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32 – 12 – 13 (Schimon · Seebach)

Ω

Hier ruht
Elise Seebach
Ehrenmitglied der kgl. bayr.
Hofbühne
geboren zu München 17. April 1806
gestorben zu Tegernsee 4. Okt. 1878

Friede sei mit Dir

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Ferdinand Schimon

* 6.4.1797 (Pest)
† 29.8.1852 (München)
Sänger und Portraitmaler

Kunstvereins-Bericht für 1852 (1853)

Nekrologe.

Ferdinand Schimon,
pens. k. bayer. Hofsänger und Maler, geboren in Pesth am 6. April 1797,

kam in früher Jugend nach Wien, um sich unter der Leitung des k. k. Hofmalers Lampi in der Kunst auszubilden, vertauschte aber später, durch seinen Freund Schuberth veranlaßt, die Staffelei mit der Bühne und ward so im Jahre 1821 als Tenorist am k. Hoftheater in München engagirt.

Seiner Lieblingsbeschäftigung, der Malerei, konnte er während der Dauer seines Engagements nur in den Musestunden nachkommen und erst vom Jahre 1840 an, wo er als Hofsänger pensionirt wurde, war es ihm gestattet, ganz der Kunst zu leben.

In jene Zeit fallen die bedeutendsten seiner Gemälde, nämlich ein im Besitz des Kaisers von Rußland befindliches Portrait Sr. Maj. des Königs von Württemberg; die für den Hof in Stuttgart gemalten Portraits der regierenden Königin von Holland und der Prinzessinen des k. Hauses von Württemberg, ferner die in der herzogl. Leuchtenberg Gallerie und auf dem k. Lustschlosse Rosenstein bei Stuttgart befindlichen Genrebilder. In der Pinakothek in München ist ein Theil der Loggia »die Kuppel des Michel Angelo« unter der Leitung des jetzigen Galleriedirektors Zimmermann durch ihn gemalt.

Kurz vorher von einer Reise zurückgekehrt, wie er alljährlich eine unternahm, starb er in Folge eines Schlagflusses am 29. August 1852 zu frühe für die Kunst wie für seine trauernde Familie.

Bericht über den Bestand und das Wirken des Kunst-Vereins in München während des Jahres 1852. München, 1853.

Neuer Nekrolog der Deutschen (1854)

August.

D. 29. zu München Ferdinand Schimow, pens. kön. bayer. Hofsänger und Maler, plötzlich in Folge eingetretenen Schlagflusses. Sch. wurde den 6. April 1797 zu Pesth in Ungarn geboren und kam in früher Jugend nach Wien, um sich unter der Leitung des k. k. Hofmaler Lampi in der Malerkunst auszubilden. Schon damals erkannte sein tüchtiger Meister, daß in dem Jüngling ungewöhnliches Talent schlummere, denn er erfand mit Leichtigkeit und wußte diese glücklichen Erfindungen stets mit sorgfältigem Pinsel auszuführen. Der Umgang mit seinem Freunde, dem berühmten Schubert, bestimmte ihn, später die Staffelei mit den Bretern zu vertauschen, und so ward Sch. im J. 1821 als Tenorist am kön. Hoftheater in München engagirt, wo er als tüchtiger, mit Stimmmitteln reich begabter dramatischer Sänger glänzende Erfolge erzielte und ehrenvolle Erinnerung an seine damaligen Leistungen noch im heutigen Publikum genießt. Seiner Lieblingsbeschäftigung, der Malerei, konnte er während der Dauer seines Engagements nur in Musestunden gedenken; doch verdankt man auch jener Zeit werthvolle, Poesie ausströmende Gemälde, in welchen viel Leben und Wahrheit herrscht. Im J. 1840 als Hofsänger pensionirt, konnte er nun ganz wieder seiner Kunst leben, der er mit aller Gluth angehörte. In jene Zeit fallen die bedeutendsten Gemälde von seiner Hand, unter welchen als hervorragendstes das für den stuttgarter Hof gemalte Portrait der regierenden Königin von Holland, ferner ein im Besitz des Kaisers von Rußland befindliches Bild des Königs von Würtemberg, sodann des Herzogs von Leuchtenberg u. s. w. rühmlichst genannt zu werden verdienen. Viele Kunstvereine sind im Besitz geschätzter Werke von der Hand des Verblichenen. In der Pinakothek zu München ist ein Theil der Loggia, die Michel-Angelo-Kuppel, unter der Leitung des jetzigen Gallerie-Direktors von Zimmermann durch ihn verfertigt. Drei Eigenschaften sind es besonders, die glänzend bei diesem Künstler hervortreten: Grazie, Harmonie und Führung des Pinsels. Es herrscht eine liebliche Anmuth in den Stellungen seiner Figuren, ein eigenthümlicher Reiz in deren Erfindung und dem Ausdruck derselben, der bei Lüsternen den Wunsch nach Besitz erregen könnte. Genau und mit psychologischer Richtigkeit bezeichnete er Alter, Geschlecht und Stand seiner Figuren, und wußte jeder derselben ihren eigenthümlichen Charakter zu verleihen. Sch. war als Künstler in doppelter Beziehung geschätzt, aber auch als wackerer, edler, herzensguter Mensch von Jedem, der ihn kannte, geachtet und geliebt. Einfach und gerade, liebevoll gegen Jedermann, war es ihm stets die größte Freude, sich dienstfertig erweisen zu können; jüngere Künstler fanden in ihm einen wahrhaft väterlichen Freund. Schlummernde Talente rüttelte er kräftigst auf, nährte und pflegte sie; anders Befähigte führte er auf die schonendste Weise neuen Bahnen zu, auf denen sie sich ehrenvoll bewegen konnten und ihm nun heiße Dankesthränen in sein Grab nachsenden. Sch. war heiter bis an sein Lebensende, obwohl er bereits vor meheren Jahren einen Schlaganfall erlitt. Eine Reise, die er alljährlich einmal unternahm, gehörte zu den schönsten Freuden des tief gemüthlichen Mannes, diesesmal bildete sie eben den Rest seines Lebens; denn kurz vorher erst zurückgekehrt, schlummerte er am Morgen des oben genannten Tages wie ein schuldloses Kind ein und ging hinüber in ein besseres Jenseits, eine Welt verlassend, auf die er ungetrübt seine letzten Blicke werfen konnte.

