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J. B. Gassner
geb. ¿
Aug. Zeiss, geb. Gassner
geb. ¿. Februar 1867 gest. 2. April 1887.
Emma Gassner
geb. 13. Dez. 1870 gest. 27. Febr. 1892
Im Leben u. ¿
Im Tode unvergesslich.
Ω
Gassner, Emma; 13.12.1870 – 27.2.1892 (München); Cafétiers-Tochter
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* 8.2.1843 (Regensburg)
† 28.3.1890 (München)
Cafétier und Schausteller
Aquarium, Färbergraben 24, nach den Angaben des Besitzers J. B. Gassner erbaut in den Jahren 1880 u. 81 von J. Lutz, Facade und innere Decoration von O. Dédreux. Vielfach Sgraffito-Malerein an der Facade und im Hofraum.
Im Souterrain ausgedehnte Felsgrottengänge mit prächtiger Beleuchtung; hier befinden sch die Bassins für die Süss- und Seewasserfische, Krabben, Seespinnen, Krokodile, Schildkröten, Seehunde etc. – ferner Wasser- und Singvögel. – Taucherapparat.
Parterre: Affen, Meerkatzen, Schlangen, in- und ausländische Vögel; rechts vom Eingang die Restauration.
I. Stock: Physikalische und mechanische Kunstwerke, auch Alterthümer, Curiositäten, Seefisch-Fanggerätschaften, grosses elektrisches Harmonium.
Die Säle des II. Stockes bilden das Panoptikon. Auf dem flachen Dache Gartenanlage mit Conditorei.
Führer durch München und seine Umgebung. München, 1881.
(Aquarium.) Den Bemühungen des Herrn Gaßner ist es gelungen, durch die Vermittlung der türkischen Gesandtschaft in Berlin die beiden Nubier, welche seit einiger Zeit in Castan's Panoptikum dortselbst zu sehen waren, für das hiesige Aquarium zu engagiren. Die Nubier, welche Dienstag Nachmittag im Aquarium ankamen, und nicht wie vielfach berichtet, für den Circus Corty engagirt wurden, Männer von wundervollem Körperbau, sind der 17 Jahre alte Prinz Alemid, Sohn des Königs Aragua, und sein Kampf-Genosse und unzertrennlicher Gefährte Aderiß, beide von Kassala, Land Taka in Nubien. Alemid ist nicht nur ein Prinz in Bezug auf Gestalt und Schönheit, sondern hat sonst sehr treffliche Eigenschaften, gesittetes Benehmen, ist gutmüthig, auch spricht er etwas deutsch. Während sein Genosse Aderiß Cigarren und Cigaretten gerne annimmt, weigert sich Prinz Alemid nicht selten, solche zu nehmen, auch gibt er sich nicht mit dem Verkauf ihrer Photographien ab, welchen Aderiß lebhaft betreibt. Die Nubier werden sich nun täglich drei Mal, um 11, 3 und 5 Uhr, in ihren Sitten und Gebräuchen produziren und auch Tänze im National-Costüm aufführen. Obgleich jetzt gleichzeitig die Nubier, die zusammengewachsenen Zwillinge zu sehen sind und auch täglich Vorstellungen mit dem hochiteressanten »Kopf des Ibikus« stattfinden, läßt Herr Gaßner, während in anderen Etablissements bei solchen Gelegenheiten stets die Eintrittspreise erhöht werden, keine Erhöhung eintreten und wird wie bisher der Eintrittspreis an Sonn- und Feiertagen 50 Pf. betragen. Es dürfte deshalb das Publikum Herrn Gaßner, welcher rastlos bestrebt ist, stets das Neueste und Interessanteste zu bieten und keine Kosten scheut, seine Anerkennung durch recht fleißigen Besuch zollen.
Münchener Bote für Stadt und Land No. 119. Samstag, den 20. Mai 1882.
Die Brillenschlange im Münchener Aquarium.
