel. So oft er aber aus den Galerien des Louvre, Louxemburg oder aus Versailles zurückkehrte, ging er schweren und betrübten Herzens heim zu seinen verhaßten Porträts.

Seine ganze Thätigkeit erschien ihm nur als eine handwerksmäßige und wurde ihm endlich so zur Last, daß er nach Deutschland heimzukehren beschloß, wo er gewiß war mit weniger Mitteln durchkommen zu können. So verließ er denn Paris im September 1845 und ging über Havre nach London, woselbst er sich vier Wochen aufhielt und die bedeutenden Sammlungen kennen lernte. Ueber Ostende, Gent, Antwerpen und Brüssel durch Carlsruhe heimkehrend siedelte er nach Constanz über und blieb daselbst bis Anfang 1847, um welche Zeit er sich nach München zurückwandte.

Nun galt es denn von vorne anzufangen, da es an ernsten Studien für das Genre, dem er sich jetzt mit aller Entschiedenheit zuwandte, fehlte. Das Jahr 1848 vermehrte die Hemmnisse bis zum fast Unübersteiglichen, aber es vermochte seinen Muth nicht zu brechen. So lebte er etwa drei Jahre unbeachtet, bis er mit seinem humoristischen Bilde, »Die heiligen drei Könige«, einen glücklichen Griff that. Er erwarb sich damit das Recht der Ebenbürtigkeit unter den besten Genremalern Münchens und zog mit einem Male die Aufmerksamkeit des Publicums auf sich. Er hatte sich inzwischen verehelicht, und die Fürsorge für seine Familie erhöhte noch seinen Drang, es den Ersten gleich zu thun. Rasch folgten »Die theure Zeche«, »Die junge Wohlthäterin«, »Die Landleute im Schlosse«, »Dorfkirchen-Musik«, »Die Bettelmusikanten«, Bilder in denen sich ein gesunder, frischer Humor zeigt. Mit seiner »Fischerhütte«, einer allerliebsten Idylle, trat er in ein neues Stadium. Dasselbe zeichnet sich durch eine Harmonie der Farbe aus, welche es unbedenklich neben die besten Niederländer stellen läßt. Damit ward er zum Liebling des Publicums und zwar im besten Sinne des Wortes. Sein »Verirrter Sohn« (1858), eine Composition von tiefem sittlichen Ernste, ließ noch weiteren ernsthaften Fortschritt erkennen und gewann ihm neue Freunde. Wie er bis dahin meist nur Gelegenheit gegeben hatte, sich seines ungekünstelten Humors zu freuen, so griff er hier mit fester Hand in die Nachtseite des menschlichen Lebens hinein und erschütterte die Herzen, die er früher fröhlich angeregt.

In seiner »Impfstube« (1858) bewältigte er einen an sich spröden Stoff mit sicherem Takte und bewies, daß der Kreis des künstlerisch Darstellbaren weitaus nicht so eng ist, als uns die Mehrheit der Genremaler glauben machen wollte, um ihre eigene Gedankenarmuth zu bemänteln. Die Composition ist reich an Gedanken, voll von plastischer Klarheit, von entschiedener und vielseitiger Charakteristik, der Vortrag frisch und kräftig ohne alle Ansprüche, die Farbe tief und gesättigt. In seiner »Einquartierung französischer Soldaten in einem Schlosse« (1859) gewann er für seinen humoristischen Stoff einen historischen Boden, der ihm neue Anziehungskraft giebt, indem er zugleich die wehmüthigsten Saiten des Gefühles erzittern macht, während sein »Liebesbrief« durch die Anmuth des Gedankens und den wunderbaren Reiz der Farbe fesselt.

