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38 – 1 – 10·12 (Bomhard · Bürkel)

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HIER RUHT DER MALER HEINRICH
BUERKEL † 1869 MIT GATTIN
JOHANNA VON HOFSTETTEN † 1894
UND SOEHNEN: KARL (†) 1870 –
PROF. HEINRICH † 1876 – LUDWIG
VON BUERKEL † 1903 u. GATTIN
MARIE-ROSIPAL † 1905 UND
SOEHNEN: HEINRICH (†) 1916
DR. LUIGI † 1946
EDUARD VON BOMHARD † 1900
SCHWIEGERSOHN

Das dem Todesjahr vorangestellte Kreuz unterscheidet sich für die Gefallenen: (†)

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Heinrich Bürkel

* 29.5.1802 (Pirmasens/Rhl.-Pfalz)
† 10.6.1869 (München)
Genremaler und Landschaftsmaler

Artistisches München im Jahre 1835 (1836)

Bürkel, Heinrich, geb. am 9. Sept. 1802, Sohn eines Wirths und Oekonomen aus Pirmasens, im bayerischen Rheinkreise. Seine Eltern bestimmten ihn anfänglich zum Kaufmannsstande, wogegen er aber eine solche Abneigung hatte, daß er es vorzog, 5 Jahre lang als Schreiber auf einem Friedensgerichts-Bureau zuzubringen, wodurch er sich die Mittel verschaffte, seinen Drang zu befriedigen, nämlich größere Städte zu besuchen und Oelgemälde zu sehen. So reiste er zuerst nach dem zunächst gelegenen Straßburg, wo, er die ersten Oelgemälde sah, und von jetzt an bot er Alles auf, seine nicht unbemittelten Eltern zu bewegen, ihn in seinem gefaßten Entschluß, sich als Künstler auszubilden, zu unterstützen. Er zeichnete indessen schon früh nach der Natur und nach schlechten Kupferstichen, die er sich in seiner Vaterstadt zu verschaffen wußte; sein väterliches Haus, welches ein Wirthshaus war, bot ihm oft manchen Stoff dar, indem er, zur Belustigung seiner Freunde, allerhand lustige Scenen, Schlägereien u. dgl. zu Papier brachte. Auf das Anrathen des eben durchreisenden Regierungspräsidenten von Stichaner bewilligten ihm endlich seine Eltern eine Unterstützung von einem Jahre, in welcher Zeit er seine Existenz finden, oder wieder zurück auf seinen verlassenen Posten gehen müsse. So kam er erst in seinem 22sten Jahre auf die Akademie zu München, und hielt es in solchen Verhältnissen für nicht rathsam, den langsamen Gang auf der Akademie zu verfolgen, machte sich aber mit den dortigen Meistern, als Georg v. Dillis, Peter Heß, Quaglio, Dorner und Wagenbauer, bekannt, studirte fleißig nach Niederländern, als Wouvermann, Wynants, Brauer, v. d. Velde u. dgl., wozu ihm die Gallerie zu München und Schleißheim reichlichen Stoff boten; machte jährlich Reisen nach Tyrol und dem bayerischen Hochlande, und zeichnete Alles, was sich darbot, um sich im Genrefach auszubilden, reiste aus eigenen Mitteln im Jahr 1831 und 1832 nach Italien, verweilte 2 Jahre in Rom, und bereicherte sich hier mit einer Menge Studien, ging sodann wieder zurück nach München, und malt hier Scenen aus Tyrol, Bayern und Rom. Seine Gemälde sind beinahe alle in Norddeutschland zerstreut.

Im Jahr 1834 malte er eine römische Osteria für Se. Majestät den König von Bayern.

Adolph von Schaden: Artistisches München im Jahre 1835 oder Verzeichniß gegenwärtig in Bayerns Hauptstadt lebender Architekten, Bildhauer, Tondichter, Maler, Kupferstecher, Lithographen, Mechaniker etc. Aus den von ihm selbst entworfenen oder revidirten Artikeln zusammengestellt und als Seitenstück zum gelehrten München im Jahre 1834 herausgegeben durch Adolph von Schaden. München, 1836.

Wiener Zeitschrift für Kunst, Literatur, Theater und Mode (11.12.1838)

Gallerie einiger in München lebender Künstler.
(Fortsetzung.)

Bürkel, Heinrich.

Das Alpha der Gallerie ist noch lange nicht abgeschlossen, denn mancher achtungswerthe Künstler, wie z. B. Achenbach, Aertinger u. s. w. gehörten in den großen Rahmen; allein da sich im Augenblicke die Gelegenheit nicht darbietet, ihre Lebensverhältnisse nach mündlichen oder schriftlichen Mittheilungen darzustellen, so mag der schnelle Übergang zum nächsten Buchstaben seine Rechtfertigung finden. Wer ist überdieß im Stande, mehr als sechshundert Künstler in ihren Bestrebungen und Leistungen zu überschauen und zu würdigen? Wir nähern uns einem Künstler, der als Landschafts- und als Genremaler ein Rangverhältniß unter seinen Kunstgenossen in Deutschland einnimmt. Seine Gemälde werden gesucht und bilden im fürstlichen Cabinete wie in den Salons der kunstliebenden Privaten eine Zierde. Sein Name ist allenthalben in Deutschland bekannt und man wetteifert, besonders im nördlichen Theile, seine Gemälde zu besitzen. Das frische heitere und sonnige Leben, das im südlichen Theile Deutschlands, das in Italien so reich und characteristisch durchgehends hervortritt, spiegelt sich mit einer ungewöhnlichen Klarheit in seiner Künstlerseele ab, und erscheint voll Kraft und Wahrheit auf der Leinwand.

Bürkel gehört der Pfalz an. Er wurde 1802 zu Pirmasenz geboren. Die bunte Regsamkeit im väterlichen Hause, einem Gasthofe, die mannigfaltigen Scenen, die Schönheit wie die Karrikatur, die vom Weine geweckte Freude wie die Macht des Rebengottes, wenn der Gast über das Maß ihm huldigt, der kleine Kreis frohsinniger Menschen wie die größeren Gruppen, erregten im Knaben schon den Trieb zur plastischen Darstellung. Der Jüngling nährte diese Neigung gegen den Willen seiner Eltern fort, die ihn zum Kaufmann bestimmten. Das Comptoirleben schien dem lebhaften Jüngling unerträglich, die Zahlen, die ihm zu Hause in der Schenkstube durch ihre Monotonie einen Ekel verursachten, konnten der regen Phantasie nicht entsprechen. Er zog es vor, in einer Gerichtsstube fünf Jahre lang als Schreiber zu arbeiten, denn es bot sich ihm wenigstens ein großer Wechsel der Scenen dar, so tödtend übrigens die Amtsfeder auf seinen regen Geist einwirken mochte. Er gab endlich seinem Drange, Öhlgemälde zu sehen, nach und entschloß sich, die Gerichtsstube im Rücken, größere Städte aufzusuchen, um sein Auge zu befriedigen.