Ueber das Entrinnen einer nur 1,40 m langen Schlange aus dem Schlangenbehälter des Münchener Aquariums und über den ungeheuren materiellen Schaden, der in Folge dessen diesem Institute erwuchs, entnehmen wir dem »Sammler« (Beilage zur Augsburger Abendzeitung, No. 36, 1882) folgenden Bericht:
»Anfangs des Jahres 1882 kaufte der Unternehmer Herr Jean Gassner von dem Afrikareisenden Helmes in Bozen eine Collection Brillenschlangen (Naja haja). Herr Helmes brachte sechs dieser Schlangen lebend nach München, und obgleich er dieselben im Zimmer des Herrn Gassner eigenhändig aus dem Behälter nahm und mit ihnen nach Art indischer Gaukler allerlei Kunststückchen aufführte, so versicherte er dem Käufer dennoch, daß sie im höchsten Grade giftig, mithin sehr gefährlich seien. Einige Wochen nach Einverleibung der Schlangen in das Aquarium entdeckte der in demselben angestellte Ingenieur Herr Dedreaux, daß sich nur noch fünf Stück in dem Glaskäfig befänden. Tierwärter Kischnik, dem die Schlangen zur Pflege übergeben waren und der allein nur die Schlüssel zu den Käfigen der Reptilien besaß, erwiderte, hierüber befragt, er wisse schon seit acht Tagen, daß eine fehle, er könne sich aber nicht erklären, wie sie aus dem Käfig entkommen sei. Sofort setzte Herr Dedreaux den Besitzer in Kenntnis, der nun alle seine Leute zusammenrief und mit ihnen die eifrigsten Nachforschungen begann. Es wurden alle Winkel des Warmraums durchsucht und Jedermann glaubte, die Schlange müsse im »Warmraum«, in welchem die sechs Glasbehälter der Reptilien standen, gefunden werden, da man annehmen konnte, daß die entflohene Schlange, die erfahrungsgemäß schon unter 12° R. erstarrt, den warmen Raum mit der kalten Atmosphäre nicht vertauscht haben werde. Als man jedoch hier nichts fand, versuchte man es im sogenannten Grottenbau. Man erleuchtete denselben mit Fackeln, durchspritzte ihn mit kräftigen Wasserstrahlen und fuhr mit spitzen Instrumenten in allen Winkeln und Ritzen herum, allein auch hier war das Bemühen vergeblich. Man mußte annehmen, die Schlange existiere überhaupt nicht mehr. Der Tierwärter Kischnik hatte nämlich die Thürchen zu den Käfigen öfters offen stehen lassen, und da er selbst zugestanden, daß er manchmal schon durch Quetschung verletzte und dadurch umgekommene Reptilien verbrannt habe, so durfte man annehmen, daß es mit der Brillenschlange ebenso gegangen sein könne und diese daher nicht mehr am Leben sei. Natürlich verfehlte Herr Gassner nicht, dem unzuverlässigen Tierwärter, bei dem alle früheren Rügen und Warnungen fruchtlos geblieben waren, schwere Vorwürfe zu machen. Am 16. Februar erschien Kischnik, der es vielleicht für geraten hielt, der ganzen Affaire auszuweichen, bei Herrn Gassner und forderte, unter dem Vorgeben, daß er krank sei und nach Hause zurückkehren wolle, seinen Wochenlobn und sein Austrittszeugnis. Kischnik ging jedoch vorerst nicht nach seiner Heimat Berlin, sondern nach zwei Tagen, am 18. Februar, zur k. Polizeidirection, wo er, getrieben von seinem Gewissen, von dem Entweichen der Brillenschlange förmliche Anzeige machte.
Die Wirkungen dieser Denunziation, deren Motive ununtersucht bleiben mögen, waren für den Unternehmer verhängnisvoll.
Noch an demselben Tage verfügte die k. Polizeidirection die Sperrung des Aquariums. Herr Gassner erhielt den strengen Befehl, das Haus sofort zu schließen, Thüren, Fenster, Dach- und Kelleröffnungen zu versiegeln und binnen 24 Stunden Menschen und Tiere daraus zu entfernen. Kischnik wurde nochmals zu Protokoll genommen; seine Aussagen blieben aber dieselben. Eine von der Polizei berufene Kommission von Sachverständigen bewies ihm an Ort und Stelle, daß die Schlange nur aus dem Behälter entkommen sein könne, welcher ihm zur Bewachung anvertraut worden sei; er aber entgegnete kurz: »Nun, dann hat sie ein Anderer herausgenommen.«
Sonntag Morgens, den 19. Februar, begab sich Herr Gassner voll Verzweiflung zu Herrn Polizeirat Pfister und bat, die Anordnung zur Räumung binnen 24 Stunden redressieren zu wollen, da sonst sein Ruin besiegelt sei. Dies geschah jedoch nicht sofort, obgleich Herr Gassner selbst zugeben muß, daß sowohl von Seite des Herrn Polizeirat Pfister, wie des k. Polizeipräsidenten Frhr. v. Pechmann mit möglichster Schonung verfahren worden sei.
Während nun eine Berufung an die kgl. Regierung eingereicht wurde, setzte man im geschlossenen Aquarium die Nachforschungen unausgesetzt fort. Der Unternehmer begriff vollkommen, daß eine Wiedereröffnung nur dann möglich sein werde, wenn dem Publikum zuvor jede Garantie der persönlichen Sicherheit geboten werden könnte. Bei aller Bereitwilligkeit, den Anordnungen der Polizei in pünktlichster Weise nachzukommen, blieb gleichwohl die »Räumung binnen 24 Stunden« ein Ding absoluter Unmöglichkeit. Wohin sollte man in so kurz bemessener Frist alle die vielen Tiere bringen, die das Aquarium enthielt? Woher sollte man Käfige für Affen, Bären, Seehunde, Alligatoren und einige hundert Vögel nehmen; wie sollte man die Papageien und alle übrigen in großen Volièren frei herumfliegenden Vögel so schnell zusammenfangen, um sie in angemessenen und warmen Räumen unterzubringen? Die Wohnung mit Familie zu räumen, wäre wohl ein Leichtes gewesen; aber was geschah mit dem Seewasser, das mit enormem Geldaufwand endlich so gut geworden war, daß sich bereits Infusorien darin gebildet, sogar junge Tiere sich erzeugt und neue Polypen angesetzt hatten? Was sollte aus den Fischen und Polypen werden, wenn die Pumpwerke auch nur einen Tag nicht mehr fungieren durften? Alle diese Momente wurden von der kgl. Regierung wohlwollend berücksichtigt und Herr Gassner erhielt schon am 20. Februar die Erlaubnis, zu bleiben. Dagegen blieb das Aquarium nach wie vor geschlossen.