Neuer Nekrolog der Deutschen. Weimar, 1854.

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich (1875)

Schimon, Ferdinand (Maler und kön. bayerischer Hofsänger, geb. zu Pesth 6. April 1797, gest. zu München 29. August 1832). Kam in früher Jugend nach Wien, um sich unter der Leitung des Malers Lampi des Sohnes [Bd. XIV, S. 61] in der Kunst auszubilden. In einiger Zeit aber von seinem Freunde Schubert veranlaßt, gab er das Malen auf und wendete sich als Sänger der Bühne zu, für welche ihn seine schöne Tenorstimme besonders geeignet machte. Im Jahre 1821 wurde er als Tenorist an dem kön. Hoftheater in München angestellt und nahm nun in dieser Stadt seinen bleibenden Aufenthalt. Aber auch die Führung des Pinsels hatte er nicht aufgegeben; konnte er aber letzterer Kunst, so lange er Sänger war, nur in den Mußestunden obliegen, so widmete er sich derselben ganz, nachdem er im Jahre 1840 als Hofsänger pensionirt worden. Von nun an malte er mit allem Eifer und mit großem Geschick. Schon seit 1838 hatte er die verschiedenen Ausstellungen zu München, Nürnberg, Karlsruhe, Stuttgart mit Porträts und Genrebildern, auf welch' letzteren aber immer das Porträt vorherrschend war, beschickt. Seine mit Geschmack ausgeführten Arbeiten fanden allgemein Beifall, die Kritik rühmte an denselben die lebendige Auffassung, Naturtreue, gute Technik, namentlich in den Fleischtönen. So z. B. fanden seine beiden Bilder: »Schlafendes Mädchen« und »Die besorgte Mutter«, womit S. die Wiener Jahres-Ausstellung 1842 – das einzige Mal – beschickt hatte, sehr viel Beifall. In ersterem wollte die Kritik Amerling'schen Einfluß gewahren, auf letzterem aber fand das Kennerauge den Kopf ideal-schön, den Ausdruck wahr, die Beleuchtung sehr vortheilhaft. Ueberhaupt gelangen S. vor Allem Frauenbildnisse; ohne in's Weichliche, Geleckte, Almanachartige zu verfallen, gab er seinen weiblichen Porträten einen Reiz, einen Anmuth, welche das Auge zu fesseln verstanden. Dadurch wurde S. auch in den höchsten Kreisen gesucht; so malte er das Bildniß des verstorbenen Königs von Württemberg für den Kaiser Nikolaus von Rußland, malte die verstorbene Königin von Holland, die sämmtlichen württembergischen Prinzessinen und noch mehrere fürstliche Personen. Von seinen Künstlerporträten sind Ludwig von Spohr und der berühmte Eßlair bekannt, welche er auch nach seinen eigenen Gemälden (Fol.) lithographirte. Ein besonders anmuthiges Bild des Künstlers ist »Adriana«, welches auch in der Kunstanstalt von Friedrich Korn für einen Almanach in Stahl gestochen wurde. Es ist ein Frauenbild, das in der Linken das Tambourin, die Rechte auf das Knie gelegt hält. Die Arme sind entblößt, das lose anliegende Hemd läßt eine herrliche Büste sehen, im gescheitelten Haare steckt eine Rose. Das Gesicht ist von einer Anmuth und Lieblichkeit ohne Gleichen. In der Leuchtenberg'schen Gallerie und im kön. Lustschlosse Rosenstein bei Stuttgart befinden sich mehrere Genrebilder Schimon's. Auch hat er in der Pinakothek zu München einen Theil der Loggia, »Die Kuppel des Michel Angelo«, unter der Leitung des Gallerie-Directors Zimmermann gemalt. Alljährlich unternahm S. in den Sommermonaten eine kleine Erholungsreise; von einer solchen in den letzten Tagen der August 1852 zurückgekehrt, raffte ihn ein plötzlicher Tod im Alter von erst 55 Jahren dahin.