Bürkel kam nach Straßburg, wo er die ersten Öhlgemälde sah, und von jetzt an bot er Alles auf, seine nicht unbemittelten Eltern zu bewegen, ihn in seinem Entschluß, sich zum Künstler auszubilden, zu unterstützen. Die zufällige Anwesenheit des damaligen einsichtsvollen und kunstsinnigen Regierungspräsidenten von Stichaner im väterlichen Hause Bürkel's, wirkte auf die günstige Wendung seiner künftigen Lebensverhältnisse und auf den Willen seiner Eltern so ein, daß sich die letzteren, ermuntert durch die Anerkennung, welche der edle Staatsbeamte dem Talente des hoffnungsvollen Sohnes gönnte, bewegen ließen, ihm ein Jahr lang Unterstützung zur Ausbildung zu gewähren. Bürkel kam in seinem zweyundzwanzigsten Jahre auf die Akademie zu München und hielt es in solchen Verhältnissen für nicht rathsam den langsamen Gang auf der Akademie zu verfolgen, machte sich aber mit den dortigen Meistern Georg von Dillis, Peter Heß, Dom. Quaglio, Dorner und Wagenbauer bekannt, studierte fleißig nach Niederländern als Wouvermann, Wynants, Brauer, van der Velde u. a. m., wozu ihm die Gallerien in München und Schleißheim reichlichen Stoff gaben; machte jährlich Reisen nach Tyrol und dem bayerischen Hochlande und zeichnete Alles, was sich ihm darbot, um sich im Genrefach auszubilden; reiste im Jahre 1831 und 1832 nach Italien, verweilte zwey Jahre in Rom und bereicherte sich dort mit einer Menge Studien. Er kehrte wieder nach München zurück und malte seitdem Scenen aus Tyrol, Bayern, Rom u. s. w. Eine römische Osteria, für Se. Majestät den König von Bayern, bewährte nebst anderen künstlerischen Erzeugnissen seine geistreiche Auffassung und sein eminentes Darstellungstalent.

(Werden fortgesetzt.)

Wiener Zeitschrift für Kunst, Literatur, Theater und Mode 148. Dienstag, den 11. Dezember 1838.

Die bildende Kunst in München (1842)

Heinrich Bürkel,

der Sohn eines Wirthes, geboren am 9. Sept. 1802 zu Pirmasens in der Pfalz, war von seinen Eltern zum Kaufmannsstande bestimmt, gegen welchen er aber eine so heftige Abneigung hatte, daß er es vorzog, als Schreiber bei einem Friedensgerichte zu arbeiten, wodurch er fünf Jahre für die Kunst verlor, zu welcher ihn eine unwiderstehliche Neigung trieb, daß er schon früh ohne alle Anleitung nach der Natur und schlechten Kupferstichen zeichnete, die er in seiner Vaterstadt auffand, wobei ihm das väterliche Haus, in welchem sich, als einem Wirthshause, oft die bunteste Gesellschaft zusammenfand, manchen Stoff darbot, den er auf komisch naive Weise in flüchtigen Umrissen mit dem Stifte zu Papier brachte. Als er endlich in Straßburg die ersten Oelgemälde sah, erwachte der Drang zur Kunstausbildung so gewaltig, daß er seinen Eltern anlag, ihm Unterstützung und Erlaubniß dazu zu gewähren, was er jedoch erst auf die Fürsprache des edlen Regierungspräsidenten Stichaner und nur unter der Bedingung erhielt, daß er binnen Jahr und Tag solche Fortschritte machen müßte, um seinen Unterhalt durch die Kunst zu erwerben, sonst sollte er wieder zum Schreibdienste zurückkehren.

So konnte er erst im Jahre 1824 die Akademie zu München besuchen, hielt sich jedoch nicht strenge an den Bildungsgang dieser Kunstschule, sondern zeichnete mit rastlosem Fleiße für sich, copirte dann die Niederländer in den Gallerien zu München und Schleißheim, machte während des Sommers Ausflüge in das bayerische Hochland, überall das Leben in seinen mannichfaltigen Erscheinungen mit heiterem Sinne und in leichten gefälligen Zügen auffassend und zu einem Bilde verbindend, die er dann in Oel ausführte.

Im Jahre 1831 ging er nach Italien und Rom, weilte dort zwei Jahre und wußte sich bald ganz in den südlichen Charakter des Landes und Volkes so zu versenken, daß er auch hier die Natur in ihrer Eigenthümlichkeit wiederzugeben wußte. Dadurch erklärt sich die Menge und Mannichfaltigkeit seiner Bilder, die wie liebliche Gelegenheitsgedichte erscheinen, welche ein heiterer Wanderer auf dem Wege macht.

Mit besonderer Vorliebe aber widmete er sein schönes Talent der Auffassung des bayerischen Gebirgslebens, und dabei ist Landschaft und Handlung der dargestellten Personen auf das Schönste und Innigste miteinander verbunden. Jetzt schildert er das heitere, romantische und idyllenartige Alpenleben, zeigt, mit welcher Freude im erwachenden Frühlinge die Senninen und das Vieh hinaufziehen zu den bekräuterten Höhen: schon ist der Bube oben bei der Sennhütte angekommen, nach klettert das Vieh, und er steht und schaut hinab in die ferne Ebene, und schwenkt den Hut, und läßt seinen Gruß von Berg zu Berg, von Thal zu Thal erschallen. Der Beschauer, fühlt sich selbst wie auf eine vom klaren Himmel umflossene Alpenspitze versetzt, und schaut selbst mit Wohlgefallen dahin in die Ferne, die mit Dörfern und Städten besäet erscheint. Ein anderes Mal schildert er den Heimzug von der Alpe, oder er zeigt uns die Sennin neben der Hütte, Wasser schöpfend am Brunnen, umher das Vieh im fetten, glänzenden Grase, Schwalben im reinen Himmelsblau schwebend, die weite Landschaft unten im Morgenscheine, und Wanderer steigen den Berg herauf. Wieder ein anderes Mal führt er uns dagegen zu einer Schlägerei, wie sie auf dem Lande vorkommen, in einer Schenke, und schildert die Scene mit lebendiger Treue.

Selbst aus Italien, dem Lande des Schönen, bringt er vorzugsweise solche Volks-Scenen, und führt uns in die schmutzigen Kneipen, zeigt uns das Getreibe der Eseltreiber und Bettler, der Mönche und Hirten; die schönen italienischen Frauen, auf welchen der Blick mit Wohlgefallen ruht; oder einen ländlichen Tanz vor einem italienischen Wirthshause; eine Bauernfamilie, die nach Rom reist, und die pontinischen Sümpfe in der Ferne mit den unheilvollen Dünsten.

Mit eben solcher Wahrheit, wie diese und ähnliche Scenen, schildert er auch den Winter, wenn die Natur ringsumher erstorben scheint und nur ein leises Leben in falbgrünen Gräsern und dunklen Tannenzweigen aus dem Schnee hervor sich ankündet; oder Regen und Sturm mit ihren malerischen Erscheinungen.

Dr. Johann Michael von Söltl: Die bildende Kunst in München. München, 1842.

Universal-Handbuch von München (1845)

Bürkel, Heinrich,

geboren 1802 in Pirmasenz in der Rhein-Pfalz, Ehrenmitglied der Dresdener- und Wiener-Akademie, begann seine Kunststudien im Jahre 1821 in München bei der Akademie der bildenden Künste, und wählte hiezu besonders die ältesten Meister. Später reiste er nach dem bayrischen Oberlande und Tyrol, sodann nach Holland, um sich für das Fach der landschaftlichen Genre- und Thiermalerei auszubilden. Er besuchte in den Jahren 1830–31 Rom und bereicherte sich besonders mit einer Masse von Skizzen aus der Umgegend Roms und der römischen Campagna. Seine Genregemälde sind voll der glänzendsten Effekte und tragen den echten Charakter der Natur, während seine deutschen Hochlandsbilder voll freundlicher Gemüthlichkeit sind. Die gute Wirkung der behandelten Gegenstände giebt sich in jedem einzelnen Bilde klar und deutlich kund, da überall der Typus des Oertlichen und Individuellen ganz naturgetreu wahr und kräftig dargestellt, und wodurch jedem seiner Bilder der Stempel des Meisters aufgedrückt ist. Später malte er auch Winterlandschaften mit bestem Erfolge und mit frappanter Charakteristik.