In diesem selbst herrschte eine begreifliche Aufregung, die sich durch mehrere überraschende Wahrnehmungen beim Nachforschen noch mehr steigerte. Einmal glaubte man die gesuchte Brillenschlange schon zu haben, ein Arbeiter hatte beim Umsetzen eines Käfigs eine Schlange entdeckt. Allein bei näherer Untersuchung ergab sich, daß es keine Naya Haya, sondern eine ganz andere Spezies war. Kurz darauf wurde abermals eine große Streifnatter gefunden, die einer Brillenschlange so ähnlich sieht, daß mehrere Arbeiter beschwören wollten, es sei die entkommene. Eine abermalige Täuschung!
Nach etwa acht Tagen vergeblichen Suchens war das ganze Etablissement so zu sagen auf den Kopf gestellt! Es war eine förmliche Zerstörung. Die vor kaum acht Monaten mit einem Aufwand von 13 000 M. hergestellten Pavillons mit großen Spiegelscheiben, Heizapparaten etc. waren eingelegt und teilweise zerschlagen, die Volièren sämmtlich abgebrochen, nachdem die Vögel zu einem Freunde Herrn Gassner's, einem bemittelten Manne, der demselben eine ganze leerstehende Etage seines Hauses bereitwilligst einräumte, gebracht worden waren. Alle Fußböden waren aufgerissen und das nette Höfchen, die sogenannte Alhambra, bedeckte ein wüster Trümmerhaufen.
Wer damals die Demolierung des Aquariums tagtäglich mit angesehen hatte, mochte wetten, die Vielgesuchte und Nirgendsgefundene befinde sich nicht mehr im Hause.
Während nun wirklich Viele in München im Ernst an eine bestehende Gefahr glaubten, welche die Maßnahmen der Behörden vollkommen gerechtfertigt erscheinen ließ, zirkulierte in den Zeitungen auf einmal ein Brief des Naturforschers Helmes, welcher der ganzen Schlangenaffaire bald eine komische Wendung gegeben hätte. Gassner hatte demselben nach dem Eintritt der Katastrophe telegraphiert, er möge schleunigst nach München kommen. Die Drahtantwort war: »Liege lungenkrank zu Bett; Tiere auf Eid unschädlich.« Der Besitzer machte von der Depesche gar keinen Gebrauch, so wenig Wert legte er auf diese kurze Mitteilung. Einige Tage zuvor war nämlich an allen Straßenecken und Litfaßsäulen die außerordentliche Gefährlichkeit der Brillenschlange als Reklame benutzt worden; wer würde jetzt, selbst auf den Eid des unbekannten Herrn Helmes hin, geglaubt haben, daß sie unschädlich seien? Dem Telegramme folgte aber später ein Brief, in welchem Helmes Herrn Jean Gassner die Eröffnung machte, daß er ihm nur ganz ungiftige Schlangen geliefert habe. Er habe ihm bei der Ablieferung diese Thatsache verhehlt, »um ihm seine Freude nicht zu verderben.« Allen sechs Brillenschlangen seien die Zähne längst ausgebrochen und zwar so gut, daß sie nie mehr nachwachsen könnten. Gegen angemessene Diäten erbiete er sich, nach München zu kommen und sich von allen Brillenschlangen in Hände und Füße beißen zu lassen; übrigens sei er jederzeit bereit, seine Aussagen vor Gericht zu beschwören etc. Sonach wäre also die ganze Panik unbegründet gewesen. Der Brief war aber für die Behörden von keiner Relevanz.
Damals erhielt Hr. Gassner von allen Seiten guten Rat und schriftliche Beweise inniger Teilnahme. Auch der hier lebende Chemiker Hr. Eckart erteilte ihm einen Rat, den derselbe, obschon längst stumpf geworden für »gute Ratschläge«, gleichwol berücksichtigen zu müssen glaubte. »Lassen Sie das ganze Haus von schwefeliger Säure durchdringen«, sagte Eckart, »und Alles, was durch Lungen atmet, muß ersticken!« Das war einleuchtend. »Gut«, sagte Hr. Gassner, »wollen wir auch das noch probieren.«
Dieser Vorschlag führte zu mehrfachen Experimenten, an denen sich mehrere Gelehrte und Sachverständige Münchens beteiligten.