Seine »Soldatenspielenden Knaben« (1860) schreiten in ihren improvisirten Uniformen so stolz einher, daß man sich des Gedankens nicht erwehren kann: wie die Alten sungen, so zwitschern die Jungen. R. S. Zimmermann ist zu gedankenreich, um sich unter Brei essenden Kindern, Großmüttern an der Wiege ihrer Enkel und zechenden Bauern seine Motive zu holen. Er greift gern in’s volle Menschenleben hinein, wie auch seine »Musikanten« (1860) beweisen, in welchen er einen jungen Menschen, der offenbar einst bessere Tage gesehen, in Gesellschaft dreier vergriffener Bursche zeigt, die den Gewinn der Nacht festzustellen im Begriff sind, während das junge hübsche Schenkmädchen in ängstlich theilnehmender Spannung zu dem jungen Manne herüberschaut, den das Spottwort eines seiner Gefährten auffahren macht.

Von ungewöhnlicher Fruchtbarkeit war das Jahr 1861. Außer der »Ueberraschung« entstanden die »Zeitungsleser«, welche durch die neuesten Nachrichten je nach ihrem Parteistandpunkte und individuellen Charakter verschiedenartig an- und aufgeregt werden, indeß ein junger Mann ein zärtliches Gespräch mit der Wirthin Töchterlein der Politik vorzieht. Den Politikern folgte »Ein zum Kriegszug ausgerüstetes Knabenheer« und »Ein Münchener Schrannentag.« Der Gegenstand ist rein localer Natur und deshalb dem mit den speziellen Verhältnissen Münchens Unbekannten manches Charakteristische nicht ganz zugänglich. Man könnte die Wahl deshalb beanstanden, aber wohl nur mit Unrecht. Es erscheint vielmehr als ein Glück, wenn ein tüchtiger Genremaler locale Vorwürfe behandelt, trotz der bezeichneten Gefahr. Denn die Kunst ist wie die Literatur dazu berufen und in einem gewissen Sinne sogar mehr dazu geschaffen die spezifischen Eigentümlichkeiten von Land und Leuten vor Augen zu stellen und sie bleibt, so lange sie es thut, abgesehen von dem ethnografischen Interesse, sicher davor in jene conventionelle Allgemeinheit zu gerathen, die weder Fleisch noch Bein hat, sondern wie die Figuren eines schlechten Romans in der Luft schwebt.

In seiner »Neckerei« (1862) brachte er einen jungen Bauernburschen, der bei seinem ersten unglücklichen Versuche, sich zu rasiren, von ein paar hübschen Mädchen belauscht wird. Durch äußerst prägnante Charakterisirung zeichnet sich ein im selben Jahre entstandenes Bild aus, das die Wirthsstube eines Landstädtchens zeigt, in welcher die Gäste den Späßen horchen, die der Eine von ihnen aus einem Blatte vorliest. Man möchte wetten, es seien die Münchener fliegenden Blätter, die Jener in der Hand hat; wer über den Kladderadatsch lacht, lacht nicht so harmlos. R. S. Zimmermann macht es sich nicht leicht. Die »Leihbibliothek« war eine Aufgabe, deren Lösung eine bedeutende Kraft voraussetzte. Es galt eine Reihe von Charakteren zur Anschauung zu bringen, ohne daß Affecte dabei in’s Spiel gerathen. Während z. B. Wilkie in seiner berühmten »Testaments-Eröffnung« und Flüggen in seiner »Prozeßentscheidung« und im »Vorzimmer eines Fürsten« Erwartung, Hoffnung, Ueberraschung, Furcht, Besorgniß, Zorn und ähnliche Gemüthsbewegungen darzustellen hatten, während beide einen bestimmten folgeschweren Augenblick festhielten, auf den sich die allgemeine Aufmerksamkeit concentrirt, hat es R. S. Zimmermann hier mit ganz affectlosen Zuständen, mit einem blos zufälligen Zusammentreffen Mehrerer an demselben Orte zu thun, wo sie überdies ein weniger aussprechbares Interesse versammelt. Daß er gleichwohl den Beschauer so zu fesseln verstand, ist der schlagendste Beweis für die Tüchtigkeit seiner Leistung.