Sein jüngerer Bruder Maximilian (geb. zu Pesth 1805, nach Anderen 1806) widmete sich gleichfalls der Kunst, u. z. besuchte er zuerst die Kunstakademie seiner Vaterstadt Pesth, 1831 aber begab er sich zur weiteren Ausbildung nach München, wo damals bereits seit mehreren Jahren sein Bruder Ferdinand als Hofsänger sich befand. Nach sechsjährigem Aufenthalte in der Isarstadt kehrte er im Jahre 1836 nach Pesth zurück. Später begab er sich nach Wien, wo er am 13. Juni 1859 im Alter von 54 Jahren starb. Maximilian S. malte Bildnisse, Historien, Darstellungen aus dem ungarischen Volksleben. Näheres über seine Arbeiten ist nicht bekannt. In den Ausstellungen begegnete man seinen Arbeiten nicht.

Rechenschafts-Bericht des Verwaltungs-Ausschusses des Kunstvereins in München für das Jahr 1852, S. 49. – Frankl (Ludwig Aug.). Sonntagsblätter (Wien 8°.) I. Jahrg. (1842). S. 365, im Ausstellungsberichte von L. Dusch. – Nagler (G. K. Dr.), Neues allgemeines Künstler-Lexikon (München 1839, E. A. Fleischmann, 8°.) Bd. XV, S 235. – Kunst-Blatt (Stuttgart, Cotta. 4°) 1829, Nr. 95, S. 379, im »Münchener Kunst-Ausstellungsberichte«.

Dr. Constantin von Wurzbach: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. Wien, 1875.

Allgemeine Deutsche Biographie (1890)

Schimon: Ferdinand S., Porträtmaler und Sänger, geboren am 6. April 1797 zu Pesth, kam frühzeitig nach Wien, bildete sich unter dem älteren J. B. Ritter v. Lampi, dem Sohne des berühmten Bildnißmalers, wendete sich aber auf den Rath seines Freundes, des berühmten Tondichters Franz Schubert, zur Bühne. Seine schöne Tenorstimme verschaffte ihm 1821 eine Anstellung am königlichen Hoftheater in München; er galt als beliebter Opernsänger bis zu seiner 1840 erfolgten Pensionirung. Von da an trat die Malerei, welche er inzwischen nur in den Mußestunden cultivirt hatte, wieder in den Vordergrund; verschiedene Porträts, auch in genrehafter Form, wie ein »Mädchen in italienischer Tracht« (1837), eine »Gruppe von Mädchen« (1838) u. s. w. waren ziemlich regelmäßig in verschiedenen Kunstvereinen zur Ausstellung gelangt. Bis zu seinem am 29. August 1852 erfolgten Tode malte S. viele Damenbildnisse und Genrestücke mit Frauen, welche gute Aufnahme fanden. Man rühmte damals seine lebendige Auffassung, Naturtreue und gute Technik in den Fleischtönen, womit freilich alle Vorzüge von Schimon’s süßlichem Colorit und theatralischer Haltung erschöpft sind. Dieser hinreichend hervortretenden Begabung wegen wurde S. in den höchsten Kreisen gesucht; er malte das Bildniß des Königs von Württemberg für den Kaiser Nikolaus von Rußland, die Königin von Holland, die sämmtlichen württembergischen Prinzessinnen und mehrere fürstliche Personen. Sein eigenes Porträt aus dem Jahre 1820 findet sich als Bleistiftzeichnung in der sogenannten Maillinger-Sammlung (1886 IV. B. Nr. 1060; bei dieser Gelegenheit muß die Unzuverlässigkeit der biographischen Angaben dieses vierten Bandes auf das schärfste gerügt werden). Auch als Lithograph bethätigte sich S., indem er die von ihm gemalten Bildnisse Eßlair’s und L. Spohr’s auf Stein zeichnete; das von S. gemalte Porträt des Hoftheater-Intendanten und Oberstkämmerers Freiherrn v. Poißl wurde jedoch durch Legrand lithographirt. Eine »Adriana« hat Fr. Korn in Stahl gestochen. Unter Clemens Zimmermann malte S. einen Teil der »Kuppel des Michel-Angelo« in der sogenannten Loggia der alten Pinakothek – eine übrigens kaum erhebliche und darum auch vereinzelt gebliebene Leistung Schimon’s im Bereiche des Fresko. – Sein jüngerer Bruder Maximilian S., geboren 1805 zu Pesth, widmete sich gleichfalls der Kunst, besuchte die Akademie seiner Vaterstadt, weilte 1831–36 in München, malte dann wieder in Pesth und Wien und starb daselbst am 13. Juni 1859. Er lieferte Bildnisse, Historien und Darstellungen aus dem ungarischen Volksleben.