Gassner und Eckart gingen noch an demselben Tage zu Hrn. Polizeirat Pfister, der das Experiment gleichfalls für das einzige Mittel ansah, um Gewißheit und Beruhigung in die Sache zu bringen und Hrn. Gassner aus der Kalamität zu reißen, wozu ja selbst die Polizei gerne beitrug. Hr. Pfister riet noch, das Gutachten eines Sachverständigen darüber einzuholen. Hr. Eckart schlug nun die Herren Professoren Dr. v. Pettenkofer und v. Voit vor. Dr. v. Pettenkofer erbot sich hierauf, zuerst eine Probe anzustellen, und ordnete sogleich alles Weitere selbst an.
Sonntags den 26. Februar begaben sich Eckart und Gassner mit einer Quantität Schwefel und einer lebenden Brillenschlange hinaus in die hygienische Anstalt vor dem Sendlingerthor. Viele Sachverständige hatten sich eingefunden und alle waren von dem Wunsche beseelt, Hrn. Gassner so bald als möglich aus seiner überaus mißlichen Lage zu reißen.
Die Anstalten zu einer Probe, ob die Brillenschlange unter dem Einflusse schwefeliger Säure verenden werde, in welchem Zeitraum etc. wurden sofort getroffen. In einem hinter der Anstalt gelegenen Häuschen befindet sich ein kleines Gemach, eigens für derartige Experimente bestimmt. Man setzte den Schlangenkäfig auf den Boden und ummauerte ihn von allen Seiten mit Backsteinen. Auf ein Tischchen stellte man eine irdene Schüssel mit dem Schwefel, Thüre und Fenster wurden sorgfältig geschlossen und nun der Schwefel angezündet. Durch das Fenster sah man noch eine Weile die blaue todbringende Flamme; schnell aber füllte sich der kleine Raum mit grauem, undurchsichtigem Dampf an, die Flamme war nicht mehr zu sehen. Nach etwas über 2 Stunden wollte man sich von dem Erfolge überzeugen. Man öffnete Thüre und Fenster, um die atmosphärische Luft einzulassen; aber es verging einige Zeit, bis es dem Sauerstoff gelang, die schwefelige Säure zu verdrängen. Endlich war die Stickluft verflogen und man konnte sich dem Käfig nähern. Man zog den Behälter ans Tageslicht und siehe, die Schlange war tot! Mehrere Gelehrten beschäftigten sich nun mit dem Kadaver. Man öffnete ihr den Rachen und vergeblich forschte man nach Giftzähnen, obgleich der Rachen mit einem Instrumente bis zum Kehlkopf untersucht wurde. Circa 8 cm hinter dem Kopfe hatte die Haut eine schwärzliche Färbung angenommen; die übrige Farbe war matt, die Augen trübe und der übrige Körper fühlte sich weich an.
Es herrschte nun allgemein die Gewißheit, das Beptil sei durch die schwefelige Säure getötet worden.
Allein Professor Dr. v. Pettenkofer ließ, um volle Gewißheit zu erlangen, die tote Schlange vorsichtshalber an einen recht warmen Ort bringen und hiezu eignete sich am besten der in der Anstalt befindliche Dampfkessel. Hierauf gingen alle im guten Glauben, erfolgreich experimentiert zu haben, zum Mittagstisch.
Herr Eckart erbot sich nun, die nötigen Vorkehrungen zur Durchschwefelung des Aquariums zu treffen. Allein das einmal im Laufe befindliche Unheil wollte noch nicht einhalten! Ein neuer Schrecken traf schon Nachmittags 2 Uhr den schwer mitgenommenen Unternehmer. Man war eben mit Vorbereitungen beschäftigt, als Herr Molikof, der Hausmeister des hygienischen Instituts, mit dem Ausruf: »Die Schlange lebt immer noch!« herbeistürzte.
Herr Gassner wollte seinen Ohren nicht trauen. Er hatte sich ja selbst überzeugt, daß die Schlange tot war! Hat man sich draußen nicht getäuscht?
Herr Molikof beteuerte, daß die Schlange unter dem Einfluß der Wärme wieder lebendig geworden sei. Ist das nicht, um desperat zu werden?
Herr Gassner eilte sogleich in die hygienische Anstalt, fest überzeugt, daß er das Tier unmöglich lebend vorfinden könne. Er trat ein und war ganz starr: Die Brillenschlange lebte wirklich!