Bürkels Bilder sind in der ganzen Welt zerstreut; von den bekannten Besitzern können angeführt werden: S. k. H. Erzherzog Franz Karl in Wien, Graf Colowrat, v. Arthaber in Wien, die Gemäldegallerie zu Stuttgart und aus der früheren Zeit des Künstlers die Gemäldegallerie zu Schleißheim.

Universal-Handbuch von München. München, 1845.

Kunstvereins-Bericht für 1869 (1870)

Nekrologe.

Heinrich Bürkel,
Maler und Ehrenmitglied der Akademieen zu München und Dresden, wirkl. Mitglied der k. k. Akademie zu Wien,

wurde geboren zu Pirmasens am 29. Mai 1802 als der Sohn eines Gastwirths und Weinhändlers von dort. Nachdem Bürkel die deutsche Schule durchgemacht hatte, wurde er trotz seiner Abneigung gegen das kaufmännische Fach, einem Handelsmanne in die Lehre gegeben; denn es war Wunsch des Vaters, der unter nicht allzu günstigen Verhältnissen eine große Familie zu ernähren hatte, daß Bürkel möglichst bald seinen Unterhalt sich selbst verdiene. Allein er hielt es in dieser Berufsspähre nicht lange aus; er trat einem andern Plane folgend, hierauf bei dem am Friedensgerichte fungirenden Gerichtsschreiber als Gehilfe ein, fühlte sich jedoch durch diesen Tausch bald nichts weniger als glücklich. Das mechanische Geschäft mußte ihn, der schon in der Schule lieber mit Griffel und Bleistift gezeichnet als gerechnet und geschrieben hatte, anwidern. Gleichwohl lag er demselben bis zu seinem 19. Jahre mit der größten Gewissenhaftigkeit ob. In seinen Mußestunden zeichnete Bürkel fleißig theils nach der Natur theils nach einigen vorgefundenen Kupferstichen und Radirungen. Allein Niemand im Orte besaß das rechte Verständniß für das Talent des jungen Mannes.

In dem vorerwähnten Jahre kam Bürkel auf einer Fußreise nach Straßburg und sah dort im Hause des Malers Helmsdorf zum ersten Male in seinem Leben Oelbilder. Er ward davon so ergriffen, daß bei ihm sofort der Vorsatz feststand, Maler zu werden. Bald darauf kam der damalige Regierungs-Präsident v. Stichaner nach Pirmasens. Dieser rieth Bürkel's Mutter, welche ihn aufgesucht und eine Tuschzeichnung ihres Sohnes vorgezeigt hatte, von der Sauberkeit der Arbeit überrascht, denselben auf die Akademie nach München zu schicken und versprach, ihn deren Direktor Langer brieflich zu empfehlen.

So kam Bürkel im Jahre 1822 nach München, um an der Akademie regelrechte Studien zu machen. Statt hier zu finden, was er suchte, fühlte er sich vielmehr von der herrschenden, dem Formalismus allzusehr huldigenden Richtung abgestoßen und zog sich deßhalb bald zurück, um in der Münchener- und Schleißheimer Gallerie die alten Meister, insbesondere Wouwermann, Wynants, Ruysdael, Ostade und andere zu studiren. So war denn Bürkel im eigentlichsten Sinne des Wortes Autodidakt. Sein Name hatte bald einen guten Klang und seine Bilder fanden so bereitwillige Abnehmer, daß er sogar seine Eltern und Geschwister zu unterstützen sich in der Lage sah. Das Jahr 1829 führte ihn nach Rom, wo er sich zwei Jahre aufhielt und einen werthvollen Schatz an Studien sammelte. Nicht minder reich an künstlerischen Erfahrungen, und Erinnerungen, welche er dem Verkehre mit Männern wie August Riedl, Ziebland, Brandes verdankte, kehrte Bürkel nach München zurück, und nun begann dessen Glanzperiode. Bald Landschaften mit Thieren und menschlichen Figuren staffirt, bald Scenen aus dem deutschen und italienischen Volksleben malend behandelte er jeden Stoff mit gleicher Meisterschaft. Er besaß ein seltenes Talent, den Charakter eines Landes und Volkes aufzufassen, dessen Eigenthümlichkeiten herauszufinden und mit einer fesselnden Wahrheit und Treue wiederzugeben. Dabei ward er von einem seinen ästhetischen Takt geleitet, welcher ihn nie zu weit gehen ließ, wenn er auch das Leben in seiner ganzen ungeschminkten Wirklichkeit wiedergab. Das bayerische, an poetischen Scenen so reiche Gebirgsleben war es vorzüglich, dessen Darstellung wir in seinen Bildern begegnen. Durch die Art und Weise, in welcher er in diesen die landschaftliche Natur mit den handelnden Personen in eine innige Verbindung zu bringen wußte, hat Bürkel das in neuester Zeit nicht mehr betriebene landschaftliche Genre wieder eingeführt; auch als Vater der neuen Winter- und Regenlandschaft muß er betrachtet werden. An Produktivität ragt Bürkel vor allen seinen Zeitgenossen hervor. Es dürfte kaum zu weit gegangen sein, wenn man die Zahl seiner Bilder einschlüssig des sehr bedeutenden künstlerischen Nachlasses über tausend schätzt. Sie sind in allen größeren Privat- und öffentlichen Sammlungen zu finden. Denn der Meister erfreute sich einer seltenen Popularität, die er neben der großen Anziehungskraft seiner Stoffe zum nicht geringen Theil auch dem köstlichen Humor verdankte, mit dem er seine Darstellungen zu beleben wußte. Dazu kam, daß sie wohldurchdacht in der Composition, im Bau der Gruppen und Massen einen feinen Sinn bekundend, in der Zeichnung schön, in der Farbe kräftig, in der Ausführung leicht, aber gewissenhaft waren. Unter Bürkel's zahlreichen Freunden hat wohl keiner des Künstlers Wesen und Werke besser erfaßt als Adalbert Stifter, dem der Anblick eines solchen, wie er dem Freunde einmal selbst schrieb, den Tag zu einem wahren Festtag machte.

Was endlich das Privatleben Bürkel's betrifft, dessen Verhältnisse in Folge der unermüdlichen, durch einen reichen Absatz gelohnten Thätigkeit des Künstlers im Laufe der Zeit sich sehr günstig gestaltet hatten, so war seine gesellschaftliche Stellung eine allgemein geachtete. Ein offenes biederes Wesen, seine Art, unter allen Umständen für die eigene Meinung einzutreten, Toleranz gegen anders Urtheilende gewann ihm die Herzen Aller, welche Freunde der ungeschminkten Wahrheit waren. Letztere konnte man von Bürkel namentlich in Sachen der Kunst zu hören bekommen.

Ein Herzleiden, von welchem er schon seit längerer Zeit befallen war, ohne daß sich Bürkel hiedurch bis wenige Tage vor seinem Tode in der Ausübung der geliebten Kunst hätte hindern lassen, führte ihn einer schmerzlosen Auflösung entgegen, welche am 10. Juni v. Js. vollendet war.

Bericht über den Bestand und das Wirken des Kunst-Vereins in München während des Jahres 1869. München, 1870.

Münchener Künstlerbilder (1871)

Heinrich Bürkel,
Genre- und Landschaftsmaler.

Heinrich Bürkel, einer der bedeutendsten Genremaler unserer Zeit, wurde am 29. Mai 1802 zu Pirmasenz in der bayerischen Rheinpfalz geboren. Sein Vater betrieb daselbst die Oekonomie und eine kleine Schenkwirthschaft, seine Mutter eine Krämerei. Das Vermögen war gering, der Kinder dagegen waren viele, und so galt es denn, jedes derselben möglichst bald in eine Lage zu bringen, welche es nicht länger nöthigte, die Beine unter der Eltern Tisch zu strecken. Heinrich ward demzufolge für den Handelsstand bestimmt, das heißt, nachdem er die Volksschule hinter sich gebracht, zu einem Krämer in die Lehre gegeben.

