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31 – 1 – 33·34 (Pettenkofer)

Ω

MAX
VON
PETTENKOFER
1818
1901

Ω

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Dr. med. Max von Pettenkofer

Tenkof (ps)
* 3.12.1818 (Lichtenheim bei Neuburg a.d. Donau)
† 10.2.1901 (München), Tod durch Selbstmord
Hygieniker und Schauspieler

Illustrirtes Kreuzerblatt (1869)

Max Joseph Pettenkofer.

Der Träger dieses in der Gelehrtenwelt häufig genannten Namens ist zu Lichtenstein bei Neuburg in Bayern am 3. Dezember 1818 geboren, Sohn eines Landwirthes. Er besuchte, nachdem er seine ersten Jugendjahre in dem einsam im Donaumoor gelegenen väterlichen Hause zugebracht, die Lateinschule und das Gymnasium zu München mit ausgezeichnetem Erfolge und ging im Herbste 1837 an die dortige Universität über. Hier studirte er Philosophie, Chemie und Medicin, und wurde am 30. Juni 1843 zum Doctor der Medicin, Chirurgie und Geburtshilfe promovirt, worauf er jedoch, um unter J. Scherer und J. v. Liebig seine wissenschaftliche Ausbildung zu vollenden, noch die Universitäten Würzburg und Gießen bezog. Später arbeitete er als Assistent an der königlichen Münzanstalt zu München. Seine wissenschaftliche Bedeutung ward früh anerkannt; denn schon 1846 erwählte ihn die bayerische Akademie der Wissenschaften zu ihrem Mitgliede; 1847 wurde er zum Professor an der medicinischen Fakultät der münchener Universität ernannt. Im Jahre 1850 starb sein Oheim, der königliche Leib- und Hofapotheker Dr. Franz Pettenkofer, welcher viel Einfluß auf den wissenschaftlichen Bildungsgang des Neffen genommen. Letzterem wurde hierauf an Stelle des Verstorbenen die Hofapotheke anvertraut, später ward er noch Mitglied des Obermedicinalausschusses.

Man kann wohl behaupten, daß diese vielseitige Beschäftigung, die einen Anderen verflacht haben würde, auf Pettenkofer’s Genie einen höchst günstigen Einfluß nahm und es zu jenen Folgen brachte, die dem Manne einen bleibenden Namen in seiner Wissenschaft verschaffen. Pettenkofer hatte sich von vornherein auf einen hohen Standpunkt gestellt, welcher ihm erlaubte, nach allen Seiten hin seine wissenschaftlichen Hebel in Bewegung zu setzen, wo immer sie auf die Bedürfnisse der Zeit einwirken konnten. Dabei unterstützte ihn eine imposante Arbeitskraft. So konnte er Arbeiten schaffen wie jene über die Affinirung des Goldes, über die Verbreitung des Platins, über Cemente. Glänzend sind seine Verdienste um die Fabrikation von Leuchtgas aus Holz und Torf, welche auch sofort unmittelbar praktische Würdigung fanden. Von höherer Bedeutung noch sind seine seit Jahren ununterbrochenen Arbeiten über die Verbreitung der Cholera, verbunden mit seinen Untersuchungen der Bewegung und sanitätlichen Einwirkungen des Grundwassers, welche ihn in jüngster Zeit bis nach Spanien geführt haben. Diese Untersuchungen sind es, welche ihm den größten wissenschaftlichen Ruf verschafften, freilich nicht ohne eine lebendige Polemik zu veranlassen, welche indessen schließlich mit dem Siege Pettenkofer’s endete. Ein von ihm erfundener Respirationsapparat, aufgestellt im münchener physiologischen Institute, verschaffte ihm neue Lorbeeren. Dieser Apparat, das größte existirende Meßinstrument für wissenschaftliche Zwecke, gestattet die genaueste Beobachtung und Untersuchung der dem athmenden Organismus zu- und abströmenden atmosphärischen Luft und ihre sowie ihrer einzelnen Bestandtheile Messung. Dieser Apparat wird durch eine Dampfmaschine bedient und enthält eine förmliche Wohnung; die Mittel zu der kostspieligen Herstellung bot König Maximilian. Eine andere Erfindung Pettenkofer’s, die in der Kunstwelt das größte Aufsehen machte, ist sein Regenerationsverfahren. Durch einen einfachen chemischen Proceß macht es dieses Verfahren möglich, alte Oelgemälde, welche den Glanz und das Licht ihrer Farben verloren haben und deren Farbenfläche durch kleine Risse vielfach zersprengt ist, in ursprünglicher Schönheit wieder herzustellen. Dabei wird die Restauration durch den Pinsel, welche eben so viel werthvolle Kunstschöpfungen zerstört als wiederhergestellt hat, überflüssig gemacht.

Die Praxis, deren Verhältniß zur wissenschaftlichen Theorie Pettenkofer in einer der schönsten und gehaltreichsten Universitätsreden, die je gehalten wurden, dargelegt hat, hat die Erfindungen Pettenkofer’s längst zu verwerthen begonnen.

Pettenkofer ist eine liebenswürdige, anspruchslose Persönlichkeit und unstreitbar eine der ideenreichsten Gelehrten der modernen Wissenschaft, welche von dem noch im Vollgenusse seiner schöpferischen Geisteskraft stehenden Mann das Größte erwarten darf. Der verstorbene König Maximilian ehrte ihn und nahm ihn unter die Ritter des Maximiliansordens für Kunst und Wissenschaft auf; die münchener Universität erwählte ihn 1865 zum Rektor.

Illustrirtes Kreuzerblatt Nr. 69. Eine Wochenschrift für Jedermann. Augsburg, 1869.

Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München (1983)

Pettenkofer Max Dr. med., von, 1818 (Lichtenheim bei Neuburg a. d. Donau) – 1901, Mediziner, Hygieniker, Obermedizinalrat und Universitätsprofessor; P. studierte in München, war zuerst Apotheker, dann Schauspieler, bildete sich jedoch schließlich in München, Würzburg und Gießen (u. a. bei J. von Liebig) weiter aus, arbeitete als Technologe am Münzamt, wurde 1853 Professor der med. Chemie und 1865 (erster) Professor der Hygiene in München; P. ist der Begründer der experimentellen Hygiene in Mitteleuropa; die ersten Beobachtungen stellte er an der Luft in Wohnräumen, dem Gaswechsel und der Folgen der Bekleidung beim Menschen fest; die Cholera veranlaßte ihn zur Erforschung des Grundwassers; größtenteils ist die moderne Kanalisation unserer Städte auf P. zurückzuführen; er hat sich somit nicht nur um München, sondern um ganz Mitteleuropa verdient gemacht; München verdankt außerdem P. seine großartige Wasserversorgung aus dem Taubenberg; nebenbei beschäftigte sich P. auch mit der Erhaltung und Wiederauffrischung alter Ölgemälde, zu deren Behandlung er das sogenannte Pettenkofersche Regenerationsverfahren erfand; Mitherausgeber des »Archiv für Hygiene«.

Hauptwerke: Über den Luftwechsel in Wohngebäuden, Cholera-Regulative, Das Kanal- oder Sielsystem in München, Boden und Grundwasser in ihren Beziehungen zu Cholera und Typhus.

© Dr. phil. Max Joseph Hufnagel: Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München. Zeke Verlag; 4. Auflage. Würzburg, 1983.



© Reiner Kaltenegger · Gräber des Alten Südfriedhofs München · 2007-2025


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