Seinen Studien in dem königlichen Lustschlosse Schleisheim verdankt der Künstler das Bild »Inneres eines fürstlichen Schlosses«, welches mehr dem Interieur als dem Genre angehört und in welchem alles Stoffliche mit der größten Vollkommenheit gemalt ist. Die Staffage, zwei gepuderte tagdiebische Lakaien, die sich die Langeweile damit vertreiben, der Neckerei und Balgerei von zwei Hunden und Katzen zuzuschauen, könnte nicht besser gewählt sein.

Im Jahre 1867 sah man in der Wimmer’schen Kunsthandlung zu München ein von dem Künstler ursprünglich für Paris bestimmtes großes Bild »Eine Dachauer Bauernhochzeit«, eine Auerbachische Dorfgeschichte ohne Worte, aber auch ohne Tendenz und Schminke, in völliger Unmittelbarkeit und voll derber Gesundheit. Das nächste Jahr brachte den »Liebesbrief« und die »Werbung« aus dem Hennegau.

In den »Ueberraschten Spielern« (1869) zeigte R. S. Zimmermann ein paar junge Bürschchen, die sich vom Vater im Kartenspiel mit zwei Jägern in einer Kneipe haben überraschen lassen. Neben der Wahrheit in der Composition erfreut die frische entschiedene Färbung des Bildes sowie die außerordentlich feine Pinselführung. Auf der internationalen Münchener Ausstellung von 1869 endlich war R. S. Zimmermann durch ein größeres Bild »Ein Zweckessen« würdig vertreten.

Er gebietet über einen großen Schatz künstlerischer Erfahrungen; seine Reisen nach Frankreich, England und die Niederlande ließen ihn die Vorzüge der Alten wie der Neueren, aber, auch der Letzteren Fehler erkennen. Er ließ sich nicht verführen, einer brillanten Mache den geistigen Gehalt zu opfern und verschmäht es durch Kunstgriffe zu überraschen, da er im Stande ist durch Gediegenheit zu fesseln. Sein feiner Farbensinn läßt ihn in die Reihe der besten Coloristen stellen. Ueberall weiß er das richtige Maß zu halten und jeden Stoff natürlich zu umgrenzen, eine Eigenschaft die ihm nicht hoch genug angerechnet werden kann in einer Zeit, welche täglich Gelegenheit giebt, den Mangel an Gefühl für das Angemessene und Schickliche, ja für das Erlaubte zu beklagen.

Der Großherzog von Baden ehrte R. S. Zimmermann schon vor Jahren durch seine Ernennung zum Hofmaler.

Carl Albert Regnet: Münchener Künstlerbilder. Ein Beitrag zur Geschichte der Münchener Kunstschule in Biographien und Charakteristiken. Leipzig, 1871.

Allgemeine Deutsche Biographie (1900)

Zimmermann: Reinhard Sebastian Z., Genremaler, geboren am 9. Januar 1815 zu Hagnau am Bodensee, als der Sohn eines Posamentiers, der nebenbei einen kleinen Spezereiladen und etwas Landwirthschaft betrieb, dessen Geschäft aber infolge der Kriege, bei Mißwachs und theueren Zeiten von Jahr zu Jahr mit der zunehmenden Familie rückwärts ging.

Trotzdem verlebte der kleine Reinhard eine fröhliche Jugendzeit am herrlichen See, in Feld und Wald, bis er zwölfjährig zu einem Vetter nach Meersburg in die Lehre kam und obwol gut behandelt, wenig lernte. Von da trat Z. 1835 in ein größeres Handlungshaus zu Remiremont (einst Reimersberg) in den Vogesen und dann zu Freiburg i/B., wo der schon längst geübte Trieb zu Zeichnen und Malen zum Durchbruch kam. Er lieferte als Autodidact viele Bildnisse, malte Miniaturen auf Elfenbein u. dgl., so daß er, trotz der Bedenklichkeiten seines Principals, den Entschluß durchsetzte, mit seinen kleinen Ersparnissen nach München zu gehen und sich dort ganz der Kunst zu widmen (1840).

