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31 – 9 – 4 (Dandler)

Ω

Hier ruhet
unser lieber, unvergesslicher Gatte u. Vater
Herr Carl Dandler,
k. württ. Hofsänger,
geb. 25. Mai 1828, gest. 21. Mai 1893.
Ihm folgte unsere heissgeliebte,
treubesorgte Mutter
Frau Anna Dandler, geb. Rueff,
geb. 9. März 1832, gest. 1. April 1895.
Deren Tochter
Fräulein Anna Dandler.
k. bayr. Hof- & Kammerschauspielerin,
geb. 14. März 1862. gest. 17. Sept. 1930.

Ω

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Anna Dandler

* 14.3.1862 (Stuttgart)
† 17.9.1930 (Wiesbaden)
Schauspielerin

Grosses Biographisches Lexikon der Deutschen Bühne (1903)

Dandler Anna, geboren im März 1864 in Stuttgart als die Tochter eines Chorführers am dortigen Hoftheater, der auch schauspielerisch und gesanglich wirkte. Als 15jähriges Mädchen betrat sie in Stuttgart zum erstenmal die Bühne. Eigentlich wollte sie Sängerin werden, wozu sie auch ihr Vater am liebsten erzogen hätte.

Durch Zufall jedoch wurde Clara Ziegler auf sie aufmerksam, das hübsche Kind gefiel der großen Tragödin, sie durfte ihr einige Rollen vorsprechen, gefiel ihr dann noch besser, sodaß sie ihr einen Engagementsantrag an die Meininger Hofbühne verschaffte. Da sie aber die Eltern nicht allein in die Fremde ziehen lassen wollten, so konnte D. diesen Antrag nicht annehmen. Clara Ziegler war von ihrem Talente jedoch derartig überzeugt, daß sie sie an Possart empfahl, und als dieser nach einem Probesprechen der Ansicht der Meisterin beipflichtete, zog die ganze Familie nach München, nachdem D. ans bayerische Hoftheater engagiert worden war. Zum erstenmal trat D. daselbst im Oktober 1880 als »Marketenderin« in »Wallensteins Lager« auf, und bewegte sich so zierlich und so sicher, daß es eine wahre Freude war. Auch zeigte sie bei dieser Gelegenheit so viel natürliches Temperament und so viel natürliche Begabung für die Bühne, daß ihr schon damals erfahrene Berufsgenossen eine bedeutende Laufbahn voraussagten.

Doch so verblüffend auch der Erfolg war, so kamen doch nicht gleich die großen Rollen, die »Julias« und »Ophelias«, von denen sie geträumt, und es dauerte acht Jahre, bis sie aus den Rollen der zweiten und dritten Liebhaberinnen, sowie der Stubenmädchen herauskam und endlich durch Intervention des Hofschauspielers Keppler in der Tat die »Julia« zugeteilt erhielt. Die vornehme Bühnenerscheinung, die liebliche Anmut, die Beherrschung des Dialoges, die geradezu blendende Technik und die Charakterisierungskunst der Künstlerin veranlaßten nun, daß man ihrer Gestaltungsfähigkeit auch andere hervorragende Partien auf klassischem Gebiete anvertraute, und sie errang als »Gretchen«, »Julia«, »Louise«, »Käthchen«, »Emilia Galotti«, »Melitta«, »Beatrice«, »Vasantafena« »Marie Beaumarchais« etc. unbedingte große Erfolge.

Ihr Sinn steht jedoch hauptsächlich nach dem modernen Stück, und hat sie auch bewiesen, in wie überaus vornehmer Weise sie die eleganten Frauen im modernen Konversationsstück zu verkörpern imstande ist. Sie braucht nur sich selbst zu geben, der Rolle den Stempel ihrer eigenen Individualität aufzudrücken, und die Wirkung ist unfehlbar. »Am siegreichsten ist D. dort,« erwähnt Otto Julius Bierbaum, »wo sie in Verbindung der warmen Innerlichkeit und schlichten Anspruchslosigkeit ihres Spieles die äußerlichen Gaben, die ihr von Mutter Natur in schöner Fülle beschert wurden, ins Feld führen kann. Sie tut dies – wo es sein kann – mit einem liebenswürdigen Zuge von Zurückhaltung, der auch ihre künstlerischen Leistungen überhaupt auszeichnet. Pastoses Auftragen, unnatürliches Verweilen im hohen Ton, deklamieren, kurz jedes leere Reimprunken ist ihr fremd. Ein naturgerechtes Spiel ist ihr Streben, dem sie beharrlich nachgeht.« Von den modernen Rollen seien erwähnt »Pepa« in »Maus«, »Leonie« in »Damenkrieg«, »Herzogin von Bligny« im »Hüttenbesitzer« und in neuerer Zeit »Goldene Eva«, »Magda« in der »Heimat« etc. Die Künstlerin zählt zu den namhaftesten, weiblichen Kräften des Münchener Hoftheaters.