Also Alles vergebens! Die Schlange, die ein ganzer Kreis gelehrter Männer für tot gehalten, erholte sich von Minute zu Minute. Immer deutlicher gewahrte man den Pulsschlag des Herzens und schon nach Verlauf einer weiteren Viertelstunde richtete sie sich förmlich in die Höhe, obschon ihr der Kopf sichtlich schwer war. Das von den Herren Professoren abgegebene Arbiturium lautete dahin, daß die verbrannte Quantität Schwefel zu gering und die Zeitdauer eine zu kurze gewesen sei, um die Schlange zu töten. Nun traf Dr. v. Pettenkofer sofort wieder Anstalten zu neuen und verstärkten Experimenten. Diesmal sollte bei gleicher Quantität Schwefel das Beobachtungsobjekt sechs Stunden lang der Säure ausgesetzt bleiben. In Kurzem war das Gemach wieder mit Schwefeldampf angefüllt und Herr Professor Dr. v. Pettenkofer lud die Anwesenden ein, sich Nachts halb zehn Uhr wieder einzufinden, um bei Eröffnung der Kammer persönlich zugegen zu sein. Jedermann war gespannt und Niemand fehlte zur festgesetzten Stunde. Mit einer Laterne versehen, öffnete Dr. v. Pettenkofer das Kabinet; die Ziegelsteine wurden entfernt und nun sah Jedermann: die Schlange war tot! Der Körper fühlte sich eisig kalt an, der schwarze Fleck hinter dem Kopf war intensiver. Man legte sie nochmals auf den Dampfkessel, allein sie blieb bewegungslos. Alle vorgenommenen Belebungsversuche waren erfolglos. Auch waren die Merkmale des Todes diesmal stärker ausgeprägt, die Haut hing schlaff am Körper und dieser war merklich zusammengeschrumpft. Zwar wollte Herr Dedreaux bemerkt haben, daß sich die Schlange aufzublasen versuche, allein man hielt dies für eine Muskelzuckung. Als man aber die regungslose Masse auf den Rücken legte, da entrangen sich Allen Ausrufe höchsten Erstaunens: Die Schlange lebte trotz alledem und alledem!
Bald sah man deutlich den immer stärker werdenden Herzschlag. Die Herren Gelehrten erklärten die frappante Erscheinung dahin, daß die Schlange bei der geringen Wärme bloß erstarrt gewesen sei. Herr Dr. v. Pettenkofer glaubte, daß das Experiment in gut erwärmtem Raume gelingen müsse. Er befahl nun, die Schlange für den nächsten Morgen in sein Laboratorium zu bringen, um das Experiment nochmals zu wiederholen. Diesmal war der Erfolg in der That ein günstiger. Die Schlange war und blieb tot.
Herr Gassner traf nun Anstalten, das ganze Aquarium zu durchschwefeln. Um das Seewasser, dessen Behälter sich im unteren Grottenraume befinden, dem Einfluß der schwefeligen Säure zu entziehen, wurden die Oberflächen der Bassins mit Papier verklebt und diese so mit einander verbunden, daß das Wasser in fortwährender Zirkulation bleiben konnte. In dem oben befindlichen Hofraume wurden große Gefäße mit ca. 2000 Liter Seewasser aufgestellt.
Den Seetieren wurde durch Kautschukröhren atmosphärische Luft zugeführt, Seehunde, Süßwasserfische, Affen, Bären etc. wurden fortgeschafft, die Alligatoren mit großer Mühe in Kisten verpackt und im Hofe aufgestellt. Frau Gassner verließ mit ihren Kindern den Wohnraum. Sonntags den 2. März früh 6 Uhr wurden, nachdem die ganze Nacht hindurch geheizt worden und eine Temperatur von ca. 21° R. erreicht war, wiederum 2 Ctr. Schwefel, in 300 Gefäßen verteilt, von Herrn Eckart angezündet. Die Räumlichkeiten blieben bis anderen Morgen 9 Uhr geschlossen. Bei der Eröffnung war Herr Eckart abermals zugegen. Man fand eine Menge toter Mäuse, die offenbar erstickt waren, doch auch noch viele nur halbtote. Und als nunmehr der Kubikinhalt des geschwefelten Raumes berechnet wurde, fand sich, daß nicht, wie Herr Dr. Pettenkofer bestimmt hatte, 38 Gramm Schwefel auf den Kubikmeter kamen, sondern nur 22 Gramm, sonach 2 Ctr. nicht genügten, um den Zweck zu erreichen. Auch mag wohl im Gebäude eine zu große Ventilation geherrscht haben und durch das Heizen und Thürlüften mögen gewisse Mengen von schwefliger Säure entflohen sein. Die Wirkung war also noch nicht eine totbringende; halbtote Mäuse, die an die Atmosphäre gebracht waren, kamen wieder zum Leben. Hierauf wurde Polizeirat Pfister in Kenntnis gesetzt, daß man sich entschlossen habe, eine nochmalige Schwefelung des Aquariums vorzunehmen, um so allen polizeilichen Anordnungen zu genügen und die Beruhigung zu haben, daß alles Menschenmögliche gethan sei. Abermals wurde geheizt und die ganze Nacht hindurch gearbeitet, um alle Oeffnungen und Ritzen zu verstopfen. Abermals wurden die Seewasserbassins verklebt und die Kautschukröhren eingesenkt, und am 4. März früh 9 Uhr brannten im Aquarium nahezu sechs Centner Schwefel!
In der That, es war das Letzte, was man hatte thun können. Die Hoffnung, daß die Schlange gefunden werde, hatte Herr Gassner, wie er später versicherte, schon aufgegeben.