Trotz der geringen Förderung, die ihm an der Akademie zu Theil wurde, strengte er doch alle Kraft an, um nicht als Commis hinter den Ladentisch rückkehren zu müssen. Ganz auf sich selbst angewiesen, förderte ihn nur die Freundschaft des durch ähnliche Erfahrungen gestählten Thiermalers Robert Eberle. Der instinctive Wunsch sich als Maler anderswo weiter zu fördern, führte ihn nach der Schweiz, wo er durch Porträts genug erübrigte, um 1845 eine Reise nach Paris zu wagen. Obwol auch hier ohne eigentlichen Lehrer fand er doch so viel Anregung, um sich als Porträtmaler nicht allein anderthalb Jahre hindurch zu halten, sondern gewann auch die Mittel zu einer mehrmonatlichen Reise nach London. Den Rückweg wählte Z. über Belgien nach Constanz und München, wo er im Frühjahr 1847 selbständig als Genremaler zu schaffen begann und bald durch seinen feinen Sinn für Charakteristik, Zeichnung und Colorit, insbesondere aber auch durch den liebenswürdigen Humor seiner Bilder die verdiente Theilnahme der Kunstfreunde gewann und 1851 einen eigenen Hausstand begründete.

Z. wählte seine Stoffe aus dem umgebenden Leben seiner Heimath, Fischer, Bauern, arme »Savoyardenknaben mit einem Affen« (1848), eine heitere Scene aus dem badischen Freischaarenzug (1849), die »Vorbereitungen zu einem Feste« (1850), eine »Gratulation«, »Tanzmusik im Gebirg« (1851) und andere, meist humoristisch angehauchte harmlose Scenen und Sittenbilder, die bald den erwünschten Beifall fanden. Dergleichen paßte durchaus zu seinem bürgerlich soliden, jeder Extravaganz abgeneigten Charakter. Dazu gehörten die Vorbereitungen der durch Hagnauer Buben dargestellten »Heiligen drei Könige« (1852), Erinnerungen an das Fischerleben am Bodensee, die sich durch Eindrücke vom Starnberger- und Wörthsee ergänzten.

Auch holte er sich, ebenso wie der Landschaftsmaler Eduard Schleich, lange bevor es eine eigene »Dachauer Schule« gab, schöne Stoffe von diesem hochgelegenen eigenartigen Markte oder aus dem Schleißheimer Schlosse, wo ihm das Staunen der in die dortige Galerie verirrten Landleute reichlichen Vorwurf zu einem heiteren, öfter variirten Bilde (1858) bot. Auch die »theuere Zeche« (1854) in einer Bahnhofrestauration, die zur Abfahrt verspäteten Landleute, noch mehr die sonntägliche »Orchester-Scene« auf dem Orgelchor der Meersburger Kirche (1854), wo in den dort Musicirenden lauter heimische, junge und alte Dilettanten in ehrlicher Treuherzigkeit agirten, erfreuten sich großen Beifalls.

Man war der romantischen Ritter, der immer wiederkehrenden »Leonoren« und »Goldschmiedstöchterlein« satt, die Zeit der Dorfgeschichten stand in ihrem litterarischen Zenith und Z. war einer der Ersten, welcher selbe zur künstlerischen Ansicht brachte. Das ergreifende Sittenbild der »Musikanten« (1856 gestochen von A. Schultheiß) fand gleiche Theilnahme; auch eine »Impfstube« (1856), »Weinkneipe« (1858), die ihren ersten Liebesbrief lesenden »Landmädchen« und »Feiertagsschülerinnen« (1859), »Wandernde Gaukler« (1860), »Zeitungsleser«, der »Maler auf dem Lande« (1862), «Italienische Musikanten«, »Politiker« u. s. w.