Ludwig Eisenberg’s Grosses Biographisches Lexikon der Deutschen Bühne im XIX. Jahrhundert. Leipzig, 1903.

Alt-Münchner Theater-Erinnerungen (1924)

Anna Dandler und Elsa Brünner

Ich nenne sie zusammen, wenn sie auch verschiedenen Rollenfächern angehörten, als zwei hochbegabte Schwäbinnen, engste Landsmänninnen, beide in Stuttgart geboren und beide von frühester Jugend auf unverkennbar für die Bühne geschaffen.

Die Eine, Anna Dandler, ist im März 1864 als Tochter eines Chorführers am Stuttgarter Hoftheater geboren, der auch schauspielerisch wie gesanglich wirkte. Sängerin wollte und sollte die kleine Anna auch ursprünglich werden, als sie als Fünfzehnjährige zum erstenmale die Bretter betrat. Da sah sie zufällig Clara Ziegler. Das bildhübsche Kind gefiel ihr, noch mehr, als es ihr ein paar Rollen vorsprach. Auf die Empfehlung der großen Tragödin machte sogar die Meininger Hofbühne der jungen Dandler sofort einen Engagementsantrag, den die Eltern jedoch nicht annehmen zu können glaubten, weil sie ihr Kind nicht allein in die Fremde ziehen lassen wollten. Wohl aber zogen sie später mit ihm gern nach München, als die Ziegler auch Possart auf die talentvolle Schwäbin aufmerksam gemacht hatte und diese nach einem gelungenen Probesprechen fürs Münchner Hoftheater verpflichtet worden war. Trotzdem schon ihr Debut als Marketenderin in »Wallensteins Lager« im Oktober 1880 einen großen Erfolg bedeutete, kam sie doch noch lange nicht zu den ersehnten großen Rollen, die ihr erst ihr Kollege und Regisseur Keppler verschaffte. Nun durfte sie die Julia, Luise, Käthchen und Gretchen, noch lieber aber die unzähligen ersten Liebhaberinnen des modernen und Conversationsstückes spielen. Aus jener Zeit ist mir ihre Vasantasena in der gleichnamigen Bearbeitung des dem Könige Sudraka zugeschriebenen altindischen Schauspiels »Mricchatika« (Das irdene Wägelchen) durch Emil Pohl unvergeßlich geblieben. Dieses Stück, von dem unsere heutigen Bühnenleiter und Regisseure natürlich keine Ahnung mehr haben, wurde damals unzähligemale vor vollen Häusern gegeben mit der Dandler in der Hauptrolle als bildhübsche Vasantasena. Aber sie war nicht nur schön, sondern auch überaus liebenswürdig und von entzückender Natürlichkeit, in dieser wie in allen ihren anderen Rollen. Auch heute gehört Anna Dandler noch dem Schauspiel-Ensemble des Münchner Staatstheaters an, aber sie tritt nur mehr selten auf, in ernsten und heiteren Mütterrollen – auch heute noch eine sprechende Zeugin von der Glanzzeit des Münchner Hofschauspiels.

Alfred von Mensi-Klarbach: Alt-Münchner Theater-Erinnerungen; München 1924.

Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München (1983)

Dandler Anna, 1862 (Stuttgart) – 1930, Hof- und Kammerschauspielerin; sie, die Tochter eines Chorführers am Stuttgarter Hoftheater, sollte Sängerin werden; kaum 15jährig, wurde auf dieses Talent Clara Ziegler aufmerksam, die es E. von Possart bekannt machte; da D. das Probesprechen vortrefflich gelang, konnte sie fürs Münchner Hoftheater verpflichtet werden; große Rollen vermittelte ihr sodann ihr Kollege und Regisseur Keppler; sie durfte die Luise, Julia, Käthchen und Gretchen, überhaupt die unzähligen ersten Liebhaberinnen des modernen und des Konversationsstücks, später ernste und heitere Mütterrollen spielen; andere Rollen: Galotti, Pepa in Maus, Leonie in Damenkrieg, Herzogin von Bligny im Hüttenbesitzer, Magda in der Heimat; D. war nicht nur sehr schön, sondem auch überaus liebenswürdig und von entzückender Natürlichkeit in allen ihren Rollen; später trat diese sprechende Zeugin der Glanzzeit des Münchner Hofschauspiels nur mehr selten auf; persönlich war D. eine gläubige praktizierende Katholikin.

© Dr. phil. Max Joseph Hufnagel: Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München. Zeke Verlag; 4. Auflage. Würzburg, 1983.



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