Man hatte beschlossen, daß Abends 4 Uhr geöffnet werden sollte. Herr Eckart, begierig, das Resultat zu erfahren, wagte es zuerst, den Raum, den ein unerträglicher Schwefelgeruch erfüllte, zu betreten, nachdem die Thüre, einige Minuten offen gehalten worden war. Die Anderen harrten gespannt vor der Thüre. Plötzlich erscholl von Innen heraus der Ruf; »Ich habe die Brillenschlange! Herr Gassner, schnell, die Schlange ist da, wir haben sie!« Nun stürzten Alle in den Saal. Wahrhaftig, da lag sie! Hr. Gassner erkannte sie sofort. »Welches Glück!« rief er aus, »wie leicht hätte sie in ihrem Schlupfwinkel verenden können! Das ist Fügung Gottes! Was hätte mir Alles genützt ohne den Nachweis, daß sie gefunden sei! Gewiß, alle Furchtsamen hätten Jahre lang das Haus gemieden!«
Die Freude war groß. Die Erklärung, wie die Schlange an's Tageslicht gekommen, war nicht schwer; im Todeskampf und bessere Luft suchend, war sie hervorgekrochen und gerade in die Nähe eines der mit Schwefel gefüllten Gefäße gegenüber vom Schlangenbehälter geraten und dort verendet. In dem geöffneten Rachen hatte sie noch halberbrochene Mäusereste.
Herr Gassner schritt sofort zur Feststellung ihrer Identität, um sich zu überzeugen, ob nicht abermals eine Täuschung im Spiele sei. Er untersuchte sogleich den Schlangenbehälter. Zwei Schlangen waren den Experimenten im hygienischen Institute geopfert worden, drei lagen noch im Käfig und die sechste hatte man endlich vor sich liegen, sie, umderentwillen man das ganze Haus von oberst zu unterst gekehrt hatte. Rasch verbreitete sich die Kunde von dem Wiederauffinden der Brillenschlange. Telegramme wurden sofort an Freunde, Gönner und Verwandte abgesandt, und als ob eine Schlacht gewonnen worden wäre, meldeten vor den Zeitungsexpeditionen angeschlagene Plakate: »Die Brillenschlange ist gefunden!«
Die Brillenschlange wurde ungesäumt zur Polizeidirection gebracht und auch hier war man über den kaum noch erwarteten Erfolg sehr erfreut.
Am 8. März wurde die Sperre aufgehoben und die Erlaubnis zur Wiedereröffnung des Aquariums erteilt. Dieses aber war von Grund aus zerstört. Diese Brillenschlange, nur 1, 40 m lang und nur 35 mm dick, kostet Gassner 30 000 M. Das ist gewiß das kostbarste Exemplar ihrer Art und als solches soll sie fortan unter den Sehenswürdigkeiten im Ausstellungslokale stehen, mit der Aufschrift: die teuerste Schlange der Welt!
Der Zoologische Garten No. 1. Zeitschrift für Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere. Frankfurt; Januar 1883.
Der neue Tiergarten und das ehemalige Aquarium in München.
Von Ernst Friedel.
Am 5. November 1884 faßte der Bayerische Verein für Geflügelzucht auf Anregung des Vorsitzenden J. Friedrich den Beschluß, in München einen »Tiergarten« (Der Ausdruck Zoologischer Garten ist absichtlich vermieden. Sprachlich und geschichtlich unterscheiden dich beide Begriffe übrigens erheblich.) zu errichten. Der Grundplan, nach welchem vorläufig ein Areal von 12 Tagwerken nächst der Reichenbachbrücke an der Ohlmüllerstraße und längs der Frühlingsstraße in südlicher Richtung, welches im ganzen mehr als 20 Tagwerke umfaßt und der Stadtgemeinde München gehört, in Aussicht genommen wird, ist vom Inspektor des Kgl. botanischen Gartens in München Max Kolb ausgeführt. Dieser Plan nebst dem ganzen Projekt soll zur öffentlichen Prüfung ausgelegt werden, namentlich Sache der in der Bildung begriffenen »Zoologischen Gesellschaft« in München sein, dem neuen Unternehmen des »Thiergartens« beratend und fördernd beizustehen.
Dieser plötzliche Entschluß erscheint um so erfreulicher, als kurz zuvor das Aquarium, also dasjenige Institut, welches im gewissen Sinne einen Zoologischen Garten zu ersetzen berufen war, eingegangen ist. Da ich im Sommer 1883 das Münchener Aquarium nicht lange vor der Katastrophe mehrmals besichtigt habe, so kann ich wohl sagen, daß mir die letztere unausbleiblich erschienen ist und wie mir bei objektiver Prüfung der ganzen Einrichtung lebhaft dasjenige einfiel, was ich in meinem Aufsatz: Die Krisis in der Verwaltung der öffentlichen Aquarien (Zool. G. XXII, 1882. S. 82 flg.) als Grund für den Vermögensverfall dieser Institute kurz zuvor angegeben hatte. Zwar trafen das Aquarium im Frühjahr 1882 infolge des Verschwindens einer egyptischen Uraeus-Schlange (Naja Haje) und der zwecks Tötung derselben polizeilicherseits vorgeschriebenen Schließung, Ausräumung und Ausschwefelung des Lokals herbe Verluste (Vgl. Zool. G. XXIV, 1883. S. 49 flg.), dennoch hielt man das Unternehmen als wieder einigermaßen in Gang gekommen.