Vgl. Nagler 1845 XV, 235. – Kunstvereins-Bericht für 1852, S. 49. – Wurzbach 1875. XXIX, 342.

Hyac. Holland.

Dr. phil. Hyazinth Holland: Allgemeine Deutsche Biographie. Leipzig, 1890.

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Elise Seebach

* 17.4.1806 (München)
† 3.10.1878 (Tegernsee)
Schauspielerin

Die Deutsche Schaubühne (1861)

Fräulein Seebach spielt chargirte komische Akte. Die Versuchung zu karrikiren, liegt hier sehr nah, und schon dieser Versuchung siegreich widerstanden zu haben, verdient Lob und Anerkennung. Aber Fräulein Seebach thut noch mehr. Sie individualisirt, wie man es bei Damen selten findet; wir möchten sie einen »weiblichen Charakterdarsteller« nennen, und deshalb folgen wir denn auch mit dem lebhaftesten Interesse ihren meist undankbaren Rollen, aus denen wir nur eine Baronin von Morin (»Pariser Taugenichts«), Mademoiselle Reinhold (»Hagestolzen«), Caton (»Grille«), Katharina (»Ich bleibe ledig«) u. s. w. als Beweis des Gesagten herausgreifen wollen.

Die Deutsche Schaubühne. Organ für Theater und Literatur. Redigirt von Dr. Teodor Mehl. Hamburg; 1861.

Almanach der Königlichen Theater und des Volks-Theaters zu München für das Jahr 1872 (1873)

Fünfzigjähriges Jubiläm
des Fräulein
Elise Seebach,
Königl. Bayerische Hof-Schauspielerin.

Selten wohl wurden einer Jubilarin so viele innige Beweise von Liebe und Verehrung dargebracht, als Elise Seebach, der trefflichen Künstlerin, der das Glück zu Theil wurde, ein fünfzigjähriges Kunst- und zugleich Dienst-Jubiläum zu feiern, denn fünfzig Jahre hatte die Künstlerin am Hoftheater zu München gewirkt. Es ist ein seltenes Fest; nur Wenigen ist vergönnt, es feiern zu können.

Elise Seebach ward am 17. April 1806 zu München geboren. Ihr Vater, Musikmeister beim Infanterie-Leibregimente, starb, als dieselbe kaum das neunte Jahr erreicht hatte. Verständniß für Musik, aber ohne genügende Ausbildung, war das Einzige, was das Mädchen aus dem elterlichen Hause mitbrachte. Dagegen hatte sich schon in dem Kinde ein mächtiger Hang zur Schauspielkunst gezeigt, und drang sie unaufhörlich in die Mutter, bis ihr diese gestattete, auf dem damals bekannten Liebhaber-Theater im Frohsinn ein paar Rollen zu spielen. Charlotte Birch-Pfeiffer sah sie bei dieser Gelegenheit und nahm sich sofort des talentvollen 15jährigen Mädchens an. Ihr geistvoller Unterricht ging rasch in das empfängliche Gemüth über, und so beschloß die Lehrerin, sie auf der Hofbühne einen Versuch machen zu lassen. Doch manche Schwierigkeit stellte sich ihren Wünschen entgegen. Man erlaubte ihr die selbstgewählte Rolle nicht, schickte ihr dagegen drei Tage vor der Aufführung die Rolle der Aphanasia in Kotzebue’s »Graf Benjovsky«, und so betrat denn Elise Seebach am 18. August 1822 mit nur einer Probe zum ersten Male die Königl. Hofbühne. Ihre erste Leistung wurde mit großem Beifall vom Publikum belohnt. Das gab ihr den Muth, ihre Lehrerin auf einer Kunstreise nach Stuttgart, Kassel, Hannover, Hamburg und Berlin zu begleiten. An allen diesen Orten spielte sie mit Charlotte Birch-Pfeiffer, und überall ward ihr gleiche Anerkennung und Aufmunterung zu Theil.