Seine Lebhaftigkeit hatte schon in der Schule Conflicte herbeigeführt, welche begreiflicher Weise zu seinem Nachtheil auszugehen pflegten, und so war ihm denn der Aufenthalt im kleinen Ladenzimmer beim Dütendrehen und Copiren langweiliger Geschäftsbriefe noch weit weniger angenehm, als selbst manche Arbeit im Magazin und der Verkehr mit den Kunden im Laden. Auch hier fehlte es nicht an kleinen Zusammenstößen, wie früher mit dem Lehrer, so jetzt mit dem Prinzipal, die meist darin ihren Grund hatten, daß der junge Mensch jede freie Minute dazu verwendete zu zeichnen, wobei natürlich vollkommen autodidaktisch vorgegangen wurde, wie das in einem Städtchen wie Pirmasenz nicht anders denkbar war.

Mit eilf Jahren schon hatte er den Stift mit solchem Erfolge gehandhabt, daß er die Aufmerksamkeit – der hohen kaiserlich französischen Polizei auf sich zog, mit der bekanntlich damals so wenig zu spaßen war wie heute, und eine Caricatur auf den aus Rußland flüchtenden Kaiser konnte ihn gar mit dem Code pénal in fatale Berührung bringen. Zum Glück läßt aber die Polizei unter Umständen ein vernünftiges Wort mit sich reden, und so blieb es, da sich einflußreiche Freunde der Familie der Sache warm annahmen, für diesmal noch beim Schrecken. Mit fünfzehn Jahren flüchtete sich der unfreiwillige Jünger Mercur's in die Arme der heiligen Justitia. Der Gerichtsschreiber des Friedensrichters bedurfte eines Gehilfen und Heinrich bewarb sich um die Stelle, welche ihm die erfreuliche Aussicht bot, nach Schluß der vorgeschriebenen Büreaustunden über seine Zeit nach eigenem Ermessen frei verfügen zu können. So wandelte er denn aus dem Comtoir in die Gerichtsstube.

Und wie viel hatte der junge Mensch nicht schon erlebt! Er war als Franzose geboren worden, hatte einen Theil der ehemals großen Armee aus Rußland heimkehren sehen; nach einander waren preußische, russische, österreichische, bayerische und andre deutsche Truppen auf ihrem Wege nach Paris durch das Städtchen gezogen, lange Züge von Kanonen und Transportwagen waren gefolgt, die Einquartierung von Freunden und Feinden war gleich drückend gewesen. Napoleon war von Elba entwichen, die hundert Tage waren wie ein riesiges Epos verklungen, die Pfalz am Rheine stand unter österreichischer Verwaltung und ward endlich wieder dem Hause Wittelsbach zurückgegeben. Das Alles war wie die Bilder einer magischen Laterne an dem jungen Menschen vorübergegangen und hatte seine seltene Anlage, Eindrücke der Außenwelt rasch in sich aufzunehmen, noch ausgebildet und vervollkommnet. Und da er, immer noch auf sich selber angewiesen, Stift und Feder gleich eifrig handhabte, besaß er bereits eine unter solchen Umständen staunenswerthe Fertigkeit, diesen Eindrücken bleibende Gestalt zu geben.

Ueber seiner zur wahren Leidenschaft gewordenen Neigung für die Kunst, von der man natürlich in Pirmasenz ganz absonderliche Vorstellungen haben mochte, versäumte er jedoch seine Obliegenheiten als Schreiber nicht. Seine flüchtige Hand, seine Aufmerksamkeit und Pünktlichkeit, nicht minder sein Wohlverhalten hatten ihm rasch die Gunst seines neuen Prinzipals gewonnen und bewahrten sie ihm für alle Zeiten.

Aber weder die gewissenhafteste Erfüllung seiner Dienstpflichten, noch das Bewußtsein einer doch für den Augenblick gesicherten Existenz vermochten in ihm den Gedanken zu verscheuchen, daß sein Leben ein verfehltes sei. Noch hatte er selber nichts gesehen, was den Namen eines Kunstwerkes im vollen Sinne des Wortes verdiente; das Höchste dieser Art, dessen er ansichtig geworden, bestand in einem Paar mittelmäßiger Kupferstiche und Radirungen, welche ein Zufall in das arme Landstädtchen verschlagen und so Heinrich unter die Augen geführt hatte.

Diese und nebenbei die Natur dienten ihm als Vorbild. Leider hat sich nichts von dem erhalten, was er in jenen Jahren producirte; gleichwohl muß es sich von ähnlichen Leistungen junger Leute vortheilhaft unterschieden haben, weil Personen seiner Bekanntschaft es als von mehr als gewöhnlichem Talente Zeugniß gebend anerkannten. Aber da im ganzen Städtchen Niemand zureichendes Kunstverständniß besaß, um seine Eltern von der hervorragenden Befähigung ihres Sohnes in der Art überzeugen zu können, daß sie es bei ihren beschränkten Mitteln unternommen hätten, ihren Sohn eine ganz neue und noch dazu eine ebenso kostspielige wie unsichere Bahn einschlagen zu lassen, so verblieb derselbe bis zu seinem neunzehnten Lebensjahre in Verhältnissen, welche ihn geradezu unglücklich machten.

Um diese Zeit fügte es sich, daß der junge Bürkel auf einer Fußreise durch das schöne Elsaß nach Straßburg kam und den Maler Helmsdorf kennen lernte. Friedrich Helmsdorf, ein Magdeburger, war im Jahre 1809 aus seiner Vaterstadt nach Straßburg übergesiedelt und bildete daselbst einen Kreis von Schülern und Schülerinnen um sich. Er war kurz vor Bürkel's Besuch in Straßburg von seiner zweiten italienischen Reise zurückgekehrt und noch voll von glühender Begeisterung für das Land der Kunst, in welchem er diesmal vier Jahre gelebt hatte. Wäre auch seine Auffassung der Natur weniger lebhaft, seine Perspective und Technik weniger trefflich, seine Farbengebung bei aller Mannigfaltigkeit weniger harmonisch gewesen, als sie es wirklich waren: der Eindruck eines seiner eben vollendet auf der Staffelei stehenden Bilder auf den jungen Bürkel hätte gleichwohl ein überwältigender sein müssen. War dieses Oelbild doch das erste, welches Bürkel sah. Er ward von dem Eindrucke dergestalt ergriffen, daß er von dem Entschlusse Maler zu werden, nicht mehr abgebracht werden konnte, obwohl er nur eine sehr unvollkommene Vorstellung darüber hatte, wie dies eigentlich zu bewerkstelligen sei, und die Eltern Angesichts ihrer noch immer ungünstigen finanziellen Verhältnisse von diesem Gedanken ihres Sohnes nichts weniger als erbaut waren.

Um jene Zeit stand an der Spitze der Regierung des Rheinkreises, wie die bayerische Pfalz damals offiziell genannt wurde, der Präsident von Stichaner, ein vielseitig gebildeter Mann und auch in Sachen der Kunst nicht ohne einige Erfahrung. Nun war Heinrich mit seinen Klagen und Wünschen vornehmlich der Mutter angelegen, wohl wissend, daß, hätt' er erst sie als Bundesgenossin gewonnen, ihren gemeinschaftlichen Bitten der strengere Vater endlich denn doch noch weichen würde. Eines Tages erschien Herr von Stichaner auf einer Visitationsreise in Pirmasenz, und Frau Bürkel nahm denn all' ihren Muth zusammen und eine Rolle in die Hand und bat beim Regierungspräsidenten vorgelassen zu werden. Die Rolle aber war eine von ihrem Heinrich in Tusch ausgeführte Copie eines Kupferstiches nach Rubens.