Das Eintrittsgeld mit 1 Mark war überhaupt hoch, insbesondere für München, das glücklicherweise noch immer zu den billigsten Hauptstädten Deutschlands zählt, sehr hoch gegriffen. Dazu kamen 20 Pfennig für den gedruckten Führer, dessen XI. Auflage leider von Druckfehlern wimmelt. Auf dem Umschlag desselben hätten gewiß viele gern das aus etwas Selbstgefälligkeit angebrachte Bild des Direktors vermißt – dergleichen thun nicht einmal die Gebrüder Castan, Besitzer des Berliner Panoptikums, die doch sonst mit Reklamen nicht übermässig geizen. Von derselben Selbstschätzung zeugte der Text des »Führers«, der nicht weniger als folgendes versprach: »einen kolossalen Grottenbau mit Bassins für die seltensten uud interessantesten Bewohner unserer Flüsse, Seen und Meere, einen Zoologischen Garten en miniature im Grottenhof »Alhambra«, Affen- und Vogel-Pavillons, Kunstausstellung und Panoptikum, Ausstellung aller auf dem Kontinent vorkommenden Neuheiten und Specialitäten, täglich um 10, 3 und 5 Uhr elektrisches Konzert, Demonstration neuester Erfindungen etc.«
Der Unternehmer hielt es also mit den Multa im Gegensatz zum Multum und mit dem Sprichwort Variatio delectat.
Im Jahre 1880 den 26. April wurde der Bau des Münchener Aquariums am Färbergraben nahe dem Treffpunkt der Neuhauser und Staufinger Straße in der Mitte zwischen Carls- und Marienplatz, also in recht lebhafter Stadtgegend, begonnen und in einem Jahr und 43 Tagen beendet. Das von dem Direktor des Berliner Aquariums, Dr. Hermes, mit gewohnter Meisterschaft hergestellte künstliche Seewasser fand ich in recht befriedigendem Zustande. Aus einer großen Cementcisterne, welche sich 8 Fuß unter der Kellersohle befand, ward das Seewasser mittels Gasmotors durch eine eigens aus Hartgummi hergestellte Rotationspumpe in 3 etwa 50 Fuß hoch gelegene Wasserbehälter gebracht, aus welchen es durch die gusseiserne, innen glasirte Rohrleitung in die Becken und von hier aus wieder in die Cisterne, zu neuem Kreislauf, floß. Etwa 78,000 Liter Seewasser cirkulierten in dieser Weise.
Als ich das Aquarium an einem hellen Junitage das erste Mal besuchte, war ich gleich durch die überaus grosse Dunkelheit in dem unterirdischen Grottensystem überrascht, welche Einem zu gefährlichem Stolpern und Fallen verhelfen konnte, auch die Besichtigung einer Reihe von Beckenaquarien geradezu unmöglich machte. An anderen Stellen war elektrische Beleuchtung und ließ einen als Phoca annulata bezeichneten Seehund sowie mehre Alligatoren erkennen. Daß dergleichen Tiere bei solchem künstlichen Licht auf die Dauer sich wohl befinden könnten, erscheint geradezu unmöglich. Unter den in den Wasserbehältern vorhandenen, wenig mannigfaltigen Fischen notierte ich Katzenhaie (Scyllium catulus) als höchst dankbare Aquarienbewohner, Goldstrichbrassen (Sparus auratus) und Seebarsche (Serranus). Die vorhandenen Hechte schienen von der Aquarienkrankheit befallen.
Eine Treppe höher lag die Restauration im Freien, wenn man unter letzterem Begriff einen luftschachtartigen Hof zulassen will. Hier in der Nähe waren ein brauner Bär, mehre Papageien, Kakadus und Aras zu sehen. Nebenan stand ein fürchterlich riechender Affenkäfig, dann ein Gebauer mit 2 kleinen javanischen Bären und in einer winzigen, viel zu engen Einbuchtung ein schwarzes Shetländisches Pony kleinster Art. Die weiterhin aufgestellten ethnologischen, botanischen, zoologischen und mineralogischen »Sammlungen« waren mehr eine Ironie auf solche. In dieser Nachbarschaft stand ein ausgestopfter Wolf und daran bemerkt »reißende Tiere polizeilich verboten!« — eine unverständliche Bemerkung, denn es waren doch auch lebende Bären da, und Bären gehören mit ihrer tückischen Falschheit, die man ihnen nicht zutraut, sogar zu den gefährlicheren reißenden Tieren der öffentlichen Tiersammlungen.
Beim weitern Durchwandern mußte man nun ein verstaubtes Wachsfigurenkabinet u. dgl, passieren, Schneewittchen, Cleopatra, Sterbemoment der siamesischen Zwillinge, Bauernfänger, die Büßerin u. dgl.; das Ganze, welches auf mich den Eindruck einer Trödelbude machte, nannte sich mit dem stolzen Namen Panoptikum.