Nach München zurückgekehrt, trat sie sofort in die Reihen der Mitglieder der Kgl. Hofbühne ein, und durfte sie noch mit Eßlair und Sophie Schröder in Phädra, Sappho und vielen anderen Stücken spielen. Einem Wunsche der Intendanz folgend, trat sie bald in das damals ganz verwaiste ältere komische Fach über, und wurde darin rasch der erklärte Liebling des Publikums, der sie bis heute blieb. Doch nicht nur selbst wirken als Künstlerin, auch heranbilden wollte sie Künstlerinnen, und deshalb stellte sie der Intendant v. Küstner gern als Lehrerin an. Manch talentvolles Mädchen verdankt ihr eine glückliche Laufbahn, unter denen die Namen Sophie Stehle und Mathilde Mallinger obenan stehen.

Der 18. August war für die Jubilarin, wie für alle dabei Betheiligten ein schönes Fest. Briefe, Geschenke, Telegramme, Blumen trafen von allen Seiten ein. Se. Kgl. Hoheit Herzog Max v. Bayern übersandte ihr Glückwünsche, der Kgl. Prinz Adalbert v. Bayern durch seinen Adjutanten ein Bouquet und Glückwunsch. Mittags 12 Uhr war das gesammte Personal im großen Saale des Theaters versammelt. Se. Excellenz der General-Intendant Baron v. Perfall in Gala-Uniform, von den Regisseuren und Beamten begleitet, begrüßte die Jubilarin. In feierlicher, ergreifender Rede schilderte er die Verdienste derselben und ernannte sie im Namen Sr. Majestät des Königs zum Ehrenmitglied der Kgl. Hofbühne. Zugleich heftete er ihr die goldene Medaille des Ludwig-Ordens für 50jährige treue Dienste an und betonte hiebei besonders, daß seit Gründung des Ordens außer der Jubilarin nur noch eine Dame damit ausgezeichnet wurde. Tief ergriffen dankte Frl. Seebach mit einfachen, herzlichen Worten Sr. Majestät für diese Auszeichnung , aber auch ihrem Chef, dessen Fürsorge ihr diese Ehren erwirkt hatte. Alle Anwesenden waren sichtlich ergriffen, und wollten die Beglückwünschungen und Gratulationen nicht enden. Baron von Perfall hatte in seinem gastlichen Hause ein Diner veranstaltet, wozu die Jubilarin, wie auch die Regisseure des Schauspiels mit ihren Frauen geladen waren. Passende Toaste würzten das Mahl, und freudig und frohen Herzens, wie man gekommen, schied man von seinem Vorstande.

Der 19. August gab dem Publikum Gelegenheit, seinen Liebling auszuzeichnen. Gegeben wurde: »Die alte Schachtel« und »Des Nächsten Hausfrau«, zwei Glanzrollen der Jubilarin. Das Haus war gedrängt voll, und als der Vorhang sich hob und die Künstlerin auftrat, wurde sie vom stürmischsten Jubel und nicht enden wollenden Blumenregen empfangen. Den ersten Kranz warf Se. Kgl. Hoheit Herzog Ludwig von Bayern, den zweiten Se. Excellenz Baron von Perfall, und viele, viele folgten. Se. Majestät der König, welcher der Vorstellung anwohnte, ließ der Jubilarin sein lebensgroßes Brustbild mit eigenhändiger Unterschrift, ein prachtvolles Armband und ein Rosenbouquet durch Baron von Perfall überreichen. Am Schluß der Vorstellung dankte die Jubilarin in einfachen, herzlichen Worten dem Publikum für die Theilnahme, die ihr dasselbe seit 50 Jahren geschenkt und die sich von den Eltern auf die Kinder vererbt hätte. Tiefgerührt verließ sie die Bühne und betrat ihre festlich geschmückte Garderobe, die einem herrlichen Blumengarten glich, denn alle Collegen und Colleginnen hatten reichliche Blumenspenden geschickt. Währenddem hatte sich das ganze Kunstpersonal, dem sich auch der Hr. General-Intendant Excellenz mit Familie angeschlossen, auf der Bühne in festlicher Kleidung versammelt, auch das Volks-Theater hatte eine Deputation gesandt. Herr Regisseur Sigl führte die Jubilarin zurück in den feierlichen Kreis. Herr Regisseur Richter ergriff das Wort und sprach mit bewegter Stimme:

»Heute ist ein halbes Jahrhundert verflossen, seitdem Sie die hiesige Bühne zum ersten Male betraten. Sie blieben seit jenem Tage nicht nur der Kunst, sondern auch mit seltener Beständigkeit dem Königl. Hoftheater – Einem Theater 50 Jahre hindurch – treu, bekundeten stets in allen Ihren Leistungen künstlerisches Streben und Schaffen, Eifer und Ernst für die heilige Sache der Kunst, und erwarben und erhielten sich dadurch die Liebe und Achtung des Publikums und Ihrer gesammten Collegen und Colleginnen. Empfangen Sie von dem Kunstpersonale des Kgl. Hoftheaters als ein Erinnerungszeichen an Ihren goldenen Jubeltag diese Kette und nehmen Sie dies Andenken sinnbildlich als Ausdruck unseres Wunsches: Sie an unsern Kreis auch ferner gefesselt und Sie noch lange in voller Gesundheit und Laune auf der Kgl. Bühne mit der alten Lust wirken zu sehen.«

Ein prachtvolles Gedenkbuch mit Namensunterschrift aller Mitglieder, sowie auf einem Sammetkissen eine schwere goldene Kette nebst Kreuz überreichend, schloß Herr Richter die Feier mit einem Lebehoch auf die Jubilarin, welche vor Thränen kaum Worte des Dankes finden konnte.

Möge sich die hochverdiente Künstlerin noch viele Jahre bei bester Gesundheit der Erinnerung dieses schönen Festes erfreuen.

Anton Hagen: Almanach der Königlichen Theater und des Volks-Theaters zu München für das Jahr 1872. München, 1873.

Deutscher Bühnen-Almanach (1873)

Jubiläen.

Elise Seebach,
Königlich Bairische Hof-Schauspielerin.
Fünfzigjähriges Künstlerjubiläum.

Ein seltenes Fest ist und bleibt ein fünfzigjähriges Jubiläum, welches nur wenigen Menschen vergönnt ist, feiern zu können. Was drängen sich in diese Zahl 50 nicht für Ereignisse im gewöhnlichen, um wie viel mehr in das bewegte Leben des Künstlers!

Der Hofschauspielerin Elise Seebach ward das Glück zu Theil, dieses Fest am 18. August in München feiern zu können. Die Jubilarin ward am 17. April 1806 zu München geboren. Ihr Vater, Musikmeister beim Leibregimente in München, starb schon, als Elise das 9. Jahr erreichte. Verständnis für Musik, aber keine Ausbildung war das einzige, was das Mädchen aus dem elterlichen Hause mitbrachte. Ein unwiderstehlicher Hang zur Kunst hatte sich früh bei ihr eingeschlichen, und so ließ sie der Mutter nicht Ruh, bis sie ihr erlaubte, auf dem damalig bekannten Liebhaber-Theater im »Frohsinn« ein paar Rollen zu spielen. Bei dieser Gelegenheit sah Charlotte Birch-Pfeiffer sie in einer derselben, entdeckte Talent und nahm sich des 15jährigen Mädchens an. Ihr geistvoller Unterricht ging schnell in das empfängliche Gemüth über, und so beschloß die Lehrerin, sie auf der Hofbühne einen Versuch machen zu lassen. Nicht ohne Schwierigkeit ging dies von statten: man erlaubte ihr die selbstgewählte Rolle nicht und schickte ihr 8 Tage vor der Aufführung die Partie der Affanasia in dem Kotzebue’schen Drama »Graf Benjofsky«. Schnelles Studiren war eine Gabe, die ihr verliehen, und so betrat Elise Seebach am 18. August 1822 mit einer Probe zum ersten Male die Bühne und wurde mit großem Beifall, welcher zum Theil auch der Jugend des Mädchens galt, aufgenommen. Hierauf begleitete sie ihre Lehrerin auf einer Kunstreise und spielte in Kassel, Hannover, Hamburg und Berlin an deren Seite, und überall ward das Mädchen gut aufgenommen und aufgemuntert. Nach München zurückgekehrt, trat sie in das Engagement und hatte das Glück, mit Eßlair und Sophie Schröder in Phädra, Sappho und in vielen anderen Stücken zu spielen. Sehr früh ging sie nach dem Wunsche der Intendanz in das ältere, damals ganz verwaiste Fach über, in welchem sie ein Liebling des Publikums geworden ist. Ihrem regen Geiste genügte die Beschäftigung als Schauspielerin nicht, und so entschloß sie sich, jungen, angehenden Künstlerinnen Unterricht zu ertheilen. Sie wurde schon unter dem Intendanten v. Küstner als Lehrerin bestallt, und es gelang ihr namentlich, junge Sängerinnen als Darstellerinnen auszubilden. Sophie Stehle, Mathilde Mallinger, Alma Possart sind Schülerinnen von ihr, so wie viele andere bedeutende Sängerinnen an den deutschen Bühnen.