Der Präsident, von der Arbeit des jungen Gerichtsschreibers-Gehilfen angenehm überrascht, rieth der Mutter, welche mit hochklopfendem Herzen seines Urtheils harrte, sie solle den Sohn nach München schicken und hatte noch überdieß die Freundlichkeit, diesem für den Fall der Erfüllung seines Wunsches einen Empfehlungsbrief an den damaligen Akademie-Director Peter von Langer in Aussicht zu stellen. So gelang es denn, auch den Vater für den neuen Lebensplan zu gewinnen und Heinrich Bürkel siedelte in seinem zwanzigsten Lebensjahre nach München über.

Das München von 1822 hatte wenig Aehnlichkeit mit dem München, welches König Ludwig in's Leben rief. Um Bürkel's Lage zu begreifen, müssen wir ein wenig weiter ausholen.

Jede Kunst hat ihre in ihrem innersten Wesen begründeten Voraussetzungen, deren Eintritt allein den wahrhaften Aufschwung des künstlerischen Geistes möglich macht. Merkwürdigerweise ist es gerade das Aeußerliche, der Stoff und die Form, und muß es sein, auf dem diese Vorbedingungen beruhen. Sie beide bilden in dieser Weise gewissermaßen die Regulatoren für die Ideale der Menschen, deren Verkörperung in den Werken der Künstler uns entgegentritt. So kann es auch nicht auffallen, daß die Erhebung der neueren Kunst seit den Zeiten der Revolution keineswegs mit der reinen Idee an und für sich begann, sondern zunächst ihren Anfang nahm mit der Reinigung der Form nach dem Vorbilde der Antike. Es bedurfte eines Winckelmann und seiner die Welt des Schönen erschließenden Gedanken, um die Gebilde der Alten wieder lebensvoll und lebensfrisch aus den Trümmern, unter welchen sie bis dahin begraben gewesen, erstehen zu lassen. Unter solchen Umständen mußte schon das Aeußere der Antike vollkommen fesseln, während in der Regel der Geist derselben noch unverstanden blieb und nur wenige Auserwählte in die tiefsten Tiefen ihres Wesens einzudringen vermochten. Darum lassen uns die Arbeiten eines Rafael Mengs und andrer Zeitgenossen so kühl. Ihre Gebilde sind mehr oder minder glücklich bekleidete Statuen, und deren Eindruck vermag unser Interesse nicht zu wecken, wenn sie uns auch oberflächlich ansprechen. Und doch sind die Formen schon reiner und gewählter und lassen uns die Armuth der Erfindung, den Eklekticismus in Form und Farbe und die durchweg mangelhafte Composition weniger streng beurtheilen. Der geniale Schöpfertrieb ruhte, durch das Gewicht der Materie gefesselt und harrte besserer Tage. Das rein Stoffliche galt es zunächst zu überwinden, wenn der Geistesfunke der Kunst zu hellen Flammen auflodern sollte.

Verspätete Schößlinge jenes absterbenden Stammes wucherten bis in die beiden ersten Jahrzehnte unsers Jahrhunderts auf den Lehrstühlen der deutschen Kunst-Akademien fort. Zu ihnen zählte auch Peter von Langer, der als Direktor der Münchener Akademie einem Cornelius alles Talent absprach, Heinrich Heß von der Anstalt wegwies und versuchte, Ludwig Schwanthaler wegen Mangels an Begabung auf eine andre Lebensbahn zu führen.

An derselben Münchener Akademie, welche von demselben Peter von Langer geleitet wurde, sollte nun Bürkel, der Autodidakt, seine Studien machen. Natürlich wurde er nicht beachtet, von Niemandem berathen. Bürkel sah dies einige Zeit mit stillem Grollen an, endlich aber bäumte sich sein energischer Charakter dagegen auf, und die Sache endete damit, daß er sich seinerseits ebensowenig um die Akademie bekümmerte, als diese sich um ihn, und schließlich ganz aus ihrem Verbande ausschied.

Das war der gefährlichste Augenblick in seinem Leben, um so gefährlicher, als das Treiben in der größeren Stadt für den jungen Mann von übersprudelnder Lebenslust manche Gefahr nahe legte. Aber dasselbe strenge Pflichtgefühl, das ihn vier Jahre lang in der Schreibstube hatte ausdauern lassen, hieß ihn nun seinen eigenen Weg gehen. Kameraden unterwiesen ihn, so weit sie es im Stande waren, in der Technik des Oelmalens, und Bürkel, der sich im Antikensaale nicht behaglich gefühlt, saß nun mit seiner Staffelei in den Galerien von München und Schleißheim, um zu copiren. Sein ganzer Entwickelungsgang, alle seine Erlebnisse mitten im Volke, seine volle Theilnahme an allen Leiden und Freuden desselben, wiesen ihn, das Kind des Volkes, an, die Bilder des täglichen Lebens und der Landschaft künstlerisch fest zu halten. Dazu kam, daß er als Deutscher gerade für diese Richtungen mit besonderer Begabung ausgestattet war und sich dessen bald bewußt wurde.

Es war ein gewagtes Unternehmen, die Meisterwerke eines Wouverman, Ostade, Brouwer, Ruysdael, Wynants und Berghem zu copiren, ohne Rath, ohne Führung und Leitung. Alles, was Bürkel mitbrachte, war eine tüchtige Fertigkeit im Zeichnen, ein scharfes Auge, eine feste Hand, einiges Selbstvertrauen und ein ausdauernder Wille, der sich nicht abschrecken ließ, wenn Versuch um Versuch mißlang. Endlich mußte es gelingen! Mit diesem Gedanken kehrte er immer wieder, und es gelang in der That. Noch in späteren Jahren, als sein Name schon längst ein in der Kunstwelt gefeierter war, liebte er es, das eine oder andre kleine Bild seiner Lieblingsmeister zu copiren, und seine Copien nach ein paar Wouvermans in der Münchener Pinakothek müssen unbedingt zu dem Besten gerechnet werden, was in dieser Beziehung geleistet wurde.

Das Copiren war ihm freilich nicht Studium allein, sondern auch Erwerbsquelle, welche bald so ergiebig floß, daß er daran denken konnte, sich in eigenen Compositionen zu versuchen, ohne deshalb darben zu müssen. Auch hierin wurden ihm die vorgenannten Meister zu Vorbildern und seine Arbeiten nach einigen Jahren so geschätzt, daß er nicht blos auf jeden Unterhaltsbeitrag aus dem fernen elterlichen Hause verzichten konnte, sondern sich auch in Stand gesetzt sah, zwei jüngere Brüder zu unterstützen. Schon in den Arbeiten aus jener ersten Periode zeigte Bürkel jene ungewöhnliche Vielseitigkeit, welche ihn vor so vielen Künstlern seines Faches auszeichnen sollte. Scenen aus dem Volksleben in den nahen Bergen wechselten mit Scharmützeln und andern kriegerischen Scenen, welche an seine Kinderjahre herangetreten waren, und zur bunten Abwechselung fehlte es auch nicht an Episoden aus dem Kreise friedlicher Hirten. Namentlich Bilder der ersten Art erwarben ihm die Gunst des Publicums, für das in jenen Tagen gerade dieser Theil des Genre besondere Anziehungskraft besaß, wie man denn ohne Uebertreibung sagen könnte, die Maler seien es gewesen, die für die Münchener das kaum sechs Meilen entfernte Gebirge entdeckten. Alles schwärmte damals für das Oberland und die Oberländer, und unser Bürkel war ganz der Mann, der Land und Leute in ihrer vollen Ursprünglichkeit und Urwüchsigkeit wiederzugeben vermochte von welcher seither gar Manches und gerade nicht zum Vortheil der Betheiligten durch die Alles nivellirende Cultur abgeschliffen worden ist. Jene süßliche Romantik der alten Düsseldorfer Schule fand in München keinen Anklang, und Bürkel's bisweilen derber Naturalismus war hier doppelt am Platze.