Allem setzte im eigentlichen Sinne die Krone auf das zuoberst belegene sogenannte Belvedere, zu welchem man endlose Stiegen hinauf klettern mußte, um vom höchsten Punkte eine keineswegs schöne Aussicht auf rußige Schornsteine, Kamine und Dachfirsten zu haben. Die hier befindliche oberbayrische Sennhütte war recht anschaulich und naturgetreu zusammengestellt, die Umgebung aber eine Parodie auf die großartige Alpenwelt, in welcher diese Häuschen zu stehen pflegen.
Der unparteiische Leser, welcher uns bishierher gefolgt ist, wird längst gefunden haben, daß dies »Aquarium« auch ohne die kostspielige Jagd nach der Cleopatra-Schlange, die dem Besitzer leider 34,000 Mark gekostet hat (Dabei hat sich schließlich herausgestellt, daß dieser Schlange die Giftzähne geraubt waren, so daß sie Thatsächlich keinen Schaden anrichten konnte.), nicht lebensfähig war. Um die verschiedenen Abteilungen, aus welchen das Unternehmen sich zusammensetzte, in einem verständigen und würdigen Zustande zu erhalten, hätten enorme Summen gehört. Es ist schwer, in dergleichen Sachen Rat zu erteilen, namentlich post festum, dennoch glauben wir, daß wenn das Aquarium sich auf sich selbst im engsten Rahmen beschränkt hätte, es lebensfähiger geblieben wäre. Jedenfalls wäre es in letzterem Falle für Staat und Stadt möglich gewesen, sich mit einem Zuschuß zum Unterhalt zu beteiligen.
Mögen die hier wiederum im Gebiete der Tierpflege gesammelten, leider mehr negativen Erfahrungen, nicht pro nihilo gesammelt sein, mögen sie vielmehr dem neuen Unternehmen eines Tiergartens in München, dem wir von Herzen Gedeihen wünschen, mit zu nutzen kommen.
Der Zoologische Garten No. 6. Zeitschrift für Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere. Frankfurt, Juni 1885.
Bayerische Nachrichten.
München, 29. März. Herr Cafetier J. B. Gaßner, der den gestrigen Abend noch heiter im Kreise einiger Freunde und Bekannten in seinem Cafe zugebracht und sich dann zu Bette begeben hatte, wurde heute Morgen todt im Bette gefunden. Ein Schlag hatte dem Leben des Herrn Gaßner eine Ende bereitet. Herr Gaßner hatte ein Alter von 52 Jahren erreicht; er war bekanntlich früher Besitzer des Aquarium, dann des Hotel Gaßner und hatte in der letzten Zeit zwei Cafes. Er hatte ein sehr bewegtes Leben hinter sich, denn er war Jahre lang als Zauberkünstler in aller Herren Länder. Er ruhe in Frieden.
Rosenheimer Anzeiger No. 74. Tagblatt für Stadt und Land. Dienstag, den 1. April 1890.
Bayerische Chronik.
Beerdigung. Einer der weit über die Grenzen Bayerns hinaus bekannten Münchener Bürger wurde heute Nachmittag 4 Uhr im südlichen Friedhofe zur letzten Ruhe bestattet, nämlich der am vergangenen Samstag schnell und unerwartet an einem Gehirnschlag verstorbene Cafetier Joh. Baptist Gaßner. Ein überaus zahlreiches Trauergeleite hatte sich eingefunden, um dem Verstorbenen die letzte Ehre zu erweisen. Den Trauerzug eröffnete der Gewerbeverein der Gastwirthe Münchens; dem reichgeschmückten Sarge folgten die Söhne und Verwandten des Verblichenen, sowie eine große Anzahl Freunde und Bekannte. Das Grab war prachtvoll mit Blumen und Pflanzen geschmückt. Aus der von Hrn. Cooperator Heufelder der St. Peterspfarrei gehaltenen Rede ist zu entnehmen, daß der Verstorbene am 8. Febr. 1843 in Regensburg geboren wurde und schon frühzeitig seine Eltern auf ihren Berufsreisen, die sich bis nach Italien und Rußland ausdehnten, begleiten mußte. Im Jahre 1879 machte er sich in München ansässig, gründete daselbst im Jahre 1881 das allen Münchnern wohlbekannte, von allen hieherkommenden Fremden besuchte Aquarium, welches dann im Jahre 1883 von ihm wieder aufgegeben wurde. Einige Zeit darauf errichtete er dahier das Hotel Gaßner, 1888 das Café Central und 1889 das Café Panorama, welches er bis zu seinem Tode leitete. Der Verstorbene war ein sehr liebenswürdiger Mann, der allgemein in großer Achtung stand und dessen hervorragendster Charakterzug war, daß er sich mit bewundernswerther Liebenswürdigkeit bereit finden ließ, stets seine Kräfte für wohlthätige Zwecke zur Verfügung zu stellen. Unter anderen wurden auch vom Gewerbeverein der Gastwirthe, vom Lehrergesangverein München und Männerturnverein München prachtvolle Kränze gewidmet.
Allgemeine Zeitung Nr. 91. München; Dienstag, den 1. April 1890.