Um frisch zu bleiben weilte Z. nirgends zu lange, sondern liebte das Wandern, und lenkte seine Sommerfahrten ebenso nach dem Schwarzwald wie in das bergfrische Allgäu. Besonders gelangen ihm auch die Kinderbilder, so eine große »Schusterwerkstätte« im Waisenhaus zu Ottobeuern und eine »Kloster-Schneiderei« aus Andechs.
Nur einige Male verstieg er sich, durch die Interieurs des Würzburger oder Schleißheimer Schlosses zu Darstellungen von Concerten oder Tänzen aus der Rococozeit, zu einem ganz à la Flüggen mit Bittstellern aller Art staffirten »Vorzimmer eines Fürsten« (1873), auch die Einquartierung modernen Militärs in ähnlichen Räumen reizte vorübergehend die heitere Laune des Malers, welcher jedoch gleich wieder zur Darstellung eines altbairischen »Schrannentags«, einer ländlichen »Stickschule«, einer »Gemeinderath-Sitzung« oder einem »Kindtaufschmaus« zurückgriff.

Unbegreiflicherweise dauerte es sehr lange, bis Z. durch die vervielfältigenden Künste für weitere Kreise populär gemacht wurde. Bei seinem ersten Auftreten war die Photographie noch ziemlich unbehülflich; sie bemächtigte sich erst seiner späteren Erzeugnisse. Aber auch der Kupferstich und der echt volksthümliche Holzschnitt gingen lange ahnungslos an seinen Schöpfungen vorüber, während viele andere minderwerthigen Leistungen unverdiente Verbreitung fanden.

Seine Arbeiten im Porträtfache hatten ihm als Zeichner großen Vorschub geleistet und sein Aufenthalt in Frankreich und Belgien den Farbensinn gezeitigt; er blieb aber immer mehr »Schilderer« als Maler im heutigen Sinne, wie er denn auch alle Eleganz und Süßigkeit haßte und lieber bei seiner oft etwas eckigen Trockenheit und Ehrbarkeit verharrte. Dafür bahnte er seinen beiden Söhnen Alfred und Ernst Z. den Weg und freute sich, daß sie als Maler neue Erfolge erreichten.

Z. setzte indessen seine Thätigkeit ununterbrochen fort und erhielt vielfache Ehren und Auszeichnungen, wurde zum badischen Hofmaler und Ritter des Zähringer Löwenordens ernannt. Z. machte mit seiner zweiten Gattin eine genußreiche Reise durch ganz Italien und brachte in sehr anmuthender, schlicht erzählender Weise seine »Erinnerungen« in Schrift und Druck (München 1884).

Sicherlich wurden die von ihm bearbeiteten und dargestellten Stoffe seither durch pikanter gemachte und genialer aufgefaßte Bilder vielfach überboten und übertroffen, man wird aber auch sie in ihrer treuherzigen und fast pedantischen Ehrlichkeit noch lange hochschätzen. Nichts lag ihm ferner, als sich irgendwie durch Reclame bemerkbar zu machen und seine Person hervorzudrängen. Z. war, wie Fr. Pecht zutreffend sagt »ein guter Patriot, solider und hochachtbarer Bürger, unverbrüchlich treuer Gatte und Vater; kurz, einer von denen, deren ein Staat nie zu viele, aber leider nur zu oft allzu wenige zählen kann. Mit der heutigen Auffassung des Künstlerberufs und ihrem raffinirten Virtuosenthum hatte seine anscheinend nüchterne und schwunglose, aber unendlich gemüth- und liebevolle, gewissenhafte Natur absolut nichts gemein. Dafür war sie deutsch durch und durch«. Z. starb nach kurzem Unwohlsein am 16. November 1893 zu München.

Vgl. Nagler 1852. XXII, 295. Regnet, Münchener Künstler II, 303. Pecht, Gesch. d. Münchener Kunst im XIX. Jh. 1888, S. 246. Nr. 340 d. Allg. Ztg. v. 8. Dec. 1893. Bericht d. Münchener Kunstver. f. 1893, S. 76 ff.

Hyac. Holland.

Dr. phil. Hyazinth Holland: Allgemeine Deutsche Biographie. Leipzig, 1900.



© Reiner Kaltenegger · Gräber des Alten Südfriedhofs München · 2007-2025


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