Nicht ohne bestimmenden Einfluß auf ihn war die Thatsache, daß er sich an ein systematisches Studium der Natur erst dann machte, als er sein Auge an den Werken alter Meister zum Sehen und Erfassen der Natur geübt hatte. So bewahrte er sich vor dem Fehler, in den so manche Neuere verfallen, indem sie in ihrem an sich berechtigten Streben nach Naturwahrheit für diese die davon so weit verschiedene Naturwirklichkeit nehmen. Sein bereits künstlerisch geübtes Auge erfaßte in der Natur nur das innerlich Berechtigte, Wesentliche, Nothwendige, mit einem Worte nur das Kunstschöne. Das Zufällige, Unschöne war für ihn gar nicht vorhanden, und wo es sich unter Umständen ausnahmsweise vordrängte, wußte er es ohne Nachtheil für das Charakteristische der Erscheinung bei Seite zu schieben.

Sein Aufenthalt im Gebirge hatte zunächst weniger dem Lande als den Leuten gegolten und wenn er auch schon damals für die leblose Natur einen freien Blick mitbrachte, wie das bei seinem eingehenden Studium der Niederländer nicht wohl anders der Fall sein konnte, so legte er doch der landschaftlichen Natur in seinen Compositionen erst gegen das Ende der zwanziger Jahre ein größeres Gewicht bei, und widmete sich neuerlich dem Studium Ruysdael's, Wynants', Everdingen's und andrer Meister verwandter Richtung. Von da an behandelte er vielfach die Landschaft nicht blos als Hintergrund seiner Genrecompositionen, sondern führte größere selbständige Landschaftsbilder aus. Er war auch der Erste unter den Münchener Künstlern, welcher die Winterlandschaft mit besondrer Vorliebe cultivirte und sie geradezu zu einem eigenen Kunstzweig erhob. Seine Winterlandschaften trugen nicht wenig dazu bei, daß sein Name schon damals auch außerhalb Münchens einen guten Klang hatte, und man darf sagen, daß sie, was innere Wahrheit der Erscheinung betrifft, noch zur Stunde unübertroffen sind, wie groß auch die Vortheile sein mögen, welche seinen Nachfolgern aus einer bis zum Gipfelpunkt entwickelten Technik erwuchsen.

So kam das Jahr 1829 heran, welches einen seiner Herzenswünsche erfüllen sollte: Bürkel trat seine Romfahrt an und schlug den Weg durch Tyrol und über Venedig ein. In Rom fand er in der deutschen Malerkolonie freundliche Aufnahme und erwarb sich dort durch die kräftige Ursprünglichkeit seines ganzen Wesens nicht weniger als durch die hervorragende Begabung wackere Freunde. Vorzüglich waren es die Genremaler Mayer, Weller und August Riedl, der treffliche Gesellschafter, der tiefpoetische Landschaftsmaler Heinrich Heinlein und der Architekt Ziebland, sämmtlich der Münchner Schule angehörig, dann der Braunschweiger Georg Heinrich Brandes, an welche sich Bürkel während seines römischen Aufenthaltes enger anschloß. Mit dem Letztgenannten, der sich ebenfalls in München ausgebildet hatte und nach Bürkel in der ewigen Stadt eintraf, machte er noch in der letzten Zeit wiederholt Ausflüge in die Campagna, die pontinischcn Sümpfe, die Volsker- und Albanerberge, die er so oft allein und in fröhlicher Gesellschaft durchstreift, dem Ankömmling ein erfahrener Führer.

Mit derselben Leichtigkeit, mit welcher er das Charakteristische des bayerischen Hochgebirges und des verwandten Tyrol und ihrer Bewohner erfaßt, fand er die Eigenthümlichkeiten der Natur und des Volkes auch unter dem südlichen Himmel heraus und erwarb sich durch einige noch in Rom gemalte, überaus lebendige Scenen aus dem dortigen Volksleben die Achtung der Kenner. Eine derselben erwarb der König Ludwig von Bayern, der den Künstler sehr hoch schätzte und mehrere Bilder desselben, darunter das erwähnte »die mezza via« und »eine Heerde in der Campagna« später seiner Sammlung von Gemälden neuerer Meister in der neuen Pinakothek einverleibte. Auch mit Thorwaldsen trat Bürkel in Verkehr und durfte sich nicht blos wiederholter Besuche des Meisters in seinem Studio, sondern auch der Auszeichnung erfreuen, daß Thorwaldsen ihm zwei Bilder abkaufte.

Der Abschied von Rom war ein um so schmerzlicherer, als Bürkel nicht in der Lage gewesen, seine Wanderungen weiter nach Süden auszudehnen, wie sehnlich er es auch gewünscht. Es ist dies nicht blos seinethalben, sondern auch der Kunst wegen zu beklagen. Gerade Neapel mit seinen Lazzaroni's hätte Bürkel so viel des Malerischen geboten und seinem Humor gewiß vielfache Anregung gegeben.

Im Jahre 1832 kehrte Bürkel über die Alpen zurück und, schon vor seiner Romfahrt der Liebling des kunstsinnigen Münchener Publicums, erntete er nun neue Lorbeern und ward der volksthümlichste unter seinen Collegen, das Wort in seinem reinsten und edelsten Sinne gebraucht.

Mit der symbolisch-allegorischen Auffassung der menschlichen und göttlichen Natur konnten sich unmöglich Alle befreunden. Das Publicum verlangte Gestalten von seinem Fleisch und Bein, da es mit den Personificationen allgemeiner Ideen damals noch weniger als jetzt anzufangen wußte. Es wollte lebenskräftige Individualitäten anstatt jener allerdings bisweilen geistvollen, stylisirten Allgemeinheiten, die nur einzelnen Auserwählten anziehend und verständlich sein konnten. Gegenüber der Düsseldorfer Schule hatte die Münchner eine gewißermaßen aristokratische Tendenz. Von einem Fürsten in's Leben gerufen, mit fürstlicher Liebe gehegt und gepflegt, sofort zum Höchsten berufen, bildete sie dadurch einen ziemlich schroffen Gegensatz zu jener, die in einer Stadt ohne Hof aus dem Volke herausgewachsen und zumeist, ja fast ausschließlich, auf das Volk angewiesen war. Da trat Bürkel auf, der Mann aus dem Volke, mit allen Tugenden wie mit allen Schwächen desselben vertraut, ein Künstler von unerschöpflichem Reichthum der Phantasie und voll schalkhaften Humors, und führte dem Publicum eine Reihe von Compositionen voll dramatischer Wahrheit und scharfer Charakteristik vor. Kein neuerer Künstler hat frischer in's Leben hineingegriffen als gerade er, und dem, sowie seiner unversiegbaren Laune hat er es zu danken, daß er nie gesucht erscheint. Ausgerüstet mit einem sicheren Blick für das Passende, schuf er sich einen eigenen Styl, der allerdings mehr auf das Charakteristische als auf das Idealschöne gerichtet war, entschädigte aber durch die Gabe einer wunderbar frischen Auffassung des Lebens.