So kam die Zeit ihres 50jährigen Wirkens heran. Mit frischer Kraft und glücklichem Humor hat der Himmel sie beschenkt, und so war der 18. August 1872 für die Jubilarin wie für alle Anwesenden ein schönes Fest. Schon vor dem 18. kamen Briefe und Geschenke aus allen Städten, am Tage selbst Telegramme, Blumen und Zuschriften. Se. Königliche Hoheit Herzog Max von Baiern ließ ihr Glück wünschen, Prinz Adalbert von Baiern schickte durch seinen Adjutanten ein Bouquet nebst Glückwunsch. Um 12 Uhr war im großen Saale des Theaters das ganze Kunst- und technische Personal versammelt. Se. Excellenz Baron v. Perfall in Gala-Uniform, von Beamten und Regisseuren begleitet, begrüßte die Jubilarin. In feierlicher, ergreifender Rede schilderte er die Verdienste derselben und ernannte sie im Namen Sr. Majestät zum Ehrenmitglied der königl. Hofbühne und heftete ihr die Medaille des Ludwigsordens für 50jährige treue Dienste an. Se. Excellenz betonte noch besonders, daß das eine Auszeichnung sei, welche seit der Gründung des Ordens nur noch einmal einer Dame zu Theil ward. Elise Seebach, tief ergriffen, dankte mit einfach herzlichen Worten Sr. Majestät für diese Auszeichnung, aber auch ihrem Chef, dessen Sorge und Liebe ihr diese Ehren erwirkt hatten. Die Rührung, welche nach diesem Akte auf allen Gesichtern zu lesen war, gaben der Jubilarin den besten Beweis, daß ihre Kunstgenossen sich selbst in ihr geehrt fühlten. Baron v. Perfall hatte in seinem gastlichen Hause ein Diner veranstaltet. Die anwesenden Regisseure mit Frauen bemühten sich, mit passenden Toasten das Mahl zu würzen, und freudig, wie man gekommen, schied man dankend von seinem Vorstande.

Am 19. August war nun die Feier für das Publikum. Elise Seebach spielte in zwei ihrer Glanzrollen: »Die alte Schachtel« und »Des Nächsten Hausfrau«. Das Ankleidezimmer war reizend decorirt, Schiller’s und Göthe’s Büsten in Blumen und Kränzen, von Künstlern und Verehrern gespendet, zierten dasselbe. Das Haus war gedrängt voll, und als der Vorhang sich hob, die Künstlerin auftrat, brach ein Jubel und Blumenregen aus. Se. Hoheit, Prinz Louis von Baiern warf den ersten Kranz, der Königl. Intendant v. Perfall den zweiten, und viele folgten. Beifall während und nach dem Stücke ward reichlich gezollt. Se. Majestät der König, welcher der Vorstellung beiwohnte, ließ der Jubilarin sein lebensgroßes Brustbild mit eigenhändiger Unterschrift, ein prachtvolles Armband und ein Rosen-Bouquet durch Baron v. Perfall überreichen. Im zweiten Stücke trug die Künstlerin das Bouquet in der Hand und wurde abermals mit Jubel empfangen. Am Schlusse mehrmals gerufen, dankte Elise Seebach für die Theilnahme, welche ihr durch 50 Jahre ununterbrochen gezollt wurde, indem sich dieselbe vom Kinde auf Kindeskinder vererbt hätte. Tief gerührt verließ sie die Bühne, und auch unter den Zuschauern waren viele feuchte Augen zu sehen. Diesem Feste folgte noch ein Nachspiel. Die Collegen hatten sich, als das Publikum sich entfernt hatte, in Festkleidern auf der erleuchteten Bühne versammelt; die Mitglieder der Königl. Volksbühne hatten eine Deputation gesendet. Am Arme des Herrn Regisseur Sigl ward Elise Seebach vorgeführt, und nun hielt Herr Regisseur Richter eine Ansprache mit bewegter Stimme. Ein prachtvolles Gedenkbuch mit Namensunterschrift aller Mitglieder, so wie auf einem Sammelkissen eine schwere goldene Kette mit Kreuz überreichend, schloß er mit einem Lebehoch die Feier, für welche Elise Seebach vor Thränen kaum Worte des Dankes finden konnte. Möchten ihr doch diese zwei Tage noch viele Jahre in Erinnerung bleiben!

Deutscher Bühnen-Almanach. Berlin, den 1. Januar 1873.