In seinen Darstellungen findet sich weder etwas Herbeigeholtes noch etwas Ueberflüssiges, eine Figur erklärt die andere und steht mit ihr und der Gesammtheit in demselben Zusammenhange innerer Nothwendigkeit, wie seine landschaftlichen Motive mit den Stimmungen der Seele. Ausgezeichnet sind namentlich seine landschaftlichen und architektonischen Hintergründe, die allzeit mit der genrehaften Handlung in vollster Harmonie stehen, so daß jedes seiner Bilder stets ein in sich abgerundetes Ganzes bildet.

Bürkel war ein Künstler von der seltensten Gewissenhaftigkeit. Er erlaubte sich weder in Composition noch Ausführung jenes Leichtnehmen, hinter dem nicht selten große Talente den Mangel an Fleiß zu verstecken suchen. Ein aufrichtiger Bewunderer des Genies, war er auf die Genialität, welche sich heute so gerne angeräuchert sieht, sehr übel zu sprechen. In Sachen der Kunst, und zwar nicht blos in seinem speziellen Fache, ein feiner Kenner, nahm er ebenso wenig Anstand Tadel wie Lob auszusprechen, unbekümmert darum ob er damit anstoße.

Mit der neuen, aus Belgien und Frankreich zu uns herübergekommenen Richtung konnte er sich nicht befreunden; sie stand in zu grellem Contraste mit seinem soliden, innerlich gefesteten Wesen, das allem Virtuosenthume grundsätzlich abgeneigt war.

Ihm, dem es mit seiner Kunst so heiliger Ernst war, mußte dieses Haschen nach Effect, nach blendendem Schein bei innerer Hohlheit, dieses Kokettiren mit Wahrheit, die doch nur den mehr oder minder entgeisteten Schein gab und geben konnte, in der Seele zuwider sein. Dabei war er aber keineswegs so einseitig und für das Hergebrachte blind eingenommen, daß er nicht auch für die Fehler desselben ein scharfes Auge gehabt und bisweilen sein aufrichtiges Bedauern ausgesprochen hätte, daß er sich in seinen vorgerückten Lebensjahren Manches nicht mehr aneignen könne, was ihm an den Neueren gut und annehmbar schien.

Es giebt wohl wenige Künstler, welche eine so staunenswerthe Productionskraft besitzen und mit derselben einen so nachhaltigen Fleiß verbinden, wie Bürkel. Man weiß, daß er eine ungewöhnliche Anzahl von Werken in alle Welt versandte, so daß kaum eine bedeutende öffentliche oder Privatsammlung existirt, die nicht wenigstens eins derselben aufzuweisen hätte, und doch könnte man eben nicht sagen, daß er sonderlich leicht oder rasch arbeitete. Der ursprüngliche Entwurf erlitt in der Regel unter dem Einfluß reiflicher Erwägungen mehr als eine Abänderung, bis der Künstler sich mit dem Erreichten zufrieden gab. Und war endlich die Composition abgerundet, so nahm die sorgfältige Durchbildung mit spitzem Pinsel wieder viel Zeit in Anspruch. Aber selbst dann stellte er die eine oder andere Arbeit wieder zurück, weil sie seinen Wünschen nicht entsprach.

Ein recht klares Bild seines rastlosen, unermüdeten Strebens gewährte sein künstlerischer Nachlaß. Da standen hohe Schränke mit hundert und wieder hundert der Vollendung mehr oder minder nahe gerückten Bildern und zahlreichen Portefeuilles voll Studien, mit dem Stift und der Feder gezeichnet, mit Wasserfarbe angetuscht, in Oel gemalt. Alle sauber aufgeklebt und in einer Weise systematisch geordnet, welche es dem Künstler möglich machte, das Gewünschte jeden Augenblick mit Leichtigkeit aufzufinden. Und welche Fülle von Objecten und schätzbaren Motiven ging da vor uns vorüber; von der Distel am Wege bis zu prächtigen Luftstudien, vom Hut des Pifferari und der Joppe des Tyrolers bis zum kleinsten Detail des Hausraths, von der Tannreiserhütte des Köhlers bis zu den Trümmern der Kaiserpaläste am Palatin, von dem seichten Wässerchen, das jeden Kiesel durchblicken läßt, bis zur Brandung der See, der tausend und abertausend Menschen- und Thiergestalten nicht zu gedenken, die er mit Stift und Pinsel festgehalten.

Bürkel's in den letzten Jahren von einem schmerzlichen Gichtleiden stark angegriffene Gesundheit vermochte kaum vorübergehende Unterbrechungen seiner Thätigkeit herbeizuführen. Tag für Tag saß er von früher Morgenstunde bis zum späten Abend vor seiner Staffelei auf einem liebgewonnenen alten Stuhle, der, weniger ausdauernd als sein Eigenthümer, mit eisernen Klammern und Bändern nothdürftig zusammengehalten werden mußte. Er hatte sich an das alte Stück Hausrath, so unbequem es jedem Andern gewesen wäre, derart gewöhnt, daß er es nicht mehr entbehren zu können glaubte und seiner Gattin immer hartnäckig Opposition machte, wenn sie es durch ein besseres und eleganteres ersetzen wollte. Es war mit ihm alt geworden und sie »wollten bis zum Ende beisammen bleiben«, wie er mir einmal scherzend bemerkte.

Wer Bürkel nicht genauer kannte, mochte wohl von seinem bisweilen rauhen Wesen getäuscht werden. Wer dagegen viel mit ihm verkehrte, dem erschloß er, aber sichtlich ohne es so recht eigentlich zu wollen, eine Tiefe des Gemüthes und Seelenlebens, in welcher der Grund zu erkennen war, dem sein allezeit harmloser Humor entquoll.

Zu den Freunden, die sein inneres Wesen begriffen, zählte auch Adalbert Stifter, der sinnige Naturfreund und tiefe Kenner des menschlichen Herzens, der ihn hoch schätzte und ihm mit treuer Anhänglichkeit zugethan war, wie zahlreiche Briefe des Dichters an den Maler beweisen, der ja auch ein Dichter war wie jeder wirkliche Künstler.

Bürkel erfreute sich der Auszeichnung von den Akademien zu Dresden, München und Wien als Ehrenmitglied ausgenommen zu werden.

Wie ein Held starb er am 10. Juni 1869 auf dem Schlachtfelds. Noch ein paar Tage vor seinem Heimgange saß er, wenn auch schon todmüde, vor seiner Staffelei, und selbst am letzten Tage schien er in erhobener Hand den Pinsel zu führen.

Carl Albert Regnet: Münchener Künstlerbilder. Ein Beitrag zur Geschichte der Münchener Kunstschule in Biographien und Charakteristiken. Leipzig, 1871.