Die Scheinwelt und ihre Schicksale (1893)

Elise Seebach, 17. April 1806 geboren, betrat als sechzehnjähriges Mädchen zum erstenmal, als Aphanasia in Kotzebue’s »Graf Benjowsky« die Münchener Hofbühne und erzielte schon in ihrem ersten Debut einen durchschlagenden Erfolg. Ihre Lehrerin war die bekannte Charlotte Pfeiffer. Seit 1826 gehörte sie der Hofbühne als engagirtes Mitglied an, wandte sich aber schon nach einigen Jahren dem älteren Fache zu. Besonders verdienstlich wirkte Elise Seebach als dramatische Lehrerin und kann mit Stolz eine Sophie Stehle, M. Mallinger ihre Schülerinnen nennen. Im Jahre 1872 feierte sie unter lebhafter Betheiligung des Hofes, der Collegen und des Publikums das schöne Fest ihres fünfzigjährigen Küstlerjubiläums. Elise Seebach starb am 3. October 1878; die Künstlerin gehörte volle 56 Jahre der Hofbühne an.

Die Scheinwelt und ihre Schicksale. Eine 127jährige Historie der Münchener kgl. Theater im populärer Form und als Jubiläums-Ausgabe. Zu Ehren des fünf und zwanzigjährigen Dienst-Jubiläums Seiner Excellenz des Herrn General-Intendanten Freiherrn von Perfall von Max Leythäuser. München; 1893.

Grosses Biographisches Lexikon der Deutschen Bühne (1903)

Seebach Elise, geb. am 17. April 1806 in München als Tochter des Musikmeisters beim Leibregiment. Sie hat von ihrem Vater das Verständnis für Musik geerbt und ein unwiderstehlicher Hang zur Kunst veranlaßte sie, die Bühnenkarriere zu ergreifen. Zuerst versuchte sie sich auf dem Liebhabertheater »Frohsinn«, wo sie eine Anzahl Rollen aus dem Fach der naiven Liebhaberinnen spielte. Dort sah sie einst (1821) Charlotte Birch-Pfeiffer, die sich des hochtalentierten Mädchens annahm, und ihr Unterricht erteilte.

Nach einjährigem Studium war die Kunstnovize bereits so weit, daß sie es wagen konnte, sich auf der Bühne zu versuchen und zwar erschien sie am 18. August 1822 als »Aphanasia« in »Graf Benjowsky« vor dem Münchner Hoftheater-Publikum. Allgemein wurde ihr Talent anerkannt, nur wünschte man, daß sie sich noch zur weiteren Ausbildung auf anderen Bühnen versuche, um ihr hierauf die Tore der Hofbühne öffnen zu können. In Begleitung der Birch-Pfeiffer begab sie sich nun auf Gastspielreisen, die sie während der Jahre 1823 und 1824 nach Kassel, Hannover, Hamburg und Berlin führten.

Nach München zurückgekehrt trat sie in die Reihen der Hofschauspieler und gehörten u. a. »Emilia Galotti«, »Louise« und »Melitta« zu ihren anerkanntesten Darbietungen. Auf Wunsch des Intendanten von Perfall ging sie jedoch frühzeitig ins ältere Fach über, zumal man für dasselbe keine des Instituts würdige Vertreterin finden konnte. Die Rolle der »Oberförsterin« in »Die Jäger« galt als eine geradezu unübertreffliche Leistung der Künstlerin. Auch kreierte sie bei der allerersten Aufführung von Goethes »Faust« in München (12. April 1830) die »Hexe«.

So wirkte S. mit frischer Kraft und glücklichem Humor bis 1872, in welchem Jahre sie am 18. August die Feier ihres 50jährigen Jubiläums als königl. bayer. Hofschauspielerin beging. Sie erschien in zwei ihrer Glanzrollen, in »Alte Schachtel« und »Des Nächsten Hausfrau« und erkannte in dem stürmischen Jubel die große Verehrung und Liebe, die sie beim Theaterpublikum genoß. Zum Ehrenmitglied des Hoftheaters ernannt, war sie mit seltener Frische bis zu ihrem Ableben tätig. Die Künstlerin, die sich während ihrer letzten Lebensjahre noch mit der Heranbildung junger Schauspielerinnen befaßte, wurde sogar vom Intendanten als Lehrerin bestellt um namentlich junge Sängerinnen als Darstellerinnen auszubilden. Sie starb am 3. Oktober 1878 in Tegernsee.

Ludwig Eisenberg’s Grosses Biographisches Lexikon der Deutschen Bühne im XIX. Jahrhundert. Leipzig, 1903.



© Reiner Kaltenegger · Gräber des Alten Südfriedhofs München · 2007-2025


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