Allgemeine Deutsche Biographie (1876)

Bürkel: Heinrich B., Genremaler, geb. 29. Mai 1802 zu Pirmasenz in der Rheinpfalz, † zu München 10. Juni 1869, gehört zu den frühesten Vertretern des Realismus in der Münchner Schule und nimmt einen hervorragenden Platz unter den Darstellern des niedern Volkslebens ein, sowol durch die Eigenthümlichkeit seiner kerngesunden humoristischen Auffassung desselben, als durch den Reichthum seiner Erfindung und seiner ungeheuern Fruchtbarkeit. – Unbemittelter Familie entstammend, verrichtete er nach Besuch der Volksschule erst Schreiberdienste und vermochte erst mit 20 Jahren so viel Unterstützung zu finden, daß er nach München kommen und sich dort ganz der Kunst widmen konnte. Die antikisirende Richtung der damaligen Akademie unter Langer konnte ihn nicht befriedigen, er verließ sie daher bald und studirte vorzüglich nach Philipp Wouvermann, dessen Stil er sich fast vollständig angeeignet und mit ungewöhnlichem Geschick die Darstellung des modernen, besonders oberbaierischen und italienischen Volkslebens in ihn übertragen hat. Ohne dies Vorbild in Feinheit der künstlerischen besonders coloristischen Durchbildung jemals zu erreichen, leistete er doch auch darin für seine in dieser Beziehung arg verwahrloste Zeit ganz Vorzügliches, kommt ihm an Reichthum in der Erfindung der Motive fast gleich und übertrifft es sogar beinahe an derb komischem Humor sowie an Mannigfaltigkeit der freilich sehr viel roher wiedergegebenen Charaktere und Situationen. Neben Wouvermann, dessen Form der Darstellung, System des malerischen Arrangements, bis selbst auf die Größe der Figuren er durchaus treu bleibt, haben noch Wynants und Berghem, endlich P. Potter und Van der Velde, deren Wiedergabe des Viehs er speciell studirte, Einfluß auf ihn ausgeübt, von Zeitgenossen besonders der etwas ältere Peter Heß. Steht er diesem an Feinheit der künstlerischen Durchbildung und Strenge der Zeichnung nach, so übertrifft er ihn dagegen weit an körnigem Humor und Fruchtbarkeit. Das Leben ländlicher Handwerker, Bauern und Jäger, Hirten, Schwärzer und Wilderer, des vielen herumziehenden Gesindels aller Art lieferte ihm seine Stoffe, unter denen sich ländliche Feste, Schießen, Jagden, Wirthshausscenen, besonders aber auch das Alpenleben durch die gesunde und wenn auch durchweg niedrigkomische doch keineswegs poesielose und überaus wahre Auffassung hervorthun. Die oberbaierische Hochebene und das Gebirge geben den oft mit großer Feinheit und schlichtem, reinem Naturgefühl dargestellten oft auch zu ganz selbständigen Landschaftsbildern verwandten Hintergrund, den er fast immer kühl und wie die Figuren mit klarer, dünner Farbe und spitzem Pinsel, aber viel malerischer Freiheit und echt künstlerischem Gefühl behandelt. In diesen Eigenschaften übertraf er seine meisten Zeitgenossen so weit, daß es bald unerläßlich war in jeder Sammlung einen B. zu besitzen, den man in der Regel, wenn er aus seiner guten Zeit 1830–50 stammt, auch heute noch mit Vergnügen betrachten wird. Schon 1829 ging B. nach Rom, wo er zwei Jahre blieb und von da an das italienische Volksleben bald fast mit derselben Virtuosität darstellte wie das baierische. Freilich zunächst von der Floh- und Wanzen-, sowie von der Spitzbubenseite, aber der trocken humoristische Realismus seiner Auffassung Hesperiens bildet einen sehr berechtigten, wenn auch einseitigen Gegensatz zu den verschönernden oder doch adelnden Darstellungen eines Leopold Robert, Hebert, Winterhalter u. a. m. Besonders seine Campagnebilder mit Staffage von Transporten gefangener Spitzbuben, oder wandernden Bettelmönchen, Marketender etc. sind sehr charakteristisch. Bürkel's von der derbsten Gesundheit, dem unermüdlichsten Fleiß unterstützte Fruchtbarkeit war trotz der minutiösen Ausführung seiner Bilder unermeßlich, noch bei seinem Tode hinterließ er gegen 400 halb und ganz vollendete Arbeiten außer unzähligen Studien. Hat man die Schönheit bei ihm nicht in der Darstellung der durchweg niedrig aber scharf gegriffenen Charaktere zu suchen, sondern im Gesammtarrangement, dem Reichthum der malerischen Erfindung, der gesunden, ja oft ganz reizend frischen Naturempfindung seiner Bilder, so sichern ihm diese Eigenschaften trotz seinem besonders in späteren Jahren oft gar zu mageren Vortrag dennoch einen ehrenvollen Platz unter den modernen Künstlern, machen ihn zu einem der vornehmsten Mitbegründer der heutigen, halbidyllischen, halb humoristischen Seite der Genremalerei. F. Pecht.

Friedrich Pecht: Allgemeine deutsche Biographie. Leipzig, 1876.

Allgemeines Künstler-Lexicon (1895)

Bürkel, Heinrich, Landschafts- und Genremaler, geb. 29. Mai 1802 in Pirmasens, † 10. Juni 1869 in München, war anfangs zum Kaufmannsstande bestimmt, arbeitete als Schreiber bei einem Friedensrichter und begab sich 1821 nach München, wo er zwar Schüler von Peter v. Langer wurde, sich aber viel mehr durch das Studium der alten Niederländer und nach der Natur bildete. 1829–32 lebte er in Rom, studirte hier das Volksleben und liess sich in München nieder, wo er eine unermüdliche Thätigkeit in der sorgfältigen Ausführung seiner Bilder entwickelte. Die Zahl derselben ist so gross, dass es kaum eine Galerie oder Sammlung gibt, in der er nicht mit Gegenden aus dem bayrischen und tiroler Alpenland, oder mit Dorf- und Wirthshausscenen, mit Fuhr- und Ackersleuten oder mit Scenen aus der Umgebung von Rom vertreten ist. So in der Neuen Pinakothek zu München: Vor einem Aquaedukt in der Campagna von Rom, und Regenschauer in einem Gebirgsdorf, in der Kunsthalle zu Hamburg als eines seiner ältesten Bilder (1826) Pferde vor einer Dorfschmiede, Sonntagmorgen, Winterlandschaft mit heimkehrenden Bärenjägern u. A., in der Nationalgalerie zu Berlin Schiffszug am Inn bei Battenberg in Tirol (1828), Tiroler Kirmes u. A., im Museum zu Leipzig Frühmorgen in einem Tiroler Dorfe (1834), Fischerdorf im bayrischen Oberland, im Rudolfinum zu Prag Die Zugspitze bei Garmisch in Bayern, im Museum zu Königsberg Ein Wirthshaus im Dorf Zirl bei Innsbruck, im Museum zu Danzig Rauferei vor einem Wirthshause, Abend im Gebirge und im Privatbesitz viele Andere.

Allgemeines Künstler-Lexicon. Leben und Werke der berühmtesten bildenden Künstler. Vorbereitet von Hermann Alexander Müller. Herausgegeben von Hans Wolfgang Singer. Erster Band. Frankfurt am Main, 1895.

Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München (1983)

Bürkel Heinrich, 1802 (Pirmasens/Rhl.-Pfalz) – 1869, Genre- und Landschaftsmaler; er bildete sich auf der Münchner Kunstakademie und in Rom aus; B. wußte den Charakter des Landes und des Volkes in realistischer, fast karikierender Weise zum Ausdruck zu bringen; nach seiner Rückkehr aus Italien studierte B. das bayerische Hochgebirge und Tirol und verstand auch hier das Leben treu, nicht ohne poetische Auffassung, zur Geltung zu bringen.

Hauptwerke: Schiffszug bei Rattenberg in Tirol, Tiroler Kirmeß, Landschaft bei Velletri (Berlin); Die Poststation Mezza Via zwischen Rom und Albano, Winterlandschaft im Hochgebirge, Schafherde in der Campagna di Roma, Kühe zur Dorfschmiede getrieben (Bayerische Staatsgemäldesammlung); andere Werke Bs. befinden sich in Leipzig, Hamburg, Wien und St. Petersburg (= Leningrad).

© Dr. phil. Max Joseph Hufnagel: Berühmte Tote im Südlichen Friedhof zu München. Zeke Verlag; 4. Auflage. Würzburg, 1983.



© Reiner Kaltenegger · Gräber des Alten Südfriedhofs München · 2007